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2. Kapitel

Ich spürte, wie irgendetwas auf mich drauf fiel.

»Au«, sagte eine weibliche Stimme und ein männliches Lachen erklang. Erschrocken schlug ich meine Augen auf. Eine Frau, vielleicht zwanzig Jahre alt, lag quer über mir und war gerade dabei, sich wieder aufzurappeln.

Ich war noch immer auf dieser Lichtung. Kurz hatte ich gedacht, dass alles nur geträumt zu haben. Schnell sah ich mich um. Nein, da war kein wunderschönes weißes Pferd. Vermutlich hatte ich da schon geschlafen.

»Was«, sagte die Frau mit einem merkwürdigen Akzent und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf sie. Sie hatte einen dunklen Teint und kurze, dicke, lockige blonde Haare, die auf halbem Weg zwischen Kinn und Schulter endeten. An den Spitzen waren sie Bourbon rosa und glitzerten aus irgendeinem Grund. Ihre Augen waren dunkelblau mit kleinen lila Sprenkeln.

Langsam stand ich auch auf und überprüfte kurz, ob noch alles in meinen Taschen war. Wer weiß, ob sie nicht Diebe waren. Verwirrt sah sich die Frau um, während der Mann aufgehört hatte zu lachen. Er sah ihr ziemlich ähnlich, vielleicht waren sie irgendwie verwandt.

Als ihr Blick auf mich fiel runzelte sie die Stirn, »Was macht ein Mensch hier?«, sagte sie. Dieser Akzent war von keinem Land, das ich kannte. Wobei man dazu auch sagen muss, dass ich bisher noch nicht so viel gereist bin.

»Gute Frage«, sagte der Mann. Er hatte den gleichen Akzent. Sie hatten auch beide wirklich merkwürdige Kleidung, die eindeutig nicht für einen Wald Spaziergang im regnerischen England gedacht waren. Das Oberteil der Frau war luftig und kurz und sah aus, als würde es aus irgendeinem Grund fließen. Es war schwer zu beschreiben, auf jeden Fall leuchtete es in den verschiedensten pink Tönen. Ihr Rock bestand aus einem ähnlichen Stoff und war ein paar Nuancen dunkler. Am Bund ihres Rockes konnte man einen kleinen verzierten Beutel erkennen, der die gleiche Farbe wie der Rock an der Stelle hatte, weshalb er nicht sonderlich auffiel. Er war so klein, dass ich mich fragte, was da bitte reinpassen sollte. Nicht einmal ein Stift würde darin Platz finden. Ihre Sandalen waren mit ein paar kleinen Blumen verziert, die mir so bekannt waren wie die Blumen auf dieser Lichtung.

Mein Blick wanderte zu dem Mann. Er hatte ein Oberteil aus ähnlichem Stoff mit dem Aufdruck »Angelopoulus«. Was auch immer das bedeutete. Vielleicht war das irgend eine lateinisches Motto. Ich hatte es erfolgreich geschafft, diese Sprache nicht lernen zu müssen. Stattdessen durfte ich mich mit Spanisch herumschlagen. Er war aber immerhin noch klug genug gewesen noch eine dunkelblaue Jacke zu tragen, eine mehr oder weniger normale Hose und feste Schuhe. Sie sahen aus, wie irgendwelche Touristen, die ausversehen ins falsche Flugzeug gestiegen sind und eigentlich auf irgendeine Insel im Süden wollten.

Die Beiden starrten sich in die Augen ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Sollte das jetzt ein Anstarr-Wettbewerb werden? Langsam machte ich mich auf den Weg von der Lichtung runter zu kommen. So ganz geheuer waren mir die beiden nicht. Kurz bevor ich im Schatten der Bäume verschwinden konnte rief der Mann, »Warte kurz«, und kam auf mich zu. Er lächelte mich kurz freundlich an und fragte dann, »Darf ich mal«, und umfasste mit seiner Hand mein Handgelenk. Er schloss die Augen und schien sich zu konzentrieren. Okay, die waren ganz sicher nicht normal. Ich entzog ihm mein Handgelenk und sah von einem zum anderen.

»Und?«, fragte die Frau aufgeregt und kam zu uns.

»Ja, sie scheint eine zu sein«, sagte er und sah mich misstrauisch an.

»Na das ist doch super«, sagte die Frau und kam auf mich zu. »Du hast nicht zufällig ein Einhorn hier gesehen?«, fragte sie mich.

»Ähm«, sagte ich nur überrumpelt. Hatte ich dieses Einhorn vielleicht doch nicht nur geträumt?

»Du überfällst sie doch total«, schimpfte der Mann mit ihr. »Also, ich bin Kanje und das ist meine Schwester Kalia. Wir sind Einhornforscher und kommen aus Patenia«, sagte er und reichte mir die Hand.

»Einhornforscher?«, fragte ich verwirrt und ignorierte seine hingehaltene Hand.

»Du machst sie nur noch verwirrter, naja immerhin scheint sie unsere Sprache zu sprechen«, sagte die Frau, die dann wohl Kalia hieß. »Vor ungefähr einem Jahr haben wir angefangen. Wir forschen über alles, was mit Einhörnern zu tun hat. Wir suchen jetzt nach den letzten lebenden Einhörnern auf dieser Seite. Solche Lichtungen, wie diese hier«, sie machte eine Ausschweifende Geste über die Lichtung auf der wir uns gerade befanden, »Sind typische Aufenthaltsorte für Einhörner. Oder zumindest muss hier mal eines gewesen sein, sonst würden die Blumen hier nicht wachsen«, sagte sie.

Eindeutig durchgeknallt. Gehörten sie etwa zu den Leuten, die an die Existenz von Einhörnern glaubten? Und was meinte sie mit ,auf dieser Seite?

»Am besten«, sagte sie, »nehmen wir eine Blume mit, oder auch zwei. Vielleicht kann uns das ja sagen, wie lange es her ist, dass ein Einhorn auf dieser Wiese war.« Sie sah sich suchend nach einer vielversprechend aussehenden Blume um und ging zu ihr.

»Und wie heißt du?«, fragte Kanje mich.

»Mia«, sagte ich kurzangebunden. Auch er hatte diese strahlend blauen Augen mit den lila Sprenkeln.

»Warum bist du auf dieser Seite?«, fragte er mich. Schon wieder Seite. Was meinte er damit? Seiten im Sinne von Gut und Böse?

»Was meint ihr mit Seite?«, fragte ich. Sie warfen sich einen kurzen Blick zu.

»Du weißt es nicht?«, fragte er vorsichtig nach.

»Ihr müsstet schon etwas genauer werden«, sagte ich.

»Bist du dir sicher, dass sie eine ist?«, fragte Kalia zweifelnd.

»Ja, ganz sicher, ich habe es deutlich gespürt«, sagte er in ihre Richtung.

»Aber warum weiß sie dann nichts?«, fragte sie.

»Sie sollte noch nicht mal hier sein, ich habe keine Ahnung«, sagte er genervt in ihre Richtung. War ihnen bewusst, dass ich noch immer hier war?

