26
Der Anblick von Eben jagte mir immer noch einen eisigen Schauer über den Rücken. Normal war es jedenfalls nicht gewesen. Zuvor hatte ich hier noch nie eine derartig große Anzahl an Raben und Krähen gesehen. Dazu kommt, dass der alte Richard sicherlich nicht an einem natürlichen Tod gestorben ist. Wenn er einfach tot umgefallen wäre, hätten sich da keine frischen Blutflecken gebildet. Vielleicht ist er ja einfach irgendwo drauf gefallen und hat sich so verletzt? Ich weiß es nicht. Genauso merkwürdig ist, dass anscheinend direkt nach seinem Tod der Bestatter mit seinem Gehilfen vor Ort war. In seinem Haus konnte ihn niemand gesehen haben und sonstige Angehörige von ihm sind mir nicht bekannt. Vielleicht irre ich mich da aber auch wieder einmal. So intensiv beschäftige ich mich nun auch wieder nicht mit den Leuten hier. Der Großteil dieser Menschen hier umging mich auch gekonnt oder nahm mich erst gar nicht wahr. Das hat seine Vor- und Nachteile. Ein Pluspunkt ist jedenfalls, dass ich eigentlich immer meine Ruhe hier haben. Allerdings nur solange mich niemand Körperlich angeht. Dabei fiel mir die Verletzung an meinem Handballen auf. Trotz der mangelnden medizinischen Versorgung hat sich der Schnitt wieder gut geschlossen und schmerzt auch nicht mehr sonderlich. Dieser alte Säufer auf dem Café kann noch was erleben wenn ich ihn wieder sehe. So einfach lasse ich das nicht auf mir sitzen. Auch, wenn sich Nathaniel damals schon gut an ihm ausgelassen hat.
In letzter Zeit ist alles aber auch einfach so schrecklich merkwürdig. Aus dem Nichts taucht ein wildfremder Mann auf, der mein Leben völlig auf den Kopf stellt und mich kurz darauf auch schon verführt, als wären wir ein altes und schon Jahre lang verheiratetes Ehepaar. Dann versucht mich der gleiche Mann genau einen Tag später zu würgen und zu guter letzt stirbt der alte Jacklyn in Begleitung von unzähligen Vögeln. Dazu kommt natürlich auch noch dieser merkwürdige Moment auf der Crowthermore Ebene. Dieses Ding in dem Gebüsch konnte ich mir doch unmöglich eingebildet haben. Diese kaltweißen Augen hatten sich dafür zu tief in mein Gedächtnis gebrannt.
Vielleicht einfach nur eine große Aneinanderreihung unglücklicher Zufälle? Wer weiß das schon. Mein Bauchgefühl hatte jedenfalls von Anfang an recht. Hier stimmt etwas ganz gewaltig nicht und ich hätte mich unter keinen Umständen auf ihn einlassen dürfen.
Seufzend ließ ich meinen Kopf unter die Wasseroberfläche sinken und hielt die Luft an. Alle Töne um mich herum wurden nun stark abgestumpft. Die Musik schickte mich nun zu einer ganz anderen Sphäre. Die Ereignisse der letzten Tage und Wochen erschienen mir mehr und mehr unwirklich und doch erschreckend real. Ich muss dieser ganzen Sache auf den Grund gehen. Vielleicht ist dieses Dorf doch nicht immer so unscheinbar wie man immer meint? So wie bisher kann es jedenfalls nicht mehr weiter gehen. So viel steht schon mal fest. Jetzt musst ich mir nur noch eine Vorgehensweise überlegen. Vielleicht ist es ein wenig weit her geholt, aber bei Richard Jacklyn werde ich sicherlich mehr über diese ganze Sache herausfinden. In seinem Keller soll sich ein riesiges Bücherarchiv befinden. Dort wird sich doch sicherlich etwas finden lassen was mir mehr Klarheit verschafft. Jetzt kann sich der Alte ja wenigstens nicht mehr beschweren wenn jemanden seinen akkurat geschnittenen Rasen betritt.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro