2. Kapitel | Flucht
Und dann kam er in meine Richtung, mit langsamen, bedachten Schritten...
Na toll! Bestimmt würde er verlangen, dass ich die Sachen wieder zurückgab, oder, schlimmer, mich zur Polizei schleppen. Das würde ich aber ganz sicher nicht machen. Die würden mich wahrscheinlich erkennen und heimschicken. So schnell wie ich konnte, rannte ich davon, weg vom belebten Marktplatz in die Seitengassen. Er würde mich zwar eh nicht einholen, dachte ich, schliesslich war ich immer die Schnellste, aber trotzdem wollte ich auf Nummer sicher gehen.
Doch ich hätte nicht so siegessicher sein sollen. Anscheinend war er mir tatsächlich gefolgt, und er war...unnormal schnell. Ich erhöhte mein Tempo nochmal. Mit den Lebensmitteln unter meinem Hoodie war das gar nicht so leicht...verdammt. Aber ich konnte die Sachen ja auch nicht einfach fallenlassen. Dann müsste ich für heute nochmal klauen gehen.
Und obwohl ich eigentlich sehr gut im Klauen war, hatte ich immer schlechtes Gewissen. Aber ich brauchte die Dinge zum Überleben. Die Anderen bräuchten das Zeug ja nicht so dringend wie ich. Das redete ich mir zumindest immer ein.
"Rester debout!!", schrie er mir zu. Das hiess glaub ich so viel wie bleib stehen. Ich konnte nämlich recht gut Französisch. Aber ich würde jetzt sicher nicht stehen bleiben. "Rester debout!!", schrie er nochmals, diesmal lauter. Ich rannte schweigend weiter. Aber er holte immer mehr auf. Mist Mist Mist Mist. Also blieb mir nur noch ein Ausweg: Die Dächer von Paris. Ich analysierte die Umgebung. Da! An einer Wand waren ein paar Rohre befestigt, die stark genug aussahen, um mich tragen zu können. Nur noch ein paar Meter...blitzschnell wandte ich mich nach links und rannte noch schneller über den gepflasterten Weg, bis zu den Rohren.
Ich sprang so hoch wie möglich, dann kletterte ich so schnell ich konnte hoch. Leider verlor ich ein kleines Smoothiefläschchen, das mir an der Seite aus dem Hoodie herausfiel. Egal! Weitermachen! Nach ein paar Sekunden war ich oben angekommen. Einen kurzen Blick zum fremden Jungen erlaubte ich mir aber. Er stand ganz unten an der Wand und kletterte viel zu schnell hoch, fast so, als hätte er Erfahrung damit. Ich drehte mich um.
Die Dächer hier waren unübersichtlich, ich würde ihm schnell entkommen. Aber irgendwie war dieser Junge interessant...egal! Er würde mich wahrscheinlich nur festhalten und mich zwingen, zur Polizei zu gehen.
Schnell rannte ich weiter, weiter über die Ziegelsteine der Dächer. Zum Glück waren die gut befestigt.
Dachte ich zumindest. Bis ich nach ein paar Minuten des Verfolgens abrutschte. "Aaah!", rief ich! Ich konnte mich gerade noch so an einer rutschigen Dachrinne festhalten. Ich baumelte jetzt mehrere Meter über dem Boden. Meine Hand tat irgendwie so weh, und die Dachrinne war irgendwie glitschig...ich glaube, bald werde ich loslassen müssen. Und meine restliche Beute vom Markt ist mir aus dem Hoodie gefallen. Die lag jetzt auf dem Boden unter mir.
Dann hörte ich schwere Schritte vom Dach her. Ich hoffte, irgendwer würde mir helfen. Ich wusste, dass es der Junge war, hoffte aber trotzdem auf jemand anderen. Deswegen rief ich: "Hilfe!" Hoffentlich hörte derjenige mich. Eine Hand ergriff meine Hand und zog mich hoch zum Dach. Als ich das Gesicht desjenigen sah, erkannte ich den Jungen. "D-Danke", sagte ich ihm mit zitternder Stimme. Ups, das war Deutsch. Schnell auf Französisch wechseln... Ich sagte noch schnell: "Merci"
Meine braunen Haare hingen mir jetzt klebrig im Gesicht von der ganzen Aufregung. Er antwortete mir mit überraschten Gesichtsausdruck: "Na sowas, du kannst ja Deutsch!". "Ja", sagte ich schlicht. "Was machst du denn hier, so alleine ohne Eltern und am Klauen?" "Geht dich nichts an". Ich hatte jetzt echt keine Lust, zu Reden. "Und wie heisst du denn?", liess er sich nicht beirren. "Aki." Dann fielen mir sie Augen zu, ich fühlte mich schwindelig, weil ich eh schon schlecht geschlafen hatte, und ich heute noch nichts zu Essen oder zu Trinken hatte.