»Könntet ihr mich mal aufklären«, sagte ich, als es mir zu viel wurde. Überrascht sahen die beiden in meine Richtung. Vermutlich hatten sie schon komplett vergessen, dass ich überhaupt da war. Ich hätte vielleicht doch besser abhauen sollen.

»Vielleicht«, warf Kalia ein, »hat man sie entführt, hier her gebracht und ihr ihre Erinnerungen weggenommen.« Nein, entführt hatte man mich bisher ganz sicher noch nicht.

»Bestimmt«, sagte Kanje ironisch. »Also Mia. Es gibt zwei Seiten. Auf der einen Seite leben die Menschen. Das ist hier. Sie haben keine Ahnung von unserer Existenz. Auf der anderen Seite leben wir Magier«, versuchte er zu erklären.

»Magier«, wiederholte ich skeptisch. Sie glaubten also wirklich an diese ganzen übernatürlichen Dinge. Keine Frage, es wäre toll, wenn es das alles geben würde, aber leider gab es das nicht.

»Du glaubst uns nicht«, stellte Kanje fest. Ich nickte.

»Ich könnte es dir zeigen«, sagte Kalia und kam auf uns zu.

»Ganz sicher nicht. Wir dürfen keine Spuren hier hinterlassen«, sagte Kanje streng.

»Ach komm schon, hier kommt doch eh nie ein Mensch vorbei und diese Lichtung hier ist eh schon voller Magie. Hier hat ein Einhorn gelebt«, sagte Kalia.

»Aber nur etwas kleines«, gab Kanje nach und ich sah ihm an, dass er die Worte am liebsten sofort wieder zurück nehmen würde.

»Alles klar«, sagte Kalia, rieb sich kurz die Hände und schloss dann kurz konzentriert die Augen. Ein paar Blätter, die auf dem Boden lagen schienen mit einem Mal das Gesetz der Schwerkraft vergessen zu haben. Sie schwebten hoch und auf Kalias Hand zu. Dann begannen sie langsam ihre Farbe zu verändern. Erst zu rot, dann zu blau. Eines der Blätter flog auf mich zu. Automatisch streckte ich die Hand aus und es legte sich dort hin. Die anderen Blätter bekamen wieder ihre alte Farbe und schwebten langsam wieder auf den Boden zu. Mit offenem Mund starrte ich auf die wieder am Boden liegenden Blätter und dann auf Kalia.

»Wow, die scheinst ja wirklich noch nie Magie begegnet zu sein«, sagte Kanje und augenblicklich schloss ich wieder meinen Mund und starrte das blaue Blatt in meiner Hand an. Ich drehte es hin und her und hielt es probehalber gegen das Sonnenlicht, aber das Blatt blieb blau, als hätte es noch nie eine andere Farbe gehabt. Verwirrt steckte ich es in meine Tasche.

»Wow, auf dieser Seite ist es tatsächlich etwas schwieriger, obwohl wir sogar auf einer Einhornlichtung sind«, sagte Kalia.

»Sag mal, wo sind eigentlich deine Eltern?«, fragte Kanje.

»Bibury, irgendwo in der Gegend dort. Vermutlich.« Ich hatte keine Ahnung, warum ich das einfach so sagte. Vielleicht hätte ich einfach sagen sollen, dass sie gleich hinter den Bäumen waren und auf mich warteten.

»Vielleicht?«, fragte Kalia.

»Sie sind verschwunden«, sagte ich. Im gleichen Moment hätte ich die Worte am liebsten sofort zurück genommen. Ich hätte wirklich sagen sollen, dass sie in der Nähe sind. »Nun ja, wie auch immer, es war nett euch kennen gelernt zu haben, aber ich muss jetzt auch wieder gehen«, sagte ich und trat den Rückzug an. Wenn ich Glück hatte hatten sie nicht mal gemerkt, dass ich weg war.

»Nein, warte«, sagte Kalia. Kurz überlegte ich so zu tun, als hätte ich sie nicht gehört, aber dann blieb ich doch stehen und drehte mich wieder zu ihnen um.

»Wir können sie doch nicht einfach hier lassen«, sagte sie leise zu ihrem Bruder.

»Du solltest mit uns kommen«, sagte sie zu mir. Ihr Bruder sah sie entsetzt an.

»Warum?«, fragte ich. Ich hatte wenig Lust entführt zu werden. Man sollte ja auch nicht zu fremden Leuten ins Auto steigen oder ihnen ins Haus folgen.

»Na, weil du eine Magierin bist und Magier gehören nun mal auf die Seite der Magier« sagte sie.

»Ich kenne euch nicht mal. Außerdem kann ich hier nicht weg. Meine Eltern sind hier. Mein ganzes Leben ist hier«, sagte ich. Es wäre idiotisch von mir mitzukommen.

»Kalia, wir können sie nicht einfach mitnehmen«, sagte Kanje zu seiner Schwester. Leise begannen sie zu diskutieren, bis Kanje schließlich nachgab.

»Ihr wohnt doch sicherlich in einem Haus, oder sowas«, sagte Kanje langsam, als würde ihm eine Idee kommen.

»Ja«, sagte ich verwirrt. Irgendwo mussten wir ja wohnen.

»Wenn deine Eltern wieder auftauchen, gehen sie doch bestimmt zuerst dorthin zurück, oder?«, fragte er.

»Ja«

Kalia schien nun auch zu wissen, was er vorhatte. »Du willst doch nicht?«, sagte sie zu ihm.

»Wir haben ein paar Aufzeichner dabei. Die wollten wir eigentlich alle hier platzieren wollten. Sobald sich etwas verändert, egal in welcher Hinsicht, bekommen wir ein Signal und sehen, was hier passiert. Wir könnten ein paar der Aufzeichner bei eurem Haus befestigen. Wenn deine Eltern dann wieder bei eurem Haus auftauchen sollten, würden wir das sofort mitbekommen. Du könntest mit zu uns, auf die Seite der Magier kommen, wo du eigentlich auch hingehörst, und wenn deine Eltern wieder auftauchen, dann versprechen wir dir, bringen wir dich sofort zu ihnen«, sagte er zu mir.

»Was sind Aufzeichner«, fragte ich.

Kalia holte eine kleine schwarze Kugel aus ihrem Beutel, die vielleicht so groß wie eine Murmel war. »Das sind Aufzeichner. Sie sehen, was hier passiert. Wie ein Auge. Wenn sich etwas verändert sagt es uns bescheid und wir können sehen, was hier passiert.«

»Das ist eine der neusten Erfindungen und wir haben sie für Forschungszwecke bekommen«, fügte Kanje hinzu.

Das war verrückt, das war absolut verrückt. Ich sollte zu zwei Wildfremden Leuten ziehen, die behaupteten Magier zu sein, und anscheinend irgendeine Art von Kameras vor unserem Haus platzieren lassen?

