wer die Macht inne hat
Kapitel 26
Der Gedanke, Lilyanna anstelle von Owellya zu heiraten, war keinesfalls abschreckend. Ganz abgesehen davon, dass ich fast jede Frau lieber ehelichen würde als diese Giftschlange und lieber auch noch den Rest meines Herzens opfern würde, anstelle ihrer Sippschaft noch mehr Einfluss durch eine Heirat zu gewähren, war Lilyanna reizvoller.
Sie war in den Sommerlanden geboren und obwohl sie bereits länger in meinem Reich lebte, als sie in ihrer Heimat verbracht hatte, schien sie weder so prüde, noch so steif zu sein, wie die Frauen in meinem Land. Sie verbarg nichts von sich, weder ihren Körper noch das, was sie dachte. Das war ich nicht gewohnt und das machte es mir einfach sie einzuschätzen, obwohl es sie ihr Mangel an Benehmen dennoch irgendwie unberechenbar machte. Zwar überraschten mich ihre Handlungen, aber ihre Motive waren mehr als eindeutig. Sie wollte diesen Jungen befreien und wahrscheinlich dann zusammen mit ihm das Weite suchen. Etwas, was nicht passieren würde.
Ich würde Lilyanna nicht gehen lassen. Nicht nur, weil sie dann innerhalb kürzester Zeit mit aufgeschlitzter Kehle irgendwo in einer Gasse liegen würde, mir gefiel auch einfach nicht, wenn sie bekam, was sie wollte. Vermutlich war es albern, wütend auf sie zu sein, nur weil sie sich meinen Befehlen widersetzte und ihr nur deshalb die Freiheit zu verwehren. Aber so war es nun einmal und letztendlich hatte sie sich das selbst zuzuschreiben.
Ich wollte, dass dieses starrköpfige Mädchen endlich begriff, dass sie mir zu gehorchen hatte. Ich wollte, dass sie einsah, keine Chance gegen mich zu haben, ich wollte sie besiegen und umso schwerer sie es mir machte, umso besser würde sich dieser Sieg anfühlen. Ein Sieg der kommen würde, denn ich siegte immer. Das würde auch Lilyanna noch lernen.
„Wir können ihre Identität sowieso kaum geheim halten und wenn die ersten schon Anschläge aufgrund von Behauptungen verüben, hilft es nicht, es offiziell abzustreiten, dass sie Prinzessin Lilyanna ist. Dieses Vorgehen hindert uns nur daran, ihr den Schutz zu gewähren, der ihr zusteht und wenn Ihr ihr den zusagt, ohne ihre Identität zu bestätigen, wird es ein offenes Geheimnis sein, wer sie ist und Euer Widerwille sie anzuerkennen, wird so ausgelegt werden, als würdet Ihr ihren Tod wünschen." Eugen hatte damit natürlich recht, ich war ja selbst bereits zu diesen Schluss gekommen, aber Lilyanna anzuerkennen, würde dennoch alles komplizierter machen.
„Die Zitadelle würde von mir fordern Lilyanna zu ehelichen und Owellya des Hofes zu verbannen." Wieder erschien mir der Gedanke reizvoll. Lilyanna würde es ganz und gar nicht gefallen mich heiraten zu müssen und das alleine kam mir wie ein Sieg vor. Aber natürlich war ich nicht König geworden, weil ich meine eigenen Wünsche über die Zukunft meines Landes stellte. Lillyanna zu heiraten wäre eine Katastrophe für die Winterlande. Es brach das sowieso bereits zerbrechliche Abkommen zur Lebensmittelversorgung mit den Sommerlanden. Ihr Onkel würde versuchen uns auszuhungern und alles, was wir von den Herbstlanden erhandeln konnten, würde nicht ausreichen um uns zu ernähren, egal wie reich mein Land theoretisch war. Gold und Edelsteine waren nichts was man Essen konnte und fruchtbare Böden gab es kaum in meinem Reich.
„Was für das gesamte Reich wohl besser wäre", meinte Eugen und spielte damit darauf an, wie viel Macht Owellyas Familie durch eine Heirat mit mir erlangen würde. Er hatte nicht ganz unrecht und dennoch.
„Und zu einer Hungersnot führt." Momentan bezogen wir Lebensmittellieferungen aus den Sommerlanden für absolut überteuerte Preise, die nur deshalb dennoch erschwinglich blieben, weil Owellyas Familie die Mienen und Schürfgraben umfassend militärisch bewachen ließ, um den sonst üblichen Raubabbau zu vermeiden. Ohne die Unterstützung des Militärs könnte ich dafür nicht sorgen. Die meisten Generäle gehörten zu Owellyas Familie und kannten ihre Macht. Sie würden mir den Gehorsam verweigern und ich konnte schlecht meine ganze militärische Führungsebene hinrichten. Schon gar nicht, wenn das Verhältnis zu Osswald, Lilyannas Onkel, so angespannt war. Zudem brauchte ich Owellyas Familie auch um die eroberten Handelsrouten zu sichern, falls es zu einem Krieg mit Osswald kam, was dem Reich langfristig eine stabilere Versorgung sichern würde. Noch besser wäre natürlich eine Aussöhnung mit den Sommerlanden, aber das würde wohl zu meinen Lebzeiten nicht mehr passieren.
Die Zitadelle würde dennoch fordern, das ich Lilyanna heiratete und mir wahrscheinlich Nahrungsmittel aus den Frühlingslanden versprechen, doch genau diese Lebensmittellieferungen müssten durch die Sommerlande geschafft werden und selbst wenn sie nicht von Oswald geplündert werden würden, wohl verdorben hier ankommen.
„Ein Dilemma. Zugegeben, Eines, bei dem ich Euch nicht helfen kann. Ich kann nur an Euer Mitleid appellieren sie zu beschützen, wie sie es braucht. Eine andere Chance hat sie nicht mehr. Die Hoffnung, dass man sie in Ruhe lässt weil sie von Euch nicht anerkannt wird, ist dahin. Dieser Vorfall wird eine Kettenreaktion auslösen. Auch die, die sie ansonsten in Ruhe gelassen hätten ohne die Bestätigung ihrer Identität, werden sich nun fragen, was dieser eine Attentäter erfahren hat, dass er so weit geht, einen Flüchtling zu töten. Dieser Anschlag unterstützt somit jede ihrer Behauptungen. Sie offiziell anzuerkennen könnte wiederum einige Abschrecken, sie anzurühren. Verweigert Ihr ihr das, macht Ihr sie zu einer Zielscheibe.
Ich ließ die Worte auf mich wirken, kam aber zu keiner Lösung, die auch nur ansatzweise die Interessen des Landes und Lilyannas Schutz in Einklang brachte.
„Ich denke darüber nach", sagte ich und starrte weiter auf diesen Kelch. Ein Mittelweg wäre es, sie anzuerkennen ohne die Verlobung mit Owellya zu lösen. Das würde mir aber den Unmut der Zitadelle einbringen und sich mit der Zitadelle anzulegen, war nie eine gute Idee. Es gab einen Grund, warum sie als Wahrer des Friedens galten. Weil sie die Macht hatten jedes Land zu Fall zu bringen, dass ihnen widersprach. Selbst Meines. Die Magier der Zitadelle waren mächtig, ich alleine käme gegen sie nie an.
„Sire ..." versuchte Eugen weiter zu drängen, aber ich unterbrach ihn.
„Ich sagte: Ich denke darüber nach!" fauchte ich ihn an und merkte noch im selben Moment, dass ich das nicht hätte tun sollen, denn ein solcher Gefühlsausbruch verriet Eugen mehr darüber, welche Auswirkungen Lilyanna auf mich hatte, als mir lieb war. Mein Herz war irgendwo in meinem Reich, aber nicht nahe genug um tatsächlich dafür verantwortlich zu sein, wie launisch ich in letzter Zeit war. Es war Lilyanna. Ich wusste es, konnte es mir aber nicht erklären.
Ich hatte Jahre darauf hingearbeitet soviel Selbstkontrolle über mich zu haben, dass ich den Stein in der Hand halten konnte, ohne großartige emotionale Regung zu zeigen, zumindest hatte Eugen mir das versichert. Mein Herz und ich würden nie wieder eins werden können. Es mir zu rauben und in dieses magische Gefäß zu versiegeln, war etwas, was man nicht rückgängig machen konnte. Es war ein Objekt, das mich persönlich angreifbar machte. Würde man es vernichten, würde auch ich vernichtet werden, das war der einzige Grund, warum ich es zurück brauchte. Das Lilyanna noch größere Auswirkungen auf meine emotionale Verfassung hatte, als der Stein selbst, zeigte, wie dringend ich sie eigentlich loswerden musste und doch konnte ich sie nicht gehen lassen. Ein weiteres Dilemma auf das ich keine Antwort hatte. Lilyanna hatte den Stein jahrelang besessen, war mit der Magie des Steines, meiner Magie, immunisiert worden, aber selbst wenn sie etwas Magie davon in sich trug, sollte ich auf sie nicht halb so intensiv reagieren wie auf den Stein. Warum also war es in ihrer Nähe tausendmal schlimmer, während die relative Nähe zu dem Stein, der mein Herz verbarg, mir lediglich ein Prickeln im Nacken verursacht hatte? Ich wusste es nicht, aber es musste aufhören. Nicht, weil ich das Gefühl hatte die Kontrolle zu verlieren, so wie damals als Kind. Sondern, weil ich es sich es nicht leiden konnte, dass sie diese Macht über mich hatte.
Beta: geany
Die Highlight Woche ist vorbei.
Ab Montag geht es regulär wieder weiter mit den Updates.
Meine Patreon-Unterstützer haben auch schon die Kapitel für die gesamte nächste Woche und vieles mehr. Danke für Eure Unterstützung, mit so viel Leuten hätte ich nie gerechnet. :)
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