Das letzte Gefecht / Neuanfang
Es war grausam dem ganzen nur zuzusehen.
Ich wusste das Ciro und ich unsere Kräfte bündeln und Senu damit bezwingen konnten, doch offenbar verfolgte er seine eigenen Pläne wenn er dafür sorgte das die Priesterin mich zurück hielt.
Ich zwang mich mit aller Kraft nach vorne, bewegte mich aber nicht. Ihre Macht war zu stark, der Zauber zu gewaltig als das ich dagegen ankämpfen konnte.
——
Ciro blutete bereits stark und ich spürte wie seine Energie immer schwächer wurde. Ich schrie ihn an, schrie, er möge sich von mir helfen lassen aber er blieb weiter stur. Je länger er gegen Senu an kämpfte - der auch einiges an Fell und Blut verloren hatte - desto näher kam die bedrohliche Klippe hinter Ciro näher. Dort hinunter zu fallen würde seinen Tod bedeuten, auch wenn der Fluss der dort verlief den Aufprall mit etwas Glück abfedern würde.
Wieder forderte ich meine Freilassung und verfiel in Raserei, aber Ciro hatte auch in diesem Moment beruhigende Worte übrig.
" DU darfst nicht sterben.
Das lasse ich nicht zu. " flüsterte die Stimme in meinem Kopf seine Gedanken wider. Er hielt mich durch die Priesterin weiter zurück. Ich verstand es nicht und Verzweiflung erfüllte mein Herz.
——
Der Kampf zwischen beiden Wölfen wurde schlimmer. Ciro landete auf dem Erdboden und ihm fiel es zunehmend schwerer aufzustehen. Er war fast am Ende seiner Kräfte und der Blutverlust tat sein übriges. In diesem Moment sah er zu mir und durchbohrte mich mit einer Vielzahl an Gefühlen. Ich spürte Angst, Trauer aber auch Liebe und Geborgenheit in seinem Blick - all die Dinge, die er mir nie hatte sagen können oder sagen wollen, aber auch all die Dinge die er mich hatte spüren lassen seit unserer Vereinigung. Ich weinte bittere Tränen und mein Wolf jaulte schmerzerfüllt auf, doch Senu schien weiter ohne Gnade seine Pläne verfolgen zu wollen. Er trieb Ciro weiter an den Rand der Klippe, viel zu nah, viel zu gefährlich.
Der nächste Spurt schwächte den schwarzen Wolf so sehr das er nur noch auf dem Boden liegen blieb und seinem möglichen Schicksal entgegen sah. Dann regte sich die Priesterin neben mir und warf das Gefäß zu Boden. Sie rief etwas unverständliches und leuchtend goldene Insekten stiegen von Ciro's geschundenem Wolf empor - ebenso wie bei mir, doch meine waren nicht golden sondern silberfarben. Mich ergriff ein gleisend helles Licht, sog mich hinein und spuckte mich wieder aus. Im letzten Moment sah ich wie die Insekten beider Farben sich miteinander vermischten und wieder auf mich nieder rieselten. Die Kraft die mich jetzt durchfuhr war größer, stärker und rasender als zuvor... Und ich begriff es.
Ciro hatte dafür gesorgt das seine Kraft sich mit meiner vermischte und in mich überging. Mithilfe der Priesterin hatte er einen Zauber über uns beide gelegt und sein Schicksal damit besiegelt. Doch jetzt... Jetzt hielt mich nichts mehr auf und ich konnte auf Senu los gehen.
Ich war weit weg, zu weit und musste mitansehen wie er in seiner letzten Handlung Ciro's Wolf biss und hoch hievte. Mit genügend Kraft und Wut schleuderte er ihn über den Rand der Klippe hinaus und ich konnte nur noch zusehen wie Ciro hinab stürzte. Innerlich starb etwas in mir, nährte jedoch meine ungebremste Wut.
Ich erreichte Senu und biss mich fest. Meine Krallen schlugen in sein Fell und fügten ihm all die Schmerzen und Qualen zu, die ich wegen ihm gerade selbst durchlitt. Es war ein Kampf auf Leben und Tod und ich ließ nicht zu das er auch mich in den Abgrund und somit das ganze Dorf in den Abgrund stürzte.