»Ich kenne euch nicht mal, warum sollte ich mit euch mitkommen?«, fragte ich.

»Ok, also ich heiße Kalia. Ich habe vor fast genau einem Jahr meinen Abschluss an der Angelopoulus Academy gemacht und arbeite seitdem mit meinem Zwillingsbruder als mehr oder weniger Selbstständige Einhornforscher. Seit dem wohnen wir auch zusammen in einem Haus in Luma. Ich mag es Musik zu machen, und keine Ahnung, mir fällt gerade Nichts ein«, sagte Kalia, dann stieß sie ihren Bruder in die Seite, »Jetzt du, sie möchte uns kennen lernen«, zischte sie.

Er verdrehte die Augen, sagte aber schließlich, »Gut, also eigentlich das gleiche, wie Lia, nur habe ich weniger mit Musik zu tun. Ich kann aber echt gut backen«

»Stimmt gar nicht, du lässt alles immer anbrennen«, warf Kalia ein.

»Gut und diese Kamerateile funktionieren auch wirklich?«, fragte ich skeptisch. So ganz konnte ich mir noch nicht vorstellen, dass diese Murmeln Kameras sein sollten. Es war ja nicht mal eine Linse zu erkennen

»Natürlich funktionieren die«, sagte Kalia und warf die Kugel einmal in die Luft.

»Keine Sorge, das funktioniert wirklich«, sagte Kanje und nahm seiner Schwester die Kugel schnell ab.

Mit einem seltsamen Gefühl in der Magengegend sagte ich, »Na gut.« Die beiden lächelten mich freudestrahlend an.

»Gut, jetzt muss ich nur noch wissen, wo du wohnst«, sagte Kanje, der sich noch eine weitere Kugel aus dem Beutel genommen hatte. Ich nannte ihm die Adresse und versuchte ihm das Haus und die Gegend so gut, wie möglich zu beschreiben.

Das seltsame Gefühl in der Magengegend ging nicht weg, eher im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, dass es sich nun in meinem ganzen Körper ausbreitete. War ich etwa krank? Ich hatte keine Ahnung, wie sich das anfühlte. Ich war bisher noch nie krank gewesen. Dieses Gefühl breitete sich immer weiter aus, bis ich das Gefühl hatte, dass jede einzelne meiner Zelle prickelte. Ich taumelte etwas und setzte mich dann etwas unbeholfen auf das Gras. Die beiden sagten irgendetwas, aber das bekam ich nur am Rande mit. »Entspannen«, hörte ich wie ein Flüstern immer und immer wieder. Ich wusste nicht wer von ihnen das sagte. Ich versuchte mich zu entspannen, aber es gelang mir nicht wirklich. »Lass es los«, flüsterte es von der anderen Seite. Alles krampfte sich in mir zusammen. »Atmen«, war das nächste, was zu mir durchdrang. Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren. Ein. Aus. Ein. Aus. Ich merkte, wie ich mich langsam wieder etwas entspannte. Dann ließ ich mich fallen und ließ es los. Jetzt war das prickeln nur noch zum kleinen Teil in mir drin. Dafür spürte ich es nun überall um mich herum. Es fühlte sich so an, wie wenn man die Wange über ein stark sprudelndes Wasser hielt. Ich öffnete langsam die Augen und riss sie dann komplett auf. Die Blumen in der Nähe strahlten, stärker noch, als in der Nacht, und die Blätter, die auf dem Boden lagen, tanzten in der Luft um mich herum und leuchteten manchmal in verschiedenen Farben auf. Es sah wunderschön aus. Sprachlos starrte ich es an. Nach einer Weile ließ langsam das Prickeln nach und die Blätter legten sich wieder auf den Boden, als wäre nichts passiert. Aber es war etwas passiert.

»Das«, sagte ich und starrte verwirrt dort in die Luft, wo eben noch die Blätter tanzten. »Hier, das hilft«, sagte Kalia und hielt mir ein kleines Pancake artiges Ding hin. Skeptisch nahm ich es entgegen und stand wieder auf.

»Es hilft wirklich, ich denke ich sollte jetzt mal die Kameras bei euch platzieren, damit wir gleich los können«, sagte Kanje und verschwand. Er war einfach weg. Ich starrte auf den Fleck, wo er eben noch gestanden hatte. Er hatte sich einfach wegteleportiert, oder wie auch immer man das bei ihnen nannte. Das war der Wahnsinn.

Ich aß das, was auch immer Kalia mir da gegeben hatte, auf und fühlte mich auch gleich besser.

»Danke«, sagte ich zu Kalia.

»Gerne doch. Mondsteinpulver gelöst in Phönixtränen habe ich immer für den Notfall dabei« sagte sie und lächelte mich an.

»Was war das eigentlich gerade?« fragte ich sie.

»Deine Magie hatte sich gerade das erste Mal bei dir gezeigt«, sagte sie. »Alle Magier haben schon von Geburt an etwas Magie in sich. Über die Jahre wächst diese Magie und verändert sich. Jeder hat in seiner Magie seine eigene Note. Du kannst die Magier an ihrer Magie erkenne. Das Aussehen ist schließlich leicht veränderbar. Man kann aber erst einmal nicht auf seine Magie zugreifen. Erst ab einem gewissen Zeitpunkt, der ungefähr im Jugendalter zwischen vierzehn und sechszehn Jahren liegt, kann natürlich auch etwas variieren, ist die Magie so groß, dass man sie reintheoretisch benutzen könnte. Aber richtigen Zugriff darauf bekommt man erst, wenn sie sich durch eine starke Emotion freisetzt. Bei den meisten ist es entweder die erste Liebe oder der erste Liebeskummer. Zumindest sollte es so sein.« Den letzten Satz fügte sie etwas leiser hinzu.

»Sag mal, hast du hier nun ein Einhorn gesehen, oder nicht?«, fragte sie schnell.

»Eigentlich dachte ich, ich hätte das schon geträumt, aber ja, ich glaube, ich habe eines gesehen, dort drüben«, ich zeigte auf das andere Ende der Lichtung.

»Der Wahnsinn«, sagte Kalia. »Also ich habe noch drei Kameras, die kann ich hier noch verteilen. Wie sah das Einhorn genau aus?« sagte sie aufgeregt und lief zu der anderen Seite der Lichtung. Ich versuchte ihr zu beschreiben, was ich gestern gesehen habe, aber da es nur wenige Sekunden bevor ich eingeschlafen bin war, konnte ich nicht viel sagen. Wir gingen zu einem Baum am Rand der Lichtung. Sie schien nach einem guten Ort für die Kamera zu suchen.

»Wenn wir hier wirklich ein Einhorn finden, würde das super sein. Es gibt nicht mehr viele magische Wesen auf dieser Seite, Zeitweise glaubte man sogar gar keine, aber wie man sieht stimmt das nicht. Jedes Wesen, was wir finden wird auf unsere Seite gebracht. So sind sowohl die Menschen, als auch wir sicher und unter uns. Magier, die die letzten Wesen hier finden werden gut belohnt«, erklärte sie, streckte sich und setzte die Kugel auf einen Zweig an einem Baum. Sie legte ihre Hand auf die Kugel und konzentrierte sich kurz. Es veränderte langsam seine Form. Als sie es los ließ sah es fast genauso aus, wie die anderen Blätter an dem Baum.

