52.
Es ist ein langer Weg über gefrorene Wiesen und tiefe Pfützen über denen sich eine rutschige Eisschicht gebildet hat.
Es ist beschwerlich sich durch den peitschenden Wind zu kämpfen zu einem Ziel, das man am liebsten nicht erreichen würden.
Die Spitzen der schwarzen Dächer die in den Himmel ragen wirken immer mächtiger, immer einschüchternden je näher man unserem Anwesen kommt.
Ich bin erleichtert, als wir unsere Gärten erreichen, durch die ein Weg aus Kieselsteinen gelegt worden ist.
Die Kälte bleibt zwar die selbe, aber man muss nicht mehr jeden Schritt bedacht auswählen, um nicht in kaltem Matsch zu versinken oder über gefrorene Wurzeln zu stolpern.
Die hohen Hecken die am Rande des Weges gepflanzt worden, in denen ich mich als kleiner Junge oft versteckte, mir für einen kleinen Moment eine glückliche, unbeschwerte Kindheit vorstellte.
Eine Kindheit mit Freunden die in meinem Kopf lebten.
Eine Kindheit mit Spaß und Spiel, die ich in der Realität leider vergeblich suchte.
Sie wirken in dem kalten Wind nicht wie ein Rückzugsort für ein Kind, eher bedrohlich und uneinsichtig.
Sie wirkten, als könnte jeden Moment etwas Bedrohliches aus dem dichten Geäst hervorspringen.
Potter hatte nichts gesagt seitdem wir nebeneinander laufen, um zu dem großen schwarzen Tor zu kommen, das den Eingang der Malfoy Manor darstellt.
Ich bin froh drüber, mich durch sein Gerede nicht noch angespannter zu fühlen.
Ich bin froh, dass er es nicht für nötig hält mir irgendwas zu erzählen oder mich mit irgendwelchen Fragen zu nerven.
Ich bin mir sicher, dass ich mich nach diesem Tag nie wieder mit Potter unterhalten werde.
Ich weiß genau, dass er genauso froh sein wird wie ich, wenn wir hier lebend rauskommen, nie wieder mit mir sprechen zu müssen.
Selbst wenn ich mit ihm sprechen wollen würde, wüsste ich nicht worüber wir reden sollten.
Potter und ich waren zu unterschiedlich. Zu stolz. Zu sehr voller Hass füreinander.
Je näher wir dem Eingangstor kommen, desto deutlicher spüre ich, wie sich in mir alles verkrampft.
Wie meine Hände trotz der klirrenden Kälte beginnen zu schwitzen.
Ich versuche meine Nervosität runterzuschlucken.
Zu ignorieren, dass ich mich wie ein Verräter fühle.
„Draco!" , ich höre das Kreischen meiner Tante sobald ich mit Potter die mit schwarzem Mamor geflieste Eingangshalle betrete.
Sie kommt auf mich zugerannt mit wehenden, wilden schwarzen Locken.
Ihr schwarzes Kleid ist eng und viel zu weit ausgeschnitten und ich bin mir sicher, dass es sich schwierig gestaltet darin zu rennen.
Sie tut es trotzdem.
Sie hat ihr ganzes Leben lang alles trotzdem getan. Vollkommen egal was dagegen gesprochen hätte, Bellatrix Lestrange tat es trotzdem.
Ihr strenges Parfüm raubt mir fast die Luft zum Atmen, als sie sich mir um den Hals schmeißt, ihren Kopf in den Nacken wirft und so laut lacht, wie es nur Verrückte tun.
„Ich bin Potter. Harry Potter. Es freut mich ihre Bekanntschaft zu machen. Draco und ich sind enge Freunde."
Er streckt meiner Tante die Hand hin und ich kann nicht leugnen, wie beeindruckt ich von Potter in diesem Moment bin.
Er hätte mir ein Messer in den Rücken rammen können, aber er spielt mit.
Er schluckt den Hass, den er meiner Tante gegenüber haben muss herunter nur um mir zu helfen.
Ich hätte nie gedacht, dass ich dem schwarzhaarigen Jungen, den ich seit Anfang meiner Schulzeit verachtete einmal dankbar sein werde.
Bella mustert Potter mit ihrem irren Blick und kann sich ein hysterisches Lachen nicht verkneifen.
