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Kapitel 23 | Mallory

„Guten Morgen, Mallory." Shawns schwarze Wanderschuhe tauchen in meinem Blickfeld auf, als ich gegen vier Uhr morgens vor meinem Zelteingang sitze und mir die Schnürsenkel zubinde. „Hast du einen Moment?"

Da ich vor gerade einmal fünf Minuten aufgewacht bin und heute noch kein einziges Wort gesprochen habe, räuspere ich mich, um den Frosch im Hals loszuwerden. „Klar, worum geht's?"

„Ich hab' mich nur gefragt, wie viel du über den heutigen Streckenabschnitt weißt?" Mit einem Kopfschütteln gebe ich ihm zu verstehen, dass ich mich bisher nicht damit beschäftigt habe, was uns auf den nächsten acht Kilometern erwartet. Wir wandern zum Großteil an der Küste entlang. So viel ist mir bekannt. Deshalb sind wir heute auch so früh aufgestanden - um die Ebbe abzupassen. Shawn kommt einen Schritt näher. Kleine Steine knirschen unter seinen Gummisohlen. „Okay, das macht nichts."

„Muss ich mir denn Sorgen machen?"

Unser Gruppenleiter winkt ab, noch bevor ich die Frage zu Ende gestellt habe.

„Keine Angst, nein, aber ich würde mich besser fühlen, wenn wir streckenweise zusammenbleiben könnten. Ist das okay für dich?"

Mir rutscht ein einzelner Lacher heraus, der Hunters Boss dazu veranlasst, die Augenbrauen hochzuziehen.

„Also, jetzt werde ich langsam nervös."

Abwartend beobachte ich Shawn dabei, wie er vor mir in die Hocke geht, während ich bereits seit Beginn unserer Unterhaltung regungslos meine Schnürsenkel in den Händen halte.

„Musst du nicht. Wie gesagt, ich würde es einfach gut finden, wenn du in meiner Nähe bleibst", gibt er zurück.

„Okay, klar, mache ich. Kann ich trotzdem eine kleine Zusammenfassung bekommen?"

„Na gut, mal sehen ... Also, wir beginnen mit einer Seilbahnfahrt über den Camper Creek, kurz darauf folgt eine Leiter. Die ersten drei Kilometer führen uns dann durch zerstörten Regenwald. Das bedeutet, herumliegende Baumstämme und Totholz wurden nicht zerstückelt oder abtransportiert, sondern in den Trail integriert. Aber das schaffst du schon. Da mache ich mir keine Sorgen."

Stirnrunzelnd hake ich nach: „Was ist dann das Problem?"

„Wir passieren erodierte Küste und müssen rutschige Felsplateaus überqueren, bis wir die Meereshöhlen bei Owen Point erreichen. Danach kommt Boulder Field, wo wir riesige Gesteinsbrocken und Geröll zu bewältigen haben. Das ist anstrengend, erfordert gute Hand-Augen Koordination und ist nicht ganz ungefährlich."

„Und du hast Bedenken, ob ich das schaffe?"

Shawn presst die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. Dabei lässt er den Blick über den Strand aufs Meer hinaus schweifen.

„Wenn du unkonzentriert bist, ja. Versteh mich nicht falsch. Mir ist klar, dass ... dass ..." Seine braunen Augen landen wieder auf mir. „Was ich sagen will ist: Deine Probleme werden auch noch da sein, nachdem du Thrasher Cove in einem Stück erreicht hast. Also nimm dir Zeit, schätze vor jedem Schritt dein Terrain ein, benutze deine Wanderstöcke und befreie deine Gedanken von allem, was sich ablenken könnte. In Ordnung?"

Mit einem zweifachen Kopfnicken signalisiere ich ihm, dass ich verstanden habe. Shawn Fisher wird nicht zulassen, dass die Eltern der verschollenen Tochter auch noch ihr anderes Kind verlieren.

Er fühlt sich schuldig. Mit mir hat seine Fürsorglichkeit wenig zu tun. Da mache ich mir keine Illusionen. Trotzdem werde ich tun, wozu er mir rät. Wenn mein Kopf auf einem Felsbrocken zerschellt wie die Wassermelone in einem dieser Belehrungsvideos über die Notwendigkeit von Fahrradhelmen, hat schließlich keiner etwas davon - am wenigsten meine Schwester.

