32.
H.
Wenn meine über alles geliebte Chae auf dem Spiel steht verstehe ich keinen Spaß mehr und so hatte Minhyuk es tatsächlich geschafft mich dazu zu bringen Bewerber zu akzeptieren.
Er hatte bereits einige für mich rausgesucht, die er mich nun vorladen ließ. Jeden einzelnen von ihnen wollte ich diesmal höchstpersönlich begutachten, aus Angst eine neue Yoona zu bekommen. Nach den ersten fünf Bewerbern bereute ich diese Entscheidung jedoch sehr. Ich hatte die Schnauze gestrichen voll von ihrer verdammt guten Laune. Während mir innerlich das Heulen zu mute war, strahlten diese Leute mich glücklich an.
Wieso konnte ich nicht auch so glücklich sein wie sie? Wieso musste mir mein Happy End kaputt gemacht werden? Wieso musste mich auch die Liebe meines Lebens verlassen?
Sie waren alle so unglaublich motiviert und redeten wie ein Wasserfall, was mir, zusätzlich zu meiner Eifersucht, Kopfschmerzen bereitete. Mit solchen Personen konnte und wollte ich nicht meinen halben Tag verbringen. Yoonas und meine Wege hatten sich nicht ohne Grund getrennt.
Kurz bevor mich meine Hoffnung verlassen wollte, kam ein kleiner Mann mit mintfarbenem Haar lässig in mein Büro geschlendert. Im Gegensatz zu den anderen Bewerbern trug er keinen Anzug, sondern Jeans und ein T-Shirt. Bequem setzte er sich auf den Stuhl vor mir und begrüßte mich mit einem einfachen "Hi."
Durch seine müden Augen musterte er mich. Er hatte keine Lust hier zu sein, das merkte ich sofort. Interessant. Augenblicklich hatte er meine volle Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
"Min Yoongi, richtig?"
Er nickte.
"Freut mich Sie kennen zu lernen."
Wir schüttelten unsere Hände.
"Ganz meinerseits."
Ob das ironisch gemeint war oder nicht war mir vollkommen egal.
"Darf ich Sie fragen warum Sie diesen Job wollen?"
Er fing kaum merklich an zu grinsen. "Um ehrlich zu sein brauch ich die Kohle."
Dieser Satz, den man besser nicht bei einem Bewerbunsggespräch sagen sollte, kam ihm so einfach über die Lippen, als wäre es das normalste auf der Welt und dabei zuckte er noch gleichgültig mit den Schultern.
Nun zierte auch mein Gesicht ein Grinsen. "Wenn das so ist können Sie gleich anfangen. Aber unter einer Bedingung-" Ernst sah ich ihn an, bevor ich weitersprach; "Reden Sie nur mit mir, wenn es notwendig ist."
Herr Min lehnte sich zu mir nach vorne, sein Grinsen noch breiter als vorher; "Wo unterschreib ich?"
Zu meinem Erfreuen hielt sich Herr Min an unsere Abmachung. Er leistete wirklich ausgezeichnete Arbeit, was wahrscheinlich an der sehr guten Bezahlung lag. Jedenfalls hörte ich kaum von ihm, eben nur wenn es notwendig war, wie ich ihn gebeten hatte. Und das beste; er beschwerte sich nie, selbst wenn ich Arbeit auf ihn abwälzte, vor der ich mich drückte, zB. unwichtige Gespräche. Ich beauftragte einfach Herrn Min dazu mit besagten Leuten zu reden und mir dann das wichtigste kurz zusammengefasst zu berichten. Und so kam es dazu, dass ich wirklich nur noch mit meinen Kollegen zu tuen hatte, wenn es anders nicht ging. Die meiste Zeit saß ich daher alleine, abgekapselt in meinem Büro und dann Abends, wenn ich nach Hause ging, blieb ich weiterhin alleine.
Obwohl ich mich bei der Arbeit bewusst abkapselte, bedrückte mich die Einsamkeit bei mir zu Hause sehr, zu sehr. Dort verabscheute ich es komischerweise alleine zu sein. Es machte mir so zu schaffen, dass ich mich beispielsweise kaum dazu aufraffen konnte etwas für mich zu kochen, nur um es dann alleine zu essen. Es war so deprimierend. Die Hälfte schmiss ich nachher eh weg und die Sauerei die ich in der Küche veranstaltet hatte, war es dafür nie wert.
