➻ 70
Jungkook
Müde wälze ich mich am nächsten Morgen im Bett umher und versuche die Bilder, die immer wieder in meinem Kopf auftauchen zu vertreiben und zu ignorieren, aber es will mir einfach nicht gelingen. Mit einem Ruck setze ich mich aber dann doch auf, als ich feststelle, dass meine Mutter nicht mehr da ist und direkt bekomme ich Panik. "Eomma?" rufe ich schon fast durch das von der gerade aufgehenden Sonne erhellte Zimmer und spüre einen leichten Windzug auf meiner Haut. Mir durch die Haare fahrend stehe ich auf und gehe direkt auf die offenstehende Balkontür zu.
"Eomma?" frage ich nochmal, diesmal allerdings vorsichtiger, als ich meine Mutter im Morgenmantel bekleidet am Geländer lehnen sehe. Regelrecht apathisch starrt sie auf den Sonnenaufgang und ihre zerzausten Haare werden vom Wind hin und her geweht. Zögerlich lege ich eine Hand auf ihre Schulter, doch sie reagiert nicht, weshalb ich leicht an ihr rüttle. "Eomma? Geht's dir gut?" und erst jetzt regt sie sich. "Nein mein Schatz, mir geht es nicht gut." sagt sie komplett emotionslos und zieht ihren Morgenmantel zu, bevor sie ihre Arme um ihren Bauch schlingt und ihre Hände sich an ihre Seiten krallen. "Ich habe mich immer für so stark gehalten. Ich wollte dir immer eine gute Mutter sein und alles richtig machen, dich mit meinem Leben beschützen. Und ich habe versagt. Und auch Jimin konnte ich nicht schützen. Das werde ich mir nie verzeihen, niemals." sagt sie und zum Ende hin wird sie immer leiser, bis es nurnoch ein Hauchen ist.
"Das war doch nicht deine Schuld, du hättest das nicht verhindern können. Bitte denk sowas nicht, wir sind alle da rausgekommen und leben." versuche ich sie zu beruhigen, aber sie schüttelt bloß mit dem Kopf. "Jungkook du hast nicht gesehen, was ich gesehen habe. Er hat Jimin gequält. Er hat ihn so brutal gequält und erniedrigt, ich werde das niemals vergessen können. Ich konnte...ich konnte ihm nicht helfen Jungkook. Ich wollte, immer wieder habe ich an diesen Fesseln gerüttelt und gerissen, aber ich konnte ihm nicht helfen. Er war so verzweifelt, so...Jungkook er hatte solche Schmerzen...diese....diese Schreie...ich höre sie immernoch. Er hat so panisch nach seiner Mutter geschrien...nach Yoongi...und nach dir...ich...ich...ich kann das einfach nicht vergessen..." sagt sie heiser und sieht mich an. Eine einzelne Träne läuft ihr über die Wange und sie zittert am ganzen Körper.
Langsam gehe ich einen weiteren Schritt auf sie zu und lege meine Arme um sie. Sie versteckt ihr Gesicht hinter ihren Händen und beginnt wieder so bitterlich zu weinen, dass es mir das Herz in tausend Stücke reisst. Und gerade wird mir eines klar: Vor alldem, was in den letzten Tagen passiert ist, habe ich meine Mutter nie weinen sehen. Für mich war sie immer so unglaublich stark und stolz, wie eine Löwin. Ich könnte mich dafür Ohrfeigen, dass ich immer nur an mich Gedacht und mich über ihre nervige Art beschwert habe, dabei hat sie alles nur für mich getan. Ich bin so ein Idiot.
Während ich ihr beruhigend über den Rücken streiche, meldet sich aber leider mein Magen, der schon länger nichts gescheites mehr zu essen bekommen hat und ich ziehe meine Mutter mit mir wieder in das Hotelzimmer, ehe ich die Balkontür schließe und meine immernoch schluchzende Mutter ansehe. "Was hälst du davon, wenn du dich erstmal frisch machst und umziehst? Ich gehe in der Zeit rüber und mache das gleiche und dann hole ich dich ab und wir gehen eine Kleinigkeit essen. Ist das okay?" frage ich und sie nickt so leicht, dass ich es erst garnicht wahrnehme. "O-okay" stimmt sie dann aber doch noch zu und ich gebe ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor ich zu meinem Zimmer gehe und erstmal tief durchatme, dann aber doch schnell unter die Dusche springe und mich frisch mache.
Nach einer guten halben Stunde stehe ich wieder vor der Tür meiner Mutter und klopfe sachte. Einige Momente später geht die Tür dann auch auf und meine Mutter steht frisch geduscht und mit frischen Klamotten vor mir, um ihre Schulter ihre Handtasche gehängt. "Können wir?" frage ich sie mit einem schiefen Lächeln und halte ihr meinen Arm hin, damit sie sich einhaken kann, bevor wir uns auf den Weg nach unten ins Restaurant machen.
[....]
Wieder in meinem Zimmer greife ich das erste Mal wieder nach meinem Handy und sofort springen mir die verpassten Anrufe von Taehyung entgegen und ich schreibe ihm direkt zurück. Danach stöbere ich noch ein wenig in meiner Galerie und schaue mir die vielen Bilder von Jimin und mir an. Er lacht auf beinahe jedem Bild glücklich in die Kamera, ob er allein darauf ist oder mit anderen, er lächelt immer und gerade jetzt macht mich das unheimlich traurig. Werde ich ihn jemals wieder so lachen sehen? So unbeschwert? Ich weiss es nicht. Bevor ich weiter darüber nachdenken kann merke ich allerdings, wie ich immer müder werde und meine Augen irgendwann schließlich zufallen.
