"Pläne"
Am Abend suchte Minho mich erneut auf. Ich hatte den Tag über viel geschlafen. Minho erklärte mir, dass langsam die Wirkung des Neuropeptids nachlassen würde, da es mir nicht über einen allzu langen Zeitraum gespritzt wurde. Ich hatte seit zwei Tagen nichts gegessen und hatte auch tatsächlich noch immer kaum Hunger. Das trockene Hähnchen, was er auf meinem Schoß abstellte, änderte auch nichts daran, aber es fühlte sich falsch an, so lange schon nichts mehr gegessen zu haben, also würgte ich es schnell herunter. "Wie lange ist man denn eigentlich in so einem Tank?", fragte ich mit noch halbvollem Mund. "Eigentlich neun Monate. Als würdest du erneut geboren werden. Schon witzig, oder?", fragte Minho sarkastisch und ich wusste nicht recht, was ich darauf erwidern sollte. Er fuhr einfach fort: "Du warst gerade mal zwei Monate lang da drin. Deshalb hat sich bei dir körperlich auch kaum etwas verändert. Die anderen Experimente haben einiges an Körpergröße zugelegt und bedeutend mehr Muskulatur entwickelt. Aber die deutlichste Veränderung liegt in den Wesenszügen. Es scheint, dass die Schwelle, an der Aggression entwickelt wird, immens weit nach unten sinkt. Außerdem baut sich die Aggression auch viel langsamer wieder ab. Das macht die anderen Experimente also wesentlich gefährlicher, als dich kleinen Wattebausch.". "Ist das jetzt gut oder schlecht?", wollte ich von ihm wissen und er antwortete unentschieden: "Das kann man jetzt so oder so sehen. Ich bin froh darüber, dass ich nicht aufpassen muss, dass du mich in einem Stück runterschluckst. Aber für die Wissenschaftler ist es natürlich ein anderes Ergebnis, als das, was sie erzielen wollten. Es hat bisher auch noch keiner rausgefunden, wieso du so früh aufgewacht bist. Eria Coon erhofft sich von dir, dass man dich am Ende bessern steuern kann, weil deine Entwicklung stattfindet, während du noch dein Bewusstsein hast.". Etwas zynisch gratulierte er mir dazu, dass ich offensichtlich der abrichtbare Schoßhund dieser furchtbaren Frau werden würde.
Minho überprüfte nur zu gern meine Vitalwerte. Zufrieden erzählte er mir nach jeder der kurzen Untersuchungen, dass alles in einem guten Bereich lag. Auf dem Zettel an meinem Bett notierte er allerdings schon die ganze Zeit andere Werte. Wir wollten es ja so darstellen, dass ich mich nicht allzu gut erholte. Er dachte ständig mit, was uns mit Sicherheit noch bei unserer Flucht nützlich sein würde. Noch immer hatten wir keinen genauen Plan, wie wir entkommen sollten. Rund um die Uhr konnten sich Leute vor meiner Tür aufhalten. Wie konnte es eigentlich sein, dass niemand von diesem Labor hier mitbekam? In was für einer Einöde lag das Gebäude, dass niemand es entdeckte und Gerüchte darüber entstanden, die schließlich dazu führten, dass das alles aufgedeckt wurde? Ich hoffte, dass einfach ein SWAT-Team das Labor stürmen würde, so wie es immer in Actionfilmen passierte. Minho und ich würden dann die Hände heben und erklären, dass wir hier gegen unseren Willen festgehalten wurden. Wir würden unzählige Gespräche mit dem Geheimdienst führen und irgendwann dann endlich wieder ein normales Leben führen. Bevor ich zu sehr an diesem Wunsch festhalten konnte, schüttelte ich den Gedanken schnell wieder von mir ab. Wie konnte man hier entkommen? Durch die Lüftungsschächte würde ich mit Sicherheit nicht kriechen. In Filmen wurden sie immer schön silberglänzend dargestellt, in Wahrheit waren die engen Schächte aber voll von Staub, Spinnenweben und anderem Alptraumstoff. Im großen Hauptraum führte eine schwere Stahltreppe nach oben, das konnte ich vorhin flüchtig wahrnehmen.