An manchen Tagen überlegte ich ernsthaft, ob ich nicht meine Eltern mal anrufen sollte, sie fragen wie es ihnen geht, ob sie mal vorbei kommen wollen, zusammen was essen, quatschen. Nur damit ich nicht mehr so alleine war. Doch dann musste ich mir wieder ins Gedächtnis rufen, wie sie mich damals rausgeworfen hatten, weil ich als schwuler Sohn eine Schande sei. Seitdem hatten wir kaum noch Kontakt, nur ab und zu wenn sie mal Geld brauchten.
Mich bei Minhyuk, Kihyun und Changkyun zu melden, wollte ich auch nicht. Dafür schämte ich mich zu sehr. Ich hatte sie von mir weggestoßen, jetzt wollten sie sicherlich nichts mehr mit mir zutuen haben, das redete ich mir jedenfalls ein. Und andere Freunde hatte ich nicht.
Ich fühlte mich so einsam, dass ich teilweise darüber nachdachte, wie niemand zu meiner Beerdigung kommen würde und mich auch niemand vermissen würde. Woher bekam ich überhaupt solche bedrückenden Gedankengänge?
Die meiste Zeit in meiner Freizet verschwendete ich im wahrsten Sinne des Wortes mit nichts tuen. Ich konnte mich zu absolut nichts aufraffen, weil mir jegliche Motivation fehlte. Manchmal döste ich den ganzen Tag über, weil ich ständig müde und von Kopfschmerzen geplagt war oder vielleicht auch aus dem einfachen Grund um vor der Realität zu flüchten, in der es keinen Wonho an meiner Seite gab. An den Wochenende verließ ich mein Bett daher nur noch um was zu essen oder zum Badezimmer zu gehen und ob ich meinen Schlafanzug auszog, um was anderes anzuziehen, stellte für mich keinen Unterschied mehr dar.
-
Wie mittlerweile jeden Samstagabend saß ich abwesend vor meinem Fernseher und sah mir irgend einen Schrott an, der eigentlich nur an mir vorbei zog.
Von Wonho hatte ich seit 6 Monaten nichts mehr gehört und je mehr Zeit verstrich, desto unsicherer war ich mir darüber, ob er jemals wieder zu mir zurückkehren würde, wie er es in dem Brief geschrieben hatte. Sicher war ich mir jedoch darüber, dass ich nun meinen Tiefpunkt erreicht hatte. Leider hatte ich keine Ahnung wie ich aus diesem wieder heraus kommen sollte oder war es dafür womöglich schon zu spät?
Ach Wonho, warum musstest du mich auch verlassen? Es war doch so schön...
Bevor ich noch länger alten Erinnerungen hinterherhängen und mich selbst bemitleiden konnte, vibrierte plötzlich mein Handy. Verwirrt darüber wer mir geschrieben haben könnte, da ich immer noch keine Freunde hatte, sah ich auf den Bildschirm. Sofort stockte mein Atem.
Hey, ich bins Milano. Ich weiß nicht ob du noch meine Nummer hast. Weswegen ich schreibe... ich habe gehört, dass es mit dir und Wonho aus ist. Tut mir wirklich leid für dich. Geht es dir gut? Falls du irgendwas brauchst, ich bin für dich da. Meld dich einfach...
Ich legte mein Handy augenblicklich weg. Dieser Wiederling! Wie kann er es wagen mir zu schreiben?!
Natürlich hatte ich seine Nummer nicht mehr und das auch aus gutem Grund. Mit diesem treulosen Parasit wollte ich nichts mehr zutun haben! Ich dachte das hatte ich ihm klar gemacht, besonders nach unserer letzten Begegnung...
Nervös starrte ich auf den Fernseher, in der Hoffnung mich ablenken zu können, doch ich konnte mich nicht konzentrieren. Ständig wich mein Blick zurück auf mein Handy.
