Nächtlicher Spaß
Tae und ich lagen quer übereinander auf seinem Bett, sodass wir von oben wahrscheinlich wie ein Pluszeichen aussahen. Er kreuzte meinen Bauch auf mir, die nackte Haut seines Rückens klebte an meinem tummy. Meine Hand hatte ich auf die leichte Wölbung seines Beckenknochens gelegt.
Es war tiefste Nacht mittlerweile, selten fuhren Autos vorbei. Wir hatten das Licht abgeschaltet und waren im Dunklen. Wobei es ja gar nicht so dunkel war. Von der Straße drang etwas Laternenlicht herauf, der Mond hatte sich auch gezeigt. In einem metallischen Grau hoben sich also die Umrisse vom Schwarz der Nacht ab und auch Taes Haare reflektierten silbern das Licht.
So viel hatte er mir von sich gezeigt. Wie seine Anschauungen dem Leben gegenüber aussahen, wie er sich selbst als Teil von dem Ganzen sah und was ihn selbst am Leben hielt. Ich hatte das Gefühl, in dieser Nacht wirklich Taehyung kennen zu lernen. Es waren nur wir beide. Nur wir beide und die gekritzelten Schlagworte an seiner Wand. Das war er.
Und gleichzeitig war er das auch nicht. Denn wie hatte er es mir vorher nicht erst erklärt? Alles veränderte sich. Das beinhaltete dann wohl auch ihn, würde ich sagen. Vielleicht bedeuteten ihm schon morgen diese Begriffe nichts mehr. Aber das war egal. Dann könnte er mir ja einfach seine neuen Ansichten beschreiben.
"Wir bleiben schon die zweite Nacht hintereinander so lange wach", meinte Tae und ich sah, dass seine Wangen ganz rund waren, wahrscheinlich lächelte er gerade, "Und trotzdem bin ich kein bisschen müde"
"Same. Weißt du, was lustig ist?"
"Hm?"
"Gestern konnte ich dann sowieso nicht mehr schlafen"
"Wieso nicht"
"Sexual tension", erklärte ich schlicht und ließ meine Hand von seinem Becken zum Oberschenkel wandern.
"Hättest mich halt aufgeweckt"
"Na, hab auch an Miri denken müssen"
Da wurschtelte Tae sich von mir runter und änderte seine Liegeposition, sodass er jetzt seitlich mit dem Kopf auf meinem Bauch und zu mir gerichtet dalag. Die schwach sichtbaren Konturen seines Körpers sprachen mich an und ich platzierte meine Hand als nächstes auf seiner Taille.
"Bist noch traurig?", fragte Tae und spielte sich mit seinen Fingern an meinen Rippen.
"Na ja...schwer zu sagen. Gestern, also es hätte sich irgendwie weird angefühlt, was mit dir zu starten. Drum war ich so hin und her gerissen. Heut denk ich nicht an Miri, wenn ich dich berühr. Vielleicht bin ich drüber hinweg, vielleicht liegt's auch nur am Schlafentzug, who knows, aber es passt, so wie es jetzt ist"
"Dann ist ja gut"
Ja, es war gut. Ich fühlte mich wohl und auf eine gewissen Art befreit. Gut für mich. Irgendwie hatte ich Lust, Tae etwas Persönliches von mir zu zeigen. Meinen Körper kannte er, ich dachte eher an persönliche Dinge, die sich in meiner mind abspielten. Hm, was ich ihm wohl erzählen könnte?
"Denkst du viel nach?", holte er mich aus meinen Überlegungen.
"Hm, na ja...manchmal schon. Wenn mich Sachen interessieren, denk ich auch viel über sie nach"
"Und bei Entscheidungen? Wie entscheidest du?"
"Keine Ahnung, ich frag mich halt, was mir am besten gefallen würde und das mach ich dann. Bin da eher ein Bauchmensch. Wie schaut's bei dir aus?"
"Hm, ich overthink schon manchmal. Ich entscheid halt auch nicht gern haha"
"Ah ja, das hast du mal erwähnt. Dass du dich nicht festlegen willst", erinnerte ich mich und war fast selbst erstaunt von meinem Gedächtnis.
"Ja genau. Ich probiere lieber herum. Drum find ich's auch cool, wenn du mir über Physik erzählst. Oder über irgendwas anderes"
"Freut mich", uwute ich und fuhr zärtlich mit den Fingerspitzen durch seine im Mondlicht silbrig schimmernden Locken. Ich berührte Tae gern. Und ich hatte es auch gern, wenn er mich berührte. "Kann ich ein Foto von dir machen?"
"Hm, klar. Wenn man bei dem Licht überhaupt was erkennen kann"
"Das geht schon", meinte ich nur und streckte mich zum Nachtkästchen, wo mein Handy herumlag.
Ich entsperrte es kurz, ging auf die Kamera und stabilisierte es auf meiner Brust, damit ich ein scharfes Foto von Tae machen konnte. Diesen Moment wollte ich festhalten, also drückte ich zwei-, dreimal auf den Auslöser, während er mich mit dem gleichen wachsamen Blick wie üblich ansah.
"Und? Erkennt man was? Zeig mal", sprach Tae und rappelte sich auf, um die Fotos anzuschauen.
Nur wusste er nicht, dass ich mittlerweile auf Filmen umgestellt hatte und ihn dabei aufnahm, wie er seinen Kopf von meinem Bauch hob und zu mir kraxelte. Ich krümmte mich etwas weg von ihm und hielt die Handykamera weiterhin auf ihn.
"Hey, filmst du?", erkannte er skeptisch und fuchtelte ein bisschen mit den Händen herum.
"Vielleeeicht", meinte ich nur langezogen und musste grinsen.
"Frech!"
Nach Taes Beschuldigung vergrößerte sich mein Grinsen nur und ich zoomte ganz nah an sein Gesicht heran. Er hatte aber anscheinend eine Idee zum Gegenschlag und sprang energisch auf die Beine, hüpfte auf der quietschenden Matratze herum, wodurch ich ihn nicht im Bild behalten konnte. Mein ganzer Körper federte mit, wenn er landete und absprang, ein paar Mal strauchelte er auch und wäre fast hingefallen, aber die Gelenke versagten in letzter Sekunde dann doch nicht. Da das Filmen so keinen Sinn hatte, beendete ich das Video und sah Tae lachend dabei zu, wie er gummiartig am Bett herumsprang.
"Du bist wohl wirklich gar nicht müde", schmunzelte ich.
"Sleep is for the weak", postulierte Tae, kam dann aber doch zur Ruhe und setzte sich neben mich im Schneidersitz. Er beugte sich runter zu mir und küsste meine rundliche Nasenspitze. Mein Lächeln wurde nur größer.
"Geh mit mir auf ein Date. Am Wochenende", schlug ich vor und stellte meine Knie auf.
"Hm, vielleeeicht", flötete er schelmisch und tapste mit seinen Fingerspitzen in meinem Gesicht herum, als wäre ich eine Klaviertastatur.
"Wir könnten Pläne für die Flugmaschine machen. Ich borg paar Bücher in der Bib aus und geht schon"
"Okay, bin dabei", willigte Tae dann doch euphorisch ein und gab mir noch ein Bussi auf die Nase. Diese Flugmaschine schien im echt viel zu bedeuten, hm? "Jetzt zeig mir die Fotos"
"Alright, here you are", sagte ich und reichte ihm mein Handy.
"Code?"
"090119"
"Passt, danke"
Tae sah kurz die Bilder, die ich von ihm gemacht hatte, durch und spielte auch das Video ab. Wir mussten beide lachen, als wir uns da so herumblödeln sahen beim Filmen. Vor allem sein wildes Gehüpfe sah unglaublich lustig aus, so schlecht wie ich es gefilmt hatte. Na ja, mit meiner Sony wären die sicher qualitativ hochwertiger geworden, aber die zog ich nicht jeden Tag mit mir.
"So, jetzt du", verkündete Tae und richtete die Handykamera von oben auf mich.
"Alrighty"
Er drückte ein paar Mal auf den Bildschirm, während ich einfach wie vorher zu ihm aufsah. Dann kam er immer näher mit dem Handy, bis er Close Ups von meinen Nasenflügeln, Lippen und Augenbrauen schoss. Belustigt ließ ich das ganze über mich ergehen. Nur als er unabsichtlich das Handy auf mein Gesicht fallen ließ, zuckte ich dann doch zusammen.
"Fuck sorry", entschuldigte er sich sofort und tätschelte vorsichtig meine Wange.
"Lol, macht nix"
Tae legte mein Handy wieder auf das Nachtkästchen und droppte sich dann neben mich im rechten Winkel, sodass wir diesmal wahrscheinlich wie ein L von oben aussahen. Ich hatte nämlich meine Beine noch immer angewinkelt. Tae spielte derweil an meinem Ohr herum, zog an meinem Ohrläppchen, fuhr mit dem Finger die Wölbungen der Muschel nach und knickte es an manchen Stellen vorsichtig um. Das Ohr war ein heikles Organ, aber ich vertraute ihm, dass er keine Ambitionen hatte, mich taub zu machen.
Und so verbrachten wir die Nacht bis zum Morgengrauen. Machten Blödsinn, fingerten am Körper des jeweils anderen herum, redeten und verabschiedeten uns vom Schlaf. Wie gesagt, Müdigkeit spürte keiner von uns, also hatten wir Spaß, während um uns herum ganz Wien im Traum lag.
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