Shitty Telefonat
Die Wohnung war leer, als ich ankam. Waren die schon wieder saufen? Musste wohl so sein, Après Ski wurde ausgekostet anscheinend. Na gut, eh besser für mich, hatte ich meine Ruhe. Ich snackte mir etwas zum Essen und haute mich dann vors Handy, um abzuchecken, ob T schon ready fürs Telefonieren war. Nach einigen Minuten schrieb er mir zurück und zack, schon war der Anruf gestartet.
"Hallo!", grüßte ich breit lächelnd T, der mit zerzausten Haaren in die Handykamera glubschte.
"Hi Guk, Baby", erwiderte er und winkte mir kurz.
Ich setzte mich aufrecht auf die Couch und musterte ihn für einen Augenblick. Ziemlich verpennt sah er aus, aber sein Lächeln war zufrieden wie eh und je. Und obwohl es nur sein Bild am Handy war, fühlte ich mich trotzdem besser. Nicht dass es mir davor schlecht gegangen war, nein, aber sein Anblick gab einfach diesen gewissen Push.
"How you doing?", fragte ich ihn fröhlich und sah aufmerksam auf den Bildschirm.
"I'm good, bisserl müde noch von gestern, aber gut. Wie schaut's bei dir aus?"
"Mir geht's auch gut. Wieso bist du müde? Konntest nicht gut schlafen?"
"Nein, nein, ich war nur gestern noch mit meinen Freunden ausm Dorf bisschen länger auf. War sehr funny, ich war ziemlich drunk haha und wir waren mitten in der Nacht noch im Pool"
"Bei der Kälte?!"
"Ja haha, hat uns nix mehr gemacht. Simon hätte fast in den Pool gekotzt, aber er hat sich grad noch zurückhalten können und es ist nur der Busch geworden. Und wir haben dann auch noch so Dart gespielt und ich hab die alle abgezogen, ich sag's dir! Boah und Matteo hat die Shisha umgeworfen, dann sind die Kohlen auf den Holztisch geflogen und jetzt sind da zwei Brandflecken. War wild, aber ultra funny", erzählte T, den die Erinnerung an die vergangene Nacht anscheinend noch immer ganz aufgedreht machte. Hm, war irgendwie ein bisschen weird, das alles zu hören.
"Schön, dass du Spaß hattest", meinte ich halblächelnd und war bemüht, meinen positiven mood beizubehalten, "Kannst ja heute den Schlaf nachholen"
"Na ja, eher nicht. Die Jungs kommen nachher zu mir, auch heute gibt's keine Gnade, befürchte ich haha"
"Ach so...na ja, viel Spaß dann heute"
"Danke. Was geht bei dir, wie war dein Tag?"
"Mein Tag war eigentlich gut. Ja, ich war so am Berg und hab dort eine ältere Frau getroffen, Martha heißt sie. Wir haben so gemeinsam die Sterne angeschaut und sie ist echt cool. Himmel war so schön dort oben"
"Hey, das klingt cool"
"Ja, voll. Man konnte sogar die Milchstraße mit bloßem Auge sehen. Ah ja und sie hatte ein Teleskop dabei, damit konnte ich so coole-"
"Ah, warte, Guk", unterbrach T mich mitten in der Erzählung, "Es läutet wer an der Tür, ich schätze, das ist Matteo, der wollte schon früher vorbeikommen. Können wir das morgen fortführen?"
"Äh okay, ja klar", stimmte ich etwas verdutzt zu.
"Okay, dann bis morgen. Hab dich lieb"
"Hab dich auch lieb", konnte ich noch schnell sagen, bevor T auch schon aufgelegt hatte.
Was...was war das gewesen? Irgendwie fühlte sich das ganz komisch an in mir. Zuerst die Saufstories mit seinen Freunden und dann das abrupte Ende. Überrumpelt starrte ich auf den Handybildschirm. I mean, ja es war nicht seine Schuld, wenn sein Freund da plötzlich vor der Tür stand, dann konnte man den obviously nicht dort warten lassen. Aber trotzdem merkte ich, wie mich die Situation irgendwie runterzog. Man, hatte mich schon gefreut, mit ihm zu reden...