Ich lockere die Schultern und rolle den Kopf von rechts nach links, um meine Hals- und Nackenmuskulatur zu entspannen. Es tut gut, den schweren Trekking-Rucksack ein Weilchen los zu sein. Zumindest so lange, bis sich die ganze Gruppe an den Meereshöhlen sattgesehen hat.

Hier am Owen Point hat die Brandung bizarre Felsformationen erschaffen - Höhlen und Bögen, die als steinerne Bilderrahmen dienen, wenn man durch sie auf das Meer hinaus schaut. Sattgrüner und oranger Algenbewuchs bedeckt die dunkelgrauen Oberflächen, die sich bei Flut zumindest teilweise unter Wasser befinden müssen. Das wird wohl auch der Grund sein, warum Shawn alle paar Minuten auf seine Armbanduhr schaut.

Doch ich sauge nicht die Landschaft in mich auf. Viel mehr beobachte ich Archer und Gavin dabei, wie sie seit einigen Minuten die Drohne des Fotografen über unseren Köpfen schweben lassen. Dann verschwindet das surrende Fluggerät hinter den Baumspitzen des giftgrünen Regenwaldes, der über den Rand der steil abfallenden Küste quillt.

Die beiden Männer verfolgen die Kameraaufnahmen auf Gavins iPhone, das er an der dafür vorgesehenen Halterung am Steuergerät befestigt hat.

„In fünfzehn Minuten geht's weiter", höre ich in dem Moment Hunters Stimme zwischen den Felsen widerhallen, bevor er hinter dem Gestein hervor und damit in mein Sichtfeld tritt. Zwei Meter vor mir bleibt er stehen. Der Hauch eines Lächelns umspielt seine Lippen, was im Kontrast zu seinen Händen steht, die er abwechselnd öffnet und wieder zur Faust einrollt. Die Geste wirkt wie ein nervöser Tick auf mich. „Hey M, bist du bereit weiterzugehen?", will er wissen. Der besänftigende Tonfall entgeht mir nicht. Unberechenbare Wildtiere soll man nicht aufscheuchen. Er weiß das am besten.

Ich bin noch immer wütend auf Hunter, auch wenn ich sein Handeln zumindest in gewisser Hinsicht verstehen kann. Es ist normal, die Reaktion eines Menschen zu fürchten, nur hätte ich ihn nicht für so einen Feigling gehalten.

Deshalb fällt meine Antwort kurz, wenn auch nicht unfreundlich aus: „Yep. Bin bereit."

Hunters Augen verlieren ihr hoffnungsvolles Leuchten von eben. Ich weiß nicht, was er von mir erwartet, aber ich bin noch nicht bereit, ihn freundschaftlich wieder an mich heranzulassen. So leid mir das für ihn tut.

„Okay, gut. Das ist ... toll", stammelt er als Reaktion auf meine Abfuhr.

Es vergehen zwanzig Minuten, bevor die Gruppe weiterzieht und mir wird mit einem Mal klar, dass Shawn mit seiner Vorwarnung nicht übertrieben hat: Boulder Field ist nicht bloß mit Gesteinsbrocken übersät - sie liegen als unkoordinierter Haufen über- und nebeneinander. Einige Exemplare wirken aus geringer Ferne mannshoch und können nur mithilfe kleinerer benachbarter Felsbrocken überwunden werden.

„Hier drüben, Mallory", murmelt Shawn, als er im Vorbeigehen meine Schulter mit seiner anstupst. Ich folge seinem ausgestreckten Zeigefinger, bis meine Augen die Stelle erreichen, auf die er gedeutet hat.

Tatsächlich. Auf der rechten Seite eines rundlichen Felsens befinden sich mehrere unterschiedlich große Steine, die uns als Treppenstufen dienen.

Damit haben wir zwar nur eines von vielen Hindernissen bewältigt, aber die Tatsache, dass es nicht mehr weit bis zum nächsten Zeltplatz ist, spornt mich an.

Meine Handyuhr zeigt sechzehn Uhr drei an. Vor circa einer Stunde sind wir hier in Thrasher Cove angekommen und auch, wenn ich es den Rest des Tages ruhig angehen lasse, weiß ich jetzt schon, dass ich morgen den Muskelkater meines Lebens haben werde.

