Geständnis
Wir hatten uns für den folgenden Freitag wieder verabredet, und ich saß wieder einmal viel zu früh am Flussufer, da heute nicht einmal die Sonne zu sehen war, sodass ich die Zeit nicht einschätzen konnte.
Ich beschloss, mich einmal im Fluss zu waschen, also streifte ich meine Kleider oben ab und ließ mich ins Wasser gleiten. Nur den Stoff über meinen Ohren behielt ich zur Sicherheit umgebunden. Mit einer Hand hielt ich mein dunkelrotes Haar über den Kopf. Ich hatte keine Lust, den ganzen Tag mit nassen Haaren herumzulaufen, vorallem weil es heute kühler war und ich mich nicht erkälten wollte. Als ich fertig war, kletterte ich an den Felsen wieder hinauf, zog meine Unterwäsche an und wickelte mir den Schal wieder um. Ich wollte gerade mein Oberteil wieder anziehen, als ich plötzlich eine Stimme hörte. "Lilian...?" "Dreh dich sofort um!", kreischte ich. Jay warf mir noch einen kritischen Blick zu, drehte sich dann aber um und schob die Hände in die Hosentaschen. "Was ist mit deinen Armen passiert?" Ich stockte in der Bewegung. Seine Stimme klang kälter als sonst. "Das ist eine lange Geschichte...", murmelte ich und zog mir die Bluse über. "Dann erzähl sie mir."
"Ich kann nicht." Ich knöpfte meinen Rock zu, zog seine Jacke an und ging dann wie in Zeitlupe zu ihm herüber.
"Du bist eine Neko, oder?"
Etwas in mir zerbrach.
"Woher...?"
"Es ist eigentlich ziemlich offensichtlich. Du trägst immer einen Schal und etwas im Haar. Deine Augen sind strahlend blau. Ich habe zwar noch nie vorher die Augen einer Neko gesehen, aber mir wurde gesagt, dass man sie erkennt, wenn man sie sieht. Dein Körper ist voller Verletzungen, außerdem bin ich mir ziemlich sicher dass du obdachlos bist."
Er sah mich nicht an. Ein kalter Windzug wehte uns beiden durchs Haar und trug die ersten Regentropfen ins Land.
"Es tut mir leid!" Ich spürte wie ich anfing, zu weinen. "Ich wollte dich nicht anlügen, aber ich wollte einfach ein bisschen Zeit mit dir verbringen." Meine Stimme versagte endgültig. Ich spürte wieder, wie die vertraute Leere in mir aufstieg und mich komplett ausfüllte.
"Es war wirklich schön mit dir.", brachte ich flüsternd heraus, drehte mich um und lief auf den Fluss zu.
"Hey, jetzt warte doch mal!" Mit drei schnellen Schritten war er bei mir und legte den Arm um mich.
Ich erstarrte. "Also, ich hab da jetzt kein Problem mit...", stammelte er. "Höchstens damit, dass du gelogen hast, aber das kann ich auch irgendwo nachvollziehen. Lüg mich einfach ab jetzt nicht mehr an, du musst vor mir nichts verstecken." Er nahm mich an den Schultern und drehte mich um, sodass ich wieder in seine warmen, blauen Augen schauen konnte. Ich weinte jetzt hemmungslos und lehnte mich gegen seine Brust. Es fühlte sich wie mehrere Stunden an, die wir einfach so dastanden. Der Regen prasselte auf die Blätter der Bäume und ins Wasser und bildete ein beruhigendes, monotones Rauschen.
Schließlich wischte ich mir die Tränen weg und wir setzten uns nebeneinander an den Fluss.
"Erzähl mir alles über dich. Noch einmal von vorn." Jay hielt meine Hand und lächelte mich an.
Zitternd griff ich mir ins Haar und zog den Stoff heraus. Dann legte ich meinen Schal ab und begann, zu erzählen. "Ich bin mit meiner Familie und einigen anderen Nekos in einem unterirdischen Tunnel aufgewachsen. Vor einigen Jahren wurden wir entdeckt, und soweit ich weiß bin ich die einzige, die fliehen konnte. Mit meiner Wächterin, Zephyr, verbrachte ich einige Zeit versteckt im Wald, bis ich... einen Fehler machte und wir beide auf einem Sklavenmarkt landeten. Während an ihr ständig Experimente durchgeführt wurden, war ich zum Verkauf freigegeben. Die Besitzer waren wütend auf mich, da mich niemand kaufen wollte, und das ließen sie an mir aus."
"Darf ich sehen?", fragte er und hob meinen Arm, woraufhin ich schnell den Kopf schüttelte. "Ich möchte nicht, dass mich irgendjemand so sieht." Schon beim bloßen Gedanken an die Folter begann ich zu zittern. "N-naja, jedenfalls bin ich vor einigen... Tagen? Oder Wochen? Ich weiß nicht so recht... abgehauen. Über einige Umwege bin ich in diese Gegend gekommen.
Im Moment lebe ich in einem Autowrack, das hier im Wald steht."
Ungläubig schaute Jay mich an.
"Was ist das genau für eine Verbindung zwischen dir und deiner Wächterin?"
"Es ist etwas kompliziert." Ich lächelte leicht. "Laut der Legende besteht dieser Pakt schon viele hundert Jahre zwischen Nekos und ihren Wächtern. Sie beschützen uns, und im Gegenzug geben wir ihnen die Möglichkeit, zu leben. Obwohl es sich bei ihnen um Götter handelt, wie Zephyr immer sagt, haben sie in ihrer Welt keinen Körper und können nicht richtig leben, höchstens existieren. Durch den Pakt erhalten sie hier den Körper eines Tieres, allerdings oft mit zusätzlichen Fähigkeiten. Sie sind also meistens Hybriden. Wenn sie sterben, passiert mit uns nichts, zumindest nicht körperlich. Wenn wir sterben, gibt es allerdings nichts mehr, was sie hier halten kann, und sie verschwinden ebenfalls."
Ich fragte mich, warum ich ihm unsere Geheimnisse erzählte. Wenn er sich nun doch gegen mich entschied, war ich so gut wie tot.
"Und... was hast du jetzt vor?"
"Ganz genau weiß ich das auch nicht.", gestand ich. "Einerseits möchte ich eine Arbeit finden, um im Winter ein Dach über dem Kopf zu haben. Solange es warm ist, kann ich im Wagen schlafen, aber wenn die kalte und regnerische Zeit anbricht, wird das nicht ausreichen. Und dann wäre da noch eine Sache... Ein Kindheitsfreund von mir, aus dem Tunnel, verschwand ungefähr ein Jahr, bevor wir entdeckt wurden. Ich weiß, es ist unwahrscheinlich, aber ich habe das Gefühl dass er noch lebt und will ihn finden."
Lange schwiegen wir. Schließlich stand Jay auf, hielt mir seine Hand hin und sagte:
"Ich weiß noch nicht wie, aber ich werde dir helfen."
Hey Leute!
Ich möchte mich heute mal wieder bei euch allen bedanken. Einerseits für 2.8K Reads auf meinem Buch, aber vorallem für eure lieben Rückmeldungen <3 Heute besonders bei
BeauCyphre für die unglaublich ausführlichen Kommentare! Da bekomme ich immer das Gefühl, dass du dir wirklich viele Gedanken zu meiner Geschichte machst, sowas freut mich so sehr <3
Und natürlich auch bei storiesbyamy, memory4u und all den anderen fleißigen Kommentarschreibern und Lesern *3*
~ Eure Sensha
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