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"Was heißt hier 'es war nicht meine Absicht'? Du hast mich am Hals gepackt!", doch trotz seiner zuvor so harten Berührungen konnte ich ihm einfach nicht böse sein. Es ging nicht, tief in mir hinderte mich etwas daran, auch wenn ich es noch so sehr wollte. Insbesondere als er mit einem zutiefst verletzten Blick zu mir herauf sah. "Bitte.. es war nicht meine Absicht.. ich hatte mich nicht unter Kontrolle.. Lucinda du musst jetzt geh-", ein lauter Knall unterbrach uns beide in unserem Tun. Draußen ist irgendwo ein Blitz eingeschlagen. Diese Gelegenheit nutzte ich um mich auf den Weg zur Tür zu machen. "Es tut mir leid, ich gehe jetzt Nachhause.. bis Bald..", geschwind fanden meine Schuhe den Weg an meine Füße und trugen mich sogleich auch hinaus in den Regen.
Laut dröhnte der Donner über mir und ließ meinen Körper bei jedem noch so kleinen Grollen fest zusammenzucken. Nass klebten meine Haare an meinem Kopf, während die aufkommende Kälte stetig die Kraft aus meinen Gliedern saugte. Die dicken Regentropfen benebelten fast schon meine ganze Sicht. Grell zuckte erneut ein violetter Blitz über den dunklen Himmel, lenkte aber diesmal meinen Blick zu einem alten und schon etwas herunter gekommenen Haus auf der linken Seite der Straße.
Moor Street, Hausnummer 57. Ein mittelgroßes Fachwerkhaus mit dunklen Ziegelsteinen auf dem Dach und einer Moos und Efeu besetzten Hauswand, welches von dem alte Greis Richard Jacklyn bewohnt wird. Ein kleiner, recht schlanker Mann mit kurzen grauen Haaren und einer großen Narbe auf der rechten Wange. Man erzählte sich, dass er diese aus dem zweiten Weltkrieg mitgenommen hatte. Eine recht knollige Nase und fast schon gelb wirkende Augen zieren sein Gesicht, wobei seine Haltung meistens eher Gebückt ist. Kein Wunder also, dass er einen deutlichen Buckel mit sich herum trägt. In dem ganzen Dorf hier ist er bekannt wie niemand zweites, doch kaum einer kennt ihn persönlich. Meistens hält er sich nur in seinem Haus auf und beobachtet von oben äußerst genau das dörfliche Leben.
Des öfteren habe ich mich schon von ihm beobachtet gefühlt, allerdings habe ich mir nie wirklich etwas dabei gedacht. Jetzt standen allerdings recht viele Leute vor seinem Haus. Ihre Mienen waren gleichgültig, allerdings nicht vom dem zurzeit sehr schlechten Wetter. Zwei schwarz gekleidete Männer, womöglich der örtliche Bestatter und sein jetziger Gehilfe, trugen einen offenen Sarg, welcher allerdings von einem weißen Leinentuch bedeckt wurde, gerade zur Türe hinaus.
Sein Tod bekümmerte mich nun nicht wirklich, sicherlich ist es traurig für mögliche Angehörige, aber ich hatte mit ihm ja nie etwas zu tun. Das Einzige was mich stutzig werden ließ, waren leichte Blutflecken, welche sich langsam auf dem Leinentuch abbildeten. Der laute Schrei einer Krähe ließ mich zusammenzucken. Oben auf dem Dach des Hauses tummelten sich Raben und Krähen in Scharen. Der Anblick jagte mir einen unangenehmen Schauer durch mein Gerippe. Worauf sie wohl warten?
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