Die ersten Wanderer packen bereits ihre Gaskocher aus, um sich ihr letztes - oder erstes -Abendessen zuzubereiten. Unsere Gruppe blickt jedoch sehnsuchtsvoll der versprochenen Burger-Lieferung entgegen. Vermutlich alle, außer mir.

Dabei ist es nicht so, dass ich keinen Hunger hätte - im Gegenteil. Mein Magen knurrt so laut, dass ich befürchten muss, von Archer, Wren oder Gavin entdeckt zu werden. Wenn ich ihrer Unterhaltung lauschen oder gleich den Flug von Gavins Drohne mitverfolgen will, muss ich mich noch ein ganzes Stück heranpirschen.

Ein kleiner Zweig knackt, als ich versuche, hinter einer urigen Sitka-Fichte hervorzutreten, nur um im Schatten eines näher gelegenen Baumes zu verschwinden. Sofort kneife ich die Augen zusammen, nicht einmal zu atmen wage ich.

„Du musst dich nicht anschleichen, Peach", bestätigt Archer meine Befürchtung, dass mein Fauxpas nicht unbemerkt geblieben ist. „Komm einfach mit her."

Meine Wangen werden warm. Er hat mich erwischt. Jetzt muss ich zu meinem misslungenen Spionageversuch stehen.

Erhobenen Hauptes umrunde ich mein Versteck. Bereits nach zwei Schritten stolpere ich über eine von Haselwurz verdeckte Wurzel und lande beinahe auf den Knien. Zum Glück kann ich mich in letzter Sekunde an dem dicken Stamm der Sitka-Fichte festkrallen. Der ist so mächtig, dass sich drei erwachsene Personen an den Händen halten müssten, um ihn zu umfassen.

„Ich wollte euch nicht stören", stammle ich, was Archer und Gavin mit ausdruckslosen Gesichtern hinnehmen.

Lediglich Wren schnaubt belustigt.

„Ist klar. Ich glaube, du wolltest eher lauschen, aber das passt schon. An deiner Stelle wäre mein Vertrauen in die Menschheit auch vorerst zerstört."

Archer wirft dem blonden Hünen einen scharfen Blick zu, doch der zuckt nur mit der Schulter, als wolle er sagen: Was denn? Ist doch so ...

Gavin, dessen Augen zwischen uns dreien hin und her huschen, scheint nur Bahnhof zu verstehen.

„Ist das euer Ernst?", rutscht es mir ruppiger heraus, als ich beabsichtigt hatte. Ein wenig gefasster füge ich hinzu: „Ihr habt Gavin nicht mal erzählt, wonach seine Drohne suchen soll?"

Es ist Archer, der als Erstes zum Sprechen ansetzt, aber Gavin ist schneller: „Doch haben sie. Wir suchen nach Spuren der verschollenen Backpackerin."

„Oh, okay. Und warum hast du dann gerade so verwirrt ausgesehen?"

Gavin schluckt, als wäre ihm meine Frage unangenehm.

„Also, nehmt es mir nicht übel, Leute, aber seit gestern versprüht ihr unangenehme Vibes." Keiner von uns widerspricht ihm. Niemand erklärt sich. Ich für meinen Teil weiß nicht wie. „Schon gut, es geht mich ja nichts an. Lasst uns das Baby hier ...", sagt Gavin nach mehreren Sekunden. Er deutet auf die ruhende Drohne zu seinen Füßen. „Lasst uns das Ding in die Luft bringen." Schon steigt sie steil in den Himmel empor, wie ein übergroßer Maikäfer. Dabei erscheinen der Strand, Regenwald und das Meer in der Vogelperspektive auf dem Display seines iPhones.

„Kannst du sie auch ein wenig tiefer an der Küste entlangfliegen lassen?", will Archer wissen. Mit dem Zeigefinger deutet er auf seine Wanderkarte.

„Da wurde der Tracker gefunden", mischt sich Wren ein, als er merkt, dass Archer mich anschaut, statt Gavin zu erklären, warum er die Drohne dort hinlenken soll. So als wolle er mich darüber entscheiden lassen, ob wir dem Fotografen die ganze Wahrheit sagen, was sich zweifellos geschäftsschädigend auf Blue Vast Tours auswirken könnte.

Wren und Gavin beugen sich über die Karte. Die Gelegenheit nutze ich, um kurz den Kopf zu schütteln. Ich möchte weder Hunter noch Shawn in Schwierigkeiten bringen. Meine Worte von gestern haben nicht an Bedeutung verloren. Ich habe das zu hundert Prozent so gemeint.

„Ja genau. Das ist perfekt", reißt uns Wrens Jubelschrei aus dem Moment heraus. Beide wenden wir uns zeitgleich den anderen beiden Männern zu, die abwechselnd zwischen Karte und Handy hin und her schauen.

Archer und ich stellen uns dazu. Die Drohne schwebt mehrere Meter über dem Meer, bewegt sich dabei jedoch immer parallel zum Waldrand. Keiner spricht. Alle vier behalten wir das Display im Auge. Selbst Gavins Bewegungen, als er das Fluggerät per Controller steuert, geraten dabei in den Hintergrund.

Ich bekomme auch nicht mit, wie lange wir nach Auffälligkeiten im Landschaftsbild Ausschau halten. Eines steht jedoch fest: Ich sehe nur Wildnis.

Steine, Bäume, Wasser.

Steine, Bäume, Wasser.

Steine, Bäume, Wasser - und das wird mit jeder vorüber tickenden Sekunde anstrengender. Irgendwann verschwimmt alles zu einem Kaleidoskop aus Grün, Braun und Blau, mit dem gelegentlichen Farbklecks in Form von einkehrenden Backpackern, die vorhaben, die Nacht in Thrasher Cove zu verbringen.

Ich massiere meine Nasenwurzel zwischen Daumen und Zeigefinger, bevor ich stöhne: „Gott, das ist hoffnungslos."

Die drei Männer werfen sich Blicke zu, die dasselbe sagen: Keine Spur von Cynthia.

Nicht. Eine. Verdammte. Spur.

Am liebsten würde ich das Gesicht in meine Handflächen drücken und losheulen. Nur Archers Berührung auf meiner Schulter hält mich zusammen. Egal, wie wir gerade zueinander stehen: Dieser Umstand ändert sich nicht.

Auch Wren bemüht sich, mir gut zuzureden: „Wir haben immer noch morgen, Mallory. Das sind noch einmal fünf Kilometer und wir werden alle die Augen offen halten."

Ich vergrabe die Hände in meinem offenen Haar.

„Das hast du doch schon, bevor du zu uns gestoßen bist, mehrmals sogar."

„Peach", mischt Archer sich ein. Er kommt einen Schritt auf mich zu. „Ich habe gestern Abend noch mit Morgan telefoniert, so wie ich es dir versprochen hatte. Sie hat Roland inzwischen bestimmt erreicht. Er wird uns helfen, da bin ich mir ganz sicher."

Plötzlich zucken wir zusammen.

„Leute, ich habe etwas gesehen!" Alle Köpfe fliegen zu Gavin herum und haften sich an den Bildschirm. Das Wolkenbündel von eben muss weitergezogen sein, sodass nun die Sonnenstrahlen auf der Wasseroberfläche glitzern. „Wartet, ich fliege noch mal zurück."

Und da bemerke ich es - ein kurzes Leuchten, so als würde jemand einen kleinen Spiegel in die Sonne halten oder so, als würde sich Licht in einer Glasscherbe brechen.

„Ganz in der Nähe von Cynthias letztem Aufenthaltsort", murmelt Archer konzentriert, wobei er die Karte erneut mit dem Handy-Bildschirm abgleicht.

Zum ersten Mal seit Beginn dieser Wanderung blüht echte Hoffnung in mir auf. Wie von allein bringt sie meine Beine in Bewegung. Erst gehe ich zügig, doch im nächsten Moment sprinte ich barfuß über den weichen, aber feuchten Sand.

„Mallory!", ruft mir ein Wirrwarr aus Stimmen über das Heulen einer Windböe hinterher. Es könnte mich nicht weniger interessieren. Irgendetwas hat die Drohne da entdeckt. Ich fühle es einfach und niemand wird mich aufhalten.

Niemand, bis auf den Arm, der sich in Form eines Bandes aus Stahl um meine Mitte schlingt, bis ich zusammengeklappt werde wie ein Schweizer Taschenmesser.

