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Beim ersten Blick auf die Blätter fiel mir auch sogleich die Schriftart sowie die fremde Sprache ins Auge. Augenscheinlich handelte es sich bei einigen Sätzen um Latein, allerdings in einer sehr alten und verschnörkelten Schriftart. Derjenige, der das geschrieben hat, hat wirklich eine verdammt schöne Handschrift. Das muss man schon sagen. Diese merkwürdigen Sätze waren einzeln über die verschiedenen Seiten verteilt und tauchten immer mal wieder auf, allerdings ohne Ordnung sondern völlig willkürlich. Mir kam es so vor, als wären sie vor kurzem erst flüchtig dazugekritzelt worden wären, denn die Tinte hob sich stark von der, der normalen Texte und Zeichnungen ab. Davon abgesehen, dass diese Sätze mit schwarzer und nicht mit blauer Tinte, wie die anderen Texte, geschrieben wurden, war sie auch noch relativ frisch. Vielleicht gerade mal ein paar Tage alt und nicht so vergilbt wie der Rest. Auch die Schrift passte nicht zu den normalen Texten der Blätter. Mich ärgerte es allerdings ziemlich, dass ich nicht verstand was die Sätze bedeuteten. Mein Latein beschränkte sich leider nur auf wenige Wörter und diese konnte man sich auch noch von anderen Begriffen ableiten.
Leicht seufzend blätterte ich weiter und versuchte die einzelnen, kleine Texte zu entziffern. Dieses Gekritzel war wirklich schwer zu lesen. Entweder derjenige hatte keine Zeit, eine totale Sauklaue oder sogar beides. Jedenfalls verwirrten mich die Blätter ein klein wenig. Jedes Blatt erzählte entweder von einer Crowthermore Legende oder von irgendwelchen willkürlich aufgezählten Fabelwesen, welche es hier geben sollte. Andere Blätter zeigten ganze Zeichnungen und Skizzen von diesen Wesen oder Pläne von den Orten an denen man sie gesehen haben soll oder wo sie vermutet werden. "Nathan ich glaube ich weiß was das ist. Ein komplett zusammenhängendes Buch über Crowthermore selbst mit Legenden, Fabelwesen und Bauplänen der einzelnen Häuser. Das Buch ist allerdings noch nicht gebunden und hat keine Seitenzahlen. Ich kann aber nicht lesen, was da dazu geschrieben wurde.", leicht seufzend musste ich wieder aufstehen und die nächsten Bestellungen der Leute aufnehmen. Allmählich kamen nun mehr und mehr Leute hier her und verlangten nach einer Bedienung, da allerdings nur ich heute arbeiten würde, blieb alles an mir hängen.
All diese Menschen waren mir mehr als suspekt. Jeder von ihnen hatte irgendeine Leiche in seinem Keller, die es auszugraben gilt. Während ich die Leute bediente und ihnen wie immer eine geheuchelte Freundlichkeit vor spielte schlich sich immer mehr und mehr der Gedanke in meinen Kopf, dass der Tod von Jacklyn bisher nur der Anfang von etwas ganz großem war. Zwar sollte ich meine Nase sicherlich nicht in die Angelegenheiten anderer Leute stecken, aber dieses Dorf verbarg ein Geheimnis, welches ich unbedingt lüften wollte. Ich wusste zwar noch nicht wieso, aber es zog mich wie magisch zu sich hin. Hier geschahen merkwürdige Dinge und jeder einzelne dieser Menschen hing auf irgendeine Art und Weise verstrickt in diesem großen Spinnennetz fest, egal ob freiwillig oder unfreiwillig. Als mein Blick wieder in die Richtung von Thompson und Parker fiel, kam mir eine Idee. Da der alte Fischer als Einziger hier mit mir sprach, könnte ich heute Abend vielleicht versuchen etwas aus ihm hinauszukitzeln. Einen Versuch war es auf jeden Fall wert. Während Nathaniel nun versuchte herauszufinden, was das Latein zu bedeuten hatte, überlegte ich mir während dem Rest der Schicht einen guten Gesprächsverlauf um möglichst viel aus ihm heraus zu bekommen. Allerdings sollte ich Nathan von meinem Plan besser nichts erzählen. Es wäre wohl besser als erstes alleine mit dem Mann zu sprechen, denn mir würde er sicherlich mehr Auskunft geben, als wenn ein für ihn völlig Fremder Mann dabei wäre.
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