auf Umwege
Kapitel 40
Ducan
Das Lachen, dass Lilyanna ausstieß und sich kurz darauf in Tränen verwandelte, war an Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung kaum zu überbieten und ich wusste nicht wie ich damit umgehen sollte. In all der Zeit, in der sie hier war, war sie eine trotzige, selbstbewusste Frau gewesen, die Forderungen stellte und Ehrfurcht einforderte. Sie so verletzlich zu erleben, war ein Schock für mich und machte deutlich, wie verletzlich sie eigentlich war. Nicht nur körperlich, sondern auch emotional und wie wichtig es für sie gewesen war immer wieder Kains Freilassung zu fordern und sich scheinbar selbst aufzuopfern, um ihn freizubekommen. Dieser Junge war etwas gewesen, an dass sie sich festgehalten hatte und jemand für den sie hatte stark sein wollen. Doch das war nun vorbei. Er hatte sie verraten, ihre Bemühungen ad absurdum geführt und Lilyanna damit wohl das Letzte genommen, was sie noch aufrecht gehalten hatte. Sie war verzweifelt und sie war weitsichtig genug um zu wissen, dass auf sie keine rosige Zukunft wartete.
Ich hatte bei der Aussetzung des Papiers, dass ihre Anerkennung den Kronrat mitteilte, darüber nachgedacht, wie es mit ihr weitergehen konnte. Sie war eine junge Adelige, ihre Zukunft beinhaltete eine Ehe. Etwas anderes war nicht verhandelbar und wenn ich sie nicht heiratete, musste es ein anderer tun, aber wer würde das?
Sie mag eine Prinzessin sein, aber eine Hochzeit mit ihr würde zu politischen Spannungen mit ihrem Onkel führen und selbst wenn eine Familie diese in Kauf nimmt, hatte sie weder eine Mitgift, die bei ihrem Stand üblich wäre, noch einen besonders guten Ruf. Es würde immer darüber spekuliert werden, wo sie all die Jahre gewesen ist und wenn auch nur ein Fünkchen von der Wahrheit ans Licht kam, wäre ihr Ruf nicht mehr zu retten.
Selbst für mich könnte dieser eine Katastrophe bedeuten, wenn man sie tatsächlich für meine Geliebte halten würde. Dagegen stand natürlich, dass ich bereits an der Spitze der Hierarchie stand und als Mann sowieso weniger Auswirkungen durch skandalösen Verhalten zu befürchten hatte, als eine Frau.
Doch das alles schien angesichts ihrer und meiner derzeitigen Probleme geradezu lächerlich. Zudem, hatte sie unrecht. Man würde sie nicht für meine Geliebte halten. Der Kronrat war das erste, was ich von General Zions Einfluss gesäubert hatte und stand treu hinter den Beschlüssen der Zitadelle. Eugen, war der erste Mann unter Ihnen und repräsentierte die Stimme des Kronrates und dieser forderte, wie die Zitadelle, dass ich Lilyanna eheliche. Dieser Meinung würden sich die restlichen Kronratsmitglieder anschließen, die den wachsenden Einfluss von Owellyas Familie als größte Bedrohung für das Land ansahen.
Ich hatte bei Lilyanas Anerkennung mich bewusst nicht zu den Stand meiner Verlobung geäußert, um mit einer Predigt zu ersparen. Und nun nahm ich während der Nachtruhe die Prinzessin mit in meine Gemächer? Sie würden das als klare Bevorzugung Lilyanna gegenüber Owellyas betrachten und mit Sicherheit darauf anstoßen.
„Unwahrscheinlich. Ich werde dich in die Gemächer der Königin unterbringen, so kurz nach deiner Anerkennung werden die Zitadellen-treuen, das als ein Zeichen dafür werten, dass ich Owellya den Rücken kehre", sagte ich und ich wich einer Nachtdienerin aus, die durch den Gang huschte und sich ehrerbietig verbeugte, bevor sie mir und Lilyanna mit großen Augen hinterher sah. Morgen früh, wird das gesamte Personal von meinem Tun wissen, zusätzlich zu den Informationen, dass Lilyanna doch noch lebte. Morgen früh, würde ich mich Fragen stellen müssen. Doch auch das alles scheint momentan unwichtig. Ich hatte dringendere Probleme.
