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8. Kapitel

Ein lauter Gong ertönte.

Sofort saß ich kerzengerade im Bett. Ich hatte das Gefühl, der Gong wäre genau vor meiner Nase Geschlagen worden und zwar mit viel Schwung. Sogar das Bett hatte leicht vibriert.

»Der Morgengong weckt alle Schüler, damit sie pünktlich zum Frühstück kommen.«

Ich drehte mich nach rechts. Sie saß schon komplett umgezogen auf ihrer Fensterbank und sah hinaus. Ihre Schultasche stand fertig gepackt neben ihrem Bett. Sie musste wohl eine Frühaufsteherin sein. Ihren Namen hatte ich zu meiner Schande schon wieder vergessen.

Ich sah mich zu den anderen um. Cocos Bett war leer, sie war wohl gerade im Bad. Ana hängte sich gerade den Umhang um, Alva sah ähnlich erschüttert aus wie ich und Luna war wieder eingeschlafen.

Ich ging zu meinem Schrank, um meine Schuluniform herauszuholen. Ich legte sie erstmal auf das Bett und holte dann meine Tasche und den Stundenplan heraus, um sie zu packen. Geschichte, Magie und Menschen. Mehr hatten wir vor der Pause nicht. Danach hatten wir Sport. Ob ich es in der Pause schaffen würde, den Weg hier hoch und dann wieder runter zu finden? Sicher war sicher, kurzerhand verstaute ich auch meinen Sportbeutel in der Schultasche. Es hatte seine Vorteile, dass alle Taschen von innen etwas größer waren, als sie aussahen. Zwar nicht viel, aber immerhin. Das Gewicht wurde dadurch leider trotzdem nicht weniger. Das war laut Kalia höhere Magie. Ich holte die Bücher raus und verstaute sie. Bei Magie hielt ich inne.

»Glaubt ihr wir brauchen heute alle vier Bücher und unseren Zauberstab?«, fragte ich skeptisch. Ich hatte keine Lust den ganzen Kram mit mir herum zu schleppen. Das war so viel, wie für vier Fächer.

Alva zuckte nur mit den Schultern und fuhr sich durch ihre roten Haare.

»Sicher ist sicher«, meinte Ana.

Seufzend packte ich also auch das ein. Den Rest verstaute ich auch noch schnell in meiner Tasche, dann verließ Coco das Badezimmer. Ich nahm meine Sachen, rüttelte Luna auf dem Weg ins Badezimmer an der Schulter, um sie aufzuwecken und schloss dann die Tür, um mich fertigzumachen.

Als ich wieder raus kam, lief gleich Alva an mir vorbei ins Bad. Irgendjemand hatte es wohl geschafft Luna noch aufzuwecken, denn die war gerade dabei ihre Tasche zu packen.

»Verdammtes Teil«, fluchte Ana, die wohl wieder oder immer noch mit ihrem Umhang kämpfte.

»Die müssen wir nicht tragen«, sagte das Mädchen von rechts. Ihre Stimme war immer noch, wie gestern, schneidend.

Ana gab ihre Versuche auf und ich war dankbar das Teil ebenfalls nicht anziehen zu müssen. Wir warteten, bis alle fertig waren, dann machten wir uns auf den Weg zum Speisesaal, der jedoch vor unserem Turm endete.

»Kann sich jemand noch an den Weg erinnern?«, fragte Coco

»Ich glaube, alle anderen sind schon Unten.«

Ich sah mich um. Wir waren doch von rechts gekommen, oder?

»Ich glaube«, fing Alva an, aber Sanura unterbrach sie.

»Folgt mir«, sagte sie kalt. An der Tür hatte ich auf den Schildern nochmal nach ihrem Namen gesehen.

Überraschend zielsicher führte sie uns durch das Wirr war an Gängen und Treppen. Nicht ein Mal hielt sie kurz an, oder zögerte. Als wir dann tatsächlich am Speisesaal ankamen sahen wir alle sie überrascht an, sie schien davon jedoch keine Notiz zu nehmen und ging ungerührt rein.

»Besser, als ein Navigationssystem«, murmelte ich und Luna, die neben mir stand, sah mich verwirrt an.

»Ich habe mordsmäßigen Hunger«, sagte Ana und wir gingen rein.

Coco hatte recht gehabt. Alle Schüler schienen schon hier zu sein. Im Gegensatz zu gestern Abend standen heue überall viele kleine Tische verteilt, an denen zwei bis sechs Leute Platz hatten. Während ich mich suchend nach einem freien Tisch umsah hatten die anderen wohl schon welche gefunden, denn als ich mich wieder umsah, war ich die einzige suchende im Raum. Luna hatte sich zu Lina und Lea gesetzt, den beiden vom Schiff. Leider war dort kein weiterer Platz mehr frei, sonst hätte ich mich zu ihnen setzen können.

»Mia«, rief jemand. Ich drehte mich um und sah einen freien Stuhl am Tisch, wo Ana, ihr bester Freund und der Junge mit den bunten Haaren saßen. Erleichtert ging ich zu ihnen und setzte mich auf den freien Stuhl.

»Heute gibt es Toast, Gaukio, Rührei, Greifenwürstchen,«

Er zählte noch weitere Sachen auf, die ich entweder nicht kannte oder die ich auf keinen Fall essen würde. Greifenwürstchen? Das würde ich ganz sicher nicht essen. Ich spielte eh schon länger mit dem Gedanken Vegetarierin zu werden, vielleicht war jetzt ein guter Zeitpunkt damit anzufangen.

Ich nahm die zwei Sachen, die mir bekannt waren, Toast und Rührei und legte sie auf meinen Teller. Das Rührei kam auf das Toast und ich begann zu essen. Ganz sicher alles andere, als Gesund, aber lecker. Die anderen sahen mich, verwundert an. Morgen würde ich vielleicht etwas anderes ausprobieren, aber erstmal wollte ich mich auf bekannten Terrain bewegen.

»Also, seid ihr auch so aufgeregt?«, fragte der mit den Regenbogenhaaren.

»Schon, aber vermutlich werden wir uns erstmal nur alle vorstellen und so«, sagte Anas bester Freund. »Ja, vermutlich«, stimmte ich ihm zu.

