Danger Zone - Kenny Loggins
Als ich am nächsten Abend aus meinem Auto stieg staunte ich nicht schlecht. Schon bei der Auffahrt war ich mir nicht ganz sicher gewesen, ob ich hier überhaupt richtig war. Das schwere Eisentor hatte mich schon schwer beeindruckt. Die Auffahrt war gesäumt von hohen Hecken und großen Bäumen. Ich fühlte mich eingeschüchtert und klammerte mich an dem Türgriff meines Autos fest. Von drinnen hörte ich schon laute Musik und hinter den Fenstern tanzten bunte Lichter. Es war schon eine Weile her, dass ich auf einer Party gewesen war und um ehrlich zu sein vermisste ich es auch nicht wirklich. Wieso nur hatte ich mich von Mads breitschlagen lassen? Zu Hause hatte ich noch eine ganze Weile auf dem Bett gesessen und ins Leere gestarrt, weil ich einfach nicht fahren wollte. Aber ich wollte Mads nicht enttäuschen. Dad hatte Recht. Eine Freundin zu haben wäre wohl nicht schlecht. Dementsprechend zu spät war ich jetzt hier.
Ich musste meine Beine regelrecht dazu zwingen ein paar Schritte nach vorne zu machen. Während ich über den Vorplatz zum Haus lief, lies ich meinen Blick die Fassade nach oben wandern. Die Villa vor mir war in toskanischem Stil gehalten und gefiel mir auf Anhieb. Beinahe so, als wäre sie direkt aus Italien hierher verfrachtet worden. Drei Stufen führten zu einer großen, altaussehenden Holztür und auf jeder Stufe stand ein penibel gestutzter Buchsbaum. Ich sah mich um. Die Hecken der Auffahrt schlossen mit dem Haus ab, also war mir jeglicher Blick in den Garten verwehrt. Privatsphäre wurde hier groß geschrieben.
Links am Haus konnte ich drei große Garagentüren im schummrigen Licht der kleinen Lampen an der Hauswand ausmachen. Welche Schätze sich wohl dahinter verbargen? Sicherlich Autos, deren Preis meine Vorstellung übersteigen würde.
Bevor ich die Marmorstufen nach oben ging atmete ich nochmal tief durch. Vorsichtig schob ich die Haustür auf und wurde sofort von der Lauten Musik umfangen. So schön das Haus außen war, umso kühler war es hier drinnen. Die Wände und Böden waren weiß. Selbst der runde Tisch hier im Eingang war weiß. Sollte ich meine Schuhe ausziehen? Ich wollte nichts dreckig machen.
Links führte eine lange Treppe in den zweiten Stock.
Ich folgte einfach der Musik, die mich durch einen breiten Flur führte in ein offenes und wirklich gigantisches Wohnzimmer, das jetzt zu einem privaten Club umfunktioniert wurde. Die Bässe wummerten nur so und ließ die Gläser auf den Tischen vibrieren. Die Einzige Beleuchtung waren Laserstrahlen die über die tanzende Menge wanderten.
Ich atmete einmal tief durch und ging zur Bar hinüber.
„Birdy!" kreischte jemand und ein pinker Ball aus Glitzer raste auf mich zu. Im nächsten Moment hatte Mads schon ihre Arme um mich geschlungen und grinste wie verrückt „ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr"
Ich musste lächeln „Ich bin etwas spät und ich wollte wirklich nicht kommen, aber hier bin ich"
„Und das reicht vollkommen" kicherte sie und sah mich an. Sie runzelte die Stirn „Was .. ist das für ein Kostüm?"
Ich sah sie mit hochgezogenen Augenbrauchen an „Im Ernst? Du kennst TopGun nicht?"
„Den alten Schinken?"
„Ein Klassiker wohl eher" ich nahm mir einen roten Becher. Der Geruch von Alkohol stieg mir in die Nase und ich zog sie kraus.
„Mhh naja ich muss zugeben, Tom Cruise in seinen jungen Jahren war schon ziemlich heiß" kicherte Mads und stieß mit ihrem Becher an meinen.
Ich nahm einen Schluck und der Alkohol rann meine Kehle nach unten und wärmte sofort meinen Bauch.
„Komm lass uns tanzen" Sie zog mich auch schon weiter zur Tanzfläche und wir mischten uns unter die Menge.
Die Musik war gut und beim Tanzen fühlte ich mich losgelöst.
„Cooles Kostüm" wie aus dem Nichts stand Trevor neben mir und legte seinen Arm um meine Schulter. Ich sah ihn an. Er war als Polizist verkleidet und seiner Fahne nach zu Urteilen hatte er auch schon einiges getrunken.
