20. Kapitel
Die Prüfungen waren eine einzige Höllentour für mich. Ich lernte ununterbrochen, wurde immer verzweifelter und hatte in nicht nur einer Prüfung ein totales Blackout. Ich hatte das Gefühl so gut wie jede Prüfung vergeigt zu haben, nach dem ich fertig war.
Am Freitag war endlich meine letzte Prüfung. Menschenkunde. Es war die einzige Prüfung gewesen, der ich mehr oder weniger entspannt entgegen geblickt hatte, schließlich wusste ich mehr über die Menschen, als alle aus meinem Jahrgang zusammen. Wie immer, hatte ich mich natürlich leicht verarscht gefühlt bei der ein oder anderen Aufgabe. Zum Beispiel bei ‚Zeichne auf der linken Seite einen Magier und auf der rechten Seite einen Menschen. Benenne die Unterschiede' oder ‚Was ist das typische Essen, für einen Menschen'.
»Endlich ist es vorbei«, sagte Luan. Nach der ersten Prüfung hatte er Panik bekommen, weil er bemerkt hatte, dass Lernen vielleicht doch nicht so dämlich vor Prüfungen war.
»Oh ja. Das war schrecklich, was habt ihr bei der fünften Aufgabe?« Nicu war vermutlich mit Ana noch am besten bei den ganzen Prüfungen weg gekommen.
»War das die mit den Häusern?« fragte Ana.
»Ja«, sagte ich.
»Also, zum einen gibt es keine Häuser in der Luft bei den Menschen, dann sind ihre Häuser von innen nicht größer, als sie von außen scheinen«, zählte Ana auf. Man musste kein Genie sein, um auf diese Antworten zu kommen. Menschen konnten ja nicht zaubern, wie sollten sie dann ein Haus in der Luft haben oder die Häuser von innen vergrößern?
»Ja ja, ist doch auch egal, viel wichtiger, wie habt ihr einen Magier und wie habt ihr einen Menschen gezeichnet«, sagte Luan.
»Nun ja, ziemlich ähnlich« sagte ich. So wirklich große Unterschiede gab es da ja echt nicht, schließlich hatten die mich ja auch ohne zu zögern für eine Magierin gehalten. Magier waren vielleicht generell sportlicher und hatten bunte Haare, aber bei den Menschen ging der Trend ja auch so langsam in diese Richtung. Außerdem, sahen die Menschen auch überall auf der Welt anders aus und trugen andere Kleidung und hatten eine andere Kultur. Das konnte man nicht einfach so in einen Topf werfen.
»Nein, also ich habe sie erstmal etwas älter gemacht, dann unsportlicher und etwas dicker«, begann Ana.
»Hatten die nicht mal eine Hungersnot oder so? Ich habe sie ziemlich mager gezeichnet«, warf Nicu ein.
»Dann ist meiner eben einer, der nicht davon betroffen war«, meinte Ana, »Auf jeden Fall auch blasser und kränklicher. Dünne, braune einfarbige langweilige Haare, die langweilig runter hängen und natürlich noch diese Kleidung, die sie tragen.«
»Welche Art der Kleidung hast du genommen«, fragte Luan.
»Vom Bauernstand, hieß das so, das war einfacher zu zeichnen und von denen gibt es doch am meisten«, sagte sie. Den ganzen Weg in den Speisesaal verglichen wir unsere Antworten. Es war teilweise echt lustig den anderen zuzuhören. Aber auch irgendwie erschreckend, da ihr Wissen teilweise so weit von der Realität entfernt war.
»Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich möchte das Ende der Prüfungen feiern. Wie wäre es, wenn wir uns etwas von dem ganzen Essen hier mitnehmen und den Rest des Tages am Strand verbringen«, schlug Ana vor.
»Bin dabei«, sagte ich. Etwas Entspannung konnte ich jetzt dringend gebrauchen.
»Klar doch«, sagte Nicu und auch Luan stimmte zu.
Wir setzten uns an einen freien Vierertisch und während wir aßen ließen wir immer mehr von dem mitnehmbaren Essen in unseren Taschen verschwinden.
Dann standen unsere Schulleiter auf und augenblicklich wurde es still. »Da nun für alle von euch die Prüfungen zu Ende sind, wollten wir euch noch einmal ganz herzlich dazu gratulieren. Die Lehrer werden die nächste Woche viel damit beschäftigt sein, die ganzen Prüfungen zu kontrollieren, so dass sie leider keinen Unterricht mehr neben bei machen können. Das heißt, dass die nächste Woche Unterrichtsfreie Zeit ist. Etwas haben wir aber trotzdem geplant. Den Montag werdet ihr mit eurem Jahrgang im Wald verbringen und für den Mittwoch haben wir uns etwas Tolles überlegt, was ihr alle zusammen machen sollt. An den restlichen Tagen könnt ihr etwas mit euren Freunden machen, euch in euren Gruppen treffen und fliegen, schwimmen oder was es sonst noch so gibt oder ihr nutzt die Zeit, um mal etwas neues auszuprobieren. Am Freitagabend bekommt ihr eure Prüfungsergebnisse und es wird ein Abschiedsfest geben. Tragt dann bitte die komplette Schuluniform, da es schließlich etwas Offizielles ist. Am Samstag fahren wir morgens eine Stunde nach dem Frühstück wieder nach Patenia zurück. Euer Gepäck könnt ihr wieder in euren Zimmern lassen. Das bringen wir zum Schiff. Ich glaube, das war alles, was ich sagen wollte«, er sah kurz zu seiner Schwester rüber und die nickte. Sie setzten sich beide wieder hin und überall im Saal fing man sofort an über das eben gesagte zu diskutieren.