»Nicu, du hast doch erzählt, dass dein Vater Historiker ist. Weißt du vielleicht womit wir einsteigen? Das Buch gibt echt wenig Aufschluss darüber«, fragte er.

»Das stimmt, aber er ist sich unsicher. Er meint, wenn es nach ihm ginge würden wir in der Steinzeit anfangen, aber die meisten beginnen erst, wenn die Menschen anfingen uns zu Misstrauen, uns für ihr Leid verantwortlich zu machen und uns zu töten. Mein Vater, findet das viel zu spät. Früher hatten wir ja auch gelebt, sogar die Menschen wissen angeblich davon und da gab es viele historisch wichtige Ereignisse«, sagte Nicu.

Die Hexenverfolgung. Wann war die nochmal? Im Mittelalter? Wenn ja hatten wir dazu kaum etwas gemacht. Thematisch waren wir in der Schule gerade bei den Weltkriegen. Das war kein Thema, was ich gerne durchnahm. Es war noch nicht lang genug her, als das ich das wirklich objektiv, wie das Mittelalter bewerten könnte.

»Ich stimme deinem Vater zu. Ich wüsste gerne, wie es war, als es noch keine Seiten gab, warum wir jetzt Seiten haben und warum wir nicht mit den Menschen zusammen leben können. Ich meine früher haben wir doch Jahrhunderte, was sage ich Jahrtausende zusammen gelebt. Warum tun wir das nicht immer noch?«, sagte Ana.

»Ana«, sagte Luan, gerade fiel mir sein Name wieder ein, warnend zu ihr. Sie zuckte jedoch nur mit den Schultern.

Ich hatte noch nicht mal mein ganzes Toast mit Rührei gegessen, als ein, dieses Mal etwas leiserer, Gong ertönte und die älteren Schüler, so wie einige Lehrer aus dem Speisesaal gingen. Schnell aß ich mein Toast zu Ende auf und folgte den anderen aus meiner Klasse. Neben der Tür warteten wir auf unsere Lehrerin. Schnellen Schrittes kam sie auch gleich auf uns zu und lotste uns aus dem Speisesaal.

»Die ganze erste Woche werdet ihr noch von euren Lehrern hier abgeholt werden, auch nach dem Mittagessen, bis auf den Sport, Verteidigungs und Geschöpfe Unterricht. Da trefft ihr euch draußen auf dem Gelände. Den Weg nach unten trauen wir euch alle zu. Beim Geschöpfe Unterricht geht ihr zu den Gehegen. Für Sport zu den Umkleiden am Sportplatz und für Verteidigung zu den Umkleiden an der jeweiligen Arena. Alles ist gut durch die Fenster überblickbar, so dass ihr euren Weg schnell finden müsstet. Ab nächster Woche erwarten wir von euch, dass ihr den Weg zum Unterricht allein findet, also achtet diese Woche auf den Weg, den wir euch zeigen«, sagte Professor Livsey.

Ich ging zu Luna, während wir ihr folgten.

»Lina und Lea sind Cousinen«, fing sie sofort an zu erzählen.

»Sie sind noch mit drei anderen Mädchen in einem Zimmer. July, total freundlich, Melody total hübsch und Nila, die Freundin von Alva aus unserem Zimmer«, erzählte sie mir aufgeregt. Noch den ganzen Weg über erzählte sie mir, was sie alles gehört hatte, aber ich hörte ihr nur mit halbem Ohr zu.

Als ich den Raum für den Geschichtsunterricht betrat, war ich sprachlos. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet.

Viele Einzeltische standen im Raum verteilt und vorne war ein Lehrerpult. Total unspektakulär und normal. Sprich, wie immer. Ich war wirklich etwas enttäuscht.

Luna und ich setzten uns an zwei neben einander stehende Tische in der zweiten Reihe. Als auch die anderen Platz genommen hatten, fiel auf, dass dieser Raum für mehr, als nur zehn Schüler ausgelegt war, da noch einige Tische übrig waren.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde begann Professor Livsey die Themen, die wir dieses Schuljahr durchnehmen würden, kurz zu erläutern. Wir begannen doch in der Steinzeit, worüber Nicu und Ana sich sehr freuten. Jetzt durfte ich mein Grundschulwissen wieder hervor kramen. Das war schon ewig her.

Ich fand es bewundernswert, wie Professor Livsey alles mit einer solchen Freude und Energie rüberbringen konnte, es aber in meinen Augen so auch nicht interessanter wurde. Diese Stunde erinnerte mich an die Geschichtsstunden, die ich die letzten Jahre am Gymnasium hatte. Das sollte nicht unbedingt ein Kompliment sein. Wenigstens wusste ich nach dieser Stunde, dass die Tische irgendwie davor geschützt waren, Muster mit dem Fingernagel eingeritzt zu bekommen, was wohl auch das gute Aussehen der Tische erklärte.

»Das war es nun mit dieser Stunde. Ich hoffe, ihr habt noch einen schönen ersten Schultag. Zum Magie Unterricht müsst ihr einfach nur den Gang entlang gehen und dann sollte Professor Chand euch schon erwarten«, sagte sie zum Abschied und sofort sprangen alle auf und liefen hinaus.

»Vom Fenster aus hatte man die perfekte Sicht auf das Trainingsgelände«, schwärmte Luan.

»Die Stunde war total langweilig«, sagte Ana enttäuscht. Ich stimmte ihr vollkommen zu. Abgesehen von der griechischen Mythologie hatte ich mich bisher noch für kein Geschichtliches Thema interessieren können und ich bezweifelte ehrlichgesagt, dass wir diese durchnehmen würden.

»Ich glaube ich nehme nächstes Mal eines von Onkel Jins Kissen mit«, sagte Coco.

»Denkst du nicht das fällt etwas auf, wenn du schläfst?«, fragte Luna.

»Wenigstens fängt sie bei der Steinzeit an, ich denke, es könnte interessant werden«, veruchte Nicu die Stunde zu verteidigen.

»Es gibt drei Arenen und so viele Trainingsplätze, ich konnte gar nicht alle sehen«, sagte Luan, ohne von uns Notiz zu nehmen.

»Ich bin schon gespannt, wie Magie wird«, meinte Ana.

»Ich auch«, sagte ich. Darauf war ich mit Abstand am gespanntesten. Und aufs Brauen. Danach vielleicht auf den Unterricht über Menschen. Es ist schon interessant zu sehen, wie die Menschen für Außenstehende wirken.

Vor einer schweren Holztür erwartete uns bereits ein etwas älterer, kleiner Mann mit weißem Bart und Haar. Er lächelte uns freundlich an und öffnete uns dann die Tür, um uns herein zu lassen.

Wir waren in einem Runden Turmzimmer. Die Fenster waren Deckenhoch und statt Stühlen und Tischen gab es gemütlich Sitzkissen auf dem Boden, vor denen ein niedriger Tisch stand, so dass man bequem im Sitzen schreiben konnte. Statt des Lehrerpultes lag vorne ebenfalls ein Sitzkissen, etwas größer, schöner und bequemer aussehend, als unsere. Ich setzte mich auf ein orangenes Sitzkissen neben einem Fenster und stellte meine Tasche ab. Alle Sitzkissen hatten eine andere Farbe und manchmal auch irgendwelche Muster.

Luna sah sich noch nach einem guten Sitzplatz um. Ich wank ihr und deutete auf den Platz neben mir, auf den sich genau in diesem Moment jemand setzte. Ich lächelte Luna nochmal entschuldigend zu und sah dann zur Seite. Ohne auch nur irgendwem Beachtung zu schenken machte es sich Sanura neben mir bequem und breitete ihre Sachen auf dem Tisch vor sich aus. Ich tat es ihr schnell nach.

Als alle saßen fing Professor Chand an zu reden. »Hallo erstmal.« Sofort war es still.

»Ich heiße euch herzlich Willkommen an dieser Academy der Magie. Es gibt viele Arten der Kontrolle von Magie und doch können die wenigsten mir wenigstens fünf aufzählen. In diesem Unterricht werden wir uns mit den vier bekanntesten von ihnen beschäftigen. Ein paar weitere werden wir aber gewiss einmal anschneiden. Kann mir jemand vielleicht diese vier Arten nennen?«, fragte er. Fast alle meldeten sich.

»Mr. Wayne?«, sagte er.

»Die Hexerei, die Zauberei, die Elementarmagie und die Kontrolle der Magie selbst«, zählte er auf. »Richtig«, sagte Professor Chand. »Diese vier Arten sollten meiner Meinung nach eigentlich jede ein eigenes Fach bekommen, da sie sehr unterschiedlich sind, auch wenn euch vermutlich schnell gewisse parallelen auffallen werden. So gut wie alle Schulen unterrichten nur die Kontrolle der Magie selbst. Es gibt sogar Magier, die wissen gar nicht, dass man ihre Magie noch auf andere Weise benutzen kann. Unsere Magie hat so viele Seiten, man sollte versuchen so viele, wie möglich von ihnen kennen zu lernen, um sich ein Bild von ihnen zu machen, vielleicht auch die eine oder andere Art in ihren Grundzügen beherrschen. Im ersten Semester werden wir mit dem Hexen und der Kontrolle der Magie anfangen. Vielleicht sogar mit dem Zaubern. Wir werden jedes Jahr alle Arten durchnehmen, damit ihr in allen aktiv bleibt. Ich werde zwar versuchen, so oft wie möglich nochmal zu wiederholen, doch würde ich euch bitten, dies bitte selbstständig regelmäßig in den Übungsräumen zu tun. Eigentlich werden wir die Kontrolle der Magie selbst sogar das ganze Jahr über durch nehmen, da vor allem der Anfang lange dauert. Diese Stunde werden wir auch gleich damit mit beginnen«

Sanura war die einzige, die alles feinsäuberlich aufschrieb. Ich warf einen genaueren Blick auf ihr Blatt. Es sah total übersichtlich aus, ganz anders, als die Mitschriften, die ich immer im Unterricht machte. Schon oft hatte man mir gesagt, um meine Schrift lesen zu können, bräuchte man ein Mikroskop, was meiner Meinung nach doch etwas übertrieben war. Ältere Leute konnten eben in der Nähe nicht so gut sehen und wurden nach und nach Weitsichtig. Das war eine Tatsache, die auf alle meine Lehrer zutraf.

»Magie ist überall um uns herum. Auch in Gegenständen. Natürlich überall unterschiedlich stark, aber sie ist da. Magier können diese Magie spüren. Es ist ein eigener Sinn. Ihr habt diesen auch, doch ist er bei euch bei weitem nicht so gut ausgeprägt, wie bei Magiern. Ihr seid mit der Magie um euch herum groß geworden, ihr seht sie als normal an und spürt sie nicht mal richtig. Auch Menschen haben diesen Sinn, doch gibt es auf ihrer Seite fast gar keine Magie. Würden sie auf unsere Seite kommen würden sie vermutlich an einem sehr starken Magieschock sterben.«

Sterben? Man konnte davon sterben? Wenn ja, wieso war ich dann nicht tot? Da hatte ich ja noch Glück nur für wenige Tage ausgeknockt gewesen zu sein.

»Es wäre zu viel. Wenn sie davor noch nie Magie gespürt haben, wäre auch das kleinste bisschen ein so starker Reiz für sie, dass sie einen Magieschock hätten. Ihr müsst nun lernen diese Magie wieder wahrzunehmen. Die Magie, die überall ist. Das ist der schwierigste Teil des Ganzen. Habt ihr das erstmal geschafft ist der Rest für euch ein Kinderspiel. Ich werde euch nun eine Übung zeigen, mit der ihr eurem sechsten Sinn auf die Sprünge helfen könnt. Dafür braucht ihr absolute Konzentration.«

Er streckte seine Hände nach vorne aus, so dass sich seine Handrücken berührten. In einer schnellen Bewegung drückte er seine Arme nach außen und parallel zu dieser Bewegung flogen die kleinen Tische vor uns an den Rand und stapelten sich dort in der Luft. Auf eine knappe Bewegung seiner Arme schlossen sich die Vorhänge vor den Fenstern. Begeistert sah ich dem zu. Irgendwann würde ich das auch können.

»Um euren sechsten Sinn zu trainieren werden wir erst einmal unsere anderen fünf Sinne untersuchen. Nehmt eine bequeme Sitzposition ein und schließt eure Augen.«

Ich setzte mich in den Schneidersitz und schloss die Augen.

