Humpty Dumpty und der Nicht-Geburtstag
"They gave it me - for an unbirthday present."
-Humpty Dumpty, Through the Looking-Glass
„Humpty Dumpty sat on a wall.“
Cater hatte keine Ahnung was ihn dazu brachte es laut auszusprechen, die erste Zeile von diesem Reim, der ihm seit gestern nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte, doch er hatte irgendwie die Hoffnung damit den kleinen Jungen, den Geist, von letzter Nacht anlocken zu können. Er schien harmlos zu sein und hatte zu viele offene Fragen in Cater gelassen, als dass er es einfach dabei belassen könnte.
„Humpty Dumpty sat on a wall“, widerholte er, dieses Mal mit mehr Nachdruck und gerade als er aufgeben wollte, da hörte er ein, beinahe schüchternes: „Humpty Dumpty had a great fall.“
Die Temperaturen sanken und durch die Tür, als sei sie gar nicht da, glitt der Junge von vergangener Nacht. „Ich- ähm, ich wollte nicht stören, aber Humpty Dumpty ist mein Lieblingsreim. Meine Großmama sagte ihn immer, wenn ich zu Bett ging“, rechtfertigte der kleine Geist sich, als ob man ihm beim Teller zerstören erwischt hätte. Nein, das war kein gruseliges Kind oder eine seelenraubende Puppen wie in den ganzen Filmen, oder dem Magicam Feed zu Halloween, das war einfach nur ein verängstigtes Kind, das zufällig auch durch Wände gehen konnte und eine auffällige Narbe am Hals hatte. „Hey, ist doch alles okay. Ich kannte den Reim vor gestern gar nicht, aber du hast ihn mir irgendwie ins Gedächtnis gedrückt. Hast du Lust ein wenig zu reden, damit die Nacht für uns Beide kürzer wird?“
Der Geist kicherte leise und setzte sich dann behutsam zu Cater auf das Bett. „Also zu allererst Mal, ich bin Cater. Dürfte ich fragen wie du heißt?“
Der Blonde sah betreten zur Seite, als ob er nachdenken würde, bevor er sich wohl entschied die Wahrheit zu sagen. „Ich heiße Alois. Wie Louis, nur ohne dem "u" in der Mitte und mit einem "A" am Anfang.“
Der Rothaarige schmunzelte bei dieser genauen Beschreibung und fuhr fort. „Okay, okay! Ich werde dieses Jahr 18 Jahre alt. Wie sieht es bei dir aus?“
Wieder betretenes Schweigen, dann aber: „Ich wäre dieses Jahr 17 geworden, wenn ich mich nicht verzählt habe, aber gestorben bin ich mit neun Jahren.“
Autsch, genau auf den wunden Punkt. Cater biss sich auf die Unterlippe, teils auf Wut über seine eigene taktlosigkeit, teils aus Mitleid für diesen Jungen, der so früh sein Leben lassen musste. Wurde Zeit auf schönere Themen zurück zu kommen. „Sag mal, Alois, wer ist eigentlich Humpty Dumpty?“
„Ein Ei“, antwortete Alois stumpf, „ein rohes, sprechendes Ei. Und der Erfinder des Nicht-Geburtstages.“
Cater hob verwirrt die Augenbrauen. „War nicht der verrückte Hutmacher der Erfinder des Nicht-Geburtstages?“, hakte er stutzig nach, doch Alois schüttelte beharrlich den Kopf. „Das glauben viele, aber 's ist nur eine falsche Überlieferung. Humpty Dumpty sprach mit Alice über den Nicht-Geburtstag, ja wohl!“ Der blonde warf sich, stolz über sein Wissen, in die Brust und lächelte Cater zuckersüß an. „Ist nett mit dir, Cater. Hab schon seit sieben Jahren mit niemanden gesprochen, außer mir selbst vielleicht. Nicht Mal das Haus kann ich verlassen, muss einfach hier bleiben und abwarten, ohne Freunde oder Oma und Opa. 'S ist ein wenig einsam, ja das ist es.“
Behutsam strich Cater über die Stelle an der er Alois Schulter sah. Auch wenn er ihn nicht wirklich berühren konnte, schien die Geste dennoch eine beruhigende Wirkung auf ihn zu haben. „Du musst nicht antworten, aber es würde mich interessieren was dir widerfahren ist. Wie du mit neun Jahren... Zum Geist wurdest und wieso du hier fest steckst.“
Er wollte zu viel auf einmal, das war ihm im Nachhinein auch klar, doch in diesen Augenblick war er zu neugierig, womit er Alois verschreckte. „I-Ich hab schon zu viel gesagt. Tschüss, Cater!“ Der Blonde sprang auf und Caters Versuche ihn an der Schulter festzuhalten, scheiterten jedoch aus offensichtlichen Gründen. Alois verschwand und für den Teenager brach die zweite schlaflose Nacht an.