»Kein Unterricht mehr«, sagte Luan voller Freude.
»Hoffentlich sind die Sachen am Montag und Mittwoch gut und nicht total langweilig«, meinte ich und dachte an ein paar von den angeblich Gruppenbildenden Sachen zurück, die wir früher mit der Klasse machen mussten.
»Ach, das wird bestimmt total toll. Ich glaube, wir sollten nachher gleich doppelt feiern. Ich habe meine Laute oben, die kann ich mitnehmen«, sagte Nicu.
»Du hast eine Laute«, fragte ich.
»Ja, gehörte meinem Opa. Ich bin sogar ziemlich gut darin«, sagte er stolz.
»Klar, bring sie mal mit«, meinte Ana.
Eine Stunde später trafen wir uns am Strand wieder.
»Ich würde sagen, alles was wir zum Essen und Trinken dabei haben, sollten wir darüber stellen«, sagte ich und deutete auf einen Stein.
Wir verbrachten den ganzen Nachmittag teilweise im Wasser, teilweise an Land. Wir hatten unglaublich viel Spaß. Vor allem Luan hatte seinen Spaß uns ins Wasser zu schubsen und unter Wasser zu drücken.
Am Abend lagen wir mit unserem Essen am Strand und sahen der Sonne beim Untergehen zu. Es war, wenn ich mal darüber nachdachte, mein erster Sonnenuntergang den ich beobachtete. Irgendwann holte Nicu seine Laute heraus und begann auf ihr zu spielen und er war wirklich gut. Es war magisch, wenn er spielte und auf meinem ganzen Körper bildete sich Gänsehaut. Ana und Luan hingegen schien der musikalische Sinn etwas zu fehlen.
Erst spät in der Nacht, als der Mond schon lange am Himmel stand, gingen wir wieder zurück zur Academy. Zum Glück sahen die Lehrer das mit der Nachtruhe jetzt nicht mehr so eng. Auf unserem Weg zurück zur Burg, sahen wir auch noch ein paar andere kleine Gruppen draußen sitzen.
Ich wünschte, die Woche wäre nie zu ende, aber leider verging auch diese Zeit schneller, als erwartet. Ehe ich es mir versah, begann ich schon meinen Koffer zu packen und wir saßen alle in kompletter Schuluniform im großen Saal.
»Nun ist auch das dritte Jahr, schon vorbei. Es war ein aufregendes und spannendes Jahr. Mit vielen neuen Freundschaften und neu entdeckten Talenten. Es war ein besonders spannendes Jahr. Unteranderem auch, weil wir dieses Jahr an den Wettkämpfen teilgenommen haben. Zum ersten mal. Dazu sei auch noch gesagt, dass wir sehr wenige Schüler sind und erst das Wissen und Können der ersten drei Jahre haben. Trotzdem konnten wir uns beweisen. Natürlich sind wir nicht auf dem ersten Platz gelandet. Das wäre ja auch zu schön gewesen. Nun verkünde ich die Platzierungen.« Professor Tamasi machte eine kurze Pause und begann dann vom letzten Platz an die Platzierungen zu nennen und jedes Mal waren wir froh, dass nicht der Name unserer Academy fiel. Dann »Auf dem neunten Platz ist die Mage Academy« wenig Beifall kam. »Ihr müsst das so sehen. Klar, acht Schulen waren besser, als wir, aber die machen auch schon viel länger mit und haben auch Schüler aus den Abschlussjahrgängen. Wir waren Anfänger. Totale Anfänger. Und trotzdem haben wir es geschafft sieben Schulen hinter uns zu lassen. Wir sind fast in der Mitte und das ist mehr, als wir uns erhofft haben, wenn wir ehrlich sind«, fügte er hinzu und dieses Mal war der Beifall lauter. »Ich denke, wir werden viele neue Schüler nächstes Jahr hier begrüßen können«, sagte er.
