Das Abendessen
Kapitel 4
———
Es war still an diesem Tag.
Ich hatte solche Tage immer gehasst weil sie einer Beisetzung ähnelten - die im Circle vor einiger Zeit häufiger vorgekommen waren. Ich war noch klein, erinnerte ich mich, folgte brav meinen Eltern zu der Trauerveranstaltung und verhielt mich genauso wie sie es mich gelehrt hatten.
Dieser Tag glich haargenau einem dieser Tage...
——
Ich verbrachte die ganze Zeit in meinem Zimmer, immer noch gegen die Tür gestemmt weil mich die innerliche Panik nicht los lassen wollte. Ich bildete mir sogar ein das Ciro noch immer auf der anderen Seite stand und auf einen Fehler von mir wartete um mich zu attackieren, doch es war still. Kein Geräusch von außen war zu hören.
So verweilte ich, betrauerte mein Leben und verfluchte diesen Alpha, der mich gefangen hielt.
——
Einige Stunden später - es war schon fast dunkel draußen - klopfte es an der Tür. Sofort griff ich nach den Büchern die ich in all der Langeweile gelesen hatte und machte mich bereit für einen Angriff... Der nicht erfolgte.
Die Tür glitt langsam auf und Ciro trat arrogant wie immer und vollständig regeneriert vor mich. Sein Gesicht war unleserlich, doch ich spürte die Dominanz und die Wut die von ihm ausgingen. Irgendwas daran zog mich tiefer in den Sog den ihn umgab, aber etwas versuchte mich auch weit weg von ihm zu halten. Dieser innere Kampf hatte beim Fest der Farben begonnen und ich befürchtete das er noch sehr viel länger andauern würde.
" Komm. In der Küche wartet etwas zu essen. " murmelte er und schien alles andere als begeistert diese Einladung ausgesprochen zu haben. Ich blieb wo ich war, hielt die Bücher dicht an meinem Körper - bereit, sie jederzeit zu werfen. " Beta. Das war keine Bitte. "
Ciro knurrte und schnaubte, schloss kurz die Augen und als er sie wieder öffnete richtete er sie auf mich. Er musste wissen das ich Angst vor ihm hatte, aber nicht genug, um seinen Befehlen blind zu folgen. Ich wollte und konnte es nicht. Wir lieferten uns ein Blickduell den niemand wirklich gewinnen konnte, doch schließlich wendete er den Blick ab und flüsterte etwas in die entgegensetzte Richtung. Sofort kam die Wache herein die für mich zuständig war und schob einen Wagen mit Brot und anderem Essen hinein. Ciro bedankte sich mit einem Kopfnicken und schloss dann die Tür - aber leider nicht so wie ich es gewollt hätte. Er stand noch immer in meinem Zimmer.
" Gefallen dir die Bücher? "
Er versuchte Smalltalk, an dem ich alles andere als interessiert war. Ich stand ihm misstrauisch gegenüber wie es sich gehörte, nach allem was bisher geschehen war.
" Hör zu, äh... " versuchte er mich mit meinem Namen anzusprechen. " Was passiert ist war nicht beabsichtigt. Aber es gibt Dinge die du nicht weißt und auch nicht verstehst und... Es bleibt dir nichts anderes übrig als dich zu fügen. Eigentlich möchte ich darüber auch nicht reden, aber so wie es jetzt ist... "
Verständnislos sah ich ihn an. Ich ließ die Bücher etwas sinken, hielt sie aber trotzdem noch fest.
Ich beobachtete wie er sich langsam bewegte und den Wagen mit dem Essen mit sich zog. Am Rande der Bettkante ließ er sich nieder und platzierte den Wagen so, daß er ihn locker erreichen konnte. Dann klopfte er neben sich auf die Matratze.
" Setz dich. " forderte er. Er wiederholte die Worte noch einige Male, doch als er bemerkte das es nicht funktionierte schob er zornig den Wagen weg. " Okay. Na schön. Du willst also die harte Tour, dann bekommst du sie. "
Er stand auf, ging auf mich zu und griff nach meinem Arm. Schmerz schoss durch mich hindurch, setzte all meine Nervenenden in Brand. Sein Gesicht kam meinem bedrohlich nahe. " Du musst lernen zu gehorchen. Also setz dich und iss. "
Er lockerte den Griff um meinen Arm nicht, stattdessen drückte er fester zu. Allmählich hielt ich den Schmerz kaum noch aus, es war zu unerträglich.