»Mit zweien habt ihr dann vermutlich den Hauptgewinn«, sagte ich nachdenklich. Nahmen sie mich nur mit, damit sie Geld bekamen?

»Nein, zum einen bist du kein Wesen, sondern eine Magierin und zum anderen haben wir nicht vor zu sagen, dass du von den Menschen kommst. Glaub mir das würde eine Menge Papierkram und Stress für dich bedeuten. Vor allem, da du hier gar nicht sein darfst. Das würde bedeuten, dass du und deine Eltern, die sie dann vermutlich suchen und finden würden, eine Menge Probleme bekommt. Vermutlich würdet ihr in das Gefängnis kommen, oder zumindest deine Eltern würden das. Du würdest vermutlich den Rest deines Lebens unter Beobachtung verbringen. Vielleicht auch in-. Nun ja, also ich denke, es wäre für uns alle das Beste, wenn wir behaupten, du wärst schon immer irgendwo auf unserer Seite gewesen. Kanje war schon immer besser darin sich Ausreden auszudenken, wir sollten ihm das überlassen.« Sie befestigte noch die anderen zwei Kameras an anderen Bäumen.

»Kann ich dich mal was fragen«, sagte sie.

»Klar«

»Warum sprichst du so komisch?«, fragte sie.

»Ich spreche nicht komisch, wenn dann sprecht ihr komisch. Ich spreche fließendes, Akzent freies britisches Englisch. Woher euer Akzent kommt, kann ich aber nicht sagen«, meinte ich. Darauf zuckte sie nur die Schultern.

Genauso plötzlich und lautlos, wie Kanje vorhin verschwunden war tauchte er nun wieder auf. »Smith«, sagte Kanje. »Du heißt Mia Smith, ein ungewöhnlicher Name«

Ich zog eine Augenbraue in die Höhe. »Eigentlich ist das mit der normalste, gewöhnlichste und langweiligste Name, den ich nur haben könnte«, sagte ich. Ich hatte mir immer schon einen etwas außergewöhnlicheren Namen gewünscht.

»Gut, da müssen wir dann auch noch etwas drehen, wir haben gerade überlegt, was wir den anderen sagen sollen, wir können ja schlecht sagen, dass wir sie zufällig bei den Menschen getroffen haben. Das bringt in jeder Hinsicht nur Probleme«, sagte Kalia.

»Gut, vielleicht fällt mir etwas auf dem Weg ein. Ich würde sagen wir gehen besser, wir haben hier schon genug Spuren hinterlassen«, meinte Kanje und sah sich kurz um.

Wir liefen durch den Wald und die Zwillinge versuchten mir das alles mit der Magie zu erklären. »Also du musst wissen, dass Magier eigentlich gar nicht die richtige Bezeichnung für uns ist. Es gibt nämlich verschiedene Arten Magie zu beherrschen und nur eine davon ist die des Magiers. Sie wird aber am häufigsten verwendet. Es gibt auch die Möglichkeit mit einem Zauberstab zu zaubern. Dabei muss man sich aber auch noch viele weitere Dinge merken, wie Formeln, Bewegungen und so. Außerdem hat man nur ein eingeschränktes Repertoire an Zaubern. Neue Sprüche zu erfinden, die allgemein gelten, ist sehr schwierig. Man muss sehr vieles dabei beachten. Es ist ein bisschen schwierig das jetzt genau zu erklären« sagte Kalia.

»Vielleicht, weil du es gar nicht weißt« stichelte ihr Bruder.

»Ich weiß das sehr wohl. Ich möchte den Professoren nur ihren Unterrichtsstoff vorweg nehmen« sagte sie.

»Unterrichtsstoff?« fragte ich. Es waren doch gerade erst Sommerferien und welcher Professor wollte mir bitte erklären, wie ich eigene Zauber erfand? Die Zwillinge wechselten einen kurzen Blick.

»Weißt du Mia«, ergriff Kanje schließlich das Wort, »Junge Magier in deinem Alter, die gerade Zugriff auf ihre Magie bekommen müssen laut Gesetz lernen wie man mit ihr Umgeht und das kann man am besten auf einer Schule. Sollten wir bis zum Ende der Sommerferien deine Eltern nicht wiedergefunden haben sollten wir also vielleicht überlegen dich auf einer solchen Schule anzumelden«, prüfend sah er mich an, »Wenn man nicht lernt seine Magie zu kontrollieren kann es zu plötzlichen Magieausbrüchen kommen und das ist ganz sicher nichts, was du möchtest«

Darauf folgte ein Schweigen. Nur das rascheln der Blätter war zu hören.

»Also, wo war ich stehengeblieben?« nahm Kalia wieder das Gespräch auf »Also neben den Zauberern gibt es auch sogenannte Hexen. Sie verwenden in der Regel keinen Zauberstab. Trotzdem ist es eher ungünstig handlos zu sein, da man mit den Händen die gesprochenen Worte unterstützt. Die Formel bei der Hexerei ist meistens noch länger, als bei den Zauberern, aber wenn man etwas durcheinanderbringt, kann das schlimme Folgen haben. Es ist schwieriger die ganzen Formeln auswendig zu lernen, dafür aber ziemlich einfach selbst kreativ zu werden.« Sie grinste und Kanje versteckte sein Lachen hinter einem Husten

»Was aber natürlich nicht heißt, dass man da nicht auch seine Fehler machen kann. Ich erinnere dich nur an unser viertes Jahr«, sagte er.

»Wie auch immer« Kalia machte eine wegwerfende Handbewegung »Dann gibt es noch Bändiger. Sie bändigen oder kontrollieren die vier Elemente. Feuer, Wasser, Erde und Luft. Sie können es hervorrufen und wie es schon heißt kontrollieren, sie lernen es zu bändigen. Das ist aber ziemlich kompliziert, daher spezialisieren sich die meisten auf ein Element, das ihnen am nächsten liegt. Sie brauchen weder Worte, noch andere Hilfsmittel. Es ist aber sehr anstrengend. Und dann gibt es noch die Magier. Sie kontrollieren, formen und verändern die Magie in ihrer Umgebung und in ihnen selbst. Dabei greifen sie auf direktem Weg auf die Magie zurück, Hexen und Zauberer tun das eher indirekt und Bändiger greifen auf die Magie und Kraft ihres Elements zurück. Es dauert zwar eine Weile, bis man es schafft, die Magie zu greifen, aber dann stehen einem nahezu alle Türen offen und man kann fast alles mit ihr machen. Natürlich erfordert vieles auch sehr viel Übung und es dauert lange, bis man es versteht und umsetzt, aber man hat es direkt in der Hand. Es gibt natürlich auch viele andere Arten die Magie zu nutzen, aber die sind eher unbekannt und weniger weit verbreitet. Fast alle verwenden die Kunst des Magiers und die meisten Schulen lehren auch nur noch diese. Daher nennen wir uns alle Magier. Gab schon einige Aufstände deswegen, auch Kleinkriege, aber das war ja vorhersehbar.«

Ich dachte kurz nach, »Also entscheidet jeder selbst, welchen Weg der Magie er einschlägt?«, fragte ich.

