Kapitel 56 🎈
Ich schreie wie ein kleines Kind nach meinem Dad, der schnell in mein Zimmer gerannt kommt, als ginge es um Leben und Tot: „Was ist los? Oh, wie es aussieht habt ihr schon Bekanntschaft gemacht."
Was? Er kennt diesen Idioten? Hat er ihn etwa eingeladen oder was? Was auch immer er gesagt hat, mein Zimmer ist für ihn Tabu! Für jeden der nicht eine persönliche Einladen von mir bekommen hat oder mit mir befreundet ist. Meine Freunde tun sowieso immer was sie wollen. Aber er ist kein Freund von mir, deshalb ist er ihm auch nicht genehmigt. „Dad, wer ist der Kerl und wieso ist er in meinem Zimmer? Und wieso hast du mich in der Schule stehen lassen?"
„Tut mir leid, Spatz, aber es ist was dazwischen gekommen. Ich musste Jo vom Flughafen abholen."
Jo? Nennt sich der Idiot so? Ist auch nicht wichtig. Wieso musste mein Dad ihn am Flughafen abholen? Das gibt doch keinen Sinn. Und wieso ist er jetzt hier? Macht er hier in unserer Familie Urlaub oder was? Dann soll er in den Keller oder in die Garage aber nicht in mein Zimmer! „Du hast mich einfach stehen lassen! Ben musste mich nach Hause fahren."
„Und wo liegt da dann das Problem?"
„Nicht so wichtig.", das ist ein Thema welches dieser Jo ganz sicher nicht angeht, also weiche ich da so geschickt es geht aus: „Heute ist überhaupt nicht mein Tag. Alles was ich wollte ist so schnell es geht nach Hause gehen und ein bisschen chillen und herunterkommen. Doch dann komme ich zuerst nicht nach Hause und dann steht da auch noch ein Fremder in meinem Zimmer. Bei dem ich übrigens immer noch nicht weiss was er hier tut." Meine Nerven sind am Ende. Ich habe keine Geduld mehr mit allen Menschen um mich herum und möchte am liebsten nur noch schreien. Warum gehen die denn nicht endlich?
„Ja, darüber wollten deine Mutter und ich sowieso noch mit dir sprechen. Eigentlich wollten wir zuerst noch nach deiner Meinung fragen, doch dann ging alles plötzlich so schnell und wir hatten keine Gelegenheit mehr es dir mitzuteilen.", Dad beginnt um den heissen Brei zu reden. Das hilft mir aber nicht weiter. Was will der hier und wieso steht er immer noch hinter mir?
Und er soll aufhören meine Fotos zu betrachten! „Kannst du mal damit aufhören? Ich mag das nicht!"
Doch er grinst mich nur wieder an und ignoriert meine Bitten und Befehle weiter. Was für ein Arschloch.
Sorry meine Ausdrucksweise. Da spricht die Wut aus mir.
Aber es ist die Wahrheit.
„Jo, bitte, lass uns für eine Sekunde alleine.", bittet mein Dad ihn höflich und er geht tatsächlich. Doch sein dämliches Grinsen hätte er sich sparen können. Dafür kommt meine Mutter: „Oh, was habe ich verpasst?"
„Nichts. Du kommst genau richtig.", meint Dad und gibt ihr das Zeichen, dass sie hineinkommen soll: „Setz dich doch, Liebes."
Etwas misstrauisch setze ich mich auf die Bettkante: „Also? Was macht er hier?"
Ich werde fast in einem Elternsandwich eingeklemmt, da Dad rechts und meine Mam links von mir Platz nimmt.
Mam gibt meinem Dad mit einem Blick zum Verständnis, dass er beginnen soll: „Also... es ist so. Im Irak habe ich einen anderen Soldaten kennengelernt. Er war schwer verwundet und ich habe ihn versorgt. Er erzählte mir, dass sein Sohn und er ganz alleine sind und wenn er es nicht schafft, es niemand mehr gibt, zudem er kann."