»Ich bitte euch nun ruhig zu sein. Versucht eure Umgebung wahr zu nehmen. Achtet darauf, was ihr hört. Ihr hört mich, aber was hört ihr noch. Vielleicht hört ihr die Atemgeräusche eurer Freunde. Oder ihr hört, wie sich jemand auf seinem Sitzkissen etwas bewegt. Achtet darauf und versucht den Geräusche Orten zuzuordnen. Aus welcher Richtung kommt meine Stimme? Oder das Lachen von Miss Sevim?«

Augenblicklich verstummte Alva. Professor Chand gab uns ein paar Minuten, um uns darauf zu konzentrieren.

»Nun, nehmt euer Riechorgan hinzu. Vielleicht trägt jemand heute ein Parfüm oder hat ein gut riechendes Shampoo verwendet?«

Ich schmunzelte. Es fiel mir unglaublich schwer mich auf so etwas zu konzentrieren, aber ich versuchte es. Sanura hatte offensichtlich keinen starken Geruch an sich. Von irgendwo anders, ich glaubte von vorne, kam ein Blumenduft. Ich verzog meine Nase. Ich hasste starke Gerüche.

»Und nun fühlt. Könnt ihr euer Kissen unter euch spüren? Seine Nähte? Spürt ihr vielleicht euch das kleine Lüftchen hier im Raum? Konzentriert euch.«

Wieder gab er uns etwas Zeit.

»Und nun schmeckt ihr vielleicht einen besonderen Geschmack. Dies wird wohl etwas schwieriger, aber auch das ist wichtig. Manche hatten vor dieser Stunde noch etwas gegessen. Vielleicht schmeckt ihr es noch. Sonst könnt ihr versuchen den Geschmack des Raumes aufzunehmen. Verwechselt das aber nicht mit dem Geruch. Es ist ein Unterschied, ob ihr die Kräuter riecht, die den Sommer über hier sind, oder sie schmeckt.«

Ich schmeckte rein Garnichts. War ich die einzige, der es so ging oder gab es auch andere? So wie Professor Chand es erklärte klang es total einfach, aber die Umsetzung war schwieriger.

»Jetzt konzentriert euch auf den Raum vor euch. Nehmt jede Veränderung auf und merkt sie euch. Folgt diesem neuen Gefühl bis zu seinem Ursprung.«

Tatsächlich nahm ich wirklich eine Veränderung vor mir wahr. Ein leichtes prickelndes Gefühl. Direkt vor mir. So ähnlich wie bei einem starken kohlesäurehaltigem Getränk, dass gerade neu eingeschenkt wurde. Das leise Knistern und das leichte prickeln. Es war ein schönes Gefühl.

»Nun streckt eure Hand aus und berührt den Gegenstand vor euch. Keine Sorge, es ist nichts Gefährliches, aber alles, was ihr jetzt spürt ist reine Magie.«

Vorsichtig streckte ich meine Hand aus. Etwas Glattes berührte meine Hände. Als ich es umfasste wurde das prickelnde Gefühl stärker. Gerade so, so dass ich mir sicher sein konnte, dass ich es mir nicht ausversehen einbildete. Der Gegenstand hatte die perfekte Form für einen Wurfstein. Nur das er vereinzelt wunderbar glatte stellen hatte, über die man einfach die ganze Zeit streichen wollte. Ich merkte, dass ich mich etwas wacher fühlte und alles um mich herum etwas besser wahrnahm. Es war ein schönes Gefühl, wenn auch sehr schwach. Ich hätte ewig so weiter machen können, aber leider begann Professor Chand wieder zu reden.

»Ich hoffe, dass jeder von euch irgendetwas gespürt hat. Wenn ihr gleich die Augen aufmacht, dann benutzt auch euren Sehsinn und Seht nach Veränderungen in der Umgebung des Steines.«

Ich öffnete meine Augen und blinzelte ein paarmal. Hier erhellten zwar Kerzen den Raum, trotzdem war es etwas zu hell. Vor allem da ich neben dem Fenster saß. In meiner Hand sah ich einen Lilafarbenen Stein, der exakt die gleiche Farbe Hatte wie mein Umhang und das Wachssiegel von meinem Brief, den ich vor einem Monat von der Akademie bekam. Sonst erkannte ich nichts Außergewöhnliches.

»Nehmt den Korat mit, aber bewahrt ihn bitte immer in den Beuteln auf. Wer es nicht weiß, der Koratstein ist ein von Alchemisten hergestellter Stein zur Speicherung von Magie. Die Magie in diesem Stein ist sehr stark. Aber ihr werdet frühestens im fünften Jahr lernen diese zu nutzen. Für euch sind sie also ungefährlich. In zwei Wochen werden wir eure Zwischenergebnisse besprechen, bis dahin macht ihr bitte diese Übung. In unserer nächsten Stunde fangen wir mit der Hexerei an. Bringt dann bitte euer Buch mit. Ich wünsche euch noch einen schönen ersten Schultag.«

Es war, als wäre ich aus einem Traum erwacht. Mit einem Mal begann es wieder laut zu werden und jeder berichtete seinen Freunden seine Erlebnisse. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass vor uns schon wieder die Tische standen und auf diesem, ein kleiner Lederbeutel für den Stein. Vorsichtig legte ich den Stein in den Beutel und schloss ihn. Ich legte alles wieder zurück in meine Tasche und stand langsam auf. Ich fühlte mich vollkommen entspannt. Das einzige, das mich gerade ziemlich nervte waren die ganzen lauten Gespräche um mich herum. Sanura hatte schon den Raum verlassen.

Professor Chand sollte Bücher vorlesen. So ein Hörbuch von ihm würde mir bestimmt beim Einschlafen helfen. Er hatte eine so ruhige und entspannte Stimme, so dass man sich gleich selbst so fühlte. Ruhig und entspannt.