„Ebenso" lächelte ich und wand mich geschickt aus seinem Arm.
„Wir dachten schon, du kommst nicht mehr, dann hätten wir dich wohl schrecklich vermisst" grinste er und prostete mir mit seinem Becher zu. Wohl kaum.
Ich nahm noch einen Schluck von meinem Getränk und schloss für einen Moment meine Augen. Langsam begann ich meinen Körper zur Musik zu bewegen. Ich kannte nicht viele hier auf der Party, aber das war mir auch ganz Recht so.
Langsam hob ich meine Arme über den Kopf und genoss den Beat der durch meinen Körper zuckte.
Ich lies mich regelrecht treiben und meine Gedanken wanderten weit weg, bis mein Handy in meiner Hosentasche vibrierte.
Mein Bauchgefühl sagte mir, es einfach zu ignorieren, aber dieser Kontrollzwang in mir konnte das nicht. Also zog ich es aus meiner hinten Hosentasche und sah aufs Display.
Unbekannte Nummer: Ich will dich wieder. Antworte mir.
Ich starrte auf mein Handy hinab.
„Alles in Ordnung?" fragte Mads und nickte nur abwesend. Wut stieg in mir hoch und ich leerte meinen Becher mit einem Schluck.
„Ich brauch was stärkeres"
Schon beinahe grob drängte ich mich zur Bar und griff nach der erstbesten Flasche. Alkohol war nicht die Lösung, aber definitiv eine Option. Und zwar im Moment die Option, die ich nutzen wollte. Also kippte ich gleich zwei Shots hinunter und schloss meine Augen.
„Du bist gerade mal eine halbe Stunde hier .." jemand lehnte sich neben mich an die Bar und diese Stimme hätte ich wohl überall erkannt. Als ich aufsah, blickte ich in diese bernsteinfarbenen Augen, die mich schon seit zwei Tagen verfolgten.
„Und kippst dir schon einen Shot nach dem anderen hinunter"
Ich zuckte mit den Schultern. Ein warmes Gefühl erfüllte meinen Bauch und das war nicht der Alkohol.
„Ich wüsste nicht, dass es dich interessieren müsste"
Chase schmunzelte „Tut es auch nicht, aber es muss einen Grund haben"
„Der dich, wie ich schon sagte, nichts angeht" ich koppe noch einen Shot hinunter und merkte langsam, wie der Alkohol in meinem Kopf ankam.
„Da hast du recht, aber .. damit würde ich langsam machen" er nickte zu der Flasche, die ich in der Hand hielt. Langsam drehte ich mich zu ihm und ließ meinen Blick über sein Kostüm wandern.
Er trug einen grauen Tweedanzug aus den 1920er Jahren, bestehend aus einer Hose, einer zweireihigen Weste und einer perfekt sitzenden Jacke samt Schiebermütze auf seinem Kopf.
„Sonst was .. Tommy?" fragte ich herausfordernd und grinste.
„Du bist die Erste heute, die mein Kostüm auf Anhieb erkannt hat"
Ich gluckste und nahm noch einen Schluck der braunen Flüssigkeit aus der Flasche „Naja, ich bin nunmal kein so ein Banause wie alle anderen hier"
„Schein wohl so"
Ich zog mein Handy aus der Tasche und sah zu Chase „Wenn du mich bitte entschuldigen würdest, aber ich hab da was zu klären" samt meiner Flasche bahnte ich mir einen Weg durch die Tanzende Menge zurück. Ich hatte absolut keine Ahnung, wo ich hier ungestört reden konnte. Als zwei Mädchen von oben herunter kamen, schien mir das die beste Option zu sein uns siehe da, gleich die erste Tür oben rechts war das Badezimmer. Ich schloss die Tür hinter mir und stellte die Flasche etwas zu fest auf dem weißen Waschbecken ab, dass sie bedrohlich wackelte.
Ich starrte in den Spiegel. Was machte ich hier?
LA sollte ein Neuanfang werden und dennoch fing ich hier genauso an, wie ich in Washington aufgehört hatte. Ich wollte Jackson vergessen, wollte hier neu anfangen und dennoch holte er mich immer wieder ein und ich konnte nichts dagegen tun.
Das musste aufhören. Und zwar jetzt und für immer.
Also nahm ich noch einen kräftigen Schluck und wählte die unbekannte Nummer per Facetime.
Es dauerte nicht lange, da hob Jackson auch schon ab. Sein Gesicht zu sehen, rief sämtliche Erinnerungen hoch und mein Herz begann zu rasen.
Dieses Bild wie Jackson sich im Bett gemeinsam mit meiner besten Freundin wälzte war in meinen Kopf eingebrannt.
