1.12
~●~ Chapter TWELVE ~○~
》Der Frühling bricht an《
Edmund ahnte, dass in Narnia irgendetwas nicht mit rechten Dingen zu ging. Und damit meinte er nicht die Tatsache, dass er sich in einem fremden Land befand, in das er, mithilfe eines Kleiderschranks gelangt war und das auf der herkömmlichen Weltkarte, wie er sie kannte, nicht zu existieren schien. Von den sprechenden Tieren und mystischen Kreaturen mal ganz abgesehen.
Nein! Irgendetwas war anders als sonst. Das verriet ihm nicht nur das sanfte Knistern, das die erdrückende Stille des Waldes durchbrach, als die Schneemassen von den Bäumen rieselten oder das muntere Zwitschern der Vögel. Besonders der überraschte Ausdruck der Hexe entging Ed
nicht, die neben ihm auf dem Felsvorsprung stand und gebannt dabei zu sah, wie die Wassermassen des Zugefrorenen Wasserfalls, neben allmöglichem Geröll auch die letzten
verbleibenden Eisschichten hinab in die Tiefe rissen.
Immerhin hatte der Wasserfall seinen Namen in den letzten 100 Jahre nicht umsonst getragen.
Ein Blick gen Himmel bestätigte den Verdacht, dass die Winterwolken verschwunden waren und die Sonne stärker über Narnia thronte als am Vortag.
„Der Frühling bricht an.", sprach Lia leise, sodass nur Ed es hören konnte. „Ich kann ihn spüren."
Die Blonde schloss für einen kurzen Moment ihre Augen, um das Hier und Jetzt auf sich wirken zu lassen. Edmund schenkte ihr einen kurzen Seitenblick. Die unnatürliche Blässe ihrer Haut lies das Mädchen krank und zerbrechlich wirken - wie eine Porzellanpuppe.
Es hatte Edmund einen Stich ins Herz versetzt, als er ihren traurigen und zugleich entsetzten Ausdruck sah, nachdem die Hexe, die schmerzhafte Wahrheit verkündet hatte, dass er den Faun an Jadis verraten hatte. Doch woher sollte Ed auch wissen, dass sie ihn niemals dafür verurteilen würde, was er getan hatte - denn Lia war in dieser Hinsicht keinen Deut besser...
Die Blonde schien den Blick des Adamssohns zu bemerken. Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie ihre Augen öffnete und dem Schwarzhaarigen geradewegs ins Gesicht sah. Ein angenehmes Kribbeln jagte ihm durch den Körper und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Ed sich in ihren bernsteinfarbenen Augen zu verlieren.
„Irgendwie... warm heute..." Ginarrbrik begann damit seinen Fellmantel aufzuknöpfen, hielt jedoch abrupt inne, als er Jadis' zornigen Blick erntete.
Lia und Edmund warfen sich belustigte Blicke zu, als sie das Szenario neben sich beobachteten.
„Ich... ähh... werde mal nach dem Schlitten sehen." Mit einer raschen Verbeugung rannte der Zwerg davon.
„Majestät,", erklang daraufhin eine raue, dunkle Stimme und das Wolfsrudel um Maugrim trat aus dem Wald heraus.
Doch das Rudel war nicht alleine.
„Wir bringen Euch den Verräter. Er half Euren Feinden bei der Flucht, indem er uns auf eine falsche Fährte führte."
Sie hatten einen Fuchs in ihrer Gewalt. Sein rotes Fell erinnerte an ein prasselndes Kaminfeuer und die List stand ihm geradezu ins Gesicht geschrieben.
„Ah, nett, dass du vorbeischaust." Das kurze Glücksgefühl, das in Lia entfachte, als sie die ersten Sonnenstrahlen auf ihrer Haut spürte, verpuffte zu Luft, als sich die Weiße Hexe mit kalter Stimme an den Fuchs wandte. „Du hast meinen Wölfen gestern Nacht sehr geholfen. Vielleicht kannst du mir jetzt helfen."
„Bitte vergebt mir, Eure Majestät, aber...", setzte der Fuchs zu einer Erklärung an und machte Anstalten sich zu verneigen.
„Vergeude meine Zeit nicht mit Schmeicheleien!", unterbrach Jadis das Tier barsch und baute sich drohend vor dem Fuchs auf.
Doch dieser ließ sich von der Dominanz der selbsternannten Königin von Narnia nicht beeindrucken.
„Ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber ich habe eigentlich nicht Euch gemeint."
Sein Blick glitt von Jadis hinüber zu Edmund, dessen Augen sich überrascht weiteten und augenblicklich musste er an die Worte des Bibers denken, der die Pevensie-Geschwister am Vortag voller Euphorie über die Prophezeiung aufgeklärt hatte. Aber war dies wirklich möglich? Konnte man solchen Worten, von denen man nicht wusste, woher sie kamen und wer sie in die Welt gesetzt hatte, Glauben schenken?
Jadis hingegen schien es zu glauben, denn der Blick, den sie dem Adamssohn zu warf, offenbarte für einen kurzen Moment jenes Gefühl, welches ihr jedesmal beim Namen des mächtigen Löwen durch den Körper jagte - Angst.
Lia konnte sich das Zucken ihrer Mundwinkel nicht verkneifen, als sie die aufsteigende Panik in Jadis' Gesicht erkannte. Jedoch verging ihr recht schnell das Lachen, als die Hexe sich wieder fing und ihren Zauberstab drohend auf den Fuchs richtete.
„Wo wollten die Menschen hin?"