„Was tust du da? Lass mich los", zische ich, wohl wissend, dass es Archer ist, der mich zurückhält. Inzwischen erkenne ich ihn im Schlaf. Sein Geruch, das Gefühl seines Körpers an meinem, haben ihn verraten.

„Wren und ich werden gehen, nicht du und schon gar nicht barfuß." Ich setze zum Protestieren an, aber Archer unterbricht mich: „Du kannst auf Gavins Handy zuschauen, aber du kommst nicht mit. Diese Felsbrocken liegen direkt vor der Küste, gewissermaßen im Meer und es ist nicht so leicht, dort hinzukommen. Bitte, Mallory! Lass mich gehen und warte hier."

Zähneknirschend nicke ich. Er hat recht. Die Wanderung mag ich gut weg gesteckt haben, doch ich darf nicht vergessen, dass ich oft Hilfe brauche, das Terrain einzuschätzen. Hals über Kopf loszustürzen, würde sicher nicht gut für mich ausgehen.

Nur mit Mühe kann ich mich davon abhalten, die steile Leiter zum Trail hinaufzuklettern. Meine Herzfrequenz hat sich gefühlsmäßig multipliziert, seit Archer etwas zur Kamera der Drohne in die Luft gehalten hat.

Was es war, haben Gavin und ich beide nicht gesehen. Ich weiß nur, dass sie den Rückweg angetreten haben und nun jederzeit hier eintreffen müssten.

Wir warten unerträgliche fünfundzwanzig Minuten, bevor erst Wren und erst als der unten ist, auch Archers Gestalt an der oberen Plattform der Leiter erscheint.

Ich widerstehe dem Drang, Hunters großen Bruder die letzten paar Meter am Knöchel hinunterzuziehen, damit er schneller vor mir steht.

„Was habt ihr gefunden, Arch? Was ist es?"

„Eine Kette", erwidert Wren, als Archer auf festem Boden landet, nachdem er die letzten zwei Stufen ausgelassen hat. Manchmal hasse ich ihn für seine praktische Beinlänge - vor allem, wenn ich mal wieder drei Schritte machen muss, wo er nur einen geht.

„Mit Sonnenanhänger?", frage ich sofort, nachdem er sich mir zugewandt hat.

Statt zu antworten, hält er mir das Schmuckstück vor das Gesicht. Das Kettchen baumelt an seinem Zeigefinger. Seine Hand ist in einen weißen Latexhandschuh gehüllt.

„Es ist ihre Kette", spricht Archer meinen allerersten Gedanken laut aus. „Sie hat dasselbe kleine Silberplättchen am Verschluss wie dein Armband."

„MM", wiederhole ich die Initialen darauf. Das steht für Mary Melodrama - den kleinen Schmuckladen in Niagara Falls, wo ich Cynthia die Kette und sie mir das Armband gekauft hat. Aber die Sonne fehlt.

„Es war merkwürdig", meint daraufhin Wren. „Die Kette hing verschlossen, aber ohne Anhänger, an einem Zweig. Wir glauben beide, dass ..."

Wren blickt zögerlich zu Archer hinüber und lässt ihn den Satz beenden.

Der räuspert sich und sagt: „Wir glauben, Cynthia könnte die Kette gezielt dort platziert haben. Der Anhänger fehlt zwar, aber dafür hing die Kette in Bodennähe. Sie ist also nicht einfach abgerissen."

Wie von selbst legt sich mir meine flache Hand über den Mund, der andere Arm verkrampft sich um meinen Bauch, während ich kraftlos in mich zusammenfalle.

Archer hockt sich vor mir hin.

„Peach, atme. Ein. Aus. Ein. Aus. Ganz gleichmäßig, hörst du? Ich muss Morgan anrufen, aber dann bin ich sofort für dich da. Wren bleibt bei dir. Rühr dich nicht vom Fleck. Bitte."

Seine Stimme gerät mit jedem Wort immer weiter in den Hintergrund. Als er geht, bleibt nur weißes Rauschen zurück wie bei einem kaputten Fernseher. Es fällt mir schwer zu atmen, zu existieren. Mein Kopf, jede meiner bleischweren Gliedmaßen reißen mich ganz zu Boden, bis mich nur noch Dunkelheit umgibt.

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