„Wann wirst du mich endlich in ruhe lassen?" blaffte ich und merkte selbst wie meine Stimme brüchig wurde und ich auch zu lallen begann. Der Alkohol verfehlte seine Wirkung nicht.
„Auch schön dich zu sehen, Birdy" seine Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken.
„Hör auf Jackson. Es ist aus, kapier das endlich und lass mich in Ruhe"
„Hast du getrunken?" fragte er und ich hörte wie Sorge in seiner Stimme mitschwang.
Ich konnte darüber nur lachen „Und wenn schon. Das geht dich nichts mehr an. Ich habe dich auch nur angerufen um das ein für alle mal zu beenden. Hör auf mir zu schreiben, mich anzurufen oder mir auf Instagram Nachrichten zu schicken. Es ist aus. Wie oft muss ich dir das noch sagen?"
Ich lehnte mich gegen das Waschbecken und hielt das Handy beinahe etwas zu nah an mein Gesicht. Jackson verschwamm langsam vor meinen Augen. Ich nahm noch einen Schluck und stellte die Flasche hinter mich.
„Wir waren doch so glücklich, Birdy"
„Glücklich?" ich konnte nicht Anders als zu Lachen „Bis du mit meiner Freundin im Bett warst"
„Das .. war ein Fehler, das gebe ich zu, aber ich bin mit unserer Trennung nunmal nicht zurecht gekommen. Das musst du doch verstehen"
„Soll das eine Entschuldigung sein?" meine Stimme wurde langsam Hysterisch.
„Wir sind füreinander bestimmt"
„Du machst dich lächerlich, Jackson. Weißt du .. hier in LA .. ich fühle mich wohl und die neue Schule ist toll" diese Lüge fiel mir leichte als gedacht und ich war beinahe schon erschrocken vor mir selbst.
„Ich brauch dich nicht Jackson und ich will dich auch nicht mehr" lallte ich ins Telefon und hielt es noch immer viel zu nah an mein Gesicht, während ich versuchte diese blöde Badtür wieder aufzubekommen. Ich schwankte, als ich aus der Toilettentür trat und ich musste mich kurz am Türrahmen festhalten. Jetzt gerade wollte ich einfach nur nach Hause. Warum hatte ich mich auch von Allen überreden lassen.
„Birdy, lass uns doch darüber reden, wie Erwachsene" versuchte Jackson erneut, aber ich konnte nur weiter lachen „Du wiederholst dich"
„Birdy" setzte er erneut an, aber ich unterbrach hin „Ein Letztes mal Jackson, ich brauch dich nicht. Hier gibt es mehr Jungs, die mehr Mann sind als du jemals warst und jemals sein wirst" gluckste ich und hielt mein Handy nun weit genug von mir weg um ihn gut sehen zu können. Mehr oder weniger. Der Alkohol benebelte meine Sinne und kleine Sternchen tanzten vor meinen Augen.
Gerade als ich mich auf den Weg nach unten machen wollte, kam Chase die Treppe nach oben. Er schien etwas überrascht, als ich auf ihn zustolperte und er fing mich gerade noch rechtzeitig auf, bevor ich die Treppenstufen nach unten fallen konnte.
„Ich brauch dich nicht Jackson" wiederholte ich, zog mich an seinem Kragen nach oben. Ich hatte absolut keine Ahnung, was über mich kam, aber als ich so in Chase Augen sah, versank ich in diesem hellen bernsteinfarbenen Braun und ich konnte gar nichts dagegen tun. Mein Körper handelte von selbst. Einen Moment sah ich ihn an, dann drückte ich ohne Vorwarnung meine Lippen auf seine. Ich hörte Jackson nur weit weit weg fluchen und rufen, aber das störte mich nicht.
Mein Handy glitt mir aus der Hand und fiel auf den Boden. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass Chase mich grob von sich stoßen würde, doch anstatt das zu tun, legte er seinen Arm um meine Taille und schob mich sanft ein Stück von sich weg.
„Ist, alles in Ordnung?" fragte er und sah mich etwas besorgt an.
„Ich .. denke schon" ich seufzte und hielt mir die Stirn „Mir ist nur .." ohne Vorwarnung zog es mir die Beine unter dem Körper weg und mir wurde schwindlig. Kleine Sternchen tanzten vor meinen Augen und mein Kopf war gefüllt mit Watte. Der Alkohol hatte seine volle Wirkung durch meine Venen geschossen und den Schalter ausgeknipst.
Doch ich kippte nicht um, sondern fiel in eine warme Umarmung.
„Fuck" drang es gedämpft an mein Ohr und ich wurde hochgehoben. Dann versank die Welt um mich herum im Dunkel. Und ich befand mich auf dem Highway to the Dangerzone.
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