2.3
"Alexandra, right?", will der Mann von mir wissen, nachdem er mir gegenüber auf einem weiteren Stuhl Platz genommen hat, "I'm Colonel Michel Wayland. Do you understand what I'm saying?"
Der Colonel ist ein Mann Ende vierzig, mit einer Halbglatze und mit einem eher stämmigen Körperbau. Seine braunen Augen werden von dunklen Augenringen untermalt und tiefe Falten zieren seine Stirn.
"I do.", antworte ich ihm mit brüchiger Stimme. Nervös blicke ich auf meine Hände hinunter, die zittern und dadurch die Handschellen zum klimpern bringen. Ich falte sie in meinem Schoß um mir meine Nervosität nicht ansehen zu lassen.
Gerade fühle ich mich an den Abend zurück versetzt, an dem mein Vater mich zum ersten Mal allein zu einem Geschäftsessen geschickt hat. Als ich ihn dazu bringen wollte, mich nicht allein dorthin gehen zu lassen, meinte er nur, dass ich schon mit ihm gemeinsam bei genug solcher Essen war und außerdem auch noch alt genug. Zudem drohte er mir auch noch mich zu enterben, wenn ich mich weiterhin weigerte. Bei dem Treffen fand ich dann auch den Grund heraus für sein stures Verhalten. Meine Mutter und er hatten geplant mich mit dem Sohn eines reichen amerikanischen Jeans-Hersteller zu verheiraten, der seinen Vater auf seiner Geschäftsreise begleitete. Allerdings hatte dieser sich kurz vor der Abreise heimlich verlobt und so wurde nie etwas daraus. Jedoch hoffe ich, dass ich genau wie damals erfolgreich sein würde und ihn überzeugen kann, dass ich nicht der Feind bin.
Was meine Nervosität nur noch schlimmer macht ist, dass Wayland schon mit dem ersten Wort, das er gesagt hat, einen Tumult aus Gedanken und Gefühlen in mir ausgelöst hat. Woher kennt er meinen Namen? Der einzige, dem ich ihn genannt habe ist James und den habe ich mir doch nur eingebildet, oder etwa doch nicht? Ich spüre wie etwas in mir zerbricht, etwas dessen Existenz mir bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal bewusst war. James hat mich hintergangen und meine Krankheit ausgenutzt um sich Informationen zu beschaffen. Was ich ihm noch alles erzählt haben mag? Ich erinnere mich an das meiste nur noch verschwommen.
"I do, Sir.", korrigiert mich ein weiterer Soldat, der aus dem Schatten hinter dem Colonel heraustritt und der dort wohl schon die ganze Zeit über gestanden haben muss. Wieso ist mir das nicht aufgefallen? Normalerweise entgehen mir solche Kleinigkeiten doch nicht.
Wayland dreht sich auf diesen offensichtlich unangemessenen Zwischenruf zu dem anderen Mann um und wirft diesem anscheinend einen warnenden Blick zu, den ich nur zu gern gesehen hätte, da der Soldat daraufhin schlagartig kalkweiß im Gesicht anläuft. Dann wendet er sich wieder mir zu.
"But, tell me: What were you doing in a Hydra base?"
- - - - -
"Was soll das bitte heißen, dass ich sonst nicht vor Ihnen sitzen würde?"
"Ich muss wohl zugeben, dass ich in meinem wissenschaftlichen Eifer, Ihnen bereits eine geringe Dosis des Serums verabreicht habe. Sie müssen wissen, dass Sie, als Sie hierher kamen, sich in einem äußerst schlechtem Zustand befanden. Zum Beispiel ihre Schulter war gebrochen, aber nun, gerade einmal fünf Tage später..., erklärt er, Wie fühlt sie sich an? Leicht verstaucht? Vielleicht geprellt? Es ist ein Wunder."
Verwundert blicke ich meine verletzte Schulter an und versuche gleichzeitig meine aufkeimende Wut zu unterdrücken. Wie konnte er es wagen an mir seine perfiden Experimente durchzuführen? Ich bin doch keines seiner Versuchskaninchen!
Meine nächsten Worte muss ich mir genauestens überlegen. Der spontane Wutausbruch von Doktor Zola über Jägers Verhalten habe ich noch nicht vergessen. Wenn ich nun etwas falsches sage, würde ich die nächste sein, die seiner Wut ausgesetzt sein würde.
Nachdem ich mir dann nach kurzem Schweigen die mir geeignet zu scheinenden Worte zurechtgelegt habe, bestätige ich es einfach: "Sie fühlt sich tatsächlich nicht gebrochen an."
"Ausgezeichnet!", meint Zola begeistert, "Nun was sagen Sie?"
Eine ganze Weile bleibt es still. Ich versuche die Risiken gegenüber den Möglichkeiten, die mir dieses Mittel bieten würde abzuwägen.
Dabei fällt es mir nicht leicht die Gedanken an die verrückten Dinge, die ich damit bewirken könnte, aus meinen Gedanken zu verbannen. Was wäre, wenn ich so schnell heilen könnte, dass mir nichts mehr etwas anhaben könnte? Ich könnte nach Berlin marschieren, Hitler umbringen, den verdammten Krieg damit beenden und nichts könnte mich davon abhalten. Doch das ist purer Wahnsinn, oder etwa doch nicht?
"Nennen Sie mir Ihren Preis.", fordere ich dann.
"Ich bin ein Mann der Wissenschaft, ich habe keinen Preis.", entgegnet mir der Doktor sichtlich amüsiert.
"Alles hat seinen Preis."
"Da haben Sie sicherlich recht. Doch ich habe keinen Preis. Allerdings müssen Sie verstehen, dass Hydra, in deren Namen ich arbeite, einen Beweis ihrer uneingeschränkten Loyalität verlangen wird."
