Kapitel 11
Der Anruf
Kyle
Noch immer stand ich wie angewurzelt da und starrte die geschlossene Tür an. Währenddessen fragte ich mich verschiedene Dinge.
Woher wissen Daniel und Marcel, dass ich mich in Emilia verliebt habe? Warum sagen sie, dass ich die Zeit mir ihr genießen soll? Wollen sie sie etwa umbringen? Machen sie ihre Drohung wahr?
Ich schüttelte meinen Kopf. Das würden die zwei sich ganz und gar nicht trauen. Die machen nur leere Drohungen, keiner von ihnen wäre in der Lage jemand unschuldigen umzubringen., dachte ich mir.
Doch das Einzigste, was ich tat, war wieder zurück zu Emilia zu kommen. Auch wenn ich überzeugt war, dass Daniel und Marcel es nicht ernst meinten, wurmte es mich, nicht zu wissen, wie es Emilia geht.
Emilia
Schon seit ca. einer halben Stunde war ich am Tauchen und die Unterwasserwelt am Beobachten. Ich sah dem Zebrahai zu, wie er friedlich durchs Wasser schwamm. Ich schaute auf die Stoppuhr, 34 Minuten. Auch wenn ich noch länger hier unten hätte bleiben können, so wollte ich schauen, ob Kyle mich beobachtete oder ob er wirklich gegangen ist. Deswegen tauchte ich auf und sah mich im Raum um. Niemand da. Aber was habe ich auch erwartet?
Ich nahm wieder tief Luft und tauchte weiter. Ich setzte mich auf den Grund und dachte nach. Ich dachte über alles Mögliche nach. Unteranderem fragte ich mich, ob ich nicht vielleicht ein wenig hart war wegen dem Eis essen mit Kyle. An und für sich war es ja nett von ihm, dennoch denke ich, dass Kyle es als Date oder so sieht und sich dadurch mehr erhofft. Man zieht lieber schnell den Stachel aus der Pfote, um nicht gebissen zu werden. Das war sozusagen eine Sache, die ich immer machte.
Als ich wieder auftauchte, saß Kyle auf einer der Liegestühle und starrte aufs Wasser.
„Was willst du wieder hier?", fragte ich.
„Ach nichts.", behauptete er, doch er warf mir einen sorgenerfüllten Blick zu.
Ich stieg aus dem Becken aus und wickelte mir das Handtuch um. Ich setzte mich ihm gegenüber und starrte ihm intensiv in die Augen, er ebenso. Irgendwann wandte er den Blick ab. Ich war halt gut im Leute anstarren.
„Na schön. Vorhin Zuhause waren Daniel und Marcel und sie meinten was davon, dass meine Zeit mit dir bald rum wäre."
„Was hat das zu bedeuten?", fragte ich ihn verwirrt.
„Ich habe keine Ahnung. Ich dachte, dass die zwei dich umbringen würden, immerhin haben sie dir gedroht. Außerdem warst du ja bei der Polizei, vielleicht haben die das mitbekommen und wollten ihre Drohung wahr machen.", Kyle sprach für seine Verhältnisse ziemlich schnell.
„Das machen die nicht. Die haben viel zu viel Schiss, um irgendwas zu machen."
„Wahrscheinlich, aber sie könnten ja auch jemanden dafür anheuern.", sagte er.
„Möglich wär's.", bestätigte ich, „Ich geh mal kurz duschen."
„Alles klar. Ich warte dann in deinem Zimmer, ok?"
„Sicher."
Wir standen auf und erklommen die Treppe und gingen anschließend in mein Zimmer. Ich öffnete sofort meinen Schrank und holte mir dort eine schwarze Jogginghose und ein Bauchfreies Shirt heraus, plus Unterwäsche. Schnell duschte ich mir das Salzwasser vom Körper und trocknete mich ab. Schnell hatte ich auch meine Klamotten an und meine Haare ließ ich so trocknen.
Ich kam wieder heraus und sah Kyle auf meinem Bett sitzen und den laufenden Fernsehr anstarren. Er sah sich irgendwas an, jedoch konnte ich nicht sagen was, denn ich kannte diese Serie (oder was es auch immer war) nicht.
„Was schaust du da?", fragte ich ihn.
Er erschreckte sich und drehte sich zu mir um.
„Das ist ‚How I met your mother'.", antwortete er mir.
„Kenn ich nicht, aber egal. Ich wollte heute eigentlich noch an meinem Buch weiter schreiben. Wird wohl nichts draus...", murmelte ich.
„Du kannst doch weiter schreiben. Ich stör dich schon nicht."
„Hmm... Na gut."
Ich holte meinen Laptop und machte es mir neben Kyle bequem. Dieser schaute diese komische Serie, während ich schrieb.
Allmählich wurde es später. Noch immer taten Kyle und ich dasselbe, wie noch vor ein paar Stunden. Mittlerweile hatten wir um die 2 oder 3 Uhr morgens und langsam wurde ich müde. Ich speicherte noch das Kapitel und fuhr meinen Laptop wieder runter.
