Kapitel 10
Als die Pizza fertig ist, setzen sich die Jungs an einen Tisch, der so weit wie möglich von Mandy und Linda entfernt ist, damit sie ungestört reden können.
Aiden beobachtet stumm Lucas, wie er ein großes Stück Pizza in den Mund schiebt.
,,Das schmeckt gut.", sagt er schließlich, isst dann aber den Käse runter und eine große Schreibe Möhre fällt herunter.
,,Aber das hier sieht schrecklich aus.", sagt er und hält es in die Höhe.
Das muss ihm beim Schneiden wohl durchgerutscht sein.
Lucas grinst.
,,Ich habe schon schlimmere Pizzen gegessen."
Sie schauen sich wieder in die Augen und lächeln.
Aiden fühlt sich unter Lucas beobachtenden Blick wohl, auch weil er jetzt wieder in einer besseren Stinmung ist und gerade nicht von Kal und Hugh unter Druck gesetzt wird.
,,Eigentlich bleibt bei mir immer etwas übrig.", sagt Aiden und legt sein Besteck auf den leeren Teller.
Lucas beobachtet ihn weiterhin, während er die Teller stapelt und diese anschließend in den Geschirrspüler räumt.
,,Lily ist gerade erst drei geworden und alles, was sie isst, sind Wiener, Kartoffelbrei und Smoothies.", erzählt Aiden.
,,Smoothies sind doch gut.", kommentiert Lucas.
,,Ja, aber sie greift immer nach meinem und trinkt den lieber als ihren eigenen."
Licas grinst breit bei dem Gedanken, wie Aiden von seiner kleinen Schwester geärgert wird und nicht dagegen unternehmen kann. Ihm gefällt der Gedanke, dass Aiden aber scheinbar so gut mit Kinderk umgehen kann.
,,Ich habe nie gelernt, wie man kocht.", gibt Aiden zu und meidet nun jeglichen Blickkontakt und schaut lieber auf Lucas Hände.
Blaue Adern schimmern durch den Handrücken und Bahnen sich ihren Weg über seinen Unterarm. Im Gegensatz zu Evie, denn bei ihr sieht man keine einzige blaue Linie.
,,Und was isst du normalerweise, wenn du so gut kochen kannst?", fragt Aiden.
,,Pommes. Pfannkuchen. Nudeln. Suppe. Und einmal habe ich Lasagne probiert."
,,Wieso nur einmal?", hakt Aiden nach.
,,Ich hätte uns damit fast vergiftet.", sagt Lucas und ihm überkommt bei dieser Erinnerung eine Gänsehaut.
Aiden kichert und lacht dann laut los, doch kurz darauf spürt er einen Ellbogen in seinen Bauch und ein Bein, welches an seinem ruht.
Sofort hört er auf mit Lachen und sieht herunter.
,,Ich fand das jetzt nicht so lustig.", sagt Lucas, ,,Ich habe mich echt schrecklich gefühlt, als meine Mum krank wurde."
,,Dafür waren die anderen Gerichte bestimmt super.", versucht Aiden ihn wieder aufzumuntern.
,,Du kannst gerne mal mit deinem Dad und Lily vorbeikommen und ich koche etwas für uns. Ich habe die beiden echt schon lange nicht mehr gesehen.", schlägt Lucas vor.
,,Solange du uns keine Lasagne machst.", grinst Aiden und auch Lucas zwingt sich ein kleines Lächeln auf die Lippen und nickt.
,,Ich mache uns French Toast, weil du das als Kind so möchtest.", sagt er und malt kleine Kreise auf Aidens Handrücken.
Aiden starrt auf ihre Hände und beobachtet, wie Lucas anfängt, mit seinen Fingern zu spielen.
Aiden versucht, so entspannt wie möglich zu sein und sagt, dass Lily kein French Toast mag.
Aidens Gesicht fühlt sich heiß an und sein Herz schlägt extrem schnell.
Viel zu schnell.
Sein Bein, welches an Lucas Bein ruht, kribbelt und sein Magen schlägt Purzelbäume.
,,Dann mache ich für sie ein paar Wiener warm.", sagg Lucas leise und nimmt auch Aidens andere Hand in Beschlag.
,,Spielst du Geige mit beiden Händen? Du hast an beiden Händen kleine Schwellungen.", sagt Lucas besorgt.
,,Ja.", haucht Aiden nervös, ,,mir wurde es beigebracht, dass ich auf beiden Seiten spielen kann."
Aiden sieht ebenfalls zu den roten Stellen, die ihm aber längst nicht mehr wehtun und die ihn auch nicht stören.
Die kleinen Wunden zeigen seinen Ehrgeiz und wie sehr er jeden Song trainiert und zwar solange, bis er ihn perfekt spielt.
,,Momentan spiele ich mit der linken Hand.", sagt Aiden, weil Lucas diese gerade besonders inspiziert.
,,Du wolltest mir auch noch vorspielen.", bemerkt Lucas und sofort wird Aiden noch eine Spur nervöser.
