Ärgernisse
Kapitel 109
Lilyanna
"Irgendwann wird euch Eure Unverfrorenheit den Kopf kosten, Eugen", prophezeite ich ihm darauf, doch sein Lächeln erhellte seine Augen nur weiter.
"Oh, da bin ich mir sogar sicher, Hoheit. Aber selbst dann werde ich noch immer recht gehabt haben", erwiderte er und ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Er erinnerte mich in einigen Punkten einfach zu stark an Cedric. Auch dieser hatte es geliebt, Recht zu behalten und ich hatte es geliebt, ihm diese Freude wieder zu nehmen. Und ich wusste, wie ich sie Eugen nehmen konnte.
"Oh, Eugen. Ihr erinnert mich so sehr an meinen Ziehvater, dass es fast schon unheimlich ist", meinte ich und auch ohne dass ich Cedrics Namen explizit hatte erwähnen müssen, fiel Eugens Lächeln in sich zusammen.
Ducan reagierte stets ähnlich auf dessen Erwähnung. Der König der Huren in der Hauptstadt des Winterkönigs war wie ein Stachel in seinem Fleisch. Nicht, weil Cedric so viel Ärger machte, sondern weil er so anders war. So voller Fragen, voller Vermutungen. So besonders. Ein Mysterium, dass weder Ducan noch Eugen lösen konnten und das schien beide extrem zu wurmen, während ich schon vor langer Zeit gelernt hatte, keine Fragen zu stellen, auf die ich eh keine Antwort würde bekommen können.
Ich würde genauso wie sie sein, wenn ich nicht streng Cedrics Rat befolgen würde: Sich nur darüber Gedanken machen, was wichtig ist, was notwendig ist und nicht über Dinge, die ich sowieso nie lösen konnte. Plötzlich verstand ich die Notwendigkeit dieses Gebotes. Ich würde nie erfahren, was Cedric war oder was er wollte und wenn ich es versuchte, würde diese Frage mich so sehr frustrieren, dass es mich wahnsinnig machen könnte.
"Ich sehe schon, Prinzessin, mit Euch hat sich an diesem Hof eine neue Spielerin eingefunden. Keine neue Figur", sagte Eugen, ohne weiter auf Cedric einzugehen.
Er wusste genau, was ich mit der Erwähnung meines Ziehvaters bezweckt hatte: Ihm etwas von seiner Großspurigkeit zu nehmen. Niemand würde sich je über Ducan oder mich erheben, das zuzulassen wäre dumm, selbst wenn ich Eugen mochte.
Dass er es geschafft hatte, den Winterkönig zu nötigen, nahm ich ihm etwas übel.
Doch Eugen wusste auch, wie er mit meiner Spitze umgehen musste.
Verleugnung. Das war es, was mich, Eugen und Ducan nicht handlungsunfähig machte.
"Dennoch muss ich euch bitten, das hier zu trinken", sagte Eugen und reichte mir ein Fläschchen, dass so sehr nach Gift aussah, dass ich kurz glaubte, er wollte mich tatsächlich umbringen.
"Was ist das?"
"Davon wird euch übel, sofern ihr nicht schwanger seid. Ihr erhaltet nun jede Woche eines dieser Fläschchen, solange bis euch nicht mehr übel wird. Keine Angst, ansonsten ist es ungefährlich", meinte er und winkte auffordernd mit den Fläschchen, als könnte dies mich tatsächlich dazu bringen, danach zu greifen.
"Ich verzichte!"
Ich hatte wenig Lust, mit Übelkeit in den Tag zu starten und das auch noch jede verdammte Woche. Was dachte er sich dabei? Konnte man meine Schwangerschaft nicht einfach abwarten, wie bei jeder anderen Frau auch? Ich würde es doch merken. Zudem ergab das für mich wenig Sinn.
"Angenommen ich nehme das und diese morgendliche Übelkeit kommt zeitgleich, dann dürfen wir raten, ob diese jetzt an dem Getränkt liegt, das sagt ich wäre nicht schwanger oder an meinen Körper, der damit signalisieren würde, dass ich schwanger bin", sagte ich und Eugen legte den Kopf schief, sah mich an. Dann nahm er den Arm mit der Flasche wieder herunter.
"Ihr habt recht. Verdammt! Filles!", rief Eugen dann in den Raum herein und man hörte, wie irgendetwas zu Bruch ging und dann sein tollpatschiger Lehrling um die Ecke kam.
"Ja, Meister?"
"Du hast das mit dem Mittel nicht zu Ende gedacht. Der Körper einer Frau reagiert oft mit natürlicher Übelkeit auf eine Schwangerschaft, wie sollen wir wissen, warum der Prinzessin übel ist?", meinte er und der Lehrling sah erst zu mir, dann zu seinem Meister bevor er schnell zu uns kam, das Fläschchen von Eugen entgegennahm und sich verbeugte.
"Verzeiht Hoheit, das wusste ich nicht, ich werde nach anderen Möglichkeiten suchen", meinte dieser und verschwand dann wieder schnell.
