16. Kapitel
Als wir zurück zur Schule kamen, war die Enttäuschung groß, als man beim morgendlichen Blick auf die Platzierungstafel sah, dass wir uns kein Stück bewegt hatten.
»Die sollen sich mal nicht so anstellen«, meinte Nicu, »Wir hätten genauso gut auch weiter abrutschen können, aber das sind wir nicht. Ich meine wir haben nur Magier aus dem ersten und zweiten Jahr geschickt und sind keine Kampfakademie. Bei so einem offensichtlichem Kampfwettbewerb, wo wir gegen erfahrene Magier des vierten und fünften Jahrs von Kampfakademien antreten, die genau für so etwas ausgebildet wurden, ist unser Ergebnis, eigentlich sogar ziemlich gut.«
»Ich wette, der Großteil der Schüler, die sich gerade über euch aufregen, hätten es an eurer Stelle nicht einmal halb so gut gemacht und vergiss nicht, nach dem Kampf, ist vor dem Kampf. Wenn du willst, trainieren wir zusammen und dann macht ihr sie nächstes Jahr so richtig Platt«, sagte Luan, in dem Versuch Ana aufzumuntern.
Wir setzten uns im Essenssaal an einen kleinen Tisch und begannen unser Mittagessen auf unsere Teller zu häufen.
»Ich meine, es stehen doch noch eine Menge Wettkämpfe aus, es kann sich noch so viel ändern«, sagte Nicu, während er sich eine Gabel voll Regennudel in den Mund schob.
»Ja, ja«, grummelte Ana. Seit wir zurückgekommen waren, ist ihre Stimmung ziemlich gesunken. Ich hatte mich in den letzten Stunden darauf beschränkt den anderen bei ihren Aufmunterungsversuchen zu zustimmen. Selbst wollte ich ehrlich gesagt nichts sagen, da ich etwas Angst hatte, dass sich ihre Wut gegen mich richten könnte, was ich aber auch verstehen würde, schließlich war ich daran schuld, das wir verloren hatten.
Nach einer gefühlten Ewigkeit des Schweigens, sagte Nicu, »Freut ihr euch genauso sehr auf die nächste Stunde Brauen wie ich? Bestimmt dürfen wir und jetzt ansehen, wie die Schale von Wasserdracheneiern mit der Haut eines Salamanders in Verbindung mit dem Feuer eines Phönix reagiert. Ich denke, das könnte die Antwort auf alle meine Probleme im Umgang mit Wurfmessern sein, die Professor Hall, schon seit Wochen von mir hören möchte.«
»Ja, ich bin mir ganz sicher, dass sie das hören möchte«, sagte Luan lachend und auch ich stieg ein. Als ich einen Blick zu Ana warf, konnte ich sehen, dass sie zumindest grinsen musste.
Als wir eine halbe Stunde später in dem Klassenzimmer von Professor Majk ankamen, wurden wir positiv überrascht, denn wie die Schale von irgendeinem Ei, mit Salamanderhaut in magischem Feuer reagierte, war nicht das Thema. Stattdessen teilte unser etwas verrückter Lehrer uns mit, dass wir heute nun zum ersten Mal selbst etwas brauen durften.
»Die Aufgabe ist ein einfacher Wärmungstrank, der auf verschiedene Weisen wirken soll. Zum einen soll man ihn trinken können, ohne schon dabei vergiftet oder verbrannt zu werden und der Trank soll einen von innen wärmen. Wenn man den Trank auf die Haut gießt, soll diese unversehrt bleiben und sich lediglich etwas aufwärmen. Wenn man den Trank auf einen Gegenstand anwendet, soll dieser an sich unverändert bleiben, aber wärmer werden.«
Vor Aufregung rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. Auf diesen Moment wartete ich schon seit Ewigkeiten. Zum ersten Mal würden wir nun selbst etwas brauen dürfen. Schnell zog ich das dicke Buch mit den Braurezepten aus meiner Tasche, das ich immer, in der Hoffnung, dass dieser Tag endlich kommen würde, dabei hatte.
»Die Bücher könnt ihr gleich wieder einstecken«, sagte Professor Majk, als er sah, dass einige seiner Schüler es hervor holten. Anscheinend war ich nicht die einzige mit dieser Hoffnung gewesen. »Ihr werdet den ganzen Trank euch von vorne bis hinten selbstzusammen brauen. Die Aufzeichnungen, die wir in allen vorherigen Stunden gemacht haben, sollten euch bei dieser Aufgabe helfen. Ihr habt diese und nächste Doppelstunde Zeit.« Professor Majk schien selbst schon gleich vor Vorfreude in die Luft zu springen.