„Gut gemacht Draco." , sie gibt mir mit ihren kalten Lippen auf denen die Lippenstiftfarbe verschmiert ist einen Kuss auf die Wange.
Dann läuft sie, vor Freude fast tanzend, in Richtung unseres Wohnzimmers, in dem die Anderen schon auf die Auslieferung Potters warten.
Man hört das Murmeln, voller Genugtuung, voller Vorfreude, voller Stolz, als ich mit Potter den Raum betrete.
„Wer sind all diese Leute, Draco?" , Potter grinst mich so strahlend an, dass ich selber glauben könnte ich hätte ihm den Gregor Trank verabreicht.
Ich spüre die Hand meines Vaters, die sich schwer auf meine Schulter legt.
Seine Finger die mich kurz drücken.
Er lächelt stolz auf mich herab.
Stolz, dass der Name unserer Familie nach seinem damaligen Versagen bei einem Auftrag des dunklen Lords, vermeintlich wieder rein gewaschen wird.
Rein gewaschen durch seinen Sohn, dem er nie etwas zugetraut hatte.
Und auch dieses Mal würde ich ihn wieder enttäuschen.
„Harry Potter."
Die Stimme des dunklen Lords ist dunkel, kraftvoll und voller Genugtuung.
Seine dünnen Lippen, die man kaum wahrnimmt, verziehen sich zu einem hässlichen Lächeln, als er auf uns zukommt.
Mit jedem Schritt, den er näher kommt wird der süßliche Geruch nach Verwesung deutlicher.
Ich halte kaum merklich die Luft an um den Gestank der von dem dunklen Lord, seit ich ihm das erste Mal traf, ausgeht nicht riechen zu müssen.
„Danke, Draco. Du hast deine Aufgabe gut gemacht." , die Augen des dunklen Lords lösen sich nicht von dem Jungen, den er so verzweifelt töten will, als er seine Worte an mich richtet.
Ich bin froh, durch seinen Satz die Genehmigung bekomme, sich zu den anderen Todessern zu gesellen, die mit etwas Abstand zu Potter und dem dunklen Lord, das Geschehen mit gierigen Augen verfolgen.
Die Hand meiner Mutter sucht nach meiner, als ich neben ihr stehe.
Auch ihre Hand ist eiskalt als sie meine berührt.
Ihre Finger verschränken sich mit meinen und ich spüre ihre Anspannung als sie meine Hand drückt.
„Viel zu lange habe ich auf diesen Moment gewartet!" , die Stimme des dunklen Lords erhebt sich, als er kurz vor Potter stehen bleibt und seine Haare mit der Spitze seines Zauberstabs zur Seite schiebt.
Die rote hässliche Narbe, die Potter so viel Ruhm bescherte, aufdeckt und Potter sich vor Schmerzen krümmt.
Mir wird schlecht als ich sehe, wie Potter, der mir mit seinem Schauspiel vermutlich das Leben retten würde, vor Schmerzen schreit.
Seine Beine ihn nicht mehr tragen können und er wie ein nasser Sack auf die Knie fällt.
Mir wird schlecht, als ich sehe wie meine Tante ihn auslacht und der dunkle Lord mit so viel Verachtung auf den Jungen, der sein Leben lang gekämpft hatte, schaut.
Mir wird schlecht als die Hand meiner Mutter sich merklich verkrampft, als der dunkle Lord seinen Zauberstab zückt.
„Steh auf mein Junge. Ich will dir in die Augen gucken, wenn du stirbst."
In dem Moment springt die schwere Tür des geräumigen Wohnzimmers auf und ich bin tatsächlich für einen kurzen Moment erleichtert.
Erleichtert die Menschen zu sehen, die ich allesamt hasste.
Erleichtert, dass dieses Szenario vor meinen Augen damit beendet war.
Ich spüre wie die Hand meines Vaters in meinem Nacken zu einem starken Griff wird.
Wie sich seine Finger geschockt in meine Haut bohren und ich höre wie meine Mutter zischend Luft einatmet.
Es sind mehr Schüler und Schülerinnen in unserem Wohnzimmer, als ich es je für möglich gehalten habe.
Und dann sehe ich sie.
Alle meine gespürte Erleichterung schwindet und ich spüre wie alle Farbe aus meinem Gesicht weicht.
Ich spüre wie sich eine unbändige Angst in mir breit macht als meine Augen ihre für einen kurzen Moment treffen.
Was tut sie hier?
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