Kain, sein Vater und das was immer auch mit Lilyanna geschah. Der Aufenthaltsort meines Herzens. Die Bedeutung dieser Verbindung mit Lilyanna. Das war es auf das ich mich konzentrieren musste, denn ich konnte fast körperlich spüren, wie auf einem Spielbrett hin und her geschoben wurde wie eine Figur. Irgendetwas wurde hier gespielt und ich musste wissen was.
„Ich verstehe nicht, warum du sie überhaupt heiraten willst. Du willst sie nicht einmal. Steht sie so hoch im Rang?" fragte Lilyanna erschöpft und so leise, dass es niemand außer mir hören konnte. Ich war kurz davor ihr von meiner misslichen Lage zu erzählen, ihr zu erklären, warum ich sie nicht heiraten konnte aber damit würde ich lilyanna auch mit meinen Problemen zu belasten und das wäre gefährlich.
Nicht nur, weil es sie weiter in Gefahr brachte, sondern weil ihre Zukunft nicht in den Winterlanden lag und keine internen Probleme in andere Reiche getragen werden sollten. Ich konnte nicht riskieren, dass diese Information gegen mich verwendet werden kann und damit auch gegen mein Volk. Ich hatte ihnen gegenüber eine Verpflichtung.
„Das ist meine Angelegenheit und falls Gerüchte aufkommen sollten, werde ich sie dementieren", verkündigte ich und wusste, dass das an den Gerüchten selbst nichts ändern würde. Es würde nur niemand mehr wagen, sie laut auszusprechen.
Lilyanna schwieg dazu und als ich einen Blick auf sie warf, sah ich, dass sie ihre Augen geschlossen hatte. Sie musste erschöpft sein und Schmerzen haben und ich warf einen ungeduldigen Blick über meine Schulter zu den Mitgliedern der Garde, die mir mit Abstand folgten.
„Wo bleibt Eugen?", fragte ich und einer der Männer zuckte nur unwissend zusammen, ohne sich zu wagen, mir diese schlechte Nachricht mit Worten zu übermitteln.
„Er soll sich beeilen, die Prinzessin ist verletzt! Schickt noch einmal nach ihm!" forderte ich und ein weiterer Soldat löste sich aus seiner Einheit und machte sich auf den Weg. Dann erreichte ich endlich den Teil des Schlosses, der nur der königlichen Familie selbst vorenthalten war und trug Lilyanna zu einer von zwei prächtigen Türen, die direkt nebeneinander lagen. Die Tür wurde für uns geöffnet und ich betrat den Raum, den meine Eltern bereits als ihr persönliches, inoffizielles Studienzimmer benutzt hatten und von mir in selben Funktion genutzt wurde.
Eine schwere Tür rechts von mir stand offen, so wie sie es immer tat, solange ich denken konnte und führte in meine Schlafgemächer.
Meine Eltern hatten nie getrennte Schlafzimmer unterhalten, eine absolute Kuriosität innerhalb mir aller bekannten königlichen Ehen. Dafür hatte der Arbeitstisch meines Vaters in den Raum Platz gefunden der eigentlich meiner Mutter als Schlafgemach hatte dienen sollen, doch es nie getan hat.
Dementsprechend unaufgeräumt und absolut ungeeignet für den Einzug einer Adligen lag der Raum nun vor mir, einzig und allein der große Raumteiler mit dem Bett dahinter ließ erahnen, wozu dieser Raum eigentlich da war: Es waren die Gemächer der Königin.
Ich trat an den Schreibtischen vorbei, die ich ebenfalls benutzte und war zum ersten Mal froh, dass die Kammerdiener unnötigerweise immer dafür sorgten, dass das Bett der Königin immer sofort bezugsfertig gehalten wurde.
Die Bettwäsche war frisch als ich Lilyanna darauf ablegte und sich der Gedanke in meinen Kopf drängte, dass sie genau hier gehörte. Sie sollte die Frau an meiner Seite sein, dafür war sie geboren worden, das war ihr eigentliches, geplantes Schicksal gewesen. Doch es war alles furchtbar schiefgelaufen. Nichts war so gewesen wie hätte sein sollen. Unvorhergesehene Ereignisse hatten dafür gesorgt, dass es dazu nicht gekommen waren. Doch nun lag sie dennoch hier, als versuchte jemand in dem Gewebe des Schicksals über Umwege dafür zu sorgen, dass dennoch alles so geschah wie es sein sollte.
Beta: noch nicht
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