Der Held
Ciro blieb wo er war und hob abwehrend die Hände. Er hatte nicht vor meinem Befehl nachzukommen, er näherte sich mir.
" Du musst ganz ruhig atmen auch wenn es weh tut. Vertrau mir. Es ist bald vorbei. " murmelte er und kniete sich neben mich. Alles fühlte sich schrecklich wund und taub an, stellenweise spürte ich sogar einen Schmerz der sich wie eine Verbrennung anfühlte. Es war widersprüchlich und all die Empfindungen brachten mein Blut derart zum kochen das ich wütender wurde als mir lieb war.
Die Wachen hatten etwas gehört und kamen nun auch angerannt. Einer von ihnen hob einen Speer und zielte auf mich während der andere ihn zu beruhigen versuchte. Es war ein einziges Chaos und durcheinander und plötzlich verstummte alles. Jeder Laut wurde dumpf, meine eigenen Schreie schienen weit weg. Nebel zog über meine Augen und nahm mir die Sicht.
Was dann geschah bekam ich gar nicht richtig mit.
——
Als ich wieder zu mir kam war ich nicht mehr in der Villa. Ich war außerhalb, mitten im Wald, lag auf einem von Moos bedeckten Baumstamm und versuchte mich aufzurichten und mich zu erinnern. Was zum Teufel war geschehen?
Langsam kam ich auf die Beine, die sich noch immer wie Gummi anfühlten. Ich tat mich schwer damit aufrecht zu stehen, doch als es mir schließlich gelang bemerkte ich das meine Kleidung mitgenommen wirkte. Überall hingen Stofffetzen ab, als hätte ich einen brutalen Kampf hinter mir gehabt.
Plötzlich raschelte es überall um mich herum im Unterholz. Panisch schreckte ich in jede Richtung aus der ein neues Geräusch kam, bis es sich zu einem knurren bildete und die Panik die Oberhand ergriff. Instinktiv rannte ich los ohne zu wissen wo ich war oder wo ich hin wollte - fest stand jedoch, das ich hier nicht bleiben konnte. Ich rannte und rannte, wich Zweigen und Ästen auf Augenhöhe aus und erreichte schließlich eine Klippe, die direkt in einem Wasserfall mündete. Mein Herz schien doppelt so schnell zu schlagen.
" Hast du dich verirrt, Kleine? " ertönte eine gruselige Stimme hinter mir. " So weit draußen zu sein ist gefährlich. Besonders für dich. "
Ich wagte es nicht mich herum zu drehen. Im Geiste begann ich damit zu beten, sah die Klippe hinab und überlegte was ich tun sollte. Wer auch immer hinter mir war, war nicht freundlich gesinnt, also war es keine Option in diese Richtung zu laufen.
Die Gefahr rückte näher und ich schwor das ich fast seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Die Gegenwart von - was auch immer es war - bereitete mir Übelkeit, mit der ich seit meiner einsetzenden Veränderung sowieso schon zu kämpfen hatte. Nun wurde sie verstärkt.
" Es wäre eine Schande wenn dir etwas zustieße, nicht wahr? " flüsterte die Stimme erneut. Ich betete stumm, drehte mich dann aber herum. Schreck durchfuhr mich als ich sah was sich mir langsam näherte.
Ein Wolf, so groß wie ich noch nie zuvor gesehen hatte, mit blutrotem Fell und schwarzen Augen fletschte die Zähne und kesselte mich ein. Ich saß in der Falle. " Keine Sorge, ich beende dein Leben schnell. "
Und dann preschte der Wolf auf mich zu...
——
Ich fiel nicht. Ich spürte auch keinen Biss, keinen Schmerz. Ich hatte vor Angst die Augen fest zusammen gekniffen und mich klein gemacht, doch der Wolf erreichte mich nicht. Als ich die Augen wieder öffnete sah ich wieso.
Ein großer schwarzer Wolf hatte sich zwischen uns beide gedrängt. Er schützte mich und ich war fast sicher das der Wolf mir bekannt vor kam. Ich spürte plötzlich eine Nähe, die vorher nicht da war. Und da wusste ich es.
Es war Ciro.
Die beiden sahen einander wütend an. Keiner hatte vor nachzugeben. Ciro knurrte und der blutrots Wolf erwiderte es.
Das hier... Konnte nicht gut ausgehen, oder?
——
Beide setzten zum Sprung an, attackierten einander. Jaulen zerriss die Luft, Blut spritzte... Und ich tat, was ich in diesem Moment als einzigste Möglichkeit sah... Ich flüchtete. Die beiden waren so sehr miteinander beschäftigt das nur einer wahrnahm was ich tat. Es fühlte sich an als wollte er mir zustimmen, mich ermutigen, doch Ciro blickte nicht zu mir. Er war fokussiert und hielt die Angriffe des anderen Wolfes von mir fern.