Professor Matic, unser Lehrer für Menschenkunde, holte uns vom Magieturm ab und brachte uns zu seinem Klassenzimmer. Er war noch ziemlich jung, hatte vermutlich gerade erst seine Ausbildung hinter sich und trug eine etwas merkwürdig aussehende Brille. Sie war aus Holz und die Gläser waren dick, groß und rund, wodurch seine Augen fast doppelt so groß, wie normale aussahen. Eigentlich trug er die Brille nicht wirklich. Sie schwebte kurz vor seinen Augen, denn sie hatte keine Brillenbügel.

Auf dem Weg redeten wir über die Stunde. Die anderen waren genauso begeistert, wie ich, auch wenn sie noch nichts gespürt hatten. Das war wohl mein Vorteil. Dafür hatte ich auch schon einen heftigen Magieschock einstecken müssen.

Vor allem Ana kam aus dem schwärmen gar nicht mehr heraus. »Genau deshalb wollte ich auf diese Schule«, sagte sie, »Ich wollte viel mehr über Magie lernen. Er hat Recht, sie hat so viele Gesichter, es wäre eine Verschwendung, wenn man sie nicht alle nutzen würde. Ich kann es kaum erwarten alle durchzunehmen.«

Wir kamen in einem Klassenzimmer an, in dem die Tische in U-Form standen. Ich setzte mich mit Coco und Luna an eine Seite. Professor Matic ging nach vorne und stellte erstmal seine Wasserflasche auf seinem Pult ab, und setzte sich dann vorne hin. Es schien wohl erstmal eine Art Gesprächsrunde zu werden.

»Guten Tag. Ich bin Professor Matic. Ich unterrichte jetzt seit einem Jahr dieses Fach. Ich hoffe ihr habt euch schon etwas an die Academy gewöhnt. Habt ihr erstmal irgendwelche Fragen an mich?«, fragte er in die Runde.

»Mr. Damon«, rief er auf.

»Warum tragen sie dieses Ding?«, fragte er direkt und deutete auf die Brille.

Vielleicht, weil er kurz oder Weitsichtig war? Es ist doch nichts Ungewöhnliches. Gut, seine Brille selbst sah etwas merkwürdig aus, aber sonst. Wobei, jetzt wo er es so erwähnte, war Professor Matic der erste auf dieser Seite, den ich traf, der eine Brille trug.

»Das«, sagte Professor Matic, »sind Augengläser und in diesem Fall stehe ich der Magie etwas skeptisch gegenüber. Ja es wurde so sehr an unseren Methoden gefeilt, dass eigentlich nichts passieren sollte, aber er gibt ja immer Ausnahmen. Außerdem finde ich die Lebensweise der Menschen sehr interessant. So ähnliche Augengläser tragen die Menschen, wenn sie Sehprobleme haben. Sie sind aber sehr teuer und nur wenige besitzen welche. Noch jemand?«

Wo er es sagte, bestimmt hatten wir dazu schon mal etwas im Unterricht durchgenommen.

»Miss Lokelani?«, rief er mich auf.

Zum ersten Mal heute fragte ich mich, woher die Lehrer unsere Namen schon alle konnten. Meine Klassenlehrerin früher hatte uns nach zwei Jahren immer noch ab und an vertauscht oder unsere Namen falsch geschrieben.

»Waren sie eigentlich schon mal auf der Seite der Menschen?«, fragte ich. Die anderen sahen mich irritiert an. Man durfte doch wohl fragen. Auch Professor Matic lachte kurz, als wäre das eine wirklich amüsante Frage.

»Nein, natürlich noch nicht. Nur Forschern ist es gestattet diese Seite zu betreten, wenn sie auf einer heißen Spur sind und selbst dann dürfen sie sich nur weit ab jeglicher Menschen aufhalten«, antwortete er.

Das bedeutete also, dass sie, seit es diese Regelung gab, nicht mehr einen Menschen zu Gesicht bekommen haben. Woher wollen sie dann also wissen, wie sie sind? Da niemand mehr eine Frage hatte begann er zu erzählen.

»Früher lebten wir unter den Menschen. Manche wussten nicht einmal wirklich, dass wir uns von ihnen unterschieden. Die meisten von uns lebten schon immer etwas abseits von ihnen, aber nicht so getrennt, wie heute. Als die Hexenverfolgung um vierzehnhundertfünfzig begann berieten wir uns und diskutierten Nächtelang. Manche waren dafür die Menschen umzulegen, aber wir waren zu wenige und lebten total zerstreut. So zerstreut, dass wir nicht mal grob wussten wie viele wir waren, und wir bezweifelten, dass alle anderen mit Magie in ihrem Blute wirklich wussten oder begriffen, dass sie anders waren, als die Menschen. Wir entschieden uns, uns von den Menschen abzukapseln. Toulon war die erste Stadt, die entstand. Mit mächtigen Bannen und Flüchen vor der Außenwelt geschützt, waren wir dort sicher. Doch sie war zu klein für uns alle. Also suchten wir nach weiteren Orten, wo wir uns ausbreiten konnten. Ein Teil vom Königreich Zypern fiel uns auf, den wir heute alle als Patenia kennen. Sie ist heute die größte magische Stadt. Während wir unser Gebiet weiter ausbreiteten suchten andere nach Weiteren von uns, um auch sie hier her zu bringen. Mit der Zeit entstanden immer mehr Städte und als wir alle Magier sicher hatten, schlossen wir unsere Schutzkuppeln komplett. Das dauerte einige Jahre, aber so sind sowohl wir, als auch sie sicher. Außerdem können wir seit wir hier sind unsere Magie komplett entfalten und müssen uns nicht mehr verstecken. Das als Vorgeschichte. Tragen wir doch einfach erstmal zusammen, was ihr alles über Menschen wisst. Vergesst nicht mitzuschreiben.«

Er sprach, als ob er selbst damals dabei gewesen wäre. Ich sah mich um. Wieder war Sanura die einzige gewesen, die mitgeschrieben hatte. Sofort zückten alle ihre Stifte und versuchten so viel wie möglich von dem Gesagten auf Papier zu bringen.

»Also, was wisst ihr denn so über Menschen, oder was habt ihr mal gehört?«, fragte er, als wir langsam fertig wurden.

»Mr. Cooke?«, sagte er.

»Stimmt es, dass Menschen schneller altern, als wir es tun?«, fragte Luan.