Die Aufregung und Ungeduld, die in Jadis herrschten, waren unverkennbar. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie drohte zu explodieren. Doch das schien den Fuchs nicht im Geringsten zu interessieren, denn das Tier dachte gar nicht daran auch nur den kleinsten Mucks von sich zugeben. Niedergeschlagen senkte er den Kopf, so als hätte er sich bereits mit seinem Schicksal abgefunden.
Im nächsten Moment holte Jadis mit ihrem Zauberstab aus und... nichts geschah. Die Weiße Hexe stand stocksteif - fast so, als wäre sie eingefroren - mit ihrem Zauberstab über ihrem Kopf erhoben, da und bewegte sich, mit Ausnahme ihrer dunklen Augen, die sich giftig auf Lia legten, nicht einen Zentimeter.
Auch die umliegenden Beteiligten - Wölfe, Zwerge und Minotauren - inklusive Edmund wandten sich an das blonde Mädchen, das schweigend den Kopf gesenkt, ihre Kiefer aufeinandergepresst und die Hände zur Faust geballt hatte. Alles in einem erinnerte sie den Adamssohn in diesem Moment an ein bockiges Kind, das im örtlichen Supermarkt leer ausgegangen war. Dennoch entging dem Schwarzhaarigen nicht, welche starke Präsenz mit einem Mal von dem Mädchen auszugehen schien und, als schließlich auch der Minotaurus mit seinen riesigen Hörnern und der geschärften Axt ein paar Schritte nach hinten wich, wurde er das Gefühl nicht los, dass Lia vielleicht doch etwas mehr war, als eine zerbrechliche Porzellanpuppe mit blasser Haut.
Die Einzige, die sich von diesem Szenario nicht abschrecken ließ, war Jadis.
„Lia, ich warne dich! Hör auf damit!"
Daraufhin hob Lia ihren Blick und sah der Königin von Narnia, die noch immer ihren Zauberstab, in ihrer rechten Hand über dem Kopf hielt, aus rotglühenden Augen zornentbrannt entgegen. Ein Raunen ging durch die Reihen der anwesenden Kreaturen, während eine warme Brise verspielt durch Edmunds schwarzes Haar strich - fast schon zu warm für den Frühling.
„ICH SAGTE, HÖR AUF!!!", giftete Jadis hinter zusammengebissenen Zähnen von neuem, bevor sie schließlich mit der linken Hand ausholte und Lia so hart ins Gesicht schlug, dass diese rittlings nach hinten fiel und auf der weichen Wiese, neben dem Fuchs aufschlug.
Das Leuchten ihrer Augen war verschwunden, als wäre es nie dagewesen und für einen kurzen Moment fragte sich Ed, ob er sich das ganze nicht vielleicht nur eingebildet hatte. Doch der Adamssohn hatte keine Zeit sich jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen, denn als er sah, dass die Weiße Hexe erneut ihren Zauberstab schwang, reagierte er blitzschnell und stellte sich in letzter Sekunde schützend vor den Fuchs.
„Nein, bitte nicht!", rief er flehend an Jadis gewandt und begann aufgeregt zu erklären: „Die Biber haben etwas von einem Steinernen Tisch erzählt. Aslan stellt dort eine Armee zusammen."
„Eine Armee?!", fragte die Frau in Weiß entgeistert, die jedoch mit einem Blick auf die verweinte Lia und den Fuchs, der, enttäuscht über Edmunds Antwort, den Kopf schüttelte, schnell ihre Fassung zurückgewann.
„Ich danke dir, Edmund.", mit einem bösen Lächeln fuhr sie dem Adamssohn durch sein rabenschwarzes Haar. „Ich finde es schön, dass diese Kreatur sieht, was Ehrlichkeit bedeutet,", erneut holte Jadis mit ihrem Zauberstab aus, „bevor sie stirbt!", ... und verwandelte den Fuchs, der ein allerletztes Jaulen von sich gab, zu Stein.
Anschließend verpasste sie Edmund eine Ohrfeige und appellierte an ihn: „Überleg dir gut auf welcher Seite du stehst, Edmund - auf meiner", sie packte grob sein Kinn und drehte seinen Kopf in Richtung des versteinerten Fuchses, daneben die aufgelöste Lia, die sich vor Schreck die Hände vors Gesicht gehalten hatte, „oder auf ihrer."
Edmunds Sichtfeld verschwamm, als sich Tränen in seinen Augen sammelten. Was hatte er nur getan, schoss es ihm durch den Kopf. Wie hatte er nur so auf die Hexe reinfallen können? Er hatte seine Geschwister hintergangen für einen Topf voll Türkischen Honig! Er hatte ein ganzes Land und dessen Bewohner verraten für einen Platz auf dem Thron!
Und Lia... Welche Last der Schuld trug Lia auf ihrer Seele?
Fast so, als könne das Mädchen Gedanken lesen, hob Lia ihren Blick - die Augen gerötet vom Weinen - und sah dem Adamssohn so tief in die braunen Augen, als versuchte sie in seine Seele zu blicken.
„Sie hat ihre Seite vor langer Zeit gewählt.", sprach die Hexe an Edmund gewandt, der der Blick des Adamssohns auf die blonde Schönheit nicht entgangen war.
Während Ed dabei zu sah, wie ein Minotaurus und ein Troll, das Mädchen an den Armen auf die Beine zogen und davon geleiteten, wandte sich Jadis mit ihrem Befehl an ihre umstehenden Soldaten: „Ruft alle Getreuen zusammen! Wenn mein Freund Aslan einen Krieg will, dann soll er auch einen Krieg haben!"
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