Maja Andersson
~ Ich renne.
~ Ich renne immer schneller um die Stelle zu erreichen, an der eben noch meine Eltern standen.
~ Ich renne immer schneller, aber meine Füße rutschen im Schlamm weg. Ich sehe das verzerrte Gesicht von Bellatrix. Meiner Tante. Meiner absolut verrückten Tante. Und ich sehe den dunklen Lord, der laut lachend seinen Zauberstab schwingt um mich zu meinen Eltern zu schicken.
~ Meine Eltern die soeben durch den unverzeihlichen Fluch getötet wurden, weil ich versagt habe.
ICH BIN SCHULD. ICH BIN SCHULD. ICH BIN SCHULD.
Ich schrecke schweißgebadet auf. Sitze kerzengerade im Bett. Meine Decke hat sich komplett um meine Beine verknotet und ich muss mich zusammenreißen um mich zu beruhigen.
Diese Träume suchen mich fast jede Nacht heim. Fast jede Nacht schrecke ich panisch auf und fast jede Nacht habe ich das Gefühl, mir würde die Lust am Leben und die Leichtigkeit meiner Vergangenheit genommen.
Ich steige aus meinem Bett und schlüpfe in die Klamotten, die ich gestern achtlos vor meinem Bett habe liegen lassen. Ich streiche mir die Haare aus dem Gesicht und verlasse die Schlafräume um an die frische Luft zu kommen.
Ich laufe ziellos auf dem Gelände von Hogwarts herum. Versuche auf andere Gedanken zu kommen, mich nicht mehr von der Sorge um meine Familie krank machen zu lassen.
Da erkenne ich plötzlich den Umriss einer Person vor mir auf der Steinmauer sitzen.
„Lumos", flüstere ich, obwohl ich die blonden Locken und die zierliche Figur relativ schnell erkannt habe. Maja Andersson, das Mädchen das sich seit gestern Abend immermal wieder in meine Gedanken verirrt hatte, ohne das wir einmal miteinander gesprochen hatten.
Als der zarte Lichtstrahl aus der Spitze meines Zauberstabs fließt, dreht sich das Mädchen augenblicklich um und guckt mich mit erschrocken aufgerissenen Augen an.
Ich möchte was sagen, möchte mich ihr vorstellen, möchte wissen was sie hier draußen alleine tut.
„Was machst du hier?", frage ich schroffer und unhöflicher als ich wollte.
„Ich denke das selbe könnte ich dich fragen.
Wir kennen uns noch nicht. Ich bin Maja. Maja Andersson." sagt das Mädchen mit einem absolut offenem und entwaffnenden Lächeln, dass mir förmlich die Sprache verschlägt.
Ich gucke sie an. Selbst in der schwarzen Dunkelheit der Nacht scheint sie zu leuchten. Ihre Haare werden vom Wind leicht in ihr Gesicht geweht und sie macht sich nicht die Mühe, sie aus ihrem wunderschönen Gesicht zu streichen.
Ich bin erschrocken über meine Gedanken die mich bei ihrem Anblick überkommen. Sie ist ein Gryffindor. Eine Blutsverräterin. Befreundet mit dem Feind. Aber ich kann nicht anders, sie anzusehen und in ihren Augen zu versinken.
Erst als sie langsam ihre Hand sinken lässt, die sie mir hingestreckt hatte um sich vorzustellen, kann ich wieder einen klaren Gedanken fassen.
„Ich von Malfoy. Draco Malfoy.", ich denke mein Name wird reichen, sie nie wieder mit mir sprechen zu lassen.
Aber erstaunlicherweise bleibt ihr Blick offen und als sie meine Hand schüttelt habe ich das Gefühl mein Körper stünde unter absoluter Spannung. Ich habe das Gefühl plötzlich, für einen klitzekleinen Moment alle Sorgen zu vergessen.
Mein Herz rast und ich erkenne mich selber nicht mehr. Wo ist mein unterkühles Ich, dass sich von nichts und niemanden aus der Ruhe bringen lässt? Wo ist mein sarkastisches, alles-ins-lächerliche-ziehende-Ich, das ich mir seit meiner Kindheit aufgebaut habe?
„Und, Draco Malfoy? Was tust du hier, alleine, mitten in der Nacht?", sie guckt mich ehrlich interessiert an und ich fühle mich schutzlos.
„Ich konnte nicht schlafen", murmele ich. Warum sage ich das? Warum erzähle ich einer vollkommenen Fremden, dass ich nachts nicht schlafen kann?
Ich streiche mit meinen Händen über meine Hose und merke, dass meine Handinnenflächen schwitzen. Ich fühle mich ausgeliefert, aber ich möchte nicht aus der Situation raus. Ich kann mich selber nicht mehr verstehen und habe das Gefühl ich könnte mich einfach neben Maja Andersson setzen und ihr alles erzählen, während sie nur so da sitzt wie jetzt. Mich anschaut mit diesen wunderschönen Augen und diesem offenem Blick und mir einfach zuhört.
Ich bin dumm.
Was ist los mit mir! Ich muss weg von hier. Zurück in den Schlafraum und weg aus diesem Gespräch, dass mich vollkommen überfordert, obwohl es einfach nur Smalltalk beinhaltet. Ich muss hier weg.
Aber ich bleibe. Ich bleibe stehen. Vollkommen entwaffnet.
„ich konnte auch nicht schlafen. Oft wache ich nachts auf und habe so viele Gedanken in meinem Kopf, dass ich die sortieren muss. Und das kann ich am Besten an der frischen Luft.", sie scharrt mit dem Fuß über den Steinboden, den den Weg pflastert und streckt ihr Gesicht in den Wind.
Ich bin fasziniert von ihrer Offenheit, obwohl sie mich nicht kennt. Fasziniert, dass sie vor meinem Namen nicht zurück schreckt. Fasziniert von ihrer Schönheit und komplett überfordert mit meinen Gedanken.
Ich setze mich neben sie auf die Steinmauer. So weit entfernt, dass keine Möglichkeit besteht sie zu berühren, aber dennoch so nah, dass ich ihr Anblick aufsaugen kann.
„Was lässt sich nicht schlafen?", frage ich beiläufig und lasse meinen Finger die Steinmauer nachzeichnen.
Maja erzählt mir, dass sie oft nachts aufschreckt, dass sie nicht erklären kann wieso und das sie dann an die frische Luft muss. Sie erzählt mir, wie sie letztes Jahr nach Hogwarts kam, da ihre Eltern im Ministerium für Hexerei und Zauberei in London angefangen haben zu arbeiten. Sie erzählt mir, von ihrem Leben und ihrer Familie und ich sitze neben ihr und sauge jedes Wort auf. Jedes Wort, lässt mich meine Sorgen mehr und mehr vergessen und jedes Wort lässt sie mehr strahlen.
So vergehen die Stunden und als man langsam die Sonne über der Landschaft aufgehen sieht fühle ich mich nicht müde.
Ich fühle mich das erste Mal seit langem vollkommen wach.
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