»Ja, so ungefähr. Manche sind in dem einen talentierter, als andere. Es gibt aber auch ein paar wenige Schulen, die alles unterrichten. Aber dafür sind die Schüler am Ende ihrer Ausbildung noch nicht so weit Fortgeschritten, wie die anderen. Wir haben den Weg des Magiers gewählt, aber haben auch ein paar Kurse für die anderen Wege belegt, um mal zu sehen, wie das so ist«, erklärte Kanje. »Für mich war das nichts und Lia fand das eigentlich spannend, hat aber die ganzen Sprüche und Formeln durcheinander gebracht, ihren Zauberstab vergessen und zum Bändigen muss man sich ganz auf diese Form der Magie einlassen, was nicht wirklich geklappt hat.« Kalia schnaubte kurz

»Wie lang dauert es denn eigentlich noch, bis wir da sind?«, fragte ich.

»Wir gehen nicht direkt hin. Wir gehen zu dem Steinturm. Er ist umgeben von einer magischen Schutzkuppel. Einer einfacheren Version von der, die unsere Städte umgeben. In dieser Kuppel können wir zu einer anderen springen. Überall auf der Welt gibt es solche. Wir springen zu der an der Westseite Patenias, um dann nach Patenia zu kommen. Aber erstmal müssen wir noch nach äh, ich glaube es heißt Valis, springen«, erklärte Kanje. »Kalia führt uns geradewegs dorthin«, fügte er noch hinzu.

Abrupt blieb Kalia stehen und drehte sich zu ihrem Bruder. »Du hast doch gesagt, dass du dir wegen deinem großartigen Gedächtnis den ganzen Weg prima gemerkt hast. Du führst uns doch«, sagte sie. »Und warum überhaupt nach Valis, wo liegt das überhaupt?«

»Was heißt hier ich führe uns?«, erwiderte er »Du bist doch voran gegangen, ich dachte du würdest jetzt einfach wieder zurück gehen. Du meintest doch vorhin eh, dass du dir den Weg genauso gut merken kannst. Und nach Valis müssen wir wegen der Geschichte, die ich mir für Mia überlegt habe.«

Wütend sah sie ihm in die Augen und sie lieferten sich ein stilles Blickduell. Nach ein paar Minuten brachen sie den Blickkontakt wieder ab. Kanje konzentrierte sich kurz und ging dann zielstrebig den gleichen Weg zurück, den wir gekommen waren.

»Was hast du dir denn für eine Geschichte überlegt?«, fragte ich.

»Also es gibt neben Patenia noch viele andere magische Städte. Patenia ist zwar die größte und bekannteste, aber die erste magische Stadt, die wir Magier errichtet haben ist Toulon. Eine kleine Stadt mit zwei bekannten Schulen. Bangora, das ist etwas weiter weg. Liegt mitten in einer Wüste und seit ein paar Jahren ist es auch fast nur noch Wüste. Jetzt versucht man gerade wieder alles aufzubauen. Limea ist eine Inselgruppe. Wunderschön um dort Urlaub zu machen. Wer dort lebt, hat so ziemlich alles erreicht, sagen wir es mal so. Es ist Schweineteuer dort irgendwas zu bekommen. Dann gibt es noch Atlantis, davon wissen glaube ich sogar die Menschen. Eine Stadt komplett Unterwasser. Dort leben nur sehr wenige Magier. Größtenteils sind dort die Wasserwesen und Meermenschen zuhause. Sonst gibt es noch viele kleinere magische Orte. Unteranderem auch Valis«, erklärte er. »Es liegt irgendwo im Nordosten vom römisch deutschen Reich.«

»Du meinst Deutschland?«, fragte ich nach.

»Heißt es jetzt so?«, sagte er, »Wie auch immer Valis ist ein kleines unbekanntes Dorf. Kennt kaum einer. Das heißt, wir gehen jetzt da hin. Du siehst dir das Dorf ein bisschen an und versuchst dir so viel, wie möglich zu merken. Wir sagen, dass du hier aufgewachsen bist und wir dich hier getroffen haben und uns entschieden haben dich bei uns aufzunehmen. Das heißt, du wirst für die Zeit, in der du auf der magischen Seite bist Lokelani mit Nachnamen heißen. Da kaum einer diesen Ort überhaupt kennt werden die das schon glauben. Außerdem können wir es dann darauf schieben, dass du all die Jahre nur in diesem kleinen Ort, abseits von allem, gelebt hast, wenn du irgendwelche eigentlich normalen Sachen nicht weißt, oder keine Ahnung von unserer Politik hast.«

»Wow, das könnte wirklich klappen«, sagte Kalia nachdenklich.

»Klingt gut«, sagte ich. Zum Glück waren so meine Wissenslücken kein so großes Problem mehr.

»Wie sieht es auf der anderen Seite eigentlich aus? In Patenia,« fragte ich. Die Namen der anderen Städte hatte ich zum Großteil schon wieder vergessen.

Kalia dachte kurz nach, wie sie es am besten erklären könnte, »Also es ist ziemlich warm, viel wärmer als hier. Wir wohnen nur einen kurzen Fußweg vom nächsten Strand entfernt und in einem der älteren Teile der Stadt. In Patenia sieht alles ziemlich zusammengewürfelt aus. Hier stehen mal ein paar ältere Gebäude, die sich in den Himmel ragen, daneben sind ein paar kleinere Häuser mit Vorgarten und dann schweben noch die ein oder anderen Häuser in der Luft. An sich kann man, wenn man das Haus schon sieht, bei den meisten Magiern erkennen, wie die so sind und was sie machen«, erzählte sie.

»Wie sieht euer Haus denn aus?« fragte ich neugierig.

»So wie ganz Patenia zusammen. Zusammengewürfelt«, antwortete mir Kanje.

»Also bitte, Patenia hat auch unschöne Seiten. Unser Haus hingegen noch nicht«, verteidigte Kalia. Vermutlich war sie für das Aussehen des ganzen Hauses verantwortlich.

»Genau, du sagst es. Noch. So häufig wie du etwas Neues anschleppst wird es auch bei uns bald ein paar Schattenseiten geben und wenn du mich fragst sieht das Gästezimmer oben schon stark nach einer aus«, sagte Kanje wieder.

Wir erreichten die Lichtung und überquerten sie einmal komplett, um auf der anderen Seite wieder in den Wald zu gehen. »Keine Sorge, das Zimmer werde ich heute noch in eine der strahlenden Seiten Patenias verwandeln, schließlich wird Mia jetzt dort wohnen«, sagte Kalia und ich konnte ihr ansehen, dass sie sich schon tierisch darauf freute. »Also Mia, irgendwelche wünsche für dein Zimmer oder lässt du mir freie Hand?«, fragte sie mich.

