Kapitel 100 🎈
Ich konnte es kaum abwarten endlich von der Bühne zu flüchten. Als wir uns endlich fertig verbeugt haben war ich die erste, die wegrannte. Selbstverständlich verfolgt.
"Taylor? Taylor, was ist denn los?", ruft Layla mir nach.
Im hintersten Ecken bleibe ich stehen. Und das nicht, weil Layla und Ben mich darum gebeten haben, stehen zu bleiben, sondern weil ich nicht mal mehr die Hand vor den Augen sehe. Meine Augen sind angeschwollen, meine Mascara bestimmt verschmiert und meine Wangen schon ganz klebrig.
"Taylor?"
Ich drehe mich um und stehe direkt vor Ben. Ich kneife meine Augen zusammen um ihn mir besser ansehen zu können. Er sieht extrem besorgt aus: "Was ist los?"
Ich schluchze: "Ich kann einfach nicht mehr. Ich kann dich nicht mehr länger belügen!"
"Dann tus nicht mehr länger. Du weisst, du kannst mir alles sagen.", er legt eine Hand auf meine Schultern und mit der anderen wischt er mir die Tränen von der Backe.
Hinter ihm erkenne ich wie sich Layla und Laurel ansehen. Und Leons fragende Blicke. Doch die drei ignoriere ich.
"Ben...", beginne ich: "ich... ich bin krank."
Er scheint verwirrt zu sein.
"Ich habe Leukämie, Ben. Und das weiss ich schon seit längerer Zeit. Man hat es nach dem Blutspenden herausgekriegt. Deshalb ist auch so viel passiert was hätte vermieden bleiben können. Diese Krankheit hat mich so sehr verändert. Es tut mir so leid, dass ich es dir so lange Zeit verschwiegen habe.", es fühlt sich beinahe befreiend an alles los zu werden.
Und er sieht mich einfach nur an: "Wow... ich weiss gar nicht was ich sagen soll... schon seit dem Blutspenden? Und wieso platzt du jetzt endlich damit raus?"
Ich schluchze erneut: "Das ist das nächste Problem. Meine Chemo hätte heute Morgen starten sollen..."
"Was?", kommt es als erstes von Layla die sogleich einen Schritt nach vorne macht, eine Sekunde später von Laurel und eine weitere Sekunde später zwischen den beiden durch schockiert von Parker.
Ich habe gar nicht mitgekriegt, dass er auch hier ist. Ich sehe ihm direkt in die Augen. Mit langsamen Schritten kommt er auf mich zu. Direkt vor mir kommt er zum Stehen und ohne Worte schliesst er mich in die Arme.
„Weinst du deswegen?"
Flüstert Parker. Ich drücke ihn nur noch mehr an mich und nicke dabei.
„Aber das ist doch gut. Das heisst, die Medikamente haben angeschlagen. Du kannst wieder gesund werden!", es fühlt sich so gut an, Parkers Stimme zu hören. Er kann sagen was er will, er soll nicht aufhören.
„Und ich dachte, Lissi hätte so gute Überredungskünste um Dr. Carter zu überreden auch so zu kommen.", er streichelt mir über die Haare: „Jetzt trocknest du aber deine Tränen und siehst es positiv. Du wirst nicht eingesperrt. Ich werde dich jeden Tag besuchen kommen, ob du willst oder nicht. Wir werden dort unseren Spass haben."
Ich mache einen winzigen Schritt zurück um ihn ansehen zu können. Sage aber nichts.
"Taylor.", setzt Parker erneut an: "Du bist eine wundervolle, junge, starke Frau! Du hast es schon so weit geschafft, dann packst du das was kommt sowieso. Wenn nicht du, wer dann?"
Ich kann gar nicht anders, als ihm wieder in die Arme zu fallen.
Layla kommt ebenfalls zu uns: "Parker hat recht. Wir stehen das zusammen durch." Und umarmt uns von hinten. Dann kommt Laurel auch noch und ein wohliges Gruppenkuscheln beginnt. Doch dann fängt sich Leon aus seiner Starre wieder und ruft aus: "Wartet mal, wer wusste alles davon? Und wieso hat uns niemand was davon gesagt?"
Die Umarmung wird gelöst und ich sehe zwischen ihm und Ben hin und her: "Ich... ich..."
"Schon gut, Tay...", unterbricht mich Ben bevor ich irgendwelche Worte finden kann. "Ich kann verstehen, wie schwer das für dich sein muss. Aber du weisst, dass ich immer für dich da bin? Zwischen uns hat sich vieles verändert, aber das heisst noch lange nicht, dass du nicht auf mich zählen kannst!"
Auch Leon atmet aus: "Taylor, wir lieben dich alle. Ich bin auch immer für dich da."
Und in diesem Moment, fühle ich mich endlich angekommen. Ich blicke in die Runde, zu den Menschen die mich umgeben. Alle betrachten mich mit hoffnungsvollen Augen und liebevollen Blicken. Bei diesen Menschen fühle ich mich wohl. Sie verstehen mich und akzeptieren mich so wie ich bin. Und jetzt, da die ganze Wahrheit raus ist, brauche ich auch nicht mehr zu lügen oder mich zu verstellen. Das ist doch eigentlich was wahre Freundschaft ausmacht. Bevor ich die Diagnose gekriegt habe, konnte ich schon behaupten, dass ich wahnsinniges Glück im Leben habe. Jetzt, wo sich so vieles geändert hat, kann ich sagen: Trotz Diagnose Leukämie, habe ich wahnsinniges Glück im Leben!
Ich könnte die ganze Welt umarmen. Doch bevor ich handeln kann, erblicke ich Dr. Carter, Lissi, meine Eltern und Julia auf mich zukommen. Sie alle haben ebenfalls einen Gesichtsausdruck, welcher Hoffnung wieder spiegelt. Es wird schon alles Gut kommen. Ich habe gar keine andere Wahl.
Und so kommt es, dass ich statt zur Afterparty ins Krankenhaus fahre, mein schickes Kleid von der Aufführung durch einen sexy Krankenhauskittel tausche und mir Infusionen legen lasse.
"Du bist tapfer und stark. Und ausserdem bist du nicht alleine.", zwinkert mir Lissi zu und in dem Moment öffnet sich auch gleich die Tür. Herein kommen meine Eltern, Julia, Grammy und Gramps, Parker, Layla, Ben, Leon, Conner, Kira und Annabelle. Und sofort wird mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert: "Was macht ihr denn hier? Warum seit ihr nicht auf der Afterparty?"
"Weil wir viel lieber hier bei dir sind. Ausserdem ist es keine richtige Party, wenn du nicht da bist.", erklärt mir Layla und Conner fügt noch an: "Genau, wir machen einfach unsere eigene Party."
Ich kann mein Glück gar nicht fassen: "Ihr seid einfach die Besten, Leute. Ich liebe euch."
"Ist doch selbstverständlich. Wir sind eine grosse Familie.", meint Grammy und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Meine grosse Familie.
Mit ein paar bin ich Blutverwandt, mit ein paaren nicht, aber trotzdem hat Grammy recht. Wir sind eine grosse Familie!
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