»Tut mir leid Nicu, deine Antwort für Professor Hall wirst du heute wohl nicht finden. Vielleicht liegt es doch einfach an deiner selbstausgedachten Wurftechnik«, sagte Ana.
»Ach was«, brummte er.
Ich holte schnell ein paar Schmierblätter aus der Tasche und fing an verschiedene Zutaten mit ihrer Wirkweise aus meinem Heft rauszuschreiben, die möglicherweise für diesen Trank in Frage kommen könnten. Auf den ersten Blick schien diese Aufgabe ziemlich schwierig, aber nachdem ich alle Zutaten rausgeschrieben hatte, erkannte ich nach einer kurzen Zeit, das es vielleicht doch nicht so schwierig sein würde, wie anfangs angenommen.
Als ich einen kurzen Blick zu meiner linken warf, wo Luan saß, um zu sehen, wie weit er war, erkannte ich, dass er unter dem Tisch versuchte in dem Buch mit den Braurezepten ein Passendes zu finden.
Ich verkniff mir einen Kommentar und versuchte die Mengenangaben auszurechnen. Zum Glück war ich gut in Kopfrechnen. Das einzige, was etwas komplizierter war, neben dem ausgleichen verschiedener ungewollter Wirkungen, wie ätzen und Veränderung der Oberflache in einen Stein und der Gleichen, waren die Mengenangaben und ich war ausnahmsweise mal froh früher in Mathe so gut gewesen zu sein. Ich hatte auch echt keine Ahnung, wie die Anderen das so schnell ausrechnen wollten. Schließlich hatten sie ja, soweit ich wusste, eine nicht ganz so umfangreiche Ausbildung in der Mathematik.
Als die Doppelstunde zusende war, hatte ich ein ganzes Rezept aufgeschrieben, das ich nur noch nächstes Mal umsetzen musste und ich war ziemlich stolz auf mich.
Als auch die Geschichtsstunde endlich vorbei war, verabschiedete ich mich von meinen Freunden. »Ich geh dann mal. Schließlich habe ich noch einen Wettbewerb zu gewinnen.«
Ich hatte mir fest vorgenommen, beim nächsten Wettkampf gut abzuschneiden. Der Woodfight war sowieso eher meine Sache, das der Duokampf. Wir hatten zwar heute kein Thema, aber ich musste ja eh noch etwas an meiner Fortbewegung in den Baumkronen arbeiten. Momentan sah ich eher so aus, wie ein überforderter großer Bergtroll. Das hatte zumindest Professor Hall bei unseren letzten acht Trainingseinheiten zu mir gesagt.
Bei den Arenen angekommen, ging ich zu der, wo die Waffenkammer mit meinem Bogen war. Eigentlich war es ja nicht mein Bogen, aber momentan war ich die einzige, die ihn benutzte und es sah nicht so aus, als würde sich das in den nächsten Wochen ändern.
Ich band meine Haare zu einem Zopf. Mittlerweile waren sie ziemlich lang und noch widerspenstiger geworden, als sie eh schon waren. Meine Tasche legte ich in die hinterste Ecke der Waffenkammer, in der Hoffnung, dass niemand sie klauen würde, während ich weg war. Mit Bogen und dem Köcher voller Pfeile machte ich mich auf den Weg zum Wald.
Ich war in unserem Team die Späherin. Das hieß, ich musste immer vorne sein und mich schnell hin und her bewegen können, ohne, dass es jemanden auffiel. Meine Tarnung konnte ich mittlerweile schon etwas optimieren. Zum einen konnte ich mich jeder Baumfarbe anpassen, sogar mit Struktur, ebenso wie dem Himmel und kahleren Bäumen. Außerdem hatte ich kürzere Formeln gefunden, so dass ich schnell meine Farbe ändern konnte und ich musste mich nicht mehr so sehr konzentrieren. Natürlich sah ich ziemlich dämlich dabei aus. Schließlich sah ich aus, als hätte man einen braunen Farbeimer über mir ausgeleert und ein paar Baumstrukturen drauf gepinselt, aber für den Zweck war es recht gut. Natürlich lange nicht so gut, wie Soranas Trick, mit dem sie wirklich so gut wie unsichtbar war, aber für eine Magierin im ersten Jahr recht gut.
Am Waldrand angekommen blieb ich kurz stehen und sah mich etwas um. Keine Magier in der Nähe, das hieß, ich konnte mich tarnen, was ich auch gleich tat. In der Es war jetzt auch nicht übermäßig viel Magie irgendwo zu spüren, also konnte ich gleich los, ohne wieder in ein Ritual oder Kampf ausversehen hinein zu geraten. Das war eine unangenehme Erfahrung gewesen.