" Du tust mir weh. " zischte ich und begann mich aus seinem Griff zu befreien. Er ließ etwas lockerer, denn nur so schaffte ich es. " Weißt du... Wir könnten all das umgehen wenn du mich einfach gehen lässt. Ich will nicht hier sein und ich weiß das du genauso denkst. Von der Beta Sache einmal abgesehen. Die Priesterin kann sich geirrt haben denn ich bin mit Sicherheit nicht was der Circle oder du benötigst. "
Ich klang mutiger als ich tatsächlich war. Ciro sah mich an als hätte er eine schallernde Ohrfeige kassiert und betrachtete mich so intensiv das es schon unangenehm wurde.
" Du weißt das die Priesterin sich nie irrt. Mag sein das ich mit der Wahl nicht zufrieden bin, aber ich bin bereit einiges zutun damit es funktioniert. Außerdem... Welche Ausrede hast du was die Prägung angeht? Magie? Die Prägung funktioniert nur ohne Einmischung von außen. Niemand kann das beeinflussen. Vielleicht solltest du dich einfach damit abfinden das es jetzt so ist wie es ist. "
Meine Augenbrauen hoben sich schlagartig. Ich sollte mich also damit abfinden unglücklich zu sein? Für den Rest meines Daseins? Niemals...
" Ciro... Es funktioniert doch bereits jetzt schon nicht. Du bist unkontrolliert aggressiv und behandelst mich nicht gut. Ich bin sicher, he ans anderes würde... "
Er unterbrach mich indem er die Hand hob -als aber nicht sofort etwas von ihm kam warf ich die Hände in die Luft und murmelte Dinge, die ich selbst nicht verstand.
" Wie gut kennst du dich mit der Geschichte des Circle aus? Weißt du Bescheid darüber was mit jemandem passiert? Was die Prägung bedeutet?
Für jedes Mädchen, jede Frau beginnt ab einem gewissen Alter die Veränderung. Die männlichen unter uns jedoch sind wesentlich früher dran. Bei mir ging es los als ich 15 wurde. Ich wußte auch nichts anzufangen mit all dem, doch meine Eltern sorgten dafür das ich es verstand... Und mit der Zeit war es in Ordnung für mich. Ich fügte mich ein. "
Irgendwann gab ich nach. Ich setzte mich neben ihn und hörte zu.
" Es ist so das die Prägung darüber entscheidet mit wem wir unser Leben verbringen sollen. Und die Prägung kann nicht verändert werden. Die Prägung war auch der Grund, weshalb die Priesterin die Beta in dir gespürt hat. Ich gebe zu das ich alles andere als glücklich über die Wahl war, aber du hast auch recht. Wir müssen einander respektieren und dafür sorgen das es funktioniert. Das ist meine Bitte an dich. Das du es versuchst. Ich zwinge dich nicht in mein Bett, aber ich möchte das du hier bleibst und nicht bei jeder Gelegenheit die Flucht ergreifst. Du bist noch jung, einige Jahre jünger als ich, aber... Ich traue dir zu das du es kannst. "
Als ich nach seinem Alter fragte schaute ich nicht schlecht als er mir sagte das er 6 Jahre älter war als ich. Ein ungewöhnliches Alter um zum Alpha zu werden, viel zu früh, wenn man der Geschichte Glauben schenken durfte - denn die besagte das man mindestens 30 sein musste um zum Alpha zu werden.
Ich spürte das er etwas vor mir zurück hielt, etwas das womöglich so gravierend war, daß ich es nicht wissen sollte... Ich schob mein Misstrauen dennoch zur Seite, lauschte seinen weiteren Erzählungen und begann dann schließlich auch zu essen.
Zu meiner Überraschung sah ich zum ersten Mal das Ciro lächelte und schließlich begann auch er zu essen.
——
Wenig später brachte er mir ein paar Bücher ins Zimmer, die mir helfen sollten alles zu verstehen sofern ich noch Fragen hatte. Höflicherweise bedankte ich mich und erntete dafür so etwas wie einen Vertrauensbonus schien mir, denn er schloss die Tür nicht mehr ab. Ich konnte mich ab sofort frei bewegen...
Also wollte Ich ihm zumindest mit den Büchern entgegen kommen und mich damit auseinandersetzen.
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