Kapitel 2
Milos POV
Auch wenn ich mir es nicht hatte anmerken lassen, war ich noch immer geschockt. Tiara Dorner wollte sich umbringen und ich hatte sie davon abgehalten.
Nur zufällig war ich hier gewesen, denn ich war von zu Hause weggelaufen um den Kopf frei zu kriegen, nachdem mein Vater mal wieder wie ein Verrückter auf mich eingeschlagen hatte. Mittlerweile war ich es gewohnt, also machte es mir kaum mehr etwas aus. Oder?
Ich schaute Tiara hinterher, wie sie im Wald neben der Autobahnbrücke verschwand. Heute würde sie es wahrscheinlich nicht mehr versuchen, allerdings konnte es mir auch eigentlich egal sein. Andere Menschen juckten mich nicht außer Xander. Xander war mein bester Freund und wir kannten uns schon seit wir klein waren. Er war wie ein Bruder für mich, denn auch unsere Eltern waren gut befreundet. Der einer der wenigen Unterschiede zwischen uns beiden war, dass Xander in einem liebevollen Familie lebte.
Während ich tagtäglich von meinem Vater geschlagen wurde und meine Mutter nur tatenlos zusah, wurde Xander von seinen Eltern extrem geliebt und behütet. Ich wusste, dass Xander etwas tun würde, wenn er wüsste, dass mein Vater so war wie er eben war.
Aber es durfte niemand wissen, denn das würde den Ruf meines Vaters zerstören und das wollte ich sicher nicht. Denn trotz allem liebte ich meine Eltern. Denke ich.
Es wurde nun Zeit wieder nach Hause zu gehen, denn wenn ich zu spät zum Abendessen kam, würde ich wieder geschlagen werden. Und die Schläge von heute Mittag waren definitiv genug. Ich wollte nichts riskieren.
Also machte ich mich auf den Weg zurück zu unserer Villa und kam tatsächlich pünktlich an.
Als ich in die große Eingangshalle kam, hörte ich aus der Küche schon Geräusche. Wahrscheinlich machte Rosa, unsere Haushälterin, Abendessen. Genervt rollte ich mit den Augen, denn eigentlich wollte ich sie nicht sehen.
Rosa war nett, das war keine Frage. Aber seit ich sie und mein Vater inflagranti erwischt hatte, konnte ich sie nicht mehr leiden. Trotzdem sagte ich nichts, denn ich wollte das meiner Mutter nicht antun. Sie hatte es schon schwer genug mit meinem Vater.
Ich hatte schrecklichen Durst und musste daher gezwungenermaßen in die Küche.
Dort traf ich wie erwartet auf Rosa, doch diese würdigte mich keines Blickes. Vermutlich aus Scham.
Ich nahm mir ein Glas und schenkte mir Wasser ein. Mit einem Zug trank ich es leer und wollte gerade wieder gehen, als Rosa auf einmal anfing zu reden.
„Wollen Sie es eigentlich Ihrer Mutter sagen?", fragte Rosa gerade laut genug, dass ich sie ungefähr verstehen konnte.
Ich ging einfach weiter ohne mich umzudrehen, aber Rosa fing nun an mich anzuschreien.
Ich drehte mich blitzschnell um und funkelte sie wütend an, bis ich nun gelassen antwortete: „Wer denken Sie denn, wer Sie sind? Nur weil Sie mit meinem Vater schlafen, heißt es nicht, dass Sie mich anschreien dürfen. Sie sind nicht mehr als ein Flittchen, also wagen Sie es ja nicht mich nochmal anzuschreien. Sonst werde ich dafür sorgen, dass Sie nicht mehr glücklich sind. Ich weiß, dass der Job hier Ihre Familie gerade so über Wasser hält."
Sie nickte nur stumm und fuhr mit dem
Kochen fort. Ich wusste, dass ich ein wenig übertrieben hatte. Aber man musste Menschen eben ihre Grenzen aufweisen, bevor sie anfingen zu übertreiben.
Ich schmiss mich auf mein Bett und überlegte, ob ich noch eine schnelle Dusche bis zum Abendessen nehmen konnte. Ich entschied mich, das Risiko einzugehen und war gerade auf dem Weg ins Bad, das an meinem Zimmer angrenzte, bis auf einmal die Tür mit Schwung geöffnet wurde.
Mein Vater stürmte herein und sah extrem wütend aus. Sein Kopf war rot und wirkte, als würde er gleich platzen. So wie jedes Mal, wenn er kurz davor war auszurasten.
„Wie sprichst du mit Rosa?", fuhr er mich an. Diese Schlange.
Noch immer stand er in der Tür. Wenn ich jetzt nichts falsches sagen würde, würde er bestimmt nicht so hart schlagen.
„Sie- Sie hat mich angeschrien.", sagte ich. Dabei zitterte ein wenig meine Stimme und ich wusste nun genau, was kommen würde.
„Wie bitte?", er kam blitzschnell näher, „das gibt dir nicht das Recht. Wo sind deine Manieren?"
„I- Ich-.", stotterte ich. Ich hatte Angst, auch wenn ich meinem Vater überlegen war. Ich war trainierter als er und sogar ein Stück größer und doch fühlte ich mich jedes Mal wie ein kleiner Junge neben ihm.
„Red ordentlich." Er hob die Hand und spannte sich nun noch mehr an.
„Ich-, Sie-, Ich weiß nicht, tut mir leid." Ich zog meinen Kopf ein und schaute nach unten und hoffte dabei auf Vergebung meines Vaters.
Doch wider erwarten nahm er mit der Hand aus und schlug mir damit auf Wange.
Okay, es tat weh, aber im Gegensatz zu seinen Tritten oder Faustschlägen in den Bauch oder so, die ich ebenfalls schon oft abbekommen hatte, war es aushaltbar.
„Schau mich an du Feigling.", schrie er nun ohrenbetäubend laut.
Langsam hob ich meinen Kopf, aber ihm schien es nicht schnell genug zu gehen, denn er packte mich am Hals und drückte fest zu. Ich schnappte nach Luft, doch mein Vater kannte kein Erbarmen. Er packte noch fester zu.
„Wag es ja nicht, noch einmal so mit Rosa zu reden. Haben wir uns verstanden?"
Ich nickte nur und anscheinend war das Schicksal auf meiner Seite, denn mein Vater lockerte seine Hand.
Allerdings hatte ich mich zu früh gefreut, denn während er mich noch immer am Hals festhielt, holte er mit seiner anderen Faust aus und verpasste mir einen Schlag in den Magengrube.
Aus Reflex krümmte ich mich und er ließ mich endlich los.
Er drehte sich weg und sagte nur: „In fünf Minuten gibt es Essen, sei ja nicht zu spät." und verließ damit mein Zimmer.
Ich röchelte, aber bekam langsam wieder ein wenig Luft. Ich musste durchhalten.
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