Schnell kletterte ich auf den ersten Baum und begann dann mit meinem Training. Ich kletterte von Baum zu Baum und versuchte dabei sehr auf meine Umgebung zu achten und mir auch gleichzeitig den Weg zu merken. Ich versuchte nie zu lange in eine Richtung zu klettern, mal die Höhe zu ändern und weniger laut zu sein. Eins musste man schon sagen. Seit den ersten Trainingseinheiten für den Woodfight hatte ich mich deutlich verbessert.
Nach einer Weile blieb ich stehen um zu verschnaufen. Als nächstes würde der Teil mit dem Bogenschießen kommen. Dieser Rückholzauber machte das Trainieren sehr viel einfacher, aber trotzdem war es schwer auf dünnen wackeligen Ästen gut zu zielen. Mittlerweile ging es einigermaßen, aber ich brauchte immer einen kurzen Moment, bis ich mich sortiert hatte. Außerdem musste ich es irgendwann auch während des Kletterns können. Einmal war Professor Hall sogar so verrückt, dass sie von mir wollte, dass ich während eines Sprunges von einem Baum zum anderen einen hin und her fliegenden Apfel traf. Natürlich hatte ich es nicht geschafft und mir stattdessen den Arm beim Aufprall gebrochen, aber so etwas konnten die hier zum Glück schnell wieder hinbekommen.
Anscheinend wurde es jetzt nicht nur in Brauen interessanter. Auch am nächsten Tag in Magie wurden wir überrascht, als Professor Chand uns mitteilte, dass wir nun endlich Gegenstände fliegen lassen könnten.
»Heute ist ein großer Tag, denn heute werden wir uns nun der Kontrolle der Magie widmen. Soweit ich das in den letzten Wochen sehen konnte, könnt ihr nun alle einigermaßen die Magie in eurer näheren Umgebung wahrnehmen. So sehr wahrnehmen, dass ihr sie fast schon greifen könnt. Genau darum soll es auch heute gehen. Das Greifen der Magie, oder einfach der direkten Veränderung der Magie in eurem Umfeld. Das heißt, ihr müsst diese Magie greifen und verschieben. Das hört sich jetzt vielleicht noch etwas merkwürdig an, aber das Fühlen hatte sich ja am Anfang genauso merkwürdig angehört, oder? Es ist wie mit dem Fühlen. Klappt es einmal, hat man den Dreh schnell raus. Ihr macht gleich das Gleiche, wie sonst auch immer, ihr versucht die Magie in eurer Umgebung wahrzunehmen und dann versucht ihr sie zu greifen und zu bewegen«, sagte er.
Dann flogen wieder alle Tische und Taschen an den Rand. Er machte eine ausschweifende Bewegung durch den ganzen Raum und es begann Federn zu regnen. Im ganzen Raum und es wurden immer mehr, bis der Boden mehrere Zentimeter mit diesen Federn befüllt war. Prickelnden Federn.
»Diese Federn sind magisch, damit ihr die Magie besser spüren könnt. Wenn ihr es schafft, die Magie zu bewegen, werdet ihr es gleich an den Federn bemerken«, sagte er. »Nun gut, fangen wir an. Setzt euch aufrechthin, atmet tief ein und aus und schließt eure Augen.«
Ich schloss meine Augen und spürte bald das prickeln, das schnell stärker wurde. Überall um mich herum konnte ich es fühlen. Die Federn. Ich hatte schon seit einigen Wochen das Gefühl, das das Prickeln manchmal so stark war, dass ich es fast greifen konnte. Ich versuchte nach diesem Prickeln zu greifen, aber es klappte nicht. Ich bewegte dann immer meinen Arm, aber der half nicht wirklich weiter. Ich versuchte einfach das Prickeln etwas weiter weg zu schieben. Nach ein paar Versuchen merkte ich, wie etwas vor mir sich leicht bewegte. Ich öffnete die Augen, um zu sehen, ob ich irgendetwas gemacht hatte. Aber die Veränderung kam nicht von mir, sondern von der Person direkt neben mir. Sanura. Sie schob alle Federn im Umkreis von zwanzig Zentimetern von sich weg. Mit Magie. Die Federn wirbelten herum und ein paar flogen provozierend vor meine Nase. Etwas deprimiert schloss ich meine Augen wieder und versuchte es erneut. Bis zum Ende der Stunde hatte ich es immerhin geschafft die Federn kurz aufzuwirbeln und darauf war ich ziemlich stolz, auch wenn Sanura neben mir die Federn genauso verschob, wie sie es wollte. Am Ende waren im Umkreis von genau einem halben Meter um sie herum keine Federn mehr, bis auf ein paar, die in perfekter Schönschrift das Wort Magie schrieben. Zu meiner Erleichterung war Sanura aber eine Ausnahme. Die anderen hatten zwar auch schon mehr geschafft, als ich, aber auch nicht so viel mehr. Ana hatte immer wieder einen kleinen Turm aus Federn gebaut und ihn dann auseinandergesprengt.