Als hätte ich nur ein paar Minuten geschlafen, werde ich von lautem Klopfen geweckt und schlurfe noch im Halbschlaf zur Tür. "Wer ist da?" bringe ich verschlafen raus und bekomme auch sofort eine Antwort "Taehyung." Na endlich. Sofort öffne ich die Tür und vor mir steht meine Liebe. Allerdings sieht er völlig fertig aus. "Tae? Was ist los?" frage ich sofort und mustere ihn gründlich. "Darf ich erstmal reinkommen?" bringt er hervor und ich trete einen Schritt zur Seite, um ihm zu signalisieren, dass er natürlich darf.
Seufzend lässt er sich direkt auf mein Bett fallen und reibt sich mit den Händen durchs Gesicht, während ich unschlüssig im Raum rumstehe. "Babe, komm her." sagt er plötzlich und streckt einen Arm nach mir aus. Sofort gehe ich auf ihn zu und setze mich neben ihn, aber er zieht mich zu sich runter und drückt mich fest an sich, bevor er uns auf die Seite dreht und dazu auch noch ein Bein über meine hüfte wirft. Äh, okay? Wer muss schon atmen...
"T-Tae... Luft..." nuschle ich gegen seine Brust, aber von ihm kommt nur ein tiefes Brummen. "Halt es aus. Nur kurz, bitte." sagt er und ich lege ergeben einen Arm um seine Taille. Nicht nur an dich denken Jungkook. Nicht nur an dich denken. Nach einigen Minuten fängt mein rechter Arm allerdings an zu kribbeln und meine Nase juckt, also drücke ich mich von ihm weg, was er nur widerwillig zulässt. "Tae ich liebe dich, aber du könntest wirklich eine Dusche und ein paar frische Sachen vertragen." lächle ich und stehe direkt auf, um ihm ein paar von meinen Sachen zu geben. Da wir ca. gleich groß sind, dürften ihm meine Sachen eigentlich passen. Tae nimmt die Sachen und verschwindet im Bad, allerdings ohne die Tür abzuschließen, also beschließe ich kurzerhand, ihm Gesellschaft zu leisten und gehe ihm hinterher.
Taehyung allerdings sitzt mit meinen Sachen in der Hand auf dem Toilettendeckel und starrt die Sachen in seiner Hand an. Sofort hocke ich mich vor ihn und sehe ihn an. "Tae? Was ist los?" frage ich leise und lege eine Hand auf seine Wange. Er sieht langsam hoch und als ich den Ausdruck in seinen Augen sehe, bekomme ich eine Gänsehaut. So kalt, so leer und doch traurig, diesen Blick habe ich bei ihm noch nie gesehen. "Jungkook warum... Warum hasst du mich nicht? Warum stößt du mich nicht von dir? Ich bin an alldem schuld und trotzdem bist du immernoch bei mir. Warum? Warum schmeißt du mich nicht raus, genau wie Jimin?" Ach, daher weht der Wind. "Du warst bei Jimin?" frage ich und lege den Kopf schief, während er bloß nickt.
"Tae, Jimin hat viel durchgemacht. Er weiss nicht, was er sagt. Ich bin mir sicher, dass er wieder zur Vernunft kommt, ich kenne ihn. Und du bist nicht Schuld daran. Ja, Baekhyun ist dein Ex, aber es hätte auch ein x-beliebiger Gestörter sein können, also hör auf dir die Schuld zu geben, bitte. Wir sind da alle mehr oder weniger heil rausgekommen und am Leben. Das ist alles, was gerade zählt." rede ich auf ihn ein und nehme sein Gesicht in beide Hände. Als ich ihn aber küssen will, dreht er seinen Kopf weg und sieht zu Boden. "Lass...Lass mich erst duschen und Zähne putzen...ich...Baekhyun..." und langsam rattert es in meinem Kopf.
"Schade, dass ich nicht aufgenommen habe, wie du vor nichtmal 10 Minuten meinen Schwanz gelutscht hast, ich hätte es ihm nur zu gerne gezeigt."... Waren Baekhyuns Worte und direkt durchzieht mich Ekel und Abscheu. Nicht vor Tae, sondern vor diesem Psycho. "Na dann los!" klopfe ich auf meine Beine und stehe auf, bevor ich nach dem Bund seines Pullovers greife und ihn langsam über seinen Kopf ziehe. Taehyung sieht mich überrascht an, lässt es aber zu. Also entledige ich ihn auch seiner restlichen Klamotten und schiebe ihn unter die Dusche. Als ich das Bad gerade verlassen will, spüre ich eine Hand an meinem Handgelenk und drehe mich um. Tae sieht mich mit bereits nassen Haaren an und zieht mich weiter zu sich. "Bitte bleib bei mir." flüstert er und ich nicke, bevor ich meine Klamotten ebenfalls ausziehe und zu ihm unter die Dusche steige.
Sofort schlingt er seine Arme um mich und vergräbt seinen Kopf in meiner Halsbeuge. Leicht überrumpelt lege ich meine Arme ebenfalls um ihn und so stehen wir eine ganze Weile einfach nur hier, während das warme Wasser auf uns runterprasselt und wir uns aneinander klammern.
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Sorry für die Überlange, aber ich wollte es nicht splitten ^^
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