»Lass ihr bloß nicht freie Hand, sonst kannst du dich in deinem Zimmer keinen Zentimeter mehr bewegen, weil alles so vollgestellt ist und deine Augen brennen dir von den vielen bunten Farben, die nicht zusammengehören«, warnte mich Kanje.

»Also bitte, was weißt du schon von Farben. Darf ich dich daran erinnern, dass du in Kunst fast durchgefallen bist und ich eine der Spitzennoten hatte«, sagte Kalia. Dann wandte sie sich wieder mir zu. »Also irgendeine bevorzugte Farbe?«, fragte sie mich.

»Äh, dunkel blau« sagte ich und es klang eher wie eine Frage. Jetzt konnte ich noch sagen, dass ich hier bleiben wollte. Ich war doch vollkommen verrückt, mit zwei wildfremden Magiern mitzugehen, die mich auf eine andere Seite mitnehmen wollten. Am Ende waren diese Kugeln nutzlos und ich würde meine Eltern nie wieder sehen.

»Gut, gut, irgendein Möbelstück, dass du unbedingt brauchst? Bücherregal, Schreibtisch, irgendetwas?«, fragte sie.

»Vielleicht ein Bücherregal, aber eigentlich habe ich nur zwei Bücher dabei, ich bräuchte also eigentlich kein richtiges Bücherregal.« sagte ich. Andererseits sahen sie nicht so aus, als hätten sie irgendetwas böses im Sinn.

Sie wank ab, »Ach was, mit der Zeit werden schon noch ein paar Bücher dazu kommen. Liest du gerne?«, fragte sie. Ich nickte. »Ich habe unten noch einige Bücher, die könnten dir vielleicht gefallen«, sagte sie. »Zurück zu deinem Zimmer, magst du Topfpflanzen? In der Küche haben wir noch einige stehen, die es einem etwas erschweren zu kochen«, sagte sie.

»Klar. Ich liebe Pflanzen, ohne sieht es immer etwas Leblos aus«, sagte ich. Wir gingen um einen Felsvorsprung herum und dahinter sah ich einen ziemlich alten baufälligen Turm, der schon zu einem Großenteil von der Natur zurück erobert wurde. Er war nicht wirklich groß. Die meisten Bäume um ihn herum überragten ihn um ein ganzes Stück.

»Wir sind da. Nicht vergessen. Wir müssen ganz nah an den Turm heran«, sagte Kanje. Ungefähr zwei Meter vor dem Turm hatte ich das Gefühl durch eine Art dicke Blase zu gehen. »Wenn Menschen hier vorbei laufen, können sie uns hier drin nicht sehen. Wir sind dann unsichtbar für sie und sie können auch nur zwanzig Meter heran kommen und werden dazu gebracht gleich weiter zugehen.«

Eigentlich wollte er noch weiter reden, wurde aber durch seine Schwester unterbrochen. »Willst du jetzt alle Zauber aufzählen, die auf diesem Ort liegen? Wir sollten lieber mal los. Mia, du springst mit mir«, sie zog mich zu sich und wir liefen noch etwas näher zum Turm. »Das ist Unverantwortlich! Es grenzt schon an ein Weltwunder, wenn du alleine am richtigen Ort landest. Außerdem bin ich im Gegensatz zu dir schon häufiger mit jemandem gesprungen und ich bin der einzige, der schon mal in Valis war. Ich springe nacheinander mit euch beiden«, Kanje kam zu uns gerannt und zog mich zu sich. »Also du musst dich nur an mir festhalten. Am besten, an meinem Arm.« Ich atmete einmal kurz durch. Es war Wahnsinn und ich schob es zumindest teilweise noch auf den Schock, aber Ich nahm seinen Arm und sah dann zu Kalia. Sie stand zwei Schritte von uns entfernt und würde hier auf Kanje warten, bis er wieder kam.

Kanje räusperte sich. »Keine Sorge, es tut nicht weh oder so und geht auch ganz schnell. Du musst dich nur gut festhalten«, er lächelte noch einmal aufmunternd, dann stellte er sich gerader hin und schloss die Augen. Ich klammerte mich an seinen Arm, wie an einen Rettungsring. Wie es wohl war? Wie bei Harry Potter? Ich sah zu Kalia, die mich noch einmal anlächelte, und schon riss es mich nach vorne. Ich hatte das Gefühl mit dem Kopf voran nach vorne zu springen, wie wenn man vom Sprungbrett einen Kopfsprung ins Wasser machen wollte. Nur halt ohne zu fallen. Ich blieb ungefähr in der Waagerechten und fiel oder flog immer weiter nach vorne. Ich konnte nicht wirklich sagen, wo oben und unten war. Ich nahm nur verschwommene Farben und Geräusche wahr. Viel zu schnell wurde alles wieder klarer und ich stolperte nach vorne gegen den nächsten Baum. Wir waren in einem Wald gelandet. Er sah dem, in dem wir eben waren ziemlich ähnlich.

»Warte kurz. Ich bin gleich wieder da«, sagte Kanje und verschwand wieder. Ich blinzelte ein paar Mal und sah mich dann geschockt um. Das war unmöglich. Gut, ich hatte ja schon gesehen, wie Kanje sich einfach so in Luft aufgelöst hatte, aber das war einfach nur irre. Innerhalb von wenigen Sekunden war ich um die tausend Kilometer gereist. Von Norwich in England nach irgendwo im Nordosten von Deutschland. Ich sah mich genau um und berührte jeden Baum und jeden Stein in meiner Nähe, um mich zu vergewissern, dass ich das nicht bloß geträumt hatte. Dann standen auch schon wieder die Zwillinge neben mir.

»Gut, ich glaube wir müssen da lang, wenn ich mich richtig erinnere. Alles ok Mia«, sagte Kanje und ich nickte nur schwach.

Wir gingen um ein paar Bäume herum und trafen dann auf eine junge, gebräunte Frau mit einem Blatt Papier in der Hand.

»Warte, Tora?«, sagte Kalia überrascht.

Die Frau sah ebenso überrascht zu uns auf und lächelte dann, bei Kanjes Anblick. »Hey, ich wusste gar nicht, dass ihr heute kommen wolltet«, sagte sie und fuhr sich einmal durch die orange farbenen Haare. Auch sie hatte diesen merkwürdigen Akzent.

»Ist auch eher ungeplant«, sagte Kanje, »Ich wollte dich einfach mal wieder sehen. Wirst du bald abgelöst?« Verwirrt sah ich zwischen den beiden hin und her.

»Die letzten zwei Jahre in der Academy waren sie zusammen«, flüsterte Kalia mir leise ins Ohr.

»In zehn Minuten hätte ich Mittagspause, wartet einfach am Brunnen auf mich«, sagte Tora und trat dann zur Seite.

