31 Cate
Lio legt mir seinen Arm um die Schultern und verlässt mit mir das Hans, dessen Tür mit einem lauten Rums zufällt. "Hier entlang", sage ich und übernehme wieder das Steuer. Ich lotse ihn durch die Straßen, vorbei an Häusern, auf deren Wände die Bäume große Schatten gezaubert haben, vorbei an Büros, deren Zimmer auch zu dieser Stunde noch hell erleuchtet sind.
"Wo ist diese Kneipe?", fragt er, als wir in eine dunkle Gasse einbiegen. Unser Weg wird nur noch von einer einzelnen, alten Laterne erhellt. Die Häuser hier sind schon heruntergekommen, die Luft schmeckt muffig und staubig, die Vorhänge sind zerrissen, die Gärten verwildert. Wahrscheinlich entsprechen das so gar nicht dem Standard, den Lio gewohnt ist. Bestimmt wäre es ihm lieber gewesen, wenn wir in dem Büroviertel geblieben wären. Heimlich schmunzle ich. Hier in der Dunkelheit kann er mich sowieso nicht gut sehen.
"Wir sind gleich da", verspreche ich und biege in eine weitere Seitenstraße ein. Nein, Straße trifft es nicht. Eher Weg. Eng und klein. An den Rändern sammelt sich Müll. Lio's Hand ist ein wenig verschwitzt, als ich sie ergreife. Ihm scheint das hier alles gar nicht zu gefallen. "Das ist sie." Vor einem kleinen Haus bleibe ich stehen. Eine schiefe Lampe an der Tür erleuchtet den Eingang. Laute Stimmen und ausgelassenes Lachen dringt bis nach draußen. Ich kann Lio laut die Luft einsaugen hören, bevor er nickt und die Tür aufdrückt.
Wärme kommt uns entgegen. Unfassbare, fast schon kuschelige Wärme.
"Cate, süße Maus!" Edgar, ein alter Freund meines Vaters und Besitzer der Kneipe kommt auf mich zu und schlingt seine Arme um mich. Er riecht ein wenig nach Schweiß, ein wenig nach Bier und na ja ... nach Edgar eben, nach einem Abend vollkommener Freiheit. "Und wen hast du da mitgebracht?"
Lio fährt sich zerknirscht durch die Haare, bevor er ihm die Hand reicht. "Lionel, freut mich sehr."
Edgar bricht in lautem Gelächter aus. Okay, heute hat er definitiv schon einen intus. Vielleicht auch besser so. "Einen sehr galanten Burschen hast du dir da ausgesucht, Cate." Neckend verpasst er ihm einen Schlag auf den Rücken. Einen kräftigen. Mist. Einen zu kräftigen. Lio fällt nach vorne, ich packe ihm am Shirt und kann so gerade noch verhindern, dass er mit Gesicht nach vorne auf den schmutzigen Kneipenboden donnert. "So, so, du passt also auf ihn auf, nicht umgekehrt. Wieso konnte ich mir das schon denken?", fragt er mit dem typischen, stichelnden Grinsen.
"Edgar", ermahne ich ihn.
"Schon gut." Beschwichtigend hebt er die Hände, bevor er Lio's Hand ergreift. "Mich freut es ebenfalls, junger Herr. Setzt euch doch. Ich hole euch etwas zu trinken."
Ich nicke und schiebe Lio den schmalen Durchgang zwischen Stühlen und Bartheke entlang. Auf halber Strecke hält mich Edgar zurück. "Eine sehr gute Kinderstube hat er da genossen, dein Freund. Wie ein kleiner Prinz."
Am liebsten würde ich ihm sagen, dass es sich bei meinem Freund auch um einen Prinz handelt, doch ich lasse es. Was ich heute Abend sicherlich nicht brauche, sind Diskussionen mit Edgar und die interessierten Blicke schaulustiger, besoffener Typen.
In einer fließenden Bewegung schwinge ich mich neben Lio auf einen der Barhocker. "Von wo kommt eigentlich diese Musik?", fragt er und sieht sich verstohlen um.
Meine Lippen verziehen sich zu einem wissenden Grinsen. "Das wirst du schon noch sehen. Denn nur, um etwas zu trinken, habe ich mich sicher nicht rasieren lassen."
Jetzt grinst auch Lio.
"Ein Bier für dich, junger Herr?", fragt Edgar.
Hastig schüttelt Lio den Kopf. "Ich trinke nicht."
"Hast du es denn schon mal versucht?"
Wieder schüttelt er den Kopf.
„Und du willst nicht einmal an einem Glas nippen, nur um es zu versuchen? Dann weißt du, ob es dir gefällt oder nicht."
Ich sehe, wie Lio mit sich kämpft. "Ich ..."
"Ich trinke auch nicht, Lio. Und wenn du nicht willst, musst du auch nicht. Für mich bitte ein Wasser. Aber mit viel Eis, Edgar."
Edgar grinst. "Mit extra Eis. Geht klar. Und für dich, Lio?"
"Dasselbe, bitte."
Als Edgar nickt, entspannen sich Lio's seine Züge leicht. "Hier." Er stellt uns zwei Gläser hin.
"Wo bleibt mein Bier?", grölt ein Mann aus der anderen Ecke des Raumes und Edgar schnaubt.
"Einen Moment!" Jetzt wendet er sich wieder uns zu. "Also, was verschafft mir die Ehre, dass ihr beide meine bescheidene Kneipe besucht?" Er klimpert mit den Wimpern und ich kichere leise.
"Ich wollte ihm ... den Nebenraum zeigen."
Auf seinen Zügen breitet sich ein breites Lächeln aus. "Den Nebenraum, so so. Na dann viel Spaß euch beiden." Mit diesen Worten zapft er ein Bier in ein leeres, etwas siffiges Glas und bringt es an einen der Tische.
Ich erhebe mich von meinem Barhocker, wobei mein Kleid ein Stück nach oben rutscht, dann trete ich hinter die Theke und nehme einen Stift heraus. "Damit wir nachher unsere Gläser noch erkennen", sage ich und beschrifte sie. Seins mit Lio, meins mit Cate. Dann packe ich ihn am Arm und führe ihn zur Tür, die an den Nebenraum grenzt.
Hi, ich hoffe, dir gefällt das Kapitel. Wenn ja, dann lass doch einen Kommentar oder ein Sternchen da. In nächster Zeit werden wieder mehr Kapitel kommen, im Moment ist bei mir privat ziemlich viel los. Na ja, wie auch immer.
Lio ist also tatsächlich mit in die Kneipe gekommen, ganz ohne Begleitschutz. Aber ob es wirklich eine so gute Idee war, die Gläser der beiden unbeaufsichtigt zu lassen?
Forstsetzung folgt ... <3
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