"Wie hast du eigentlich gelebt, bevor das alles hier passiert ist?", fragte ich Minho, da ich mit meiner Planung einfach nicht voran kam. "Ich lebe mit meinen Katzen zusammen in einer kleinen Wohnung. Mit meinen Eltern habe ich mich vor mehreren Jahren komplett verkracht, dass ich sie irgendwann für immer aus meinem Leben verbannt haben. Es war dieses typische 'Bist du schon Doktor'-Gehabe und sie machten mich immer wieder runter, weil ich 'nur' Krankenpfleger geworden bin. Irgendwann hatte ich die Schnauze voll davon, mir anzuhören, dass ich nicht gut genug bin. Wie war es bei dir?", gab er die Frage an mich zurück, obwohl er eigentlich wusste, dass ich allein lebte. "Bei mir sieht es ähnlich aus, nur dass ich keine Katzen habe. Ich wollte mir eigentlich einen kleinen Hund zulegen, aber da ich noch nicht abschätzen konnte, wie es auf meiner Arbeit abläuft, habe ich es vorerst lieber gelassen. Naja und dass meine Eltern tot sind, weißt du ja bereits.", schloss ich meine Erklärung mit einem schwachen Lächeln ab. "Ich wette, Meine Katzen haben vor lauter Hunger schon die ganze Wohnung zerlegt und es ist alles abgebrannt.", reimte Minho sich zusammen und ich beruhigte ihn: "Keine Angst, du kannst bei mir wohnen. Das ist der Vorteil, wenn du Waise bist und erbst. Du hast genug Geld auf dem Konto, dass nicht mal auffällt, dass du vor ein paar Monaten entführt wurdest.". Wir schauten uns an, zuckten im selben Moment mit den Schultern und lachten daraufhin los. "Ich mag dich echt gern, Jisung. Schade, dass wir uns nicht auf anderem Wege kennengelernt haben.", gab Minho zu und ich bestätigte ihm, dass es mir genauso ging. Ich machte ihm den Vorschlag, dass wir zwei in einer WG leben sollten - Natürlich nachdem wir seine Katzen geholt hatten - und er stimmte dem ganzen freudig zu. Wir träumten dann noch ein bisschen davon, was wir alles Lustiges anstellen würden und es tat gut, endlich mal wieder ein so lockeres Gespräch zu führen.
Wie zwei Teenager bei einer Pyjama-Party saßen wir auf dem Bett und knautschten Kissen und Decke vor uns zusammen. Wir saßen hier schon ewig nebeneinander und unterhielten uns. Wir waren absolut auf einer Wellenlänge. Vielleicht war es auch einfach unsere missliche Lage, die uns so sehr zusammenschweißte. Minho schaute auf seine Armbanduhr und erklärte mir, dass er langsam gehen müsste, damit niemand skeptisch wurde. Ich bedankte mich bei ihm für alles, was er bisher für mich getan hatte und winkte ihm kurz zum Abschied. Dann schloss die Tür sich und ich hörte, wie er die Tür von außen verriegelte. Tatsächlich wurde ich dadurch etwas ruhiger, denn es konnte nicht einfach so jemand zu mir reinkommen. Zumindest ging ich davon aus. Ich verbrachte noch viele Stunden damit, mir auszudenken, wie die WG von Minho und mir aussehen würde, wenn wir unseren Plan wirklich in die Tat umsetzten konnten. Wir würden bestimmt beste Freunde werden, wir verstanden uns jetzt schon mehr als nur gut. Quietschend öffnete sich die Tür meines Zimmers und ich sah, wie sich lange Fingernägel durch den Spalt schoben und ein leises Klicken auf der Tür von sich gaben. Ihre bernsteinfarbenen Augen schienen durch die Dunkelheit und die Tür schob sich weiter auf. Die untere Hälfte ihres Gesichts hing in Fetzen und sie kam langsam zu mir gekrochen. Anstelle ihrer Beine zog sie ihre blutenden Gedärme hinter sich über den Boden. Sie kroch weiter zu mir und ich drückte mich fest in die Drähte, die über meinen Körper gespannt waren, sodass sie anfingen, sich in mein Fleisch zu schneiden. Ihre Hand ragte über den Rand des Bettes und sie packte mein Fußgelenk, an dem sie sich nach oben zog. Blut und Teile ihrer Eingeweide verteilten sich auf meinem Bein und sie zog sich näher und näher an mein Gesicht. Mit ihren blutverschmierten Händen griff sie nach meinem Geweih und drückte daran meinen Kopf nach hinten. Ihre kalte Zunge legte sich an meinen Hals und hinterließ eine nasskalte Spur.
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