»Danke«, sagte Kanje, »Könntest du mir vielleicht einen Gefallen tun und nur Kalia und mich auf die Liste schreiben?« fragte er.

Sie lächelte ihn nur an, zog eine Liste heraus und schrieb zwei Namen oben hin. Dann gingen wir an ihr vorbei und nach zwei Metern spürte ich einen leichten Wiederstand, wie der bei dem Turm, nur um einiges Stärker. Trotzdem konnten wir noch durchgehen.

Auf der anderen Seite spürte ich wieder dieses Prickeln, das ich vorhin auf der Lichtung gespürt hatte, kurz bevor ich einen Magieausbruch hatte, oder wie auch immer man das nannte. Dieses Mal kam das Gefühl aber nicht von meinem Körper, sondern von meiner Umgebung und stach wie tausend winzige Nadelstiche auf meine Haut ein. Zum Glück nicht besonders stark, unterbewusst fuhr ich mir aber über die Arme und überprüfte kurz, ob ich nicht irgendwo blutete. Als ich mich umsah war ich schon etwas enttäuscht. Es sah aus wie ein ganz normaler Wald und auch der Weg auf dem wir liefen sah komplett normal aus. Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte. Vielleicht Hexen auf fliegenden Besen, auf dem Kopf stehende abgefahrene Häuser, eine fliegende Kutsche, gezogen von Pegasi oder fliegende Skateboards.

Nach der ersten Wegbiegung trafen kamen wir an das erste kleine Haus. Ein stink normales Haus mit einer Etage, einer Holztür, zwei Fenstern an der Vorderseite und einem kleinen Vorgarten. Das einzigst unnormale waren ein paar der Blumen.

»Was war das eben?«, fragte nun Kalia.

»Na was wohl, ich habe alte Kontakte benutzt, um hier rein zu kommen. Aber eigentlich muss man sagen, die Sicherheitsvorkehrungen hier sind ein Witz«, sagte er.

»Ja, die Sicherheitsvorkehrungen sind wirklich läppisch, aber lenk nicht ab. Was war das mit Tora? Läuft da noch etwas zwischen euch?«, fragte sie und stellte sich vor ihn, so dass er nicht weiter gehen konnte.

»Nur, weil du meine Schwester bist, heißt das nicht, dass du alles wissen musst. Ein paar Dinge gehen dich einfach nichts an«, erwiderte er lächelnd und ging an ihr vorbei. Den ganzen weiteren Weg versuchte Kalia irgendetwas aus ihrem Bruder heraus zu quetschen, aber er blieb stur.

Nun kamen noch ein paar mehr Häuser dazu, aber sie waren genauso unspektakulär, wie das erste. Der Brunnen im Zentrum eines winzigen, mit Kieselsteinen ausgelegten, Platzes sah dafür schon etwas interessanter aus. Auf den ersten Blick sah er aus, wie ein ganz normaler Brunnen, aber als Kanje seine Hand über das Wasser hielt, kam ihm das Wasser entgegen und schloss sich um seine Hand.

»Ich wusste gar nicht, dass du dich am Wasser bändigen versucht hast«, sagte Kalia überrascht.

»Habe ich auch nicht. Das ist magisches Wasser, die Bewohner hatten Glück so eine Quelle in ihrer Mitte zu haben, sonst hätte dieser Ort vermutlich auch nicht lange überlebt«, erklärte er. Plötzlich erschien direkt neben ihm die Gestalt von Tora. Vor Schreck wäre ich beinahe in den Brunnen gefallen.

»Da bin ich«, sagte sie.

»Gut, könntest du uns vielleicht ein bisschen den Ort zeigen? Lia war hier noch nie«, sagte Kanje.

Sofort stimmte sie zu und begann uns den Ort zu zeigen. Das ging ziemlich schnell, denn der Ort hatte gerademal zehn Häuser, vier davon waren unbewohnt und der Brunnen war die größte Sehenswürdigkeit, die es gab. Wenn man ehrlich war und den komischen Felsen nicht dazu zählte, war es auch die einzige. Sie versuchte so viel wie möglich über jeden Baum, den es hier gab zu erzählen, aber die Führung war doch schnell beendet. Ihre ziemlich auffälligen Flirt Versuche hatte Kanje nur ab und zu erwidert und Kalia war anzusehen, dass sobald Tora weg war, sie Kanje so lange ausquetschen würde, bis er klein bei gab.

Tora stellte uns noch alle zwölf Bewohner von Valis vor, die fast alle vermutlich schon lange in Rente waren. Auch sie hatten diesen Akzent. Dann, als es keinen Stein mehr gab, über den uns Tora noch keine Geschichte erzählt hatte, verabschiedeten wir uns und gingen wieder zur Grenze.

Wir traten durch die Schutzkuppel, das Gefühl, der einstechenden Nadeln erstarb und ein älterer Mann erwartete uns. »Ihr seid?«, fragte er.

»Kalia, Mia und Kanje Lokelani«, sagte Kanje.

Es dauerte eine ganze Weile, bis er unsere Namen auf die Liste geschrieben hatte. Kanje musste sie noch zweimal wiederholen und den Nachnamen Buchstabieren.

»Und wohin?«, fragte der Mann.

»Zur Westgrenze von Patenia«, sagte Kanje und als auch das vermerkt war umfasste er meinen Arm und obwohl ich wusste, was jetzt kam, riss mich das Gefühl des Springens von den Füßen. Farben rauchten an mir vorbei, die Luft wurde wärmer und ich begann unter meinem Pullover zu schwitzen. Wir stoppten, doch ich, noch beflügelt von dem Gefühl des Fliegens, hatte so viel Schwung, dass ich erstmal gegen die erstbeste Person flog und sie mit mir auf den Boden riss. Das helle Lachen von Kalia war unter mir zuhören und ich bemerkte, dass ich wohl sie zu Boden gerissen hatte. Hastig stand ich wieder auf und half ihr hoch. Ihre Haare waren nur leicht zerzaust, während man bei meinen denken könnte, ich wäre in einem Sturm gewesen. Meine dicken braunen Haare standen mal wieder kreuz und quer von meinem Kopf ab und ich musste mal wieder an den Vergleich von meinen Haaren mit Hermine und Ronja Räubertochter denken. Zumindest hatte Lydia das immer gesagt, wenn meine Haare so aussahen.

Ich sah mich um. Wir waren oben an einem Strand gelandet. Die Sonne knallte auf uns herunter und ich hätte jetzt gerne ein Bad in dem Türkisen Meer gemacht. Kanje und Kalia dachten aber nicht daran einen Abstecher ins Meer zu machen und gingen sofort den Strand entlang. Ich folgte ihnen. Nach ein paar Metern blieben wir stehen. Zwei Männer standen dort. Der eine war recht klein und wirkte noch ziemlich Jung. In der Luft vor ihm schwebte eine Liste, die er eingehend studierte. Ich sah mehrmals hin, aber die Liste blieb vor ihm in der Luft. Neben ihm stand ein ziemlich großer klotziger Mann, der jeden von uns Misstrauisch ansah. Niemand, mit dem ich mich freiwillig anlegen würde. Hier, ganz allein am Strand wirkten sie irgendwie komisch. Ich könnte mir die beiden eher vor einem wichtigen Raum vorstellen, in den nur wenige Personen rein dürfen.

