Okay.

Wenn das heute kein schlechter Traum war, bin ich mit Ben zerstritten, verstehe mich aber dafür umso besser mit Parker.

Wer hätte gedacht, dass dieser Tag einmal kommen wird.

Auf meinem Handy Display erscheint eine neue Nachricht. Ein ganz kleiner Teil von mir hat gehofft, sie sei von Ben, ist sie aber nicht. Genauso wenig wie die unzähligen davor seit ich aus dem Unterricht verschwunden bin. Es ist Layla die mich den ganzen Nachmittag lang vollgespamt hat mit: Wo bist du? Geht es dir gut? Soll ich bei dir vorbeikommen? Gib mal Antwort! War gerade bei dir zuhause und deine Mutter meinte, dass du noch nicht zurück bist. Wo bist du? Ich mache mir Sorgen. Bitte melde dich.

Und noch viele mehr. Ich sollte ihr wirklich Antwort geben. Es könnte ja sonst was passiert sein. Schnell tippe ich in die Tasten: „Alles ok. Bin jetzt zuhause. War mit Parker unterwegs, er hat mich versucht abzulenken."

Nur eine Sekunde nach dem abschicken kommt die Antwort in drei verschiedenen Nachrichten: „Was?" „Wieso denn Parker?" „Weiss ich da was nicht?"

Wieso schafft sie es nie alles in einer Nachricht zu verfassen? Das ist eine schreckliche Angewohnheit von ihr. Doch meine Antwort kann sie nicht abwarten, schon ruft sie an: „Los! Erzähl mir schnell alles!"

„Komm mal runter, Lay. Ich bin erst gerade wieder zuhause, lass mich doch bitte zwei Sekunden die Ruhe geniessen.", bitte ich sie. Sie nimmt mich aber zu wörtlich, denn sie zählt auf zwei und setzt neu an: „Eins... zwei... okay, gut. Jetzt erzählt schon!"

Julia kommt mit einem Krug und Tassen auf einem Tablett hinein und stellt sie auf meinen Nachttisch: „So. Hast du jetzt Zeit mir alles zu erzählen?"

Okay, ich rufe Layla über Skype an um sie sehen zu können und nicht dauernd das Handy halten zu müssen: „Wollt ihr nun eine Story time von meinem Leben haben? Dann holt euch schon mal Taschentücher und macht es euch bequem. Es wird länger dauern. Wo soll ich beginnen?"

„Die Geburt und die ersten fünfzehn Jahre kannst du dir sparen. Das kennen wir und es ist nicht so interessant. Beginne doch am besten letzten Samstag. Ihr saht so süss aus wie ihr getanzt habt und plötzlich war alles vorbei. Was ist passiert?", meint Layla und genau dort beginne ich auch wenn es nicht für Laylas Ohren gedacht war: „Wir haben über dich und Leon geredet. Er hat mir gesagt, dass Leon dich mehr mag als er eigentlich zugibt und nur nichts sagt, weil er nicht weiss was du empfindest. Da habe ich das Gegenteil behauptet und da meinte er, du hättest öfters Stimmungsschwankungen wobei ich dich natürlich verteidigen musste und da war die Stimmung schon angespannt und dann hat er mich auch noch gefragt, über was ich mit Parker gesprochen habe und dann wurde er immer wütender. Er hat die Nase voll, dass ich ihn belüge. Aber er versteht nicht, dass ich ihn nur beschützen will."

„Ich habe öfters Stimmungsschwankungen? Will der mich verarschen? Die mach ich fertig!", Layla steht kurz vor dem ausrasten.

„Layla! Das ist nicht der Punkt."

„Tay hat recht. Ausserdem geht es hier nicht um dich. Aber ich verstehe nicht, warum du Ben nicht die Wahrheit sagen kannst?", meint Julia dazu und Layla fragt noch: „Und worüber hast du mit Parker geredet?"

„Moment, über welchen Parker reden wir hier?"

„Davis. Parker Davis.", antwortet Layla Julia, die sofort weiss wer: „Ist das nicht der, der auf Weltreise war?"

„Ja. Was ist jetzt mit ihm? Und seit wann versteht ihr euch so gut?", aufgeregt schnattern sie wild durcheinander und lassen mich nicht mehr aussprechen, bis ich mich durchsetzen kann: „So ein schlechter Typ ist er nicht."

„Und was dann? Du erzählst uns alles, ausser bei ihm, da bleibst du sturr. Wieso?"

„Hast du eine Affäre mit ihm?"

„Oh my Gosh! Hast du etwa Ben betrogen?"

"Wieso tust du Ben so was an?"

"Stopp!", schreie ich in die Runde um ihnen den Mund zu stopfen: "Wie kommt ihr den darauf? Ich würde nie nie niemals so was tun. Erst recht nicht Ben. Es verletzt mich, dass ihr überhaupt so denkt."

"Okay, und was hat es dann mit Parker auf sich"

Ich atme tief ein. Darf ich es ihnen überhaupt sagen? Ich würde es nicht wollen wenn Parker es allen erzählen würde: "Naja... Er hat irgendwie blöderweise Erfahren, dass ich krank bin."

"Wie bitte? Was?", schockiert schreien sie mich gleichzeitig an: "Wie?"

"Ist das wichtig? Es ist passiert und daran kann man nichts mehr ändern. Aber er war auch der, der mich zur Gruppentherapie überredet und da er alles weiss, war es irgendwie schön, da er mich so gut ablenken konnte heute Nachmittag."

"Und wir hätten es nicht gekonnt?", Layla kommt näher an die Kamera. Ich weiss nicht, wie lange meine Nerven das noch durch machen: "Doch, aber er war nur gerade da und... keine Ahnung." Ich lasse meinen Kopf sinken und spüre dabei Julias Hand auf meinem Knie: "Schon okay. Wir wollen nur dein Bestes und nicht das du leidest. Du wirst immer jemand an deiner Seite haben der dich unterstützt, je mehr desto besser. Nicht wahr Layla?", mit diesen Worten beruhigt Julia Layla und mich zugleich und trifft dabei genau die richtigen Worte. Genau das habe ich gebraucht. Ich stelle meine Tasse Tee zur Seite und nehme sie in den Arm. Sie ist einfach die tollste Schwester die man nur haben kann: "Danke."

Und da dieser Moment gerade perfekt ist, meint meine Mutter natürlich ihn zerstören zu müssen in dem sie durch das ganze Haus schreit: "Essen ist fertig!"

Wir lösen uns wieder aus unserer Umarmung und ich sehe zu Layla: "Julia hat recht. Solange du glücklich bist. Ich drücke dich auch ganz fest, ich wünsche euch einen guten Appetit." Sie zwinkert mir zu und legt auf. Ich klappe den Laptop zu, stehe auf und folge Julia runter in die Küche auf der das Essen steht. Schon aus lauter Gewohnheit nehme ich meine Medikamente zu mir und setze mich auf meinen gewohnten Platz.

"Na, hattet ihr einen schönen Tag?", beginnt mein Dad die Konservation worauf wir nicken. Genaue Details lasse ich aus, es war anders als er noch nicht hier war und ich ihm alles aufschreiben musste. Da habe ich ihm mehr erzählt. Aber jetzt möchte ich das gemütliche Abendessen hier in der Familie geniessen.