»Ja, vom äußeren her altern sie weitaus schneller, als wir es tun. Die Jahre, in denen sie jung aussehen sind kürzer, als unsere. In eurem Alter sieht man keine wirklichen Unterschiede, doch je älter man wird, desto größer wird der Unterschied. Sie sterben auch früher, als wir, da sie unter anderem bei weitem anfälliger für Krankheiten sind, als wir. Oder anders gesagt, ihre Krankheiten spielen in ihrer Liga und unsere in unserer. Sie würden vermutlich an einer unserer Krankheiten sofort sterben, während wir ihre schnell wieder loswerden. Dafür haben wir generell auch stärkere Mittel, um Krankheiten zu bekämpfen. Seid wir getrennt leben, sind auch die Krankheiten getrennt. Ihnen müsste es also in dieser Hinsicht nun etwas besser gehen. Aber ihre Heilkünste sind noch nicht wirklich weit fortgeschritten, anders gesagt, ziemlich schlecht, weshalb sie auch an einfacheren Krankheiten sterben. Als wir uns von ihnen abkapselten betrug die durchschnittliche Lebenserwartung von ihnen ungefähr neunundzwanzig Jahre, wobei man hinzufügen muss, dass die ganzen Kinder, die reihenweise starben das Ganze ziemlich runtergezogen haben. Wir nehmen an, dass sie, ebenso wie wir, auch Fortschritte gemacht haben in den letzten Jahrhunderten. Daher gehen wir davon aus, dass sie nun bei vielleicht fünfundvierzig Jahren liegt, aber das sind nur Vermutungen«, sagte er.

Das erklärte ein paar Dinge, zum Beispiel, warum ich noch nie krank war. Und doch, es kam mir fast, wie eine persönliche Beleidigung vor.

»Ja, Miss Lokelani?«, fragte er.

»Ich habe gehört, dass die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen heute bei Jungen bei ungefähr siebenundsiebzig Jahren liegt und bei Mädchen bei fast dreiundachtzig Jahren und da es ja auch nur ein Durchschnitt ist, werden viele Menschen auch noch deutlich älter. Zumindest war das der Stand von zweitausendfünfzehn.«

Ich war stolz auf mich, dass ich mir die Zahlen aus dem Unterricht so gut gemerkt hatte. Mrs. Shaw wäre stolz auf mich.

»Woher wollen sie denn das wissen, wenn ich fragen darf?« Er sah mich mit einem Blick an, als versuche er mich einzuschätzen.

»Ich lese gerne«, sagte ich. Als ich seinen Blick bemerkte fügte ich noch, »Außerdem sind Kalia und Kanje Forscher«, hinzu. Zwar Einhorn Forscher, aber das tat jetzt nichts zur Sache.

Er sah mich noch einmal scharf an, dann schrieb er etwas in sein Heft und machte dann weiter, als wäre nichts gewesen. Ich hielt für den Rest der Stunde meinen Mund. Wenn ich so weiter machte fanden sie es schneller heraus, als mir lieb war.

Nachdem wir unser Mittagessen gegessen hatten gingen wir nach draußen, um den Sportplatz Nummer zwei zu finden. Der Weg zum Speisesaal hatte schon Ewigkeiten gedauert und aus dem Gebäude heraus zu kommen, ohne aus Fenster zu springen, die übrigens nie aufgingen, erwies sich auch als schwieriger, als gedacht.

Als wir endlich draußen standen war ich ziemlich überrascht. Das Gelände war riesig! Wirklich riesig! »Vielleicht hätten wir doch mal oben aus dem Fenster schauen sollen, um zu sehen, wo die Sportplätze ungefähr sind«, sagte ich.

»Ich gehe da nicht mehr hoch, wer weiß, ob wir dann wieder raus finden«, sagte Coco.

Wir gingen etwas weiter raus. Es gab dutzende Wege, aber kein einziges Hinweisschild wie ‚Sportplätze 1,2km'. Wir sahen uns ratlos um.

»Naja, also der Hafen ist links und es war gestern zwar dunkel, als wir ankamen, aber ich bin mir sicher dort in der Nähe keine Sportplätze oder Ähnliches gesehen zu haben. Geradeaus ist glaube ich auch nichts, nur der Wald irgendwann. Ich würde also vorschlagen, wir gehen nach rechts«, schlug Luna vor.

»Ergibt Sinn«, meinte ich und wir liefen los.

»Macht ihr eigentlich sonst noch Sport?«, fragte ich die beiden, da mir die Stille zwischen uns zu bedrückend wurde.

»Also ich habe an jedem Ort, an dem wir lebten eine andere Sportart gelernt. Keine länger, als ein Jahr, dann sind wir wieder umgezogen«, sagte Coco.

»Also ich klettere, laufe manchmal und mache noch ein paar andere Sachen«, sagte Luna. »Du?«, fragte sie zurück.

»Nichts. Also ein bisschen, wenn ich musste. Ich hatte auch mal Reitunterricht. Im Sommer habe ich fast jeden Tag Beachvolleyball gespielt.«

Wenn ich ehrlich zu mir war, war ich ziemlich faul. Neben Schulsport hatte ich bisher nichts gemacht. Gut, ich hatte knapp sieben Jahre lang alle paar Wochen Reitunterricht und meine Reitlehrerin meinte auch, dass ich ziemliches Talent hätte, aber ich hatte irgendwann das Gefühl, dass ich mit jeder Reitstunde schlechter wurde. Das einzige, was ich noch bräuchte, sagte meine Reitlehrerin, wäre Durchsetzungsvermögen und Selbstsicherheit. Aber das hatte ich einfach nicht und irgendwann letztes Jahr hatte ich dann aufgehört.

Ich hoffte nur, dass weder Ausdauer Training, noch Turnen dran kam. Das waren schon immer die zwei Sachen im Sportunterricht, bei denen ich am liebsten hätte krankschreiben lassen. Wirklich krank war ich ja nie.

Tatsächlich kamen bald mehrere Gebäude in Sicht. Ein Paar waren wohl die Arenen und andere vielleicht Umkleiden? Erleichtert liefen wir etwas schneller, da uns die Zeit davon lief. Als wir näher kamen, sahen wir unsere Klasse vor einem Gebäude stehen und liefen auf sie zu. Wir waren wohl die letzten.