Bleib stark Hyungwon! Du brauchst ihn nicht. Du kommst schon alleine klar.
Ich nahm mein Handy und schaltete es aus.
Am nächsten Morgen wachte ich müde auf. Mein Schlaf war alles andere als erholsam gewesen. Ich fühlte mich ausgelaugt, als hätte ich keine ganzen 9 Stunden lang geschlafen. Aber warum wunderte ich mich noch darüber? Seit Monaten fühlte ich mich völlig ausgeschöpft, wobei ich mich ständig fragen musste wovon. Und wieder fing also ein neuer Tag an, an dem ich rein gar nichts machte. Demotiviert verließ ich mein Bett und ging in die Küche.
Geht es dir gut? Nein.
Mit meinem Frühstück zusammen verfrachtete ich mich zurück auf mein Bett und machte den Fernseher an. Wie immer lief nur Müll. Ich überlegte was ich stattdessen machen könnte. Da musste ich an die ganzen spaßigen Sachen denken, die ich mit Wonho zusammen erlebt hatte. Wenn er doch nur hier wäre, bei mir... Dann wäre alles besser. Obwohl ich schon seit 6 Monaten ohne ihn lebte, hatte ich mich immer noch nicht daran gewöhnen können. Jeden Tag fragte ich mich ob es Wonho gut geht und ob er noch an mich denkt. Eine Träne rollte meine Wange hinunter, bei dem Gedanken an ihn. Ich würde nie über ihn hinwegkommen, so traurig es auch war.
Nachdem ich mich wieder zusammengerissen hatte entschied ich mich dazu Musik zu hören und einen Roman zu lesen. Zum rausgehen fehlte mir die Motivation oder eine Person mit der ich was zusammen machen könnte.
Ich bin für dich da.
Irgendwann verließ mich auch die Lust zum lesen. Der Plot konnte mich nicht fesseln, obwohl es sich um einen eigentlich spannenden Krimi hielt. Ich konnte mich einfach nicht auf die Buchstaben konzentrieren und so legte ich das Buch frustriert zur Seite. Gelangweilt starrte ich an die Decke. Ich würde hier noch durch die Einsamkeit versauern. Mein ganzes Leben schien mir zu entgleiten. Ich stand völlig neben der Spur. So konnte es doch nicht weiter gehen.
Meld dich einfach...
Langsam wanderte mein Blick von der Decke zu meinem Handy. Unschlüssig knabberte ich an meiner Lippe. Sollte ich wirklich?
Ich wusste, dass es keine gute Idee war. Nachdem ich mit Wonho zusammengekommen war, hatte ich doch tatsächlich geglaubt meinen Teufelskreis der Einsamkeit für immer gebrochen zu haben. Und nun war ich wieder hier, wenn auch einsamer als jemals zuvor. Sollte ich jetzt wirklich wieder von vorne anfangen? Wie das ganze ausgehen würde war mir sowieso schon bekannt, dafür musste ich kein Wahrsager sein. Dieses Spiel hatte ich schon zu oft gespielt. Aber andererseits war mein Herz sowieso schon gebrochen. Schlimmer konnte es nicht mehr werden. Ich hatte nichts mehr zu verlieren...
Zögerlich griff ich dann doch noch nach meinem Handy. Mein Herzschlag verschnellerte sich augenblicklich durch meine steigende Nervosität, als ich zu tippen begann.
Hey...
Sobald die Nachricht versendet war schmiss ich mein Handy von mir und sprang auf. Was habe ich nur getan?! Mein Herzschlag hatte sich immer noch nicht beruhigt. Aufgewühlt ging ich raus auf meinen Balkon. Frische Luft würde mir gut tuen. Ich stützte mich am Geländer ab und sah hinaus in den Garten. Meine Rosen blühten in einem wunderschönen dunkelrot, Schmetterlinge schwirrten umher, der Himmel war wolkenlos klar, die Sonne kitzelte auf meiner Nase. Ich spürte mein Herz weiterhin deutlich in meiner Brust pochen. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen.
Wann habe ich mich das letzte mal so lebendig gefühlt?
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Milano is back! Und, wer hat ihn vermisst? ^^
Just kidding!
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