Die Geschwister gingen auf den Mann am Tisch zu und ich folgte ihnen. Als wir vor ihnen zum Stehen kamen sah der kleinere Mann mit der Liste zu uns auf.

»Die Zwillinge Lokelani. Ihr seid ziemlich früh, habt ihr keine Einhörner gefunden?", fragte er mit piepsiger Stimme. Mit dem Akzent klang seine Stimme noch merkwürdiger. Es schienen wohl wirklich alle Magier diesen Akzent zu haben. Er wirkte ziemlich freundlich auf mich.

»Leider nein Ian. Wir würden auch gerne mit dir weiter reden, aber wir haben noch etwas zu tun« Mit einer Hand deutete Kanje kurz auf mich.

Ian, wie er wohl hieß, schien mich erst jetzt zu bemerken. Der andere Mann starrte jetzt förmlich Löcher durch mich durch. Ich hatte das Gefühl, das er bei der kleinsten Bewegung meinerseits zuschlagen würde. Ian musterte mich eine Weile, dann warf er einen Blick auf die Liste vor ihm in der Luft, die noch immer vor ihm schwebte. »Tut mir leid, aber ihr seid die Einzigen auf der Liste und nur, weil wir uns kennen, darf ich da keine Ausnahme machen«, sagte er und machte sich etwas größer, als wolle er uns zeigen, wer hier das sagen hatte. In Anbetracht der Tatsache, dass er trotz allem noch ungefähr zwei Köpfe kleiner war als ich, sah das eher ziemlich lustig aus und ich musste mir ein Lachen verkneifen.

»Wir haben Mia heute eher spontan mitgenommen. Wir haben noch einen Abstecher nach Valis gemacht. Sie müsste dort eigentlich auf der Liste stehen«, erklärte Kanje.

Leise vor sich hin murrend rief Ian mit einem Wink mit der Hand eine weitere Liste, die nun vor ihm in der Luft zum Stehen kam. Er studierte sie eingehend und warf mir dabei einen prüfenden Blick zu.

»Nun gut, Lokelani, eine Verwandte?«, fragte er.

»Jetzt ja, wir haben sie bei uns aufgenommen«, sagte Kalia, als wäre es das normalste der Welt. War es wohl auch, denn Ian zuckte nur kurz mit den Schultern, sah noch einmal zwischen den Zwillingen und mir hin und her und ließ die Liste, die er eben erst zu sich gerufen hatte, mit einem Hand wink wieder dorthin zurück fliegen, wo sie herkam.

»Ok, Kalia, du zuerst«, sagte er. Kalia trat vor und streckte ihm ihre Hand hin. Wie Kanje vorhin auf der Lichtung umfasste er auch Kalias Handgelenk und schloss die Augen.

»Was macht er?« fragte ich leise Kanje.

»Er prüft ihre Magie. Jeder von uns hat quasi seine eigene Note in der Magi, woran man ihn erkennt. Keine Tarnung der Welt kann das verändern. Er prüft jetzt also, ob das auch wirklich Kalia ist und nicht nur jemand, der wie sie aussieht und sich als sie ausgibt. Das ist sehr wichtig«, erklärte Kanje genauso leise. »Eigentlich müssen die das überall machen, auch bei Valis.«

»Fee« murmelte Ian nach einer Weile und ließ ihre Hand wieder los. Er nickte ihr kurz zu und sie ging zu dem anderen Mann. Was meinte er mit Fee? Ian hakte etwas auf seiner Liste ab und wank dann Kanje zu sich. Dieser kam zu ihm und wieder hielt Ian sein Handgelenk und prüfte wohl offensichtlich seine Magie.

Nach einer Weile murmelte er »Salamandra« und ließ auch ihn los und nickte ihm zu. Er ging zu Kalia, dann bedeutete Ian mir zu ihm zu kommen. Ich ging etwas nervös auf ihn zu. Ich hasste Kontrollen, was wenn er mich aus irgendeinem Grund nicht durchlassen würde? Ich streckte Ian mein Handgelenk entgegen und er umschloss es mit seiner Hand. Er schloss seine Augen und schien sich zu konzentrieren. Ich spürte, dass irgendetwas von ihm ausging. Was, konnte ich nicht sagen. Er murmelte etwas, dass ich nicht verstand, dann ließ er mich wieder los und das Gefühl verschwand. Er nickte mir zu und ich ging zu den Geschwistern. Der große Mann sah mich zwar immer noch misstrauisch an, ließ uns aber an ihm vorbei. Wir hätten auch einfach um sie herum gehen können, wenn wir unbedingt den Strand weiter entlang gewollt hätten. Sonst konnte ich nämlich nichts Interessantes erkennen.

»Ladys first« sagte Kanje und deutete auf den Strand vor uns. Was wollte er jetzt? Das wir vor ihm den Strand entlang gingen? Kalia nahm meinen Arm und ging mit mir vorwärts. Wir stießen auf wieder auf eine Art Schutzkuppel, nur war diese nochmal um ein vielfaches stärker. Ich schloss die Augen, während ich hindurchging.

Als ich die Augen wieder öffnete war kein Strand mehr vor mir. Es war eine Art Marktplatz. Viele Leute gingen umher. Ich hatte das Gefühl von dem Ganzen erschlagen zu werden. Als ich nach oben sah, erkannte ich viele Menschen fliegen. Manche mit einem Besen, manche einfach so ohne Hilfsmittel. Viele Magier liefen um mich herum. Sie alle waren sehr auffällig gekleidet und kein einziger hatte normale Haare. Ale hatten entweder seltsame Farmen, verrückte Schnitte, glitzerten oder waren eine Mischung von dem. Eine Frau mit einer wallenden Regenbogen Mähne huschte an mir vorbei. Ich bemerkte kaum, wie Die Zwillinge hinter mir auftauchten. Unglaublich viele Sinne strömten gleichzeitig auf mich ein und das was vorher noch ein Prickeln war, fühlte sich nun wie Messerstiche an. Die ganzen bunten Menschen wurden vor meinen Augen zu einem Fluss aus Farbe, ihr gesagtes zu einem undefinierbaren Rauschen im Hintergrund und dann wurde alles schwarz und still. Als hätte jemand die Lampe ausgeknipst.


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Ja, ich weiß, das Kapitel ist etwas lang geworden. Ich hoffe es gefällt euch trotzdem. Es würde mich wirklich interessieren, was ihr bisher von der Geschichte haltet.

Falls ihr irgendeinen Tag habt, an dem ihr lieber die Updates haben wollt, müsst ihr das nur sagen. Vielleicht irgendwann unter der Woche?

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