Trotzdem verließ ich am Ende der Stunde in Hochstimmung den Raum. Es war einfach der Wahnsinn. Diese Federn sind einfach so von mir weggeflogen, nur weil ich das wollte und ich hatte sie nicht wirklich berührt. Also nicht auf physischer Ebene. Ich hatte zwar schon gehext und gezaubert und ich konnte die Magie schon von Anfang an sehr deutlich spüren, aber nun wirklich etwas mit Magie auf diese Art zu bewirken war einfach umwerfend. Dass so etwas überhaupt möglich war, war schon ein Wunder, aber das ich das auch machen konnte, das war der Wahnsinn.
Am Freitag konnte ich endlich mein Braurezept ausprobieren. Ich war ziemlich aufgeregt, schließlich war es das erste Mal, dass ich etwas braute und dann auch noch nach einem selbstausgedachten Rezept. Die erste Stunde verbrachte ich damit höchst konzentriert alles in den richtigen Mengen in der richtigen Reihenfolge in meinem Kessel zusammen zu brauen. Kaum das ich fertig war, kam Professor Majk auf mich zu gelaufen. Er schien irgendwie einen sechsten Sinn dafür zu haben. Oder siebten, jeder Magier hatte ja sechs.
»Lassen sie mal sehen«, sagte er und beugte sich über meinen Kessel und begutachtete den Inhalt meines Kessels. Auf die Rezeptur warf nur einen kurzen Seitenblick. »Interessant, na dann können sie ihren Trank ja mal testen Miss Smith. Dort hinten stehen Versuchspuppen. Es ist nicht erlaubt die Tränke an sich selbst oder anderen Schülern auszuprobieren, sonst hätten wir noch weniger Schüler hier.«
Aufgeregt füllte ich etwas von meinem Trank ab und ging damit zu einer der Puppen, die ziemlich mitgenommen aussah. Vorsichtig goss ich einen Teil der Flüssigkeit über den Arm der Puppe. Augenblicklich ging dieser in Flammen auf und nach drei Sekunden war von der Puppe nur noch ein Haufen Asche übrig.
»Etwas zu heiß. Ein bisschen mehr Knorlkraut könnte nicht schaden und wechseln sie zur grünen Flamme, bevor das Sekret in den Kessel kommt.« Mit einer Handbewegung ließ er die Asche wieder zur Puppe werden. Nur der eine Arm sah etwas dunkler aus, als davor. Sonst schien nichts darauf zu deuteten, dass diese Puppe noch vor wenigen Sekunden zu Asche verbrannt war.
Etwas deprimiert über diesen Rückschlag setzte ich mich wieder an meinen Platz und veränderte das Rezept, wie er es gesagt hatte. Aus dem Augenwinkel sah ich aber, dass mein Trank wohl nicht der einzige war, der nicht ganz optimal funktionierte. Der von Ana hatte die Puppe zum Beispiel mit orangenen Schleim überzogen und Lunas Puppe war zu einem Eisblock gefroren.
In der übernächsten Stunde schaffte ich es endlich einen voll funktionstüchtigen Wärmetrank nach eigenem Rezept zu brauen. Ich war ziemlich stolz auf mich. Eigentlich hatte ich schon längst die Zuversicht aufgegeben, nachdem die eine Puppe so sehr rauchte, dass wir alle aus dem Raum mussten, da der Rauch wohl irgendwie etwas gefährlich war, und die andere Puppe von einer Frost Schicht umhüllt war, die alles in einem Meter Radius ebenfalls gefrieren ließ. Die Finale Rezeptur schrieb ich feinsäuberlich in ein zuvor noch leeres Heft, das für Rezepturen vorgesehen war. Außerdem füllte ich mir auch gleich ein paar Phiolen des Trankes ab. Man wusste ja nie, wozu es mal nützlich sein könnte.
Da mein zweiter Wettkampf nun immer näher rückte, trainierte ich so oft ich konnte mit Sorana und July. Mittlerweile war ich sogar schon immer überzeugter davon, dass wir ein ziemlich gutes Team waren und nicht letzter werden würden. Selbst Professor Hall sagte, dass unsere Chancen allmählich nicht mehr gleich null waren, was man bei ihr wohl als ein Kompliment sehen konnte.
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Sorry, wegen der Verspätung, aber besser spät, als nie.
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