Extra
Ich bedaure es, dass ich solange nichts posten konnte und deswegen dieses Kapitel hier. Es ist keine Weiterführung der Geschichte, sondern ein Extra, welches euch Léons Leben und seine Familie näher bringen soll.
Ich habe es irgendwann mal in den Weihnachtsferien verfasst.
Die Übersetzungen sind am Ende des Kapitels!
Leon's P.o.V
Léon Carrasco (Szene zuhause)
Müde schleppte ich mich durch den Flur und die Treppe hoch, wie ich diesen Ort doch hasste. Ich konnte ihn nicht einmal mein Zuhause nennen, so sehr hasste ich ihn. Bevor ich auch nur in meiner kleinen Kammer ankommen konnte, rief meine Mamma mich bei meinem Namen und ich brummte ein genervtes: “Jaa”. Das schien sie jedoch nicht gehört zu haben und so brüllte sie nochmal lauter: “Léon!”
“Ja Mamma”, brülle ich entnervt zurück, ließ mich jedoch nicht davon abbringen, in meine Kammer zu gehen und mich für einen Moment auf die Matratze fallen zu lassen. Wie das Schicksal es wollte, riss meine Mamma genau in diesem Moment die Tür auf und funkelte mich wütend an. “Solltest du nicht bis heute Abend den Keller aufgeräumt und eingekauft haben?”, fuhr sie mich aggressiv an und ließ mich entnervt aufstöhnen: “Ich war heute morgen arbeiten und dann habe ich den ganzen Nachmittag auf Amadeo und Lucia aufgepasst. Also wann hätte ich das alles machen sollen?!”
Einen kurzen Moment rang sie um ihre Fassung, die schon bröckelte, seit ich diese Bruchbude betreten hatte. Doch dann fasste sie sich wieder und fauchte: ”Dann mach es doch jetzt! Und sitz nicht so herum!” In ihrer Stimme schwang eine gewisse Verletzlichkeit mit, die mich erkennen ließ, was eigentlich hinter ihrem Ärger auf mich steckte. Es war der Ärger und die Enttäuschung über sich selbst, weil sie ihren Kindern nichts besseres bieten konnte.
Meine Mamma drückte ihre Ängste und ihre Verletzlichkeit schon immer durch Ärger und Vorwürfe aus. In den vergangenen 18 Jahren hatte ich das schon oft mitbekommen und irgendwann lernte man damit umzugehen. Eigentlich waren es nur die temperamentvollen, italienischen Wurzeln, die da aus ihr sprachen und die auch mich prägten.
Dessen bewusst senkte ich die Stimme und erklärte ihr in einem ruhigen Ton: “piú bella Mamma, ich muss gleich los zum Kino an die Arbeit.” Ihre Blick wurde weicher und ihre selbstsichere Körperhaltung fiel in sich zusammen. Sofort sprang ich auf und zog sie in meine Arme, wo ihre zierliche Gestalt sicher war. “Ich verdiene uns doch Geld, damit wir uns irgendwann eine schönere und vor allem bessere Wohnung leisten können”, raunte ich ihr leise ins Ohr und hörte, wie sie leise aufschluchzte.
Ihr Gesicht vergraben in meiner Jacke, weinte sie geräuschlos vor sich hin, sodass ich das ganze nur spürte, weil ihr Oberkörper zitterte. Beruhigend strich ich in Kreisbewegungen über ihren Rücken, als sie sich auf einmal von mir löste und mit zittrigen Fingern ein Taschentuch aus ihrer rechten Hosentasche zog.
“Ich weiß, ich weiß”, schniefte sie, “Es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe Leonino. Aber es ist einfach so-”
Bevor sie mir sagen konnte, was sie gemeint hatte, hatte ich es schon erraten und unterbrach sie: “Hey Mamma! Nicht aufgeben, okey? Ich weiß es läuft nicht gut für uns, aber in Italien ist es uns schließlich nicht besser ergangen und du darfst deinen Traum nicht aufgeben. Denn aus diesem Traum entsteht dein Wille, unsere Situation zu ändern. Und du musst dir das einfach vorstellen. Ein großes Wohnzimmer in dem wir zusammen Filme schauen und Brettspiele spielen können. In dem genug Platz, für Lucias und Amadeos Spielzeug ist, welches sie in Massen haben werden.
Du hast dein eigenes großes Schlafzimmer und hast vielleicht genug Zeit um einen anderen Mann kennenzulernen. Mein Zimmer ist größer als eine kleine Kammer und ich kann mir endlich einen Computer kaufen, auf dem ich dann schreiben kann. Wir könnten eine riesige Küche besitzen und Küchengeräte, die dein Leben erleichtern. Wir könnten aus frischen Früchten Kuchen backen und mindestens zweimal in der Woche Fleisch essen.
Das Paradies!
Stell dir eine Wohnung mit großen Fenstern vor, von denen man weit in die Ferne schauen kann. Wir könnten aus Hamburg raus in einen Vorort ziehen oder sogar ganz auf das Land. So wie es dein Herz begehrt”, versprach ich ihr und hoffte damit, ihr wieder mehr Hoffnung auf ein besseres Leben zu geben.
“Verliere nicht deine Hoffnung, Mamma und glaub daran, dass wir es schaffen. Denn nur wenn du auch wirklich daran glaubst, können wir unser aller Traum erfüllen”, verdeutlichte ich und lächelte sie sanft an. Auch auf ihrem Gesicht bildet sich ein vorsichtiges Lächeln, was man durch ihre dauerhafte Erschöpfung und Besorgnis, so selten zu Gesicht bekam. “O, angelo mio, was würde ich nur ohne dich tun”, flüsterte sie kaum hörbar und hob ihre zierliche Hand, um über meine Wange zu streichen. Auch ich hob die Hand und legte meine große Hand, über ihre winzige. “Grazie Leonino”, hauchte sie, “Ti amo.”
“Anch’io ti amo, Mamma”, antwortete ich mit einem Lächeln und zog sie dann an mich, um ihr noch einen Kuss auf die Wange zu hauchen. Das löste bei meiner Mamma noch ein weiteres der Lächeln aus, die ich so sehr liebte und brachte mich dazu, noch breiter zu grinsen. “Na gut, du musst dich noch umziehen”, überlegte meine Mamma, strich noch einmal über meine Jacke und drehte sich dann um, um zu gehen. Als sie gegangen war, schloss ich die Tür hinter ihr und beeilte mich zu meinem Schrank zu kommen, da ich nun nur noch wenig Zeit hatte, um mich umzuziehen. Nachdem ich mich in Windeseile umgezogen und meine Haare noch einmal ordentlich gelegt hatte, zumindest so ordentlich, wie es bei diesen unzähmbaren Locken ging, lief ich die Treppen runter und trat in unsere winzige Küche, in der meine kleinen Geschwister gerade mit meiner Mamma beim Abendbrot saßen. “Ich bin dann weg”, verabschiedete ich mich von den dreien, doch bevor ich die Küche wieder verlassen konnte, fragte Lucia: “Wann kommst du wieder?”
Auch Amadeo -der kleinste von uns Kindern- blickte mich mit seinen großen Augen neugierig an.
“Wenn ihr schon schlaft”, erklärte ich vage und lächelte sie an. Meine Geschwister blickten nun traurig drein und ließen mich bedauern, dass ich sie durch den Job im Kino, nie ins Bett bringen und ihnen etwas vorlesen konnte. Die sechs-jährige Lucia, schob ihren Stuhl zurück, sprang auf und lief auf mich zu, um mein Bein zu umarmen. “Warum musst du schon wieder gehen?”, fragte sie mich wehmütig, was ich unbeantwortet ließ. “Ich sage euch einfach jetzt Gute Nacht”, verkündete ich stattdessen, hob Lucia hoch in meine Arme und trug sie zurück zu dem kleinen Esstisch, an dem sie aßen. Dort setzte ich sie wieder auf ihrem Stuhl ab und küsste sie dann auf die Stirn. “Gute Nacht, Topolina”, verabschiedete ich mich von ihr und strich ihr noch einmal durch die weichen, schwarzen Locken, die um einiges länger als meine waren. Dann ging ich auf die andere Seite des Tisches, zu meinem kleinen Bruder, der mir schon freudig die Arme entgegen streckte. Ich nahm den kleinen Kerl in meine Arme, welcher sich sofort schläfrig an mich kuschelte. Behutsam strich ich ihm über den Kopf und küsste auch ihn auf die Stirn. “Dormi Bene, Tigrotto”, flüsterte ich ihm ins Ohr und setzte ihn dann schweren Herzens wieder auf seinem Stuhl ab.
Nachdem ich mich noch von meiner Mamma verabschiedet hatte, verließ ich die Bruchbude und meine geliebte Familie, um mich auf den Weg ins Kino zu machen.
Übersetzungen:
Tigrotto: Tigerchen- männlich
Topolina: Mäuschen - weiblich
Dormi Bene: Schlaf gut
Ti Amo: Ich liebe dich
Anch’io ti amo: Ich liebe dich auch
Angelo mio: mein Engelchen
piú bella: schönste
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