~~~
Ich stöhnte. Meine Augenlider waren so schwer...ich versuchte, sie zu öffnen.
"Ihre Augen haben gezuckt!", rief eine helle Jungenstimme neben mir. "Stimmt!", sagte ein Anderer, dessen Stimme ich glaubte zu kennen. Da fiel mir wieder ein: Ah ja, stimmt, der Junge mit den grünen Augen! Meine Augen öffneten sich langsam. Neben mir sassen drei Jungs. Der Eine, den ich schon kannte, und zwei blonde Jungs, die anscheinend Zwillinge waren, denn sie glichen sich sehr. Einer hatte eine grüne Haarsträhne, der Andere eine rote.
Plötzlich war ich hellwach. Wo war ich hier? Das Bett war weich...und die Decke hellblau gestrichen. "Hallo?", fragte Zwilling eins. Die Anderen, Zwilling zwei und der Geheimnisvolle, (ich beschloss sie vorerst so zu nennen) begrüssten mich auch. Ich sagte: "Hi!" und wollte aufstehen. Doch Zwilling zwei drückte mich an der Schulter wieder ins Bett zurück. Dazu sagte er: "Du bleibst jetzt erst mal liegen und ruhst dich aus!" "Ich bin aber ausgeruht" widersprach ich. Alle drei riefen gleichzeitig: "Nein, bist du nicht!" "Okay, dann bleib ich halt liegen..." Der Geheimnisvolle fragte mich: "Also, Aki, woher kommst du?"
"Wieso wollt ihr das wissen? Ich kenne euch ja nicht mal."
"Weil wir es verdächtig ist, dass ein so junges Mädchen allein auf den Strassen Paris' herumirrt. Ich bin übrigens Xaden," er zeigte auf sich "das ist Jack", er zeigte auf Zwilling eins mit der roten Haarsträhne "und das ist John" er zeigte auf Zwilling zwei mit der grünen Haarsträhne.
"Aha, und was wollt ihr von mir?", fragte ich mürrisch. "Wissen, was du so alleine auf den Pariser Strassen treibst", antwortete Xaden. "Ich lebe da, und das geht euch doch nichts an, oder?", maulte ich. "Doch uns geht es sehr wohl etwas an, du überlebst nämlich, indem du klaust!", meinte Jack. "Und? Das machen doch viele." "Ist trotzdem nicht in Ordnung.", sagte John. "Ausserdem hast du vor ein paar Tagen mein Geld geklaut!", meinte Xaden.
"Ich kann es dir vielleicht wiedergeben...wie viel habe ich dir denn genommen?", fragte ich kleinlaut und ein bisschen beschämt. "200 Euro", antwortete Xaden. "Oh...das warst also du...", murmelte ich leise. "Und? Gibst du mir das Geld?" "Ä-äh...also...das hab ich leider schon ausgegeben für meine Sachen", erwiderte ich ganz, ganz leise. "Was?! Du hast was?", rief er laut. "Tut mir leid.", flüsterte ich schuldbewusst.
Xaden sagte leise, aber nicht leise genug zu Jack und John: "Mrs. Roberts können wir auch nicht nach noch mehr Geld fragen." "Verdammt...", murmelte John. "Wir müssen kurz etwas besprechen", meinte er und sie gingen aus dem Zimmer.
Ich betrachtete das Zimmer. Wände und Decke waren hellblau gestrichen. Alle Möbel waren weiss. Nirgends Deko. Ziemlich klein. Wahrscheinlich ein Gästezimmer oder ein Hotelzimmer. Ich tippte auf Letzteres.
Weisse Bettwäsche. Alles sauber. Hmm...
Da mir langweilig war, spielte ich ein bisschen an meinem Medaillon herum. Es fühlte sich glatt und kühl zwischen meinen Finger an.
Die Tür wurde aufgerissen und John und Jack kamen hinein. Xaden war nicht dabei. Jack sah das Medaillon und schrie: "Woher hast du das? Hast du das auch geklaut?" Er deutete auf mein Medaillon."
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