„Und jetzt wohnt er hier?", folgere ich aus seiner Geschichte heraus. Das will ich aber nicht!
„Ja, er ist wie Julia. Ihr konnten wir helfen, ihm vielleicht auch.", oh Gott, jetzt zieht Mam auch noch Julia mit hinein. Das ist nicht fair. Sie war nie so eine Idiotin. Sie war kein Problemfall und er scheint definitiv eines zu sein. Mit seinen Tatoos und dem Gestank der Zigaretten. Und so jemand wohnt jetzt hier bei uns. Ich habe wirklich nichts zusagen hier in dieser Familie. Was hat Julia eigentlich dazu gesagt? Weiss sie es überhaupt?
„Was sagt Julia dazu?"
„Sie ist einverstanden, da sie seine Situation nachvollziehen kann."
„Ach, Spätzchen, sei doch jetzt nicht so. Das wird bestimmt ganz toll werden. Gib ihm Zeit.", Mam redet weiter auf mich hinein, als könnte sie an meiner Meinung etwas ändern können.
Doch dann wechseln meine Eltern ihre Blicke und als ich schon was böses ahnte, rufen beide im Chor: „Taylor-Kuscheln!" Und wie auf Kommando stürzen sie auf mich und drücken und küssen mich. Beim Versuch zu flüchten fliegen wir alle drei nach hinten auf mein Bett. Ich muss so sehr lachen von dieser Aktion. Das haben sie schon seit Jahren nicht mehr gemacht. Ich versuche mich durch strampeln und schreien zu befreien, doch es hilft alles nichts. Ich bin dem Untergang geweiht. War ein schönes Leben. Meistens.
Der Schriftzug auf meinen Grabstein verändert sich jetzt wahrscheinlich in: Gestorben duch zufesten Knuddeln der Eltern.
Ich werde kreativer. Aber nur in ganz langsamen Schritten.
Aber ich habe Glück. Irgendwann, kurz vor meinem Tot, hören sie doch noch auf und ich muss erst noch Luft holen. Doch dann kriege ich eine bessere Idee. Ich täusche Schnappatmung vor und lege mich übertrieben krank hin, als würde ich echt gleich sterben. Ich atme so laut ich kann und spanne meinen ganzen Körper an.
Vielleicht sollte ich weniger Fernsehen. Denn von wo sonst sollte ich wissen wie das aussieht wenn man kurz vor dem sterben ist.
Meine Eltern sind schon ganz in Panik: „Taylor, Schätzchen. Atme. Langsam durchatmen. Beruhig dich. Ruf einen Notart!"
Sie versuchen mich wieder in den normalen Atmenrhytmus zu versetzen, doch leider muss der Spass aufhören, als Dad sein Handy hervor kramt. Schliesslich möchte ich keinen Fehlalarm auslösen.
Ich beginne so fest an zu lachen, dass ich verwirrte und gleichzeitig auch böse Blicke ernten muss: „Du hast uns bloss veräppelt?"
Mühsam versuche ich ein Ja zu sagen, doch meine Lache hindert mich irgendwie daran.
„Mach bitte sowas nie wieder! Du hast mir Todesangst eingejagt.", meine Mam fasst sich ans Herz. Okay ja, sie fanden es nicht so lustig wie ich, aber dennoch: „Dann sollt ihr mit dem Taylor-Kuscheln aufhören. Dafür bin ich jetzt wirklich zu alt."
„Aber du bist doch unsere Kleine.", Mam streicht mir durch meine Haare. Meine Frisur ist ohnehin schon zerstört. „Erstens, Julia ist kleiner und zweitens braucht eure Kleine jetzt dann ein Taxi, da in wenigen Minuten die Gruppentherapie anfängt und sehr wahrscheinlich zu spät kommt wegen euch."
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