„Du, Kyle? Wir haben schon halb 3. Sollen wir nicht langsam schlafen gehen?", fragte ich.
„Mhmm...", murmelte er schon im Halbschlaf.
„Komm schon. Bleib wenigstens noch ein paar Minuten wach, um dir was anderes anzuziehen.", forderte ich ihn auf.
Ich stand auf und holte (wie die ganzen anderen Male auch) irgendwelche Klamotten von meinem Bruder für ihn. Vielleicht sollte er einfach mal selber Schlafsachen mitnehmen, anstatt immer die von meinem Bruder zu nehmen. Jedenfalls schmiss ich die Kleidung auf Kyle und machte mir selbst für die Nacht eine lockere Flechte. Ich legte mich in mein Bett und bekam nur noch am Rande mit, wie sich Kyle neben mich legte. Dann war ich auch schon im Land der Träume versunken.
*nächster Morgen* (Montag)
Ich wurde durch Wühlen in meinem Bett wach. Ich drehte mich auf die andere Seite und sah Kyle, wie er wie ein Verrückter irgendetwas in meinem Bett suchte.
„Was suchst du?", murmelte ich, noch halb am Schlafen.
„Ich suche mein Handy. Hatte das im Bett liegen gelassen und jetzt finde ich's nicht mehr."
„Vielleicht liegt es auf dem Boden oder so..."
„Hab ich schon geschaut. Da ist es nicht."
„Dann weiß ich es auch nicht."
Langsam stand auch ich auf und ging ins Bad, während Kyle weiterhin sein Handy suchte. Als ich fertig war, hatte Kyle sein Handy noch immer nicht gefunden und sah dementsprechend genervt aus.
„Mach dich mal fertig. Wir frühstücken erst und dann suchen wir dein Handy, ok?", fragte ich ihn.
Er nickte und verschwand im Bad. Wenige Minuten später kam er wieder und wir gingen frühstücken. Die Küche zauberte uns schnell ein wunderbares Frühstück hin und servierte mir einen doppelten Espresso. Kyle hingegen trank nur Wasser. Für ihn war Kaffee etwas, das nur ‚alte' Leute tranken. Was für ein Müll. Galt ich für ihn als alt, nur weil ich Kaffee trank? Denn, wenn ich keinen Koffein zu mir nahm, würde ich augenblicklich am Tisch einschlafen. Verdenken konnte man es mir auch nicht. Wir waren immerhin um halb 3 erst schlafen gegangen und jetzt hatten wir so um die 8 Uhr. Wir waren so früh wach, weil ich Schnarchtüte meinen Wecker für die Schule nicht ausgestellt hatte. Deswegen war Kyle wachgeworden und hatte mich dabei geweckt, als er sein Handy suchte.
Jedenfalls hatten wir zuende gegessen und machten uns auf den Weg in mein Zimmer. Dort suchten wir sein Handy. Und das taten wir ziemlich lange, mehrere Stunden, doch Kyles Handy blieb unauffindbar.
„Sicher, dass du es nicht Zuhause hast?", fragte ich ihn.
„Nein, ich habe es zu 100% mitgenommen."
„Dann hab ich keine Ahnung, wo es sein könnte. Immerhin haben wir mein komplettes Zimmer durchsucht."
„Mhmm...", summte Kyle.
Ich beschloss es aufzugeben und stattdessen etwas halbwegs Sinnvolles zu tun, jedoch hatten wir Ferien und außer an meinem Buch weiter zu schreiben, gab es für mich nichts produktives, was ich hätte machen können. Und genau in diesem Moment fragte mich Kyle, was wir tun können.
„Keine Ahnung. Eigentlich muss ich trainieren und ansonsten würde ich nur an meinem Buch weiter schreiben.", antwortete ich wahrheitsgemäß.
Als Antwort summte Kyle wieder ein ‚Mhmm...' und ich stand von meinem Bett auf. Ich ging zu meinem Kleiderschrank und wechselte meine Klamotten gegen einen Badeanzug. Anschließend gingen Kyle und ich runter und in dem Moment, wo wir in den Keller gehen wollten, klingelte das Telefon.
Ich folgte dem Klingeln und landete im Flur. Ich griff nach dem Telefon und ging ran.
„Hallo?", meldete ich mich.
„Guten Tag. Fragner mein Name, vom Tieftauchwettbewerb.", sagte eine Frau am anderen Ende der Leitung, „Mit wem spreche ich?"
„Mit Emilia Davids.", antwortete ich.
„Okay, gut. Frau Davids, Sie wären ja eigentlich in gut einer Woche nach Gran Canaria geflogen, stimmt das?"
„Ja, das stimmt."
„Dann bedauern wir, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Sie an diesem Wettbewerb nicht teilnehmen können."