»In fünf Minuten umgezogen auf dem Platz«, sagte plötzlich jemand.

Ein Mann stand mit einem Mal vor uns. Er hatte ein kantiges Gesicht und die Augen waren so schmal, dass man unmöglich die Augenfarbe bestimmen konnte. Der erste Eindruck war, streng. So schnell, wie er kam, war er dann auch wieder weg.

»Wie freundlich«, kommentierte Ana.

Schnell gingen wir in die Umkleide und zogen uns um, wobei mir noch einmal mehr meine helle Hautfarbe auffiel. Im Vergleich zu ihnen sah ich wirklich aus wie ein Vampir. Eine andere Sache, die mir auch auffiel war, dass sie alle wirklich sportlich aussahen, was mir ein bisschen Sorge bereitete.

In der Mitte des Platzes wartete unser Lehrer schon auf uns. Wir standen in einem Halbkreis um ihn herum, als er begann zu sprechen.

»Ich bin Professor Rashid. Ich erwarte von euch, dass ihr pünktlich umgezogen hier erscheint und immer alles gebt. Die Übungen sind ordentlich auszuführen, oder es gibt noch mehr Strafübungen. Haltet euch einfach an die Regeln und wir werden eine gute Zeit haben.«

Das sagte er in einem Ton, den man genauso gut auch beim Militär anschlagen könnte. Hoffentlich würde er nicht gleich mit Ausdauer anfangen. Nach jemanden, der von uns wollte, dass wir Turnen sah er eher weniger aus, was immerhin ein kleiner Lichtblick war.

»Da ich keine Ahnung von eurem aktuellen Leistungsstand habe, werde ich mir heute erstmal einen Überblick verschaffen. Wir werden heute entspannt anfangen. Ihr habt jetzt genau fünf Minuten Zeit, um euch ordentlich zu Dehnen. Los!«

Wir begannen mit den Dehnübungen. Neben der Tatsache, dass sie Übungen machten, die ich noch nicht mal kannte, waren sie gefühlt tausendmal dehnbarer, als ich steifer Klotz. Ohne Probleme war Alva sofort in den Spagat gegangen, wofür sich normale Leute erstmal dehnen sollten. Luna war im Schmetterlingssitz, die Knie auf dem Boden, der Kopf lag entspannt auf den Füßen liegend. Ana hatte es irgendwie geschafft sich so sehr zu verdrehen, dass ich sofort an Schlangenmenschen denken musste, die ich bisher nur aus dem Fernsehen kannte. Die fand ich schon immer unheimlich.

Ich machte die Übungen, die ich kannte, unteranderem auch, weil ich die anderen nicht konnte. Ich wusste, dass Professor Rashid mich jetzt schon abfällig beobachtete. Kein Wunder.

»Das reicht. Wie gesagt, wir fangen erstmal ruhig an. Zwanzig Minuten Ausdauerlauf um den Platz. Wer geht oder vor sich hin eiert rennt zusätzliche fünf Minuten«, rief Professor Rashid nun und sofort begannen wir zu laufen.

Wieso Ausdauerlauf? Wieso? Nach der ersten Minute war ich mir schon ziemlich sicher, dass ich noch weitere fünf Minuten würde laufen müssen. Die ersten hatten mich schon längst überholt und eigentlich sprinteten alle. Manche quatschten dabei sogar noch mit ihren Freunden. Als die fünfundzwanzig Minuten endlich um waren, ich war die einzige, die noch die weiteren fünf Minuten laufen musste und so, wie Professor Rashid aussah hätte er mich am liebsten nochmal doppelt so lange laufen lassen, war ich erledigt.

»Name?«, fragte er, als ich mit roten Kopf zum Stehen kam.

»Mia Lokelani«, sagte ich.

»Miss Lokelani, die mit Abstand unsportlichste Person, die ich je unterrichten musste«, sagte er.

Wie aufbauend.

»Alle, zwanzig Liegestützen los«, rief er über den Platz.

Nicht auch das noch. Ich würde sicherlich nicht mal vier schaffen. Die anderen hatten wenigstens noch fünf Minuten Zeit gehabt, um sich auszuruhen, während ich noch rennen musste, auch wenn sie nicht so aussahen, als hätten sie diese Pause wirklich gebraucht. Immerhin, eine halbe Stunde von den zwei Stunden Sport waren schon Mal überstanden.

Am Ende der zwei Stunden Folter, wollte ich nur noch in mein Bett. Mit den anderen, die nicht halb so erschöpft aussahen, wie ich, machte ich mich auf den Weg in die Umkleide, als Professor Rashid mich nochmal zurück rief.

»Kommen sie, wenn sie umgezogen sind nochmal auf den Platz, ich möchte kurz mit ihnen reden«, sagte er.

Mir tat alles weh. Ich konnte kaum noch stehen und dann wollte er auch noch mit mir reden? Ich wollte doch nur noch hoch und in mein Bett. Als ich an den langen Weg von hier bis zum Ostturm dachte, tat mir alles fast schon doppelt so sehr weh.

»Sag mal Mia, warum bist du so unsportlich. Ich meine du hast ja gesagt, dass du unsportlich bist, aber so?«, fragte Luna, sobald ich in der Umkleide war.

»Wo warst du denn all die Jahre, wenn du nie so viel rennen musstest?«, fragte mich Ana.

Meinte sie wegen dem Krieg, von dem Kanje erzählt hatte?

»Hatte einen guten Unterschlupf«, sagte ich ausweichend.

»Wie kommt es, dass du nicht dick bist, wenn du so wenig Sport machst?«, fragte Alva direkt.

»Habe wohl Glück mit dem Stoffwechsel«, sagte ich.

»Was ist das?«, fragte sie verwirrt.

Ich wank ab. Ich hatte gerade echt keine Lust irgendjemanden irgendetwas zu erklären. Schnell verschwand ich unter der Dusche, um weiteren Fragen zu entgehen.

Neben der Umkleide wartete Professor Rashid schon auf mich. »Mitkommen«, sagte er nur und ging vor in Richtung Burg. Er ging dabei so schnell, dass ich etwas joggen musste, um Schritt zu halten, wogegen meine Beine kräftig protestierten.