Schließlich gelang es mir an einem Felsen vorbei zu huschen und einem kleinen Trampelpfad zu folgen. Noch immer hörte ich die Kampfgeräusche, spürte noch immer den Schmerz der Attacken, die auch Ciro spüren musste.
Und dann.. Dann lief ich in die Arme der Wachen. Beide waren noch immer in ihrer menschlichen Gestalt und sie hatten auch nicht vor Ciro zur Hilfe zu eilen.
" Wir bringen dich zurück. In Sicherheit. " erklärte die Wache, die sich schon zuvor in der Villa um mich gekümmert hatte. Ich verstand nicht wieso keiner dem Alpha half und blieb ruckartig stehen.
In mir breitete sich eine Ruhe aus, vertrieb all die Panik.
" Ihr solltet ihm helfen. Na los! " knurrte Ich, doch sie sahen mich nur an.
Entschlossen zurück zu gehen und dem Alpha zur Seite zu stehen stapfte ich los, aber die Wachen waren heimtückisch und vorbereitet. Einer von ihnen hielt mich fest, während der andere mir etwas ins Gesicht blies. Meine Gegenwehr verstummte augenblicklich und ich wurde ohnmächtig.
——
Meine Augen öffneten sich und zuerst war mir nicht bewusst wo ich war...
Aber dann erkannte ich schemenhaft die Umrisse meines Zimmers.
Einer der Wachen stand mit einem Speer bewaffnet an meinem Bett und sah auf mich herab. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war nicht richtig zu erkennen, so benebelt war ich noch.
" Was ist passiert?... Wo... Wo bin ich? Wieso bin ich hier? Wo ist Ciro? "
Total verwirrt und noch halbwegs in Trance bewegte ich mich, warf die Beine über die Bettkante und versuchte aufzustehen, doch es gelang mir nicht. Meine Beine gehorchten nicht, sie fühlten sich taub an.
" Wir haben getan was von uns verlangt wurde und dich zurück gebracht. Unser Alpha ist vor kurzem gefunden worden. Sie bringen ihn gerade zurück. " entgegnete mir die Wache. Ich verstand überhaupt nicht, was er damit sagen wollte. Was war geschehen?
Ich erinnerte mich an einen Kampf zwischen Ciro und einem anderen Wolf und auch daran, daß die Wachen mich mit irgend etwas betäubt hatten, aber was war dann passiert?
——
Je länger ich da saß und darüber nachdachte desto mehr erhielt ich meine Fähigkeiten zurück klar zu sehen und meine Beine zu spüren. Plötzliche Geräusche außerhalb des Zimmers ließen mich aufhorchen.
" Sind sie das? " fragte ich.
Ein beklemmender Schmerz machte sich in meiner Brust breit. Es fühlte sich an, als lägen schwere Steine darauf. Je lauter die Geräusche wurden desto bedrückender wurde der Schmerz.
Ich stand auf. Noch etwas wackelig auf den Beinen stellte ich mich der Wache entgegen und bedachte ihn mit einem bösartigen Blick. Auch wenn seine Aufgabe gewesen war auf mich zu achten, so war es gleichzeitig seine Aufgabe mir zu erklären was hier vor sich ging, was geschehen war. Doch er schwieg.
" Ich gehe jetzt da raus und sehe nach. Wenn du mich aufhalten willst musst du es diesmal ohne Zaubertricks versuchen. " knurrte ich ihm entgegen. Dann verließ ich mein Zimmer.
——
Auf dem Gang herrschte Chaos. Mehrere starke Männer eilten von links nach rechts, andere wiederum saßen auf dem Boden des Flurs und verschnauften. Es wirkte grotesk wenn man bedachte wie viele Männer sich gerade hier in diesem Haus aufhielten, doch das groteske wurde weniger als ich einigen folgte und sah, was sie hierher geschleppt hatten.
Ciro lag auf einem langen Tisch und hatte sich fast vollständig zurück verwandelt. Er blutete und war bewusstlos. Als die Männer mich bemerkten machten sie Platz und die Stimmen wurden leiser, doch niemand hörte auf den Alpha zu behandeln.
Schließlich traute sich endlich jemand etwas laut zu sagen.
" Er hat ganz schön was abbekommen, aber er wird wieder. Er kann froh sein das er die Klippe hinunter gefallen ist, sonst... "
Mehr musste ich für den Moment nicht wissen. Ich ließ die Männer ihre Arbeit tun, doch mir wurde bewusst das all das nur geschehen war wegen mir.
Ciro hatte mich gerettet und sich bereitwillig dafür fast selbst geopfert.
Er war ein Held.
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