Ich seufzte tief und legte mich nach hinten auf die Couch, den Blick steif auf die Decke gerichtet. Hatte er vielleicht nicht so wirklich Bock, mit mir zu telefonieren? Uff, nein, das war ein gemeiner Gedanke, das war sicher nicht so. T mochte mich ja, es war einfach nur ein dummes Timing gewesen, hatte sicher nichts mit mir zu tun. Hatte nichts mit mir zu tun, hatte nichts mit mir zu tun. Ach fuck, warum ging es dann nicht in meinen Kopf rein?
Frustriert rollte ich mich auf die Seite und schloss meine Augen. Meine Brust verengte sich zusehends, so sehr ich auch logisch dagegen vorgehen wollte. Ich wusste doch, dass T mich liebte, da brauchte ich mich wegen so eines kleinen Ausrutschers keine Sorgen zu machen. Aber trotzdem konnte ich nicht anders und zerfetzte schon wieder die Haut bei meinen Fingernägeln, kaute an der Innenseite meiner Wange.
Hatte er wirklich keinen Bock auf mich? Na ja, wär irgendwie naheliegend, das war ja immerhin der Grund, warum ich hier in Kitzbühel hockte und nicht bei ihm. Vielleicht interessierte es ihn ja gar nicht, was ich für coole Konstellationen im Himmel heute gesehen hatte. Sonst hätte er ja auch, keine Ahnung, seinem Freund kurz aufmachen und dann weiter mit mir telefonieren können. War ja auch möglich. Aber es kam mir irgendwie so vor, als hätte er mehr Lust auf Saufen mit denen, als auf Talken mit mir.
Fuck, das schnitt tief ins Herz. Nein, das war sicher nicht so. Er liebte mich, T liebte mich. Es gab nichts zu befürchten. Nichts, nichts, nichts. Aber was, wenn er wirklich mehr Spaß mit denen hatte als mit mir? So aufgeregt, wie er vom gestrigen Abend erzählt hat, hatte ich ihn auch schon lang nicht mehr erlebt. Er war ja komplett hooked. Vielleicht bemerkte er, dass er mich eigentlich doch gar nicht so cool fand. Vielleicht enjoyte er die Zeit mit seinen Freunden mehr als mit mir...
Nein, selbst wenn er jetzt ultra viel Spaß mit denen hatte, T und ich hatten ja viel mehr als zwei, drei geile Tage, uns verbanden Monate von Beziehung, Austausch von Intimitäten und fettes Vertrauen. Das würde ja nicht gegen diesen kurzen Spaß verlieren, das sah T doch sicher genauso. Er war ja ein guter Mensch, eine treue Seele, er würde mich nicht einfach so fallen lassen.
Doch dann kickte wieder die Erkenntnis, dass er mich ja irgendwie schon fallen gelassen hatte. Als Miri und die ganze Truppe mich geholt hatten und er sie nicht aufgehalten hatte. Damn, das tat wirklich weh, mehr als ich es zugeben wollte. Es fühlte sich wie Verrat an. Und während ich hier eine höllisch schwere Zeit ohne ihn durchmachte, die Nacht durchgeweint hatte und um jede Minute froh war, in der ich nicht von Sehnsucht nach ihm zerfressen wurde, spazierte er einfach in der Weltgeschichte herum, saufte sich mit Freunden an und schenkte mir nicht mal fünf Minuten seiner Zeit. Man, ich fühlte mich so scheiße. Es war legit alles nur meine Schuld, ich hatte unsere komplette Beziehung versaut. Ich musste das wieder hinkriegen, ich musste mich fixen, sonst würde ich T vielleicht wirklich verlieren.
Tränen traten mir in die Augen allein beim Gedanken daran. Das durfte nicht passieren, ich konnte mir ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Ich musste T schreiben, mich entschuldigen. Ich musste ihm mitteilen, dass ich an mir arbeiten würde. Schnell holte ich mein Handy wieder hervor und begann zu tippen.
taehyung, es tut mir leid, dass ich so ein kack freund bin...ich werd mich bessern bitte gib mir noch etwas zeit, ich bekomm das hin
magst du deine freunde mehr als mich? (kannst ganz ehrlich antworten, wirklich)
Ich konnte nur hoffen, dass er auf meine Frage mit Nein antworten würde. Ich wusste nicht, wie ich ein Ja verkraften sollte.
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