Für Riddle verflogen die Ferien förmlich, was hauptsächlich daran lag, dass seine strenge und überfürsorgliche Mutter kaum zuhause anzutreffen war. Was auch immer Caters Vater hatte, sie wollte es wohl unbedingt und das war Riddle nur recht, solange er Mal Zeit zum durchatmen hatte.
Am letzten Ferientag, da waren die Beiden Turteltauben sogar auswärts essen, so dass der Rothaarige die Gelegenheit hatte sich nach all der Zeit mit Trey und Chen'ya... und Cater zu treffen. Dass Cater ihn mit "Hey, Brüderchen" grüßte ignorierte er gekonnt, immerhin wusste der Arme noch nicht, dass Mr. Rosehearts seinen Vater nur aussaugte wie ein Vampir sein Opfer.
Und Himmel, wie sehr Riddle betete, dass er recht hatte und seine Mutter nicht wirklich Gefühle entwickelte. Drei Geschwister auf einen Schlag konnte er nicht gebrauchen.
„Etwas quirliger hätte ich mir deinen Huby schon vorgestellt, so wie du ihn am Telefon beschrieben hast, Trey. Der pennt ja nur“, sagte Chen'ya da und deutete dabei auf Cater, der an Treys Schulter eingedöst war und seine offene Limo auf den Boden tropfen lies. Trey kicherte. „Er schwört auf seinen Magicam Account, dass es in seinem neuen Zuhause spukt und der Kleine Geist hat wohl einen Narren an ihm gefressen. Lässt ihn seit Wochen nicht durchschlafen.“
Chen'ya verformte seinen Mund zu einem stummen "Oh", während Riddle missbilligend mit der Zunge schnalzte. „Unsinn. Geister leben in dafür vorgesehenen Einrichtungen, wie dem Night Raven College, oder auf der Geisterebene. In Caters Haus haben die gar nichts zu suchen. Er träumt bestimmt nur schlecht, weil er gehört hat, dass das Haus seit sieben Jahren leer steht“, rief er überzeugt, als er es hinter sich kichern hörte. Chen'ya tauchte plötzlich hinter ihm auf, erst sein Mund, dann seine Augen und dann der Rest von ihm. „Da wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher, Rosehearts. Es gibt Geister, die durch einen traumatischen Tod an einen bestimmten Ort gekettet werden. Sie können nicht von dort fliehen, bis nicht Vergeltung für ihren Tod geübt wird und verbringen dort den Rest ihres ewigen Lebens. Außerdem, wenn man Mal bedenkt, was vor sieben Jahren in diesem Haus vorgefallen ist-“
„Chen'ya!“
Chen'ya verstummte augenblicklich, sehr zu Riddles Verwunderung. Normalerweise lies der Katzenhybrid sich nicht so schnell den Mund verbieten.
„Wieso, was war denn vor sieben Jahren?“, wollte Riddle wissen, doch auf einmal hatten seine Freunde es sehr eilig. „Ich muss dann Mal“, murmelte Chen'ya, machte sich unsichtbar und nahm Reißaus. „Jaaa, ich auch. Es wird spät und ich sollte unsere Nachtigall mal ins Bett bringen, bevor das kleine Gespenst ihn wieder weckt“, sagte Trey schnell, hob Cater hoch und lief davon. Riddle blieb nichts anderes übrig als ihm verwirrt hinterher zu schauen.
Cater: Sorry, aber ich wusste das mit dem Nicht-Geburtstag wirklich nicht!
Alois: Das ist eine Bildungslücke!
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro