Kapitel 72 🎈
Mit Jo war nicht mehr viel zu reden, dennoch habe ich eingewilligt und bin nun wieder auf dem Weg in die Cafeteria. Ich habe bären hunger.
Doch auf dem Weg dorthin muss ich wieder an Laurel vorbei die wieder mit jemandem spricht die einen Ausweis von Stanford um den Nacken trägt. Meinem Traumcollege.
Das war mein Traum dort hin zu fahren und meine Freizeit am Strand von Kalifornien zu verbringen. Dort zu studieren wäre einfach unglaublich. Aber eben, wie gesagt, es wäre in Kalifornien. Mit meiner Krankheit unvorstellbar. Es ist ja noch nicht einmal möglich auf irgendein College zu gehen. Auch wenn es eines geben würde, welches direkt um die Ecke wäre, es würde nicht gehen. Ich brauche mir gar keine Hoffnungen zu machen.
Wenigstens kann ich mir dafür die Zeit sparen um Bewerbungen zu schreiben.
Positiv sehen. Wenn das überhaupt möglich ist.
Dieser heutige Tag bereitet mir übelst Depressionen, da ich all das sehen kann, was ich immer wollte aber nie haben kann.
Ein normales Leben.
Und trotzdem muss ich immer aufrecht gehen, lächeln und mir nichts anmerken lassen.
„Taylor Claywell? Warten Sie kurz!", höre ich eine weibliche Stimme hinter mir und ich drehe mich schnell um.
Bilde ich mir das jetzt ein? Es ist die Frau mit dem Stanford Ausweis. Woher kennt die denn meinen Namen und noch viel wichtiger, wieso ruft sie den? „Ja?", ich bin verwirrt. Meint sie wirklich mich?
Sie lässt Laurel stehen, welche noch lange nicht alles gesagt hat, und kommt zu mir und gibt mir die Hand: „Hi, ich bin Angela Gold, Vertreterin von Stanford. Du bist also Taylor Claywell?"
Schüchtern ergreife ich ihre Hand: „Ja, woher kennen Sie mich?"
„Ich habe von dir gehört. Es heisst, du seist eine der aufrechtesten, fleissigsten und sozialsten Schülerin hier an dieser Schule? Da wollte ich dich kennenlernen. Ich war schon bei deiner Präsentation über Leukämie, es war unglaublich interessant. Wie bist du denn auf dieses Thema gekommen?", sie redet so, als würde sie mich schon ewig kennen und überfordert mich nur umso mehr.
Hätte ich kein Krebs, wäre sicher alles ganz anders. Ich würde mich sofort auf das Gespräch einlassen und sie beeindrucken wollen, doch was bringt mir das jetzt noch?
Laurel eifersüchtig machen?
Ist gar nicht mal so eine schlechte Idee. Ausserdem könnte ich so herausfinden, ob ich es schaffen könnte. Ob ich tatsächlich so gut bin.
„Tut mir leid. Ich rede wieder viel zu viel. Aber das ist nun mal meine Aufgabe hier. Hast du irgendeine Frage an mich?", plappert sie weiter.
Die muss ja viel über mich gehört haben, so wie sie auf mich einredet: „Habe ich allerdings. Was und vorallem von wem haben sie den von mir gehört? Ich meine, wir sind uns noch nie zuvor begegnet."
Sie lacht auf und lässt so ihre langen blonden Haare von ihre Schultern fliegen: „Ja, das überrascht dich. Nun ja, wir bekommen ein paar Akten von den Schulleitern und Lehrern zugeschickt, die wir studieren, bevor wir hier herkommen. Je nach dem was einem mehr interessiert oder zum College passt, suchen wir Schüler die besonders gut in Sport, Naturwissenschaften oder Biologie sind. Und du bist nunmal die, die ich gesucht habe. Deine Akte hat mich beeindruckt. Vor allem die Kommentare der Lehrkräfte. Du fällst nicht selten positiv auf und das gefällt mir. Hast du sonst noch Fragen?"
Kommentarlos schüttle ich den Kopf.
„Okay, darf ich dich dann was fragen?", mit einem netten Blick sieht sie mich an: „Willst du nach Stanford?"
War das gerade ein Angebot? Wenn ja, so leicht ist es an meinem Traumcollege angenommen zu werden? Oder denkt sie einfach, ich sei nicht interessiert an diesem Gespräch, da ich bis jetzt noch nicht sehr viel gesagt habe?
Sie wartet gespannt auf meine Antwort. Sie sollte auch langsam kommen. Aber wie soll ich ihr antworten?
„Also wenn du nicht willst, ist das auch kein Problem. Ich habe nur gehofft, jemanden zu finden mit deinem Potential. Aber dir muss klar sein, dass das noch kein Angebot war. Du müsstest wie alle anderen eine Bewerbung schreiben. Ich könnte dir nur eine Referenz geben. Aber die kriegst du nur, wenn du auch wirklich willst.", füllt sie die Schweigepause zwischen uns. Aber langsam sollte ich wirklich antworten. Und zwar mit der Wahrheit: „Stanford ist mein Traumcollege. Seit ich klein war wollte ich dort studieren gehen. Nicht nur, weil meine Eltern dort waren, sondern auch weil sie genau zu mir passen würde."
„Sehr gut. Und wo ist dann das Problem?"
„Das Problem ist, ich werde an gar kein College gehen. Jedenfalls noch nicht."
„Du willst also ein Jahr Pause machen und dann erst kommen. Auch kein Problem. Was willst du denn in diesem Jahr machen?", fragt sie nach und erwartet höchstwahrscheinlich eine typische Antwort wie zum Beispiel reisen gehen oder so was. Doch da muss ich sie aber leider enttäuschen: „Nein, es ist... es ist alles ein bisschen komplizierter als sie denken."
Sie legt ihren Kopf etwas schief: „Wie wärs wenn wir einen kleinen Spaziergang machen, an einen Ort wo nicht so viele Menschen sind?"
Angela Gold macht einen wahnsinnig netten Eindruck und ich willige ihrem Vorschlag sofort ein. Und nur wenig später gehen wir nebeneinander über die Wiese vor unserer Schule: „Also, hier kann man doch reden. Was wolltest du mir sagen?"
Etwas mit wollen war nie die Rede. Und ich weiss nicht, ob ich ihr die Wahrheit erzählen kann, denn ich kenne sie überhaupt nicht! Ich habe sie noch nie zuvor gesehen!
Aber sie ist so lieb und beginnt wieder zu reden, damit ich nicht muss: „Ich weiss es ist schwer. Aber vertrau mir, wenn du es einmal laut aussprichst wird sich alles zum Guten wenden."
Ich atme nochmals tief ein. Vielleicht hat sie ja recht: „Ich werde auf kein College gehen, weil... weil... ich... weil ich zuerst meinen Krebs bekämpfen muss." Und Zack ist es ausgesprochen. Ich habe es tatsächlich über meine Lippen gebracht. Ich habe es einer wildfremden Person erzählt. Und jetzt?
Jetzt lächelt sie mich an? Wieso lächelt sie? Ist daran was lustig?
„Danke. Und wie fühlt es sich an, es ausgesprochen zu haben?"
Fragezeichen? Hä? Wusste sie es schon? Stand das etwa auch in meiner Akte?
„Ich versteh, dass ist schwer für dich, aber der Krebs ist nun mal ein Teil von dir. Daran kann man schlecht was ändern. Ich wusste von deiner Krankheit aus deiner Akte und trotzdem wollte ich dich. Das macht dich noch aussergewöhnlicher. Deine Gesundheit geht vor, aber wenn du doch noch aufs College willst, nimm doch meine Karte an dich und ruf mich an wenn du bereit bist. Ich kann dir helfen.", sie streckt mir ein kleines Kärtchen aus dickem Papier entgegen, welches ich an mich nehme.
Liegt es an mir oder sind alle Menschen so kompliziert?
Angela Gold verabschiedet sich wieder von mir und begibt sich erneut ins Schulgebäude.
Ich frage mich ja, was stand denn noch so in meiner Akte? Die muss es ihr wohl echt angetan haben.
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