"Wie?"
In den letzten Tagen habe ich schon einen Plan hierfür ausgearbeitet.", eröffnet mir Zola daraufhin und ich lausche aufmerksam seinen Erklärungen, "Zunächst müssen Sie dazu diesen Stützpunkt verlassen. Nicht besonders weit von hier sollten Sie dann auch schon auf die ersten amerikanischen Soldaten treffen, die diese Basis auskundschaften. Sie werden sich von ihnen gefangen nehmen lassen, aber es ist wichtig, dass es aussieht als seien Sie von hier geflohen. Dann lassen Sie sich von ihnen in ihr Lager einige Tagesmärsche von hier bringen. Dort wird man Sie dann verhören. Erzählen Sie meinetwegen Schauermärchen über das was Ihnen hier zugestoßen ist. Wie gut können Sie lügen?"
"Ausgezeichnet.", lüge ich, wissend dass mein Gegenüber es sofort durchschaut hat.
"Vergessen Sie die Horrorgeschichten am besten gleich wieder. Es wäre wohl das beste, wenn sie so gut es geht bei der Wahrheit bleiben. Dabei sollten Sie allerdings die Teile weglassen, die ein für unsere Zwecke ungeeignetes Bild von ihnen erzeugen würden."
- - - - -
"I- I was on this, ähm-", ich überlege kurz, "Yard? There they have taken me with them to this Hydra base, where they have, ähm, kept me for five days before I could, ähm, leave."
Dabei lasse ich mir Zeit die richtigen Worte zu finden, um mich nicht zu verraten. Ich hoffe nur, dass mein Gegenüber glaubt, dass mein Englisch nicht gut genug ist um flüssig zu sprechen, aber seine ausdruckslose Miene lässt mich nicht erkennen ob er es nicht doch durchschaut.
"This is the story I should believe?", hakt Wayland nach. Alles an ihm, die Art wie er es sagt, sein Gesichtsausdruck sagt mir, dass er mir kein bisschen glaubt.
Angestrengt beginne ich zu überlegen, was ich ihm noch erzählen könnte, ohne dabei lügen zu müssen, denn wenn er mir jetzt schon keinen Glauben schenkt, würde er es nachdem er meine Lügen durchschaut hat ganz sicher nicht mehr tun.
"They took me with them, because I wanted to leave Germany.", versuche ich ihn dazu zu bringen mir mehr Vertrauen entgegen zu bringen. Jemandem, der aus einer Diktatur in ein freies Land, wie sein eigenes, fliehen will, muss er doch, wenn auch nur einen geringen Vertrauensvorschuss gewähren.
Colonel Wayland scheint tatsächlich über meine Aussage nachzudenken und über ihren Wahrheitsgehalt zu spekulieren. Man sieht ihm förmlich an, wie angestrengt sein Gehirn arbeitet um jedes einzelne Wort, das ich von mir gebe zu prüfen.
Mit jeder Sekunde, in der er nichts sagt und ich auch anhand seiner ausdruckslosen Miene nicht herausfinden kann, was er als nächstes tun wird, wächst meine Anspannung und Nervosität, denn egal wofür er sich entscheiden wird, ich werde ihn nicht mehr umstimmen können.
"Even if I would believe you, there still will be voices saying you're a German spy or something like that. So I will need a undebatable proof that you're not.", meint er schließlich und ich spüre wie sich Erleichterung in mir ausbreitet.
"How could I, ähm, proof this?", frage ich, auch wenn ich die Antwort schon kenne.
"Tell me everything you know and everything you have seen or heard. Tell me even the things you think that might happen in their base."
"I can't., entgegne ich ihm, They will hunt and kill me then."
"What if I could offer you a flight to the US in return for the information?", bietet er mir an.
"No.", lehne ich es sogleich ab, "I won't leave my family."
"It could be arranged, that they can come with you.", erweitert er sein Angebot.
Darauf antworte ich ihm mit einem Lachen, das ich gar nicht erst versuche zu unterdrücken. Wie will er das denn bitte zustande bringen?
"Listen. My father is somewhere in Poland with the Wehrmacht, my brother is working for Hydra and I do not even know if my mother is still alive or where she might be right now. So what is your plan to bring us all together to America?"
"There's always a way."
"Not this time."
"What could I offer you then?"
"Revenge."
Ich habe in meiner Zelle lange genug Zeit gehabt um darüber nachzudenken werden und ich bin immer wieder zum selben Schluss gekommen. Die Möglichkeit einfach zu verschwinden kommt nicht in Frage. Ich werde Zolas Plan durchziehen. Denn mit dem Serum von dem Doktor werde ich alle zur Rechenschaft ziehen, die für den Tod meiner Schwester verantwortlich sind. Es ist das einzige, das mir den Willen dazu gibt weiterzumachen und die Albträume, die mich immer noch heimsuchen zu ertragen. Dabei weise ich allerdings den Alliierten keine Schuld zu, denn sie haben den Krieg, der nicht nur Maries Leben gekostet hat, nicht begonnen. Deswegen ist das erste Ziel meiner Rache Hydra und ich schwöre, ich werde nicht aufhören bevor ich auch nur einen von ihnen noch nicht zur Rechenschaft gezogen habe.
"I want you to revenge-", setze ich an und werde dann von dem Colonel unterbrochen.
Darauf schlägt er mit seiner Faust auf den Tisch. Erschrocken zucke ich zusammen bevor er beginnt mich anzubrüllen: "Revenge what? How bad they have treated you? Because you think you have been treated in an disrespectful way, because you are used to higher standards? Do you think I would send a civilian like you onto the battlefield or that I would let these men risk their live for your personal vendetta?!"
"I want you to revenge my sister.", korrigiere ich ihn, "By winning the war."
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