„Wieso denn nicht?", fragte ich verwirrt.
„Ihre Trainerin hatte einen Unfall und wird bis zum Wettbewerb nicht wieder genesen sein. Zudem haben wir keinen Ersatz Trainer gefunden."
„Das ist zwar schade, aber nicht schlimm."
„Natürlich bekommen Sie das Geld für die Flüge und das Geld für das Zimmer zurückerstattet.", sagte Frau Fragner.
„Alles klar. Tschüss.", verabschiedete ich mich.
„Auf Wiederhören."
Ich legte das Telefon beiseite und sofort fragte mich Kyle, wer dran war und was er oder sie von mir wollte. Er hatte ja voll den Kontrollwahn., dachte ich mir.
„Das war wegen meinem Tauchwettbewerb. Meine Trainerin hatte einen Unfall und es gibt keinen Ersatz, deswegen kann ich nicht daran teilnehmen.", erzählte ich kurz und knapp.
„Ach so. Aber das ist doch eigentlich gut.", ich sah ihn fragend an, „Ich meine, dann wirst du nicht von der Polizei gesucht. Die meinten ja, wenn du aus Deutschland verschwindest, wärst du eine gesuchte Verbrecherin."
„Mhmm... Da hast du Recht.", summte ich leise.
Irgendwie hatte ich keine Lust mehr, zu trainieren, also drehte ich mich auf dem Absatz um und machte mich wieder auf den Weg in mein Zimmer. Der Schnelligkeit halber zog ich mir meine Kleidung einfach über den Badeanzug.
Kyle
Nach ihrem Telefonat hatte Emilia anscheinend keine Lust mehr zu tauchen, denn sie schlenderte wieder zu ihrem Zimmer. Dort zog sie sich irgendwelche Klamotten über ihren Badeanzug, der (nebenbei bemerkt) jede ihrer Kurven stark betonte und ich mich schwer beherrschen musste, nicht zu sabbern.
Emilia drehte ihren Kopf zu mir um und schenkte mir einen finsteren Blick. Vermutlich hatte sie meine Blicke auf sich gespürt. Aber immerhin war ich nicht einer dieser, wie die, von denen wir genug auf unserer Schule haben. Diese Nerds mit ihren riesigen Brillen, der Zahnspange mit Außengestell und ihren furchtbaren Frisuren. Dieser Art von Schüler würde ich am liebsten eine reinhauen, wenn sie versuchen, ein Mädchen auf sich aufmerksam zu machen. Die stehen dann so am Gang und kommt ein hübsches Mädchen, dann heben sie eine Hand zum Winken und mit der anderen versuchen sie, sich sexy (oder was auch immer sie versuchen) die Haare weg und ihre viel zu große Brille nach oben zu schieben. Dazu kommt noch, dass die von der Zahnspange her viel sabbern und dann spucken die Nerds regelrecht ein ‚Hallo' oder ‚Hi'. Sowas von ekelhaft sag ich nur. Nerds im Allgemeinen haben einen Sexappeal von einem alten Knacker im Seniorenheim, nämlich gar keinen. Mal an alle Nerds in der Welt: Macht euch einen anständigen Haarschnitt, (wenn ihr sie braucht) nehmt eine stinknormale feste Zahnspange und vor allem, sucht euch 'ne anständige Brille aus! Dann bekommt ihr vielleicht mal eine schöne Freundin und nicht eine, die genauso wie man selbst ist, halt nur weiblich.
„Was sollen wir machen?", riss mich Emilia aus meinen Gedanken.
Zum Glück. Wer wüsste, wie weit sich meine Gedanken noch gesponnen hätten?
„Weiß nicht.", murmelte ich, „Wir können ja Filme schauen.", schlug ich vor.
Sie summte zustimmend und meinte nur kurz, dass ich mir die Filme aussuchen soll. Bewusst entschied ich mich für Horrorfilme. Kein Mädchen schaute sie sich an, ohne sich an irgendwas oder irgendwen zu drücken, wenn die gruseligen Stellen kamen. Ich sah, dass in Emilias Filmeregal die ersten drei Teile von Paranormal Activity standen. Ich zog sie raus und setzte mich zu Emilia auf ihr Bett. Sie öffnete die Hülle des ersten Films und legte die DVD in den dazugehörigen Player. Sie schnappte sich die Fernbedienung und der Film startete.
Dummerweise schaute Emilia sich diesen Film an, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich glaube, sie traf in fast allen Punkten zu, was sie mal gesagt hatte.
„Ich bin verdammt noch mal nicht wie jedes Mädchen!", hatte sie geschrien. Oder so ähnlich.
Wir schauten auch die anderen zwei Teile und gingen dann schlafen. Emilia muss wirklich glauben, dass ich kein eigenes Zuhause habe, wenn ich durchweg bei ihr bin., war der letzte Gedanke, bevor ich in meine Traumwelt abdriftete.
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