,,Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich es nicht mag, vor anderen zu spielen.", versucht er sich herauszureden und windet sich auf seinem Stuhl.
Er will, dass Lucas aufhört, ihn so zu berühren.
Er wünscht sich, Lucas würde ihn mehr berühren, intimer, er will einfach mehr.
,,Ich werde auch nicht schauen.", sagt er und demonstriert es, indem er sich eine Hand über die Augen legt.
Mit einer weichen, aber überzeugenden Stimme spricht er weiter: ,,Ich kann auch in den Raum nebenan gehen, wenn du dich da wohler fühlst."
Auch wenn Aiden ihn gerade nicht anschaut, weiß er, dass Lucas ihn die ganze Zeit beobachtet und wird noch ein wenig röter.
,,Warum willst du das unbedingt hören? Magst du die Töne einer Geige so sehr?"
,,Nein, ja, also keine Ahnung.", zuckt Lucas mit den Schultern.
Aiden sieht ihn verwirrt an.
,,Ich habe so etwas noch nie live gehört.", gibt er schließlich zu.
Von draußen dringt Evies Lachen zu ihne und schnell zieht Aiden seine Hand aus Lucas Umklammerung.
,,Okay, ich werde dir etwas vorspielen.", stimmt er hastig zu.
Lucas Hand zuckt einmal kurz in Richtung Aiden, aber er traut sich nicht, diesen wundervollen Jungen zurückzuhalten, um ihn eventuell zu küssen.
***
,,Dad und ich wollen wandern gehen und dabei sind ein paar Übernachtungen außerhalb des Camps eingeplant.", teilt Evie Aiden mit.
,,Außerdem möchte er zu dem Berg, um dort ein wenig zu klettern.", fügt Evie rasch hinzu.
Evie stellt ihren Tee auf die Theke und lehnt sich gegen Aiden, der seinem Kaffee in den Händen hält.
Die beiden unterhalten sich ein wenig, während sie auf Connor warten, der sich in Bad zurecht macht.
,,Am Donnerstag zieht ein schwerer Sturm auf.", sagt Aiden besorgt und zieht das Mädchen enger an sich, ,,Plant das so, dass ihr bis dahin wieder zurück seid."
,,Dad hat das schon in den Nachrichten gehört."
,,Ich wollte nur sichergehen, damit nichts schief läuft."
,,Du bist immer so besorgt."
,,Ich mache nur meinen Job.", sagt Aiden und grinst.
Endlich öffnet sich die Tür und die beiden schauen auf. Aber es ist nur Kal, der hereinkommt.
Er begrüßt die beiden müde und macht sich gleich an dem Wasserkocher zu schaffen.
Evie schaut Kal missmutig an, ignoriert ihn aber und unterhält sich lieber weiter mit Aiden.
,,Nach dem Sturm können wir ja auch campen gehen.", schlägt sie vor und Kal schaut verwirrt zu den beiden herüber.
,,Mit Connor.", fügt Aiden grinsend hinzu.
Neugierig beobachtet das Mädchen die beiden Jungs.
,,Klar nehmen wir Connor mit. Das bedeutet doppelter Spaß, weißt du."
Aiden schaut sie verwirrt an, aber sie schenkt ihm nur stumm einen intensiven Blick.
Der Teekocher pfeift und Kal füllt den Inhalt schnell in eine Tasse, bevor er fluchtartig die Küche verlässt.
,,Großartig. Wer weiß, wie er das gerade interpretiert hat und was er alles ausposaunt.", sagt Aiden verärgert.
,,Keine Ahnung, ich kenne ihn nicht so gut.", sagt Evie uninteressiert.
,,Schön, aber ich muss ihn jeden Tag in der Schule ertragen.", nölt er herum.
,,Na und? Was kann er schon groß sagen?", fragt sie und verstellt ihre Stimme wie die eines Zwölfjährigen, ,,Oh, da ist der Junge, der einen Dreier im Wald hatte. Wie Aiden, habt große Sache, ehrlich."
Genervt atmet Aiden aus und baut sich vor ihr auf und ahmt die gleiche Stimme nach: ,,Oder; ist das nicht der Typ, der mit Lucas Bruder Sex hatte?"
Plötzlich hören sie ein Räuspern hinter sich und sehen Connor dastehen, der die beiden ziemlich verstört anschaut.
Neben ihm steht niemand geringeres als sein Stiefbruder, der Aiden kalt ansieht.
,,Wir haben... ähm... einen Camping-Trip geplant.", stottert Evie.
,,Sie macht nur Spaß.", sagt Aiden im gleichen Moment und Lucas entspannt sich ein wenig.
Connor folgt Aidens Starren und grinst.
,,Das klingt nach einem sehr interessanten Trip. Ich bin auf jeden Fall drin."
Gedanklich verflucht er Connor für die Art, wie er es ausgedrückt hat und ist froh, als Lucas nicht weiter darauf eingeht.
,,Und du?", bezieht er Lucas in ihre Unterhaltung ein.
Connor und Evie schauen überrascht, aber Lucas Gesichtsausdruck toppt alles.