Noch einmal biss ich zu, direkt in seinen Hals. Ich erwischte die Hauptschlagader, durchtrennte mit meinem Biss die feinen und zerbrechlichen Venen und hörte nicht auf, selbst als Senu schwächer wurde. Die Macht des Alphas floss durch mich hindurch, vollführte mit meiner eigenen einen Tanz und so konnte ich Senu endgültig besiegen.
Er folgte Ciro über die Klippen, schlug hart auf den felsigen Vorsprüngen auf, sodass einige seiner Knochen wie Glas zersplitterten und fiel dann leblos ins Wasser.
Der Kampf war vorüber, doch mein Zorn, meine Trauer... All dies hielt an und so jaulte ich, jaulte laut und anklagend, sodass mein Klagelied voll Kummer und Schmerz noch Kilometer weit zu hören war.
——
Die Wachen hatten nach Ciro gesucht. Seit seinem Absturz über die Klippe hatte mich seine Präsenz nicht mehr erfüllt und ich war gebrochen, zu schwach ihn selbst zu suchen. Mit feuchten Haaren und eingewickelt in Ciro's Shirt saß ich in der Villa und trauerte um meinen Verlust.
Dann brachten findige Wachen den Leichnam meines Alphas hinein. Er war nicht länger der Wolf den ich hatte kämpfen sehen, nein. Er hatte sich vollständig zurück verwandelt. Jetzt konnte ich seine Verletzungen noch deutlicher erkennen und weinte los.
Die Wachen betteten ihn auf dem Bett und ich wusch ihn. Ich sorgte dafür das er frische Kleidung trug und wich nicht von seiner Seite. Tagelang bewegte ich mich keinen Meter. Ich sprach nicht, ich aß nicht aber am schlimmsten war es, das ich mich leer und tot fühlte, tief in mir drin.
——
Meine Eltern versuchten sich um mich - um uns - zu kümmern, doch ich ließ niemanden auch nur in die Nähe von Ciro. Nicht einmal die Priesterin die seit Senu's Tod im Haus herum schlich durfte zu ihm. Gerade sie war es doch, die sich ihrer Beta widersetzt hatte und Mitschuld daran halte, daß er nicht überleben konnte. Ich hasste sie so sehr, daß ich sie am liebsten getötet hätte.
" Beta. " hörte ich sie sagen... " So lass mich zu meinem Alpha. "
Ich stand auf, der Stuhl fiel um. Ich stellte mich ihr in den Weg, bereit sie jederzeit in Stücke zu reißen. " Unser Alpha ist ein schlauer Mann. Hast du dir nie Gedanken darum gemacht wieso er eure Kräfte nicht schon viel eher vereint hat? Wieso er sich diese nicht zunutze gemacht hat, während er darum gekämpft hat seinen Circle zu verteidigen? Die Antwort liegt in dir. "
Ich verstand kein Wort von dem was sie sagte. Ich schirmte Ciro ab, damit sie ihn nicht einmal sehen konnte.
" Unser Alpha wusste das etwas in dir heran wächst. Ein Thronfolger um den Fortbestand des Circles zu schützen. Hätte er zugelassen das du dich in den Kampf hinein wirfst, wärst du gestorben... Genauso wäre es dein Tod gewesen, hätte er deine Kräfte mit seinen in sich selbst verbunden. Er hat dich damit geschützt, dich und das Baby. Nur so konnte er sicher sein das du überlebst. "
" Und ist dafür selbst gestorben. Und wozu? Dieser Circle hat keinen Anführer mehr. Und was soll das überhaupt heißen das in mir etwas heran wächst? Ich bin schwanger? Und nur Ciro wusste es? "
Sie kam näher, näher als sie sollte. Sie streckte ihre Hand nach mir, nach meinem Bauch aus und flüsterte etwas... Dann sah ich es. In mir wuchs Leben heran, Leben das noch klein und zerbrechlich war... Leben, das durch den Schutz des Alphas genauso überlebt hatte wie ich. Doch damit endete die Show der Priesterin keineswegs.
Mit ihrer freien Hand ließ sie sandartiges Zeug aus rieseln. Wieder murmelte sie etwas unverständliches und erhellte damit den Raum. Alle Kerzen die schwach flackernd herum standen brannten nun lichterloh. Dann näherte sie sich Ciro. Sie pustete ihm etwas über, sprach ein Gebet und alle Kerzen beruhigten sich wieder und flackerten so schwach wie zuvor. Ich drehte mich zu Ciro und sah seinen leblosen Körper an, unfähig zu begreifen was geschehen war. Danach war die Priesterin verschwunden.
