6
Über mir zuckte eine Sternschnuppe über den mittlerweile fast schon pechschwarzen Nachthimmel und erhellte für einen kurzen Moment die See unter sich. Nicht einmal für den Bruchteil einer Sekunde blieb sie am Himmel sichtbar. Ein verglühender Gesteinsbrocken in leuchtend hellem Violette. Der Hauptbestandteil war wohl Calcium.
Tausende verglühen Tag und Nacht in unserer Atmosphäre und doch ist es ein seltenes und zugleich wunderschönes Spektakel sie mit eigenen Auge am Nachthimmel beobachten zu können. Ein leiser, gar kaum wahrzunehmender Seufzer verließ meinen Mund. In mir stieg ein beklemmendes Gefühl auf. Ein Gefühl von Einsamkeit und Leere, welches meine Mutter ständig hervorrief, wenn sie sich in meine Gedanken schlich. Mit ihr starb auch ein unbeschreiblich großer Teil von mir. Erbarmungslos riss sie ihn mit sich und hinterließ in mir ein schmerzendes Loch, was von nichts gefüllt werden konnte.
„Mama..", flüsterte ich leise und vernahm hinter mir Schritte durch den harten, kantigen Kies. „Lucinda..", die Stimme der Person glich kargem Eis und vermag es einen erzittern zu lassen, würde sie nur die richtigen Worte sprechen und doch lag in ihr etwas ungewohnt sanftes. Etwas lag versteckt und verletzlich tief in dem Innern dieser Stimme.
Ich wagte es nicht ein einziges Wort über meine Lippen gleiten zu lassen. Jedes wäre sinnlos und fern jeglicher Bedeutung schließlich in einem kalten Windhauch verblasst. Eine reinste Verschwendung. "Deine Hand muss versorgt werden.", es traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Es fühlte sich an wie ein Blitzschlag, welcher mich bis in die Tiefe meines Selbst erschütterte. Weinte ich? Wahrscheinlich ja. Vor mir zeigte sich eine bildhübsche, junge Frau mit einem Baby auf dem Arm. Ihre Kleidung war schmutzig und teils sehr in Mitleidenschaft gezogen. Das Baby in ihren Armen schlief ruhig und lag zufrieden in den Armen der Frau. Sie blickte gen' Horizont und lächelte kaum merklich vor sich hin. Was ist das? Eine Erinnerung? Wenn ja, um wessen Erinnerung handelte es sich hierbei?
"Lucinda!", der Mann neben mir rüttelte an meiner Schulter und hatte meinen Kopf zu sich gedreht. Woher kannte er überhaupt meinen Namen? Ich entsinne mich nich ihn jemals in seiner Gegenwart erwähnt zu haben. "Was hast du? Schmerzt deine Hand so schlimm?", es dauerte einen Moment bis ich überhaupt meine Gedanken komplett beisammen hatte und auf seine Fragen reagieren konnte. "Alles gut keine Sorge..", mein Geist befand sich nicht mehr hier. Geistesabwesend zog ich den Splitter aus meiner Hand ohne meine Miene zu verändern oder gar Schmerz zu verspüren. "Die Zeit läuft viel zu schnell davon, sie läuft von uns weg und lässt uns zurück.. meinst du nicht auch? Hast du auch manchmal das Gefühl.. dass du nicht mit ihr läufst, sondern einfach nur geistesabwesend daneben stehst und zusiehst?". Der mir noch fremde Mann versorgte provisorisch meine Wunde.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro