Cassidy/8. Kapitel
Sie hatten mir Blut abgenommen, meinen Puls gemessen und mir einen Haufen an Fragen gestellt, aber ich habe immernoch keine Ahnung, was sie damit erreichen wollen.
Als ich mit meiner Familie, nachdem meine Eltern endlich mit dem Papierkram fertig waren, das Haus verließ war es bereits nachts. Erst als ich die Sterne über mir sah fiel mir auf, wie unfassbar erschöpft ich bin.
Die Gassen Sol's waren nun sogar noch schöner, als sie es noch vor wenigen Stunden waren.
Zwischen den leuchtenden weißen Straßenlaternen, an dessen Stützen hohe Rosenranken gewachsen waren, wurden Lichterketten gespannt, welche ebenfalls überall in den Bäumen hingen, wodurch es trotz der Dunkelheit und der kalten Nachtluft die uns umhüllte (und man sollte meine Angst vor der Dunkelheit hierbei nicht vergessen) nicht angsteinflößend war.
Meine Eltern schienen sich sehr gut hier auszukennen, weshalb Luke, Kenzie und ich ihnen einfach wortlos folgten und den Anblick genossen.
Im Augenwinkel erkannte ich, wie Luke bestimmt nach Kenzies Hand griff und sie mit seiner umschloss. Und was ich in ihrem darauffolgenden Blick sah, zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen.
Es war Liebe. Die Art von Zuneigung, die ich meinem Bruder immer von ganzem Herzen gewünscht habe.
Anfangs hat es mich verwirrt. Die beiden waren schon seit etlichen Jahren beste Freunde und natürlich haben sie sich auch vorher schon auf eine gewisse Art und Weise geliebt, doch diese neue Verbindung, die sie zueinander hatten, hat alles für sie verändert. Ins positive.
Und ich schäme mich ehrlich gesagt dafür, doch ganz tief in mir verspürte ich ein anderes Gefühl, welches ich stark zu unterdrücken versuchte:
Neid.
Schon seit gefühlten Stunden starrte ich an die weiße Decke meines Zimmers und dachte nach. Ein paar Minuten, nachdem wir losgegangen waren, waren wir auch schon an einer kleinen Hütte angekommen, welche im selben Stil wie der Rest von Sol war. Die Zimmer waren zwar ziemlich klein, doch es war alles hier, was man brauchte. Ich spürte die Erschöpfung tief in mir sitzen, doch meine Gedanken vertrieben mir den Schlaf.
Ein Rascheln ließ mich aus meiner Starre Schrecken und meine Aufmerksamkeit glitt zum Fenster. Mein Zimmer lag im ersten Stock und vor meinem Fenster lag ein kleiner Dachabsprung, auf dem ich deutlich eine menschliche Silhouette erkennen konnte.
In meinem Kopf leuteten alle Alarmglocken, dass ich gefälligst laut schreien und Panik bekommen sollte, doch irgendetwas in mir hielt mich davon ab und setzte in mir das Gefühl von Sicherheit frei.
Kurz bevor ich meine Nachttisch-Lampe anschalten und damit das Gesicht der Person erkennen konnte, hatte sie mich jedoch bemerkt und war von dem kleinen Absprung verschwunden. Ich hörte noch einen dumpfen Aufprall, doch als ich schnell zum Fenster lief und hinausschaute, war nichts außergewöhnliches zu erkennen. Wie schon einmal an diesem Tag schoss mir dieser eine Name in den Kopf und mein Bauch begann zu kribbeln. Es ist Nick.. Keine Frage.
Verwirrt von der plötzlichen Zufriedenheit, welche meinen Körper durchströmte, schlief ich kurz danach tief und fest ein.
»Cassy.. Oh sorry. Ich komm später wieder.« hörte ich die Stimme von meinem Bruder, welcher in mein Zimmer kam. Als ich die Augen öffnete erkannte ich sofort, dass es schon hell draußen war und meine Augen glitten instinktiv zu meinem Fenster und dem kleinen Absprung. Doch er war leer.
»Nein, kein Problem. Was gibt's?« fragte ich Luke und richtete mich etwas auf. Meine Haare lagen in einem unordentlichen Knoten auf meinem Kopf und ich trug nur meinen gepunkteten Schlafanzug, doch Luke kannte mich genau so.
Er lief in mein Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Er setzte sich neben mich aufs Bett und zog die Decke über sich.
»Ich.. Weiß wir haben das schon lange nichtmehr gemacht, aber ich muss echt mit dir reden.« fing er an und ich forderte ihn mit meinen Blicken stumm auf weiter zu reden.
»Es geht um Kenzie. Ich meine, es ist nicht meine erste Beziehung oder so, aber auf einmal ist es so.. entscheidend. Sie ist meine Mate. Das ist etwas so anderes. Ich will nichts falsch machen, aber ich weiß irgendwie auch nicht genau, wie ich jetzt damit umgehen soll.«
Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und griff nach seiner Hand. Ich drückte sie einmal und lächelte ihn aufmunternd an.
»Ihr seid seit Jahren beste Freunde und genau so kann es doch auch weiter sein. Es muss sich nicht viel ändern, wenn du es nicht willst. Sie kann doch deine beste Freundin und deine Freundin gleichzeitig sein. Du musst dich ja nicht für eins entscheiden.« riet ich ihm und er biss sich nachdenklich auf die Lippe.
»Und was ist mit Allison? Ich weiß, wir sind grade nicht dort, aber wenn wir nach Hause kommen muss ich unbedingt mit ihr reden.«
Ich kenne Allison nicht richtig und wenn ich ehrlich bin mag ich sie auch nicht besonders. Ich weiß nur, dass sie sehr viel Zeit mit meinem Bruder verbracht hat und ihm anscheinend echt den Kopf verdreht hatte.
»Ist denn etwas passiert?« fragte ich ihn daher und ich konnte deutlich erkennen, wie er rot anlief.
»Ich habe Allison geküsst und währenddessen Mackenzie gesagt. Sie.. Sie hat also eindeutig einen Grund sauer auf mich zu sein. Ähm.. Und sie hatte auch eindeutig einen Grund mich zweimal zu schlagen« sagte er und probierte sich ein Lachen zu verkneifen. Die ganze Situation schien so absurt und auch ich presste meine Lippen zusammen um nicht in Gelächter auszubrechen.
Doch aufeinmal fiel mir ein Detail in seinem Satz auf, welches mich stutzen ließ.
»Wieso hast du denn ihren Namen gesagt?« fragte ich ihn und meine Stimme war aufeinmal echt ernst, was auch Luke zu verwirren schien.
»Ich weiß es selber nicht. Ich habe ihren gesagt und sie meinen. Als wir uns kurz danach gesehen haben war mir das erste mal klar, dass sie meine Mate ist.« erzählte er und mir fiel eine gruselige Parallele zu meiner jetzigen Situation auf.
Oh Nick.
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