Dann trat seine Schwester neben ihn. »Dieses Jahr, war nun auch das erste Jahr, in dem ein paar Schüler Kurse belegt haben und ihren ersten Abschluss gemacht haben. Ich gebe zu, es war etwas holprig dieses Jahr, aber wir können voller Stolz verkünden, dass alle in diesem Raum das Schuljahr bestanden haben«, sagte sie. Erleichtert fiel ich Ana, die neben mir saß um den Hals. Ich hatte bestanden. Ich hatte wirklich bestanden. Eigentlich hatte ich das nicht mehr für möglich gehalten. Nun wurden nach und nach alle Schüler einzeln auf die Bühne gerufen, wo ihnen dann das Zeugnis überreicht wurde. Bei den Drittklässlern wurde begonnen. Dann kamen die Schüler des zweiten Jahrganges und dann endlich wir. Gleich nach Luna wurde ich auf die Bühne gerufen. »Herzlichen Glückwunsch«, sagten sie und ich schüttelte jedem von ihnen die Hand. Dann ging ich mit meinem Zeugnis in der Hand wieder runter und setzte mich auf meinen Platz. Das Zeugnis war eine zusammengerollte Pergamentrolle, die von einem lilafarbenen Band zusammengehalten wurde. Vorsichtig löste ich das Band und entrollte die Pergamentrolle. Professor Tamasi hörte ich kaum noch zu. Als ich die Noten sah runzelte ich verwirrt die Stirn. Nein, das waren keine Noten, wie ich sie kannte. Es waren weder Zahlen, noch die Buchstaben A bis F. Verwirrt rollte ich das Pergament wieder zusammen. Ich würde morgen die Zwillinge fragen.
»War ja klar, dass du fast überall Bestnoten hast«, sagte Luan, als er einen Blick auf Anas Zeugnis warf.
»Tja, ich würde sagen, ich bin ein Naturtalent«, sagte sie grinsend.
»Brauen und Verteidigung waren Mist«, sagte Nicu.
»Dafür hast du doch sicherlich in allen anderen Fächern total gut abgeschnitten«, sagte ich.
Ich war mir sicher, dass die anderen eigentlich ein ziemlich gutes Zeugnis hatten. Auch wenn ich nicht das Notensystem verstand, war ich mir doch sicher, dass ich nur sehr knapp bestanden hatte.
»Ich werde euch vermissen«, sagte Nicu.
»Und ich erst«, sagte ich. Wir standen an Deck, in wenigen Minuten würden wir ankommen und wir konnten alle nicht ganz glauben, dass das Jahr so schnell zu Ende war.
»Wir schreiben uns«, sagte Luan.
»Genau und wenn es sich mal ergibt treffen wir uns alle«, stimmte Ana zu.
»Ich bin so froh euch kennen gelernt zu haben«, sagte ich.
»Und ich erst, das Jahr wäre sonst doch total langweilig gewesen«, meinte Nicu grinsend.
»Oh man, nicht so sentimental werden«, schimpfte Ana, »Wir sehen uns doch wieder.«
Daraufhin lachten wir alle. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal so etwas wie wirkliche Freunde finden würde, doch hier waren sie. Sie standen hier, direkt vor mir. Die Lichter des Nordhafen rückten immer näher.
»Gut, das wird vermutlich alles etwas chaotisch«, sagte Nicu. »Am besten wir verabschieden uns hier schon mal voneinander.« Wir fielen uns alle gegenseitig in die Arme.
»Gut, vergesst nicht zu schreiben«, sagte Luan. Dann wurde es voll. Wir gingen alle mit unseren Koffern über den Steg an Land und suchten unsere Familien. Die Zwillinge standen ziemlich weit vorne.
»Mia«, rief Kalia und umarmte mich sofort, während Kanje mir den Koffer abnahm. Dann umarmte auch er mich. »Wir haben einen Kuchen für dich gebacken, du wirst ihn lieben«, sagte sie.
»Oder auch nicht, wenn wir zu spät ankommen«, warf Kanje ein. Ich warf noch schnell einen Blick über die Schulter, konnte meine Freunde aber nirgendwo erkennen. Dafür sah ich Luna ein paar Meter weiter.
Kanje fasste mich am Arm und wir sprangen. Ich freute mich auf die Ferien. Am Wochenende war der Wettbewerb von Nicu und danach hatten wir vor meine Eltern zu suchen und generell, ein Sommer mit den Zwillingen versprach immer interessant zu werden.
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Also das ist nun das Ende des Buches. Als ich das Buch geplant habe, habe ich es immer als erstes Buch einer Reihe geplant. Die groben Ideen für die nächsten Bücher sind auch vorhanden, aber ich werde erstmal eine Schreibpause machen. Ich weiß noch nicht wann ich mich mehr mit dem nächsten Teil auseinander setzen werde und wann ich ihn veröffentlichen werde. Erstmal bin ich froh dieses, mein erstes Buch, abgeschlossen zu haben. Es war ein langer Weg für mich und ich bin unglaublich froh ihn gegangen zu sein. Danke an alle, die gelesen haben und Kommentare geschrieben haben. Das war unglaublich motivierend. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen anderer toller Geschichten und vielleicht sehen wir uns ja bald wieder.
Eure YMina_
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