Ich betrachtete Eugen mit hochgezogener Augenbraue.
"Das war nicht fair. Ihr habt diesen Widerspruch auch nicht gesehen", meinte ich und Eugen lächelte.
"Wie schon mein Meister damals zu mir sagte: Ich halte meinen Lehrling an, besser zu sein als ich, nicht nur genauso gut. Bis jetzt hat noch niemand eine gute Methode gefunden, die Schwangerschaft einer Frau vorzeitig zu bestimmen. Filles hat die Motivation dazu gezeigt und ich will ihn dabei nicht aufhalten. Er ist talentiert, was Gebräue angeht", meinte Eugen und ich wusste nicht, ob ihn das als Lehrmeister besser oder schlechter machte, den Jungen dermaßen zu fordern.
"Ich weiß nicht, ob ich dabei das Versuchskaninchen spielen will", meinte ich lediglich und Eugen blinzelte.
"Euch wird nichts geschehen, alles war mein Lehrling kreiert, wird von mir überprüft und magisch auf eine gewisse Toxizität hin getestet. Aber stellt Euch diesen Erfolg vor. Zum ersten Mal die Schwangerschaft einer Frau im vorne herein bestimmen zu können, das würde Filles bei Beendigung seiner Lehrzeit sofort großen Respekt einbringen!", meinte Eugen und schien fest entschlossen der ganzen Welt zu beweisen, dass sein Lehrling ein Genie war.
"In Ordnung Eugen, bin ich nur hier wegen diesem Test?", fragte ich und holte ihn damit wieder zu einem Thema zurück, das mich wirklich interessiert.
"Oh, nein Hoheit. Ich habe die Tagebücher von Königin Lyssa für euch und ein königliches Geschenk der Zitadelle zu eurer Verlobung."
Geschenk? Ich bekomme ein Geschenk?
Ich wurde sofort hellhörig und musste mich zurückhalten, die Haltung zu bewahren, die ich haben sollte als zukünftige Königin der Winterlande. Aber ich liebte Geschenke. Schon als Kind.
So konnte ich mir ein breites Lächeln nicht verkneifen, während Eugen auf dem riesigen Tisch einige Dokumente beiseite schob und etwas zu suchen begann, was scheinbar unter all den Dokumenten verborgen sein sollte.
"Ah. Hier!", entfuhr es ihm nach einer Weile und als würde Fünkchen meine Begeisterung spüren, begann sie aufgeregt, um mich herumzuspringen.
Eugen reichte mir eine sehr einfach aussehende Schatulle, die ich neugierig sofort öffnete und betrachtete den Inhalt eher fragend.
"Fläschchen mit Wasser?", fragte ich und besaß mir die kleinen Gläschen genauer, die an dem Rand des zierlichen Flaschenhalses je eine andere Farbe aufwiesen. Gelb, Blau, Rot und Schwarz.
"Ein traditionelles Geschenk. In den Flaschen ist tatsächlich lediglich Wasser aus dem Quell des Zitadelleturms. Früher wurde ihnen heilende Eigenschaften angedichtet, aber das ist Unsinn. Die Fläschchen werden traditionell hergestellt und sind mit ihren Farben äußerst dekorativ."
Ich nahm eines diese dekorativen Fläschchen aus der Kiste und musste feststellen, dass sie tatsächlich ziemlich hübsch waren. Ein Meisterwerk der Glasbläserei, mit seinen eigenwilligen Formen. Jedes sah etwas anders aus und dennoch war ich etwas enttäuscht. Aus der Zitadelle der Magier erhoffte man sich eigentlich mehr, allerdings erklärte die Einfachheit, warum auch meine Eltern nie erwähnt hatten, dass sie ein solches Geschenk erhalten hatten.
"Vielen Dank", erwiderte ich trotz meiner Enttäuschung höflich und schloss die Schatulle wieder. Doch Eugen war bereits dabei, einige Bücher zusammenzutragen, die so abgewetzt aussahen, als wären sie tatsächlich täglich herausgezogen und beschriftet worden.
"Die Tagebücher sind hier, nicht alle, versteht sich. Die ehemalige Königin war seit ihrer frühstens Kindheit eine leidenschaftliche Tagebuchschreiberin. Wir beginnen in dem Jahr, in dem sie Königin wurde. Diese werden Euch am meisten nützen", sagte Eugen und senkte dann schnell ehrerbietig das Haupt zu einer Person hinter mir.
Ich wunderte mich nur kurz, denn es gab nicht viele Personen, bei denen sich Eugen so untertänig verhielt und als mich plötzlich eine Welle von wärmender Magie umfasste, wusste ich mit Gewissheit, dass es sich um Ducan handeln musste.
Mit einem Lächeln drehte ich mich zu meinem Verlobten um, doch dessen Blick war nicht halb so freundlich, wie man das erwarten sollte, nachdem wir uns heute Morgen im Guten getrennt hatten.
"Auf ein Wort, Prinzessin", forderte er streng und es war offensichtlich, dass ich ihn verärgert hatte. Die Frage war nur: Womit?
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Erstes Kapitel bereits online ^^
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