Kapitel 12
Milos POV
Ich hatte nicht nachgedacht, als ich ihr meine Hand auf ihr Bein gelegt hatte. Wie dumm war ich? Natürlich verunsicherte es sie, nachdem was gestern passiert war. Es tat mir so leid. Ich wollte ihr nicht so ein Gefühl geben. Alleine wie sie danach meinen Blicken auswich, war hart für mich.
Wir hatten nun seit ca. zwei Stunden nichts mehr geredet, aber so langsam ging der Verkehr wieder vorran. Ich wusste, dass ich großen Ärger, vorallem von meinem Vater, bekommen würde. Wahrscheinlich wurde ich sogar rausgeschmissen. Aber es war mir egal, so lange es sie glücklich machte.
Ich wusste nicht, wie lange wir weg bleiben würden. Oder ob wir je wieder zurück kamen. Oder ob ich es überhaupt schaffen konnte, Tiara zu überzeugen. Sie war stur, ein noch größerer Sturkopf als ich.
Allerdings konnte ich sie auch irgendwie verstehen, würde ich Xander verlieren, wäre ich wahrscheinlich genauso.
Fuck, Xander und die Jungs. Ich hatte denen nichts gesagt. Aus Reflex schlug ich auf's Lenkrad. Ich merkte wie Tiara erschrocken hochfuhr.
„Alter, was ist denn mit dir?", zischte sie. Anscheinend hatte ich sie geweckt, denn sie rieb sich nun müde die Augen.
„Oh, sorry.", ich versuchte nett zu klingen, „mir ist nur eingefallen, dass ich den Jungs nicht Bescheid gesagt habe."
Sie nickte nur und schaute aus dem Fenster. „Oh mein Gott, da steht Paris. Da auf dem Schild, da steht Paris.", rief sie nun schrill. Sie war eindeutig aufgeregt und ich glaube, sie freute sich sogar ein wenig.
Das erste Mal sah ich sie so wirklich lächeln und ich konnte in dem Moment nur an eins denken: Sie war wunderschön.
Sie hatte das schönste Lächeln, das ich je gesehen hatte. Und sie tat es viel zu selten. Doch als hätte jemand wieder einen Schalter umgelegt, sank sie wieder zurück in ihren Sitz und ihre eiserne Miene überkam wieder ihr Gesicht. Ich musste mich auf den Verkehr, der mittlerweile wieder lief, konzentrieren, aber ich schaute sie ab und an aus dem Augenwinkel an.
Sie hatte Tränen in den Augen.
„Was ist los?", fragte ich.
„I-Ich..Maila und ich.", sie schluchzte laut auf,
„wir wollten immer zusammen nach Paris." Ich sah wie anstrengend es für sie war zu reden. Deshalb hielt ich ihr diesmal meine Hand hin und lies sie selbst entscheiden, ob sie sie annahm oder nicht.
Sie tat es. Zögerlich verschränkte sie ihre Finger mit meinen und allmählich beruhigte sie sich wieder.
„Tut mir leid.", sagte sie auf einmal leise. Entsetzt schaute ich sie kurz an bevor ich meinen Blick wieder auf die Straße richtete.
„Was tut dir leid? Dir muss nichts leid tun."
„Der ganze Aufwand, den du dir machst. Nur damit ich eventuell weiterlebe. Du verdienst das nicht. Du verdienst jemand besseren. Jemand, der dir das alles zurückgeben kann." Ihre Stimme klang zerbrechlich und ich wusste, egal was ich jetzt sagte, ich konnte sie von dieser Überzeugung nicht abbringen.
„Glaub mir, du gibst mir soviel alleine wenn du in meiner Nähe bist.", sagte ich.
Daraufhin sagte sie nichts mehr. Sie schlief wieder ein und ich beobachtete sie von der Seite. Wow...
Kurz vor Paris wachte sie endlich wieder auf und als sie den Eiffelturm sah, kam wieder die Freude raus, die sie gerade eben schonmal gezeigt hatte. Alleine das war goldwert. Gott, ich würde alles dafür tun, sie mehr so lächeln zu sehen.
Wir fuhren von der Autobahn mitten in die Stadt und es war sehr viel los. Ich musste mich wahnsinnig konzentrieren, was mir aber neben Tiara, die beinahe ausflippte, extrem schwerfiel. Aber ich nahm ihr das nicht übel, ich war sogar sehr froh darüber.
„Oh mein Gott Milo, schau der Eiffelturm!", krisch sie voller Euphorie und hatte die ganze Zeit ganz große Augen. Es war als würde sie für einen Moment alles negative vergessen. Sie machte ihr Fenster herunter und sofort kam der Geruch der Abgase ins Auto herein.
„Riechst du das? Das ist Stadt. Das Stadtleben. Wow, es ist genau so wie ich, wie wir, es uns immer vorgestellt hatten!" Beim letzten Satz hatte sie ihre Stimme gedämpft. Ich wusste, sie meinte Maila.
Wir fuhren über Brücken und Tiara war kaum mehr zu halten. Ich hatte sie noch nie so gesehen. Wenn man Momente für immer festhalten könnte, hätte ich es spätestens jetzt getan.
Sie lehnte sich jetzt wieder zurück in ihren Sitz und schaute mich an. Noch immer funkelten ihre Augen wie verrückt. Sie war auf einmal jemand ganz anderes.
„Weißt du..eigentlich bist du doch ganz okay.", sagte sie und schaute dann wieder weg. Ich wusste, dass es sie sehr viel Mut gekostet hatte, das zu sagen, deshalb ließ ich es unkommentiert. Ich wollte nicht, dass sie sich unwohl oder so fühlte.
„Es ist so schön hier. Wäre sie hier, wäre es noch schöner.", sagte sie. Ihre Worte verpassten mir einen kleinen Stich ins Herz. Aber ich konnte ihr das nicht sagen, schließlich ging es um ihre tote beste Freundin. Das gehörte sich nicht. Und außerdem wäre es egoistisch.
„Wo schlafen wir eigentlich?" Fuck, stimmt. Wir hatten nichts gebucht und keine Unterkunft. Wir hatten rein garnichts.
„Ich würde sagen, wir gehen erst andere Klamotten kaufen. Und dann suchen wir uns ein Motel. Ich müsste dringend mal schlafen."
Sie nickte nur.
Ich parkte das Auto mitten auf einem Parkplatz im Stadtzentrum und stieg aus. Meine Beine taten unfassbar weh vom langen Sitzen und ich war froh, endlich wieder auf festem Boden stehen zu können. Ich streckte mich kurz.
Tiara war mittlerweile auch ausgestiegen und atmete tief ein.
„Wow, ich liebe diese Stadt." Und ich liebe dieses Mädchen. Okay nein, ich hatte einfach nur Schlafmangel. Man konnte sich nicht innerhalb von ein paar Tagen in jemanden verlieben, das war Schwachsinn.
„Komm, lass uns einen Laden suchen gehen für Klamotten."
„Ich hätte erst Hunger."
„Okay, dann erst essen, danach Klamotten und dann endlich schlafen?" , sagte ich in einem fragenden Ton. Zustimmend nickte sie und wir machten uns auf den Weg.
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