——
Mit dem Kopf auf Ciro's Hand schlief ich einen schier endlos tragischen Schlaf. Der Kampf zwischen ihm und Senu spielte sich immer wieder ab, trieb mich weiter in ein tiefes Tal voller Traurigkeit. Vollkommen gehetzt wachte ich auf, spürte, wie eine Träne sich seinen Weg bahnte und Ciro's Hand benetzte.
" Ich liebe dich. Ich liebe dich, obwohl ich dich hasse. Du hast mich allein gelassen auf dieser Welt. " flüsterte ich. Meine Tränen liefen ungehindert weil ich mich nicht damit abfinden konnte was geschehen war.
Doch dann...
" Ich habe dich beschützt. Nicht allein gelassen. Ich würde dich nie verlassen. " hörte ich seine Stimme als sei sie tatsächlich wahr, als wäre es keine Einbildung. Aus einem Instinkt heraus hob ich den Kopf und starrte in zwei Augen, die flüssiger Jade ähnelten. Ich erstarrte.
" Was... Wie... Wie ist das möglich? "
Ciro's Hand streichelte meine Wange. Er lächelte leicht und entschuldigend. Dann begann er zu sprechen.
" Ich wusste was Senu wollte. Er zielte darauf ab dich zu töten und mich genauso leiden zu lassen wie er gelitten hat. Ich wusste auch das er sehr viel stärker war als wir anfangs dachten. Nur durch das Zusammenspiel unserer beider Kräfte war es möglich ihn zu besiegen, aber ich konnte das nicht übernehmen. Ich musste dafür sorgen das meine Kräfte nicht nur dich, sondern auch das Kind - unser Kind - schützen würden. Also half mir die Priesterin dabei dir all meine Macht zu geben. Ich wusste, du würdest Senu stürzen... In dem Moment als ich über die Klippe fiel umgab mich ein Schutzwall der Priesterin. Ich fiel nicht, ich schwebte hinunter. Ich landete sanft, doch ich war wirklich fast tot. Die Priesterin hatte dafür gesorgt das ich in einen tiefen Schlaf fiel, sodass ich heilen konnte. Für dich war es, als wäre ich tot, weil du mich nicht mehr gespürt hast. Aber das war der Preis den ich für diesen Plan zahlen musste. Es tut mir leid das ich dir all das nicht sofort gesagt habe, aber dein Zorn und deine Wut über meinen Verlust haben dich noch stärker und rasender gemacht und nur so konntest du Senu besiegen. "
Ciro's Worte klangen plausibel, doch irgendwas in mir hatte Zweifel ob ich nicht noch immer träumte.
" Kaya. Ich bin hier. Ich lebe. Durch deine Liebe und den Zauber der Priesterin habe ich zurück gefunden. Ich bin wieder hier. Es ist wahr. Teste es. " flüsterte er und öffnete seine Arme. Als ich in die Umarmung hinein fiel, ihn roch, ihn spürte, körperlich wie geistig, wusste ich das er die Wahrheit sagte. Das hier war kein Traum, keine Illusion. Es war wahr. Sofort verfiel ich wieder den Tränen, presste mich fest an ihn.
——
Einige Wochen später war Ciro wieder vollständig auf dem Damm. Durch ihn hatte ich gelernt das ich stärker war als ich dachte, das ich ein ganzes Dorf verteidigen und schützen konnte... Aber auch, daß ich zu mehr Liebe fähig war als ich jemals für möglich gehalten hatte. Unsere Liebe hatte uns eine Reise erleben lassen, die steinig und beschwerlich war, doch nun war es an uns daran weiter zu wachsen und für unser Reich, aber auch für unser Kind zu sorgen.
Ein letztes Mal strich er über meinen Bauch ehe er meine Hand ergriff und mich zu dem Altar begleitete. Alle im Dorf waren anwesend und freuten sich auf unsere Vermählung, denn nun war ich offiziell und unwiderruflich die Beta, die der Alpha mehr als nur verdient hatte. Die Sicherheit des Circles hatte Bestand und durch uns war jegliche Gefahr gebannt.
Wir blickten einer frohen Zukunft entgegen und ich wusste, egal welche Höhen und Tiefen wir noch erleben würden, wir würden sie ohne Probleme meistern.
ENDE
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