Die Kälte ist verschwunden und macht etwas anderem Platz, was Aiden nicht so recht deuten kann.
,,Okay.", haucht Lucas und Aidens Herz schlägt angenehm schnell, fragt sich aber weiterhin, was sein Gesichtsausdruck bedeutet soll.
,,Ist das für euch okay?", fragt er Evie und seinen Stiefbruder.
,,Klar, kein Problem.", sagt Evie wenig interessiert, aber Connor braucht ein wenig länger für seine Antwort.
Schließlich nickt er.
,,Warum nicht? Wir haben bisher generell wenig Zeit miteinander verbracht.", sagt er an Lucas gewand.
In der darauffolgenden Stille fragt sich Aiden, ob sein Verhalten gegenüber Lucas sehr auffällig war.
Ob die anderen nun über seine geheimen Gefühle Bescheid wissen.
Über seine idiotischen Gefühle.
Wie dumm von ihm, sich ausgerechnet in Lucas zu verlieben.
Nach einer gefühlten Ewigkeit unterbricht Lucas die Stille.
,,Habt ihr schon etwas für heute geplant?", fragt er an alle gerichtet, schaut dabei jedoch nur Aiden an.
,,Connor und ich wollten mit ein paar Leuten Kajak fahren.", sagt Evie freudig und läuft zu ihm herüber.
Verschwörerisch flüstert sie Connor etwas ins Ohr und er antwortet ebenso leise, was sich für Aiden wie ein ,,Ich weiß, ich wette darauf.", anhört.
Aiden verflucht sich, weil seine Wangen schon wieder heiß werden. Sehr, sehr heiß.
,,Was ist mit dir?", will Lucas neugierig wissen.
,,Keine Ahnung, ich habe noch nichts vor.", antwortet er ehrlich.
Lucas schaut ihn an und macht dann vorsichtig einen Vorschlag: ,,Wir könnten auch etwas zusammen machen."
Dabei schaut er seinem Gegenüber so intensiv in die Augen, dass er den Blickkontakt nicht unterbrechen kann.
,,Vielleicht."
Lucas folgt Connor und Evie mit seinem Blick, bis die beiden verschwunden sind.
Falls sie sich verabschiedet haben, hat Aiden das gar nicht mitbekommen.
Aiden fühlt sich seltsam.
Ist er seltsam?
Aiden kann keinen klaren Gedanken fassen, wenn er in der Nähe ist.
Er kann sich nicht normal verhalten.
In seiner Nähe weiß er nicht, was genau dieses ,Normal sein' ist.
,,Hättest du Lust auf einen Spaziergang?", versucht er es weiter und lehnt sich neben Aiden gegen die Theke, sodass sich ihre Hände leicht berühren.
Aus dem Augenwinkel sieht Aiden, wie Lucas näher rückt.
,,Gibt es etwas, was du bis jetzt noch nicht getan hast und unbedingt noch erleben willst, bevor der Sommer vorbei ist?", versucht er von dem Vorschlag abzulenken.
Erst schaut Lucas komisch, aber sein Blick wird sehr schnell wieder neutral.
,,Keine Ahnung, so spontan fällt mir nichts ein.", sagt er leise und streichelt sanft Aidens Arm, bevor er weiter zu seiner Hand streicht und dann ihre Hände ineinander verschränkt.
,,Wie wärs mit dem Woodluck-Pfad?", versucht es Aiden erneut und sieht zu ihren Händen, die sich wunderschön zusammen anfühlen.
,,Klingt eher langweilig.", lehnt Lucas sofort ab.
,,Ist aber pures Wandern. Wir gehen ein paar Stunden bergauf und oben gibt es einen schönen Ort für ein Picknick."
,,Okay, vielleicht hast du recht, denn es klingt perfekt.", sagt Lucas und streichelt wieder Aidens Hand.
,,Und wann willst du los?"
,,Am besten sofort."
Aiden sieht erstaunt in Lucas Gesicht, wo ihm seine unnatürlich roten Wangen auffallen.
Er wusste gar nicht, dass Lucas auch spontan sein kann und deshalb ist er von seiner Antwort überrascht.
,,Ich auch."
Lucas muss Aidens Blicke gefühlt haben, denn er sieht auf, sodass sich ihre Blicke treffen.
Und dann wird Aiden geküsst.
Oder hat er Lucas zuerst geküsst?
Er ist sich nicht sicher.
Er weiß nur, dass ich dieser Kuss wunderschön anfühlt und Lucas Lippen perfekt auf seine eigenen passen.
Lucas umfasst sein Gesicht und streichelt über sein Haar, während er ihn noch näher an sich heranzieht.
Lucas Lippen schmecken nach Minze.
Er fragt sich, wie er wohl schmeckt.
Wahrscheinlich nach Kaffee.
Ob Lucas Kaffee mag?
Aiden hofft es so sehr, denn er möchte, dass es auch für Lucas ein perfekter Kuss ist.
Aiden unterbricht den Kuss und ringt nach Atem, während er seine