»Sie sind wirklich unsportlich. Ich kann ihnen jetzt schon sagen, dass wenn Sie sonst nichts an Sport machen sie Durchfallen werden. Das heute war ja auch nur ein entspannter Einstieg und ich werde nicht immer so nachsichtig mit Ihnen sein«, sagte er.

Entspannter Einstieg, dass ich nicht lache. Er wird uns umbringen! Oder zumindest mich.

»Daher habe ich für Sie einen Trainingsplan zusammen gestellt.«

Er reichte mir ein gefaltetes Blatt Papier und nach einem Blick auf seine Krakelige Handschrift wusste ich, dass ich wohl keine Freizeit mehr haben würde. Ist so häufiges Training überhaupt gesund? Ich sagte nichts und sah mir den Plan weiter an.

»Es ist ihre Entscheidung, ob sie diesen Trainingsplan einhalten oder nicht, aber ihre Leistungen sind wirklich Unterirdisch. Mehr als das«, sagte er, als er meinen zweifelnden Blick bemerkte. Er schaffte es echt einen aufzubauen.

»Wo gehen wir eigentlich hin?«, fragte ich, als wir die Schule erreichten.

»Die Schulleiter möchten sie sprechen. Da ich nicht davon ausgehe, dass sie den Weg zu ihrem Büro finden werden, bringe ich sie hin«, antwortete er.

Na klasse. Ein Tag hier und schon will die Schulleiterin mit einem sprechen. Kalia wäre stolz auf mich.

Den Rest des Weges sagte er nichts und auch ich hielt meinen Mund. Vor einer großen, mit merkwürdigen Zeichen verzierten Tür, blieben wir schließlich stehen.

»Hier ist das Büro.«

Dann drehte er sich um und ging. Sobald er um die nächste Ecke verschwunden war, lehnte ich mich schnaufend gegen die Wand. Diese Burg war eindeutig zu groß. Solange, wie wir gelaufen sind, hatten wir bestimmt fünf Umwege genommen. Als ich wieder normal atmen konnte klopfte ich gegen die Tür.

»Herein.«

Ich trat ein. An jeder Wand standen voll befüllte Bücherregale. Neben dem Schreibtisch in der Mitte des Raumes schwebte ein riesiger Globus, auf dem Die Orte, in denen Magier lebten lila leuchteten. Einen lila Punkt, der unsere Insel hier sein könnte, fand ich jedoch nicht. Ich setzte mich gegenüber von den Schulleitern auf einen Stuhl.

»Sie wollten mich sprechen?«, sagte ich und begann unruhig auf dem Stuhl hin und her zu rutschen. Bisher wurde ich noch nie zu unserem Schulleiter bestellt.

»Mia. Es freut mich, dass du gekommen bist. Professor Matic kam nach seiner Stunde mit deiner Klasse zu mir und hatte mir erzählt, dass du ein paar Fakten über Menschen kanntest, die uns eigentlich gar nicht bekannt sind und du generell ziemlich aufgefallen bist. Nicht nur durch deine Fragen. Du fällst hier einfach auf. Allein durch deine Hautfarbe stichst du überall hervor«, sagte er.

Unruhig begann ich auf meiner Unterlippe zu kauen. In Norwich war ich nie wegen so etwas aufgefallen. Da waren fast alle so hellhäutig, wie ich.

»Das ist auch gar nicht negativ gemeint. Es ist nur so, dass du schon etwas auffällst und durch so etwas nur noch mehr«, fügte sie hinzu.

Was sollte sagen? Dass es für mich wie eine persönliche Beleidigung klang, was er alles über Menschen gesagt hatte?

»Du musst uns nicht unbedingt sagen, warum du das gesagt hast und woher du das wusstest, Mia. Wir würden dich nur bitten, solche Informationen, die unserer Gesellschaft eigentlich unbekannt sind nicht zu verbreiten. Außerdem sind Menschen ein sehr riskantes Thema. Professor Matic war total durch den Wind, als du ihn gefragt hattest, ob er schon mal auf der anderen Seite war. Du solltest dich unauffälliger verhalten. Leute, die zu viel wissen sind gefürchtet. Vor allem, wenn sie so viel über Menschen wissen. Es gibt viel, die sich gerne den Menschen zeigen würden, sie unterwerfen, oder einfach umbringen. Es ist gerade ein sehr schwieriges Thema. Deine Wissenslücken über unsere Gesellschaft solltest du vielleicht auch versuchen zu füllen.«

Entsetzt sah ich sie an. Wussten sie es? Wussten sie, dass ich bisher bei den Menschen gelebt habe?

»In den fünfzehn Jahre, die du in Valis gelebt hast, scheinst du sehr wenig über unsere Gesellschaft mitbekommen zu haben. Es herrscht vielleicht kein Krieg mehr, aber auffällige Personen, und dazu zählst eindeutig du, werden immer noch aus fadenscheinigen Gründen eingesperrt. Wir wollen dir nicht drohen. Wir wollen dich nur warnen. Halte dich in Zukunft einfach etwas mehr zurück und fülle deine Wissenslücken. Bei Fragen werden wir auch immer zur Verfügung stehen«, sagte er. Erleichtert atmete ich aus. Glück gehabt, sie wussten es nicht, aber das mit dem einsperren klang gar nicht gut.

»Vielen Dank. Das werde ich tun«, sagte ich.

»Gut. Auf Wiedersehen Mia«, sagten sie.

So schnell es ging, verließ ich wieder das Büro und versuchte mich zu orientieren. Laut Stundenplan sollten wir um fünfzehn Uhr Schluss gehabt haben, jetzt war es vielleicht schon ein bisschen später. Wo die Anderen waren wusste ich nicht. Am besten ging ich erstmal zu unserem Turm, dann konnte ich dort auch gleich meine ganzen Schulsachen loswerden. Gerade wollte ich losgehen, als mir auffiel, dass ich mal wieder nicht wusste, wo ich mich genau befand und wie ich zum Ostturm kam. Ich beschloss erstmal rechts lang zu gehen. Irgendwann müsste ich ja an einem Fenster vorbei kommen und dann würde ich bestimmt schon irgendwie erkennen, wo ich mich befand.


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Ob Mia es schafft unauffälliger zu werden?

Was denkt ihr über ihren ersten Schultag?

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