9. Kapitel
"The splendid thing about falling apart
silently is that you can start over as many times as you like." ~ Sanober Khan
***
Mit einem Ruck wurde der Typ plötzlich von mir weggestoßen. Ich hörte wie Damiano den Fremden anschrie, der sich wenige Sekunden später aus dem Dreck machte.
Eingekauert ließ ich mich zitternd an die Wand sinken. Tränen liefen mir über die Wangen, doch ich gab kein einziges Geräusch von mir.
Sofort kniete sich Damiano zur runter und versuchte mich zu beruhigen. Er reichte mir seine Hand, damit ich aufstehen konnte. Doch ich rappelte mich mit weichen Knien selbst auf und stützte mich an der Wand ab. Ich wich seinem besorgten Blick aus und versuchte mit letzten Kräften meine Stimme wiederzufinden.
"Ich... Entschuldige...Ich brauch einen Moment.", sagte ich mit zitternder Stimme. Auf wackeligen Knien ging ich schnell zur Toilette. Ich schlug die Tür auf und stellte fest, dass der Raum zum Glück leer war. Die Kraft verließ mich. Ich knickte ein und brach an der Tür leise weinend zusammen.
Warum ich?
Wieso bin immer ich diejenige, die den Schmerz abbekommt?
Warum hat er mir alles genommen?
Warum kann ich nicht einfach normal sein?
Warum?
Und am Ende bin ich immer allein.
Ein Schluchzen verließ meinen Mund. Selbstzweifel machten sich in mir breit.
Ich versuchte tief durchzuatmen und mich zu beruhigen.
Es wird wieder gut.
Es wird alles wieder gut.
Doch tief in mir drinnen wusste ich, dass die Worte nicht der Wahrheit entsprachen. Es würde nicht einfach alles wieder gut werden. Vielleicht auch nie mehr. Ich bin nicht normal. War es nie gewesen.
Plötzlich erklang Damianos Stimme hinter der Tür und ich erschrak.
"Lillian?"
"Ja?", versuchte ich es mit fester Stimme, doch sie brach.
"Wie geht es dir?", fragte er vorsichtig. Noch immer konnte ich starke Besorgtheit heraushören.
Wie ging es mir wohl?
Ganz ehrlich?
Ich hatte keine Anwort darauf.
"Ganz ok.", antwortete ich.
"Sicher?", hakte er nach.
"Keine Ahnung.", sagte ich leise und war mir unsicher, ob er es überhaupt gehört hatte.
"Okay. Kann ich reinkommen?", fragte er mit solcher Vorsicht, dass mir sofort wieder Tränen in die Augen stiegen.
Dass er da war, gab mir zwar neue Kraft, doch ich war noch nicht stark genug um ihm wieder unter die Augen treten zu können, davon abgesehen sah ich absolut scheiße aus, was mir ein Blick in den Spiegel verriet.
"Nein, alles gut. Brauchst du nicht."
"Okay, soll ich den Mädels Bescheid sagen? Die Jungs und ich würden uns dann schon auf den Weg machen. Es sei denn du möchtest, dass ich bleibe."
Mein Herz schrie zwar förmlich danach bei ihm zu sein, doch mein Verstand wusste, dass es nur in der nächsten Panikattacke enden würde. An der er jedoch nicht die Schuld hätte.
"Nein, ihr könnt schon vorgehen. Ich komme dann mit den anderen nach. Kannst du sie her holen?"
"Ja, natürlich. Falls du doch reden willst, bin ich für dich da. Immer.", antwortete er.
Doch ich konnte selbst von hier den Schmerz wegen meiner Zurückweisung spüren.
"Danke.", entgegnete ich ehrlich mit ernster Stimme.
"Ist doch selbstverständlich."
"Nein, ist es nicht.", sagte ich leise. Die Worte waren eher zu mir selbst gerichtet als an ihn.
Als ich nichts mehr sagte, hörte ich wie er sich abwandte und den Flur entlang ging. Seine Schritte wurden immer leiser. Und verschwunden irgendwann.
Ich rappelte mich auf und versuchte mein Make-Up vollständig abzubekommen. Mehr oder weniger schaffte ich es sogar. Ein Teil der Mascara klebte zwar immer noch an meinen Wimpern und meine Wangen waren nun noch mehr gerötet, doch wenigstens sah ich nicht mehr komplett verheult aus.
Ein Klopfen drang durch die Tür und ich zuckte erneut zusammen.
"Lilli?", ertönte Lunas tröstliche ruhige Stimme.
"Ich bin hier.", sagte ich und öffnete die Tür.
Meine Augen wanderten zu den beiden besorgten Gesichtern.
"Hey.", begann ich vorsichtig.
Im nächsten Moment fiel mir Lu auch schon in die Arme und drückte mich erst etwas unsicher, als ich die Umarmung dann erwiderte fester. Ich vergrub mein Gesicht in ihrer Halsbeuge.
"Leute?", fragte Vic etwas verlegen.
"Darf ich mitmachen?"
Allein ihre Frage brachte mich zum Lächeln.
"Natürlich.", bejahte ich ihre Frage. Auch Vic stieg in die Umarmung mit ein.
Ich war nicht allein. Nicht dieses Mal., erfasste mich die Erkenntnis.
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