Fourteen
~ 'Little talks' - Of Monsters and men ~
(hab mich jetzt doch gegen Did you hear the rain entschieden, das passte von der Stimmung her einfach nicht, kommt dann in den nächsten Kapiteln irgendwann, versprochen :))
JOHN
"Willst du eine Woche hierbleiben?", rief Louise mir zu als sie den Kofferraum öffnete.
Das wäre eigentlich eine schöne Vorstellung, dachte ich, aber weil Schwesterherz dann eh bloß wieder diskutiert hätte, dass das doch nicht ginge, sagte ich: "Du vergisst, dass ich im Gegensatz zu dir noch zwei Isomatten, zwei Schlafsäcke, zwei Kissen, ein Zelt und sämtliche Grundverpflegung einpacken musste."
Darauf entgegnete sie nur: "Ich werde deine Mühe mit dem gebührendem Respekt würdigen" und begann das Auto auszuladen.
Kurz sah ich ihr hinterher, wie sie, bepackt mit dem Zelt, ihrem Rucksack und einem Picknickkorb, durch die Dünen lief, mal hierhin, mal dorthin, und den richtigen Platz zum Schlafen suchte. Wir hatten an dem kleinen Campingplatz (dem WIRKLICH kleinen Campingplatz) an der Nordspitze von Sandy Hook gehalten, wo nur noch zwei andere Zelte standen. Es war weit abseits der Hotels im Süden und auch der Leuchtturm war ein ganzes Stück entfernt, sodass man hier echt ungestört war. Der winzige Platz zwischen Strandrosen und Stechginster war recht verwinkelt, weswegen man es doppelt ruhig hatte.
"Hier! Hier ist es perfekt!" Ich sah Louise gar nicht mehr, denn sie war schon hinter den nächsten Rosenbüschen verschwunden, aber ihre Stimme war laut und begeistert. Schnell nahm ich den nächsten Rucksack und zwei Isomatten aus dem Kofferraum und folgte ihr.
Die Stelle, die sie rausgesucht hatte, war ganz nett, aber nicht wirklich anders, als alle möglichen anderen Flecken Wiese hier. Na, wer weiß, welches detailvolle Kriterium sie dazu bewegt hatte hier zu bleiben.
Wir bauten das Zweimannzelt auf und holten dann die restlichen Sachen aus dem Auto. Dann machten wir es uns vor dem Zelt zum Mittag gemütlich, wir kochten Spaghetti, dazu keine Tomatensoße, sondern einfach Olivenöl mit frischen Kirschtomaten. Es war zwar wirklich simpel, schmeckte aber köstlich und passte irgendwie auch einfach perfekt in den Moment.
"Irgendwelche Wünsche?", fragte ich Louise.
"Nee. Bin wunschlos glücklich. Obwohl...du könntest mir mal die Fritz-Limo geben."
Ich musste schmunzeln und fragte: "Melone oder Kirsche?"
"Meschone büdde", antwortete sie, den Mund voller Nudeln. Also öffnete ich eine der grünen Flaschen und reichte sie ihr.
Ich ließ meinen Blick wieder über die Landschaft gleiten. Auf dem Weg, der zum Strand führte, waren vier Gestalten aufgetaucht, die immer näher kamen. Es waren zwei junge Männer und zwei ebenso junge Frauen. Letztere waren tief in ein Gespräch in einer Sprache, die ich nicht kannte - ich würde auf Schwedisch oder Finnisch tippen - vertieft, sodass sie uns gar nicht bemerkten (oder vielleicht auch einfach ignorierten), obwohl sie nur ein paar Meter vor uns über den Zeltplatz schlenderten. Die beiden Männer sahen uns jedoch und grüßten uns mit einem sympatischen "Moin!", dann sagten sie auf Englisch, jedoch mit einem starken Akzent, dass wir uns es schmecken lassen sollten. Nett.
***
"Wer als erstes im Wasser ist darf...darf...egal!", brüllte Louise und war schon losgerannt. Fix sprang auch ich auf und flitzte ihr hinterher. Sie war schnell, aber ich hatte die längeren Beine, was dazuführte, dass unsere Füße ungefähr gleichzeitig die Wellen berührten.
"Also ich muss sagen, ich war eindeutig Erste!", kicherte Louise, wobei es eher in einem Keuchen endete.
"War klar, dass dein Ego keinen Verlust verträgt."
"Hey!" Ein leichter Schlag traf mich in der Seite. Das bekam sie natürlich zurück. Wie zu erwarten konnte auch sie das nicht auf sich sitzen lassen - um es kurz zu machen: Am Ende saßen wir beide im kalten Wasser. Während Tigerchen immer noch dabei war "Scheiße, scheiße ist das kalt!" zu kreischen, begann ich die Situation eigentlich ganz amüsant zu finden. Mal ehrlich, ich kannte mich selbst und ich kannte auch Louise genug, um zu wissen, dass wir irgendwann in diesen zwei Tagen in voller Montur im Wasser landen würden. Und so schlecht war das doch gar nicht - dass die Wellen meinen Hintern umspülten war echt angenehm und der Geruch nach Strand und Salz war auch nicht übel.
Übermütig schöpfte ich mit der Hand durchs kalte Meerwasser und schon hatte Louise die volle Ladung im Gesicht. Ja, ich war fies. Und ja, ich liebte meine Schwester.
"Du Blinsenheini! Das war gemein!"
Ich musste lachen. "Wie hast du mich gerade genannt, du Aubergine?" Klar konnte ich auch kreativ sein.
War es kindisch, dass wir uns die nächsten zehn Minuten alle möglichen 'Beleidigungen' plus eisiges Wasser an den Kopf warfen? Ja, es war eindeutig kindisch. Unsere Kreativität reichte von Du Tannenbaum über Du Primel bis hin zu Du Erdbeerfrosch, um nur einige Beispiele zu nennen.
Zum Glück war der Strand fast menschenleer.
***
"Also eins weiß ich jetzt: Es ist nicht schlimm, dass ich meinen Bikini vergessen hab", sagte Louise als wir auf dem Weg zurück ins Zelt waren, um uns trockene Sachen anzuziehen.
"Wieso?"
"Weil dieses Wasser scheiße kalt ist?!"
"Ach, so schlimm war das doch gar nicht." Das stimmte nicht ganz, sowohl am Anfang als auch nachdem ich ein paar Minuten im Nass verbracht hatte, hatte ich ebenfalls gefroren.
"Na dann gehst DU nachher baden, Mr. Unkälteempfindlich."
"Okay." Worauf ließ ich mich da gerade nochmal ein?
Zum Glück blieb mir mein kleiner Badeausflug vorerst erspart, da wir, nun mit trockenen Hosen, beschlossen, erstmal zum kleinen Leuchtturm zu laufen. Es war nicht meine Idee, also das mit dem Laufen. Louise war überzeugt, dass das bei Google Maps total kurz aussah und wir das locker schaffen würden. Leider konnte ich ihr nicht das Gegenteil beweisen, da beim Route laden die Netzverbindung abkratzte. Wie stur konnte dieser Erdbeerfrosch eigentlich sein?!
Wir liefen also schweigend nebeneinander am Strand entlang. Ich streckte meine Nase in den frischen Wind und genoss das Gefühl, das sich vermutlich bei jedem einstellte, wenn er am Meer war. Irgendwie so eine Freiheit, ein Gefühl, als wäre alles möglich. Die Windböen schienen mir nicht nur um die Ohren zu wirbeln, sondern auch durchs Herz. Alle Probleme schienen auf einmal ganz klein und der Kopf wie leer gefegt. Es gab nur diesen Moment und der fühlte sich richtig an. Verdammt richtig. Wer brauchte schon Geld, Freunde oder Karriere, wenn er das hier hatte? Dieses Gefühl von Unendlichkeit und eine Schwester an seiner Seite. Ich fragte mich, wie ich meine ganzes Leben ohne Louise hatte führen können. Ich hatte eigentlich nie wirklich etwas vermisst und jetzt wo sie da war konnte ich mir in Welten nicht vorstellen, jemals ohne sie zu leben.
"Du bist also mit Naomi zusammen?" Oh nein, bitte nicht schon wieder das Thema. Gerade eben hatte ich noch das Gefühl gehabt, meine Probleme wären ganz klein und jetzt hatte dieser Satz mir mit einer Drahtbürste unter die Nase gerieben, dass meine Beziehung so gar nicht lief und ich alles hatte falsch machen können, was man falsch machen konnte.
"Jaa..", sagte ich zögert und so gar nicht überzeugt.
"Es...es kriselt wohl gerade ein wenig?", fragte Louise vorsichtig.
Ich konnte mir nicht verkneifen, verächtlich aufzuschnauben. "Das ist wohl die Untertreibung des Jahrhunderts."
"Kann ich helfen?" Sie war ziemlich überrascht, klar, jeder dachte ja immer noch, wir wären das perfekte Traumpaar.
"Ich bezweifle es." Ich wusste ja nicht mal selbst, wie ich es irgendwie wieder gerade biegen sollte.
"Manchmal hilft auch einfach nur Darüberreden."
Erst wollte ich abblocken, doch dann wurde mir eines klar: Das hier war meine Schwester und wem, wenn nicht ihr, sollte ich es sonst erzählen?
"Okay." Ich holte tief Luft. "Naomi und ich kennen uns seit der Fünften, aber zusammen gekommen sind wir erst, als das mit Sunny und mir vorbei war." Ich sah, dass ihre Augen sich ein ganzes Stück weiteten. "Sie hat mich aufgefangen und mich in meinen dunkelsten Momenten gesehen. Die Zeit war schön mit ihr und irgendwie...haben dann alle erwartet, dass...nun ja, dass es so kommt, wie es gekommen ist. Das war schon mal der erste Fehler. Nein, eigentlich war der erste Fehler, Sunny kampflos aufzugeben. Ach verdammt!" Ich hatte das Bedürfnis irgendwo dagegen zu schlagen, aber es gab in diesem Moment nichts, was mir dafür geeignet schien, also ließ ich mit dem Fuß eine kleine Staubwolke aus dem Sand aufsteigen.
"Okay, auf jeden Fall hat es sich im ersten Moment richtig angefühlt, oder ich wollte, dass es sich richtig anfühlt, einfach weil das leichter war. Aber irgendwann hab ich dann kapiert, dass das verkehrt war und war aber zu blöd und zu feige, um das einzig Richtige tun und Naomi ins Gesicht zu sagen, dass ich diese Beziehung nicht will."
Ich wusste, wie es weiterging, aber ich konnte es nicht aussprechen, zu sehr schämte ich mich für mein Handeln.
"Ähm...du hast gesagt, dass du zu blöd warst, das zu tun - was hast du denn stattdessen getan?", fragte Louise. Sie wollte es wissen. Ich musste es ihr sagen.
"Ich hatte Sex mit Laureen." Jetzt war es raus. Jetzt konnte sie lachen. Oder mich dafür verachten, was ich Naomi angetan hatte.
Aber stattdessen war sie einfach nur verwirrt. "Laureen? Ich kenne keine Laureen."
"Doch die kennst du. Für dich heißt sie Ms Cunningham."
"Da klingelt leider immer noch nichts." Ihr entschuldigendes Lächeln traf meinen Blick. Schnell sah ich weg, bevor ich murmelte: "Du hast sie an deinem ersten Schultag auf unserer Schule kennengelernt. Die Sekretärin." Jetzt aber. Jetzt lach schon.
"Mit der Sekretärin?" Ich konnte mir vorstellen, dass Louises Augen so groß wie Untertassen waren, zumindest hörte sich ihr Tonfall so an, sehen konnte ich es nicht, da die verschiedenen Arten von Sandkörnern auf dem Boden plötzlich extrem interessant geworden waren. Sie klang überrascht, aber ich hörte sie nicht lachen.
"Oh, John, wieso?" Ihre Stimme war mitleidig und verzweifelt. Eigentlich hätte ich vorher wissen müssen, dass meine Vermutungen über ihre Reaktion falsch sein würden. Meine Schwester hatte einfach ein zu gutes Herz.
"Weil...weil ich dachte, dass Naomi, wenn sie es einmal rauskriegt, Schluss machen würde. Außerdem war Laureen schon scharf auf mich seit...naja."
"Aber Naomi hat es nicht rausgekriegt?"
"Doch. Aber sie hat nicht so reagiert wie ich dachte. Sie liebt mich wirklich, weißt du? Sie hat gemeint, dass sie mir verzeihen würde und dass es doch nur ein einmaliger Fehler war. Und als ich gemerkt hab, wie sehr sie mich liebt, da konnte ich ihr doch nicht sagen-" Ich brach ab. Sollte ich das wirklich aussprechen? Ja, das sollte ich.
"Da konnte ich ihr nicht sagen, dass sich das für mich falsch anfühlt und dass ich sie nicht liebe und dass ich es beenden will, oder?" Ich merkte selbst, wie flehend meine Stimme klang, so wie sie definitiv nicht klingen sollte. Doch ich wollte so sehr, dass das stimmte, obwohl ich ganz genau wusste, dass das keine Entschuldigung war.
"Naja... Irgendwie hättest du das schon tun sollen. Aber vielleicht nicht unbedingt in der Situation. Ach, ich hab doch auch keine Ahnung, wenn es um Beziehungen geht!"
"Hm..." Ich wusste nicht wirklich, was ich darauf antworten sollte.
"Doch. Du solltest ihr die Wahrheit sagen. Und du solltest auch Sunny die Wahrheit sagen. Ich denke, es ist immer am besten, wenn man ehrlich ist."
Wieder nur "Hm...". Wahrscheinlich hatte sie recht. Irgendwie wäre doch alles viel einfacher wenn man manchmal öfter die Wahrheit sagen würde, oder nicht? Wahrscheinlich sollte ich das auch mal probieren.
"Okay. Die Wahrheit. Ich werde es versuchen."
Nach ihrem Nicken und diesem ganz bestimmten Lächeln, das ich bis jetzt nur bei meiner Schwester gesehen hatte und bei dem immer sofort die Sonne aufzugehen schien, sah die Welt schon wieder um einiges heller aus.
Juhuuu...
Ich hab es endlich mal wieder geschafft, ein Kapitel zu schreiben!
Ich weiß, der Cut ist komisch, aber wenn ich jetzt noch mehr Handlung reingepackt hätte wäre es dann zu lang geworden, sodass ich mich entschieden hab, das Kapitel, das ich eigentlich als eins geplant hatte in der Mitte zu teilen, so ist es bei knapp 1900 Wörtern geblieben.
Und wir findet ihr Johns Lovestory xD? Wenn irgendwelche Logikfehler drin sind, dann wäre jetzt der richtige Moment, mir das zu sagen...
Danke übrigens für eure Beleidigungsinspirationen in den Kommentaren letztens :D Ihr ward sehr kreativ.
Was macht ihr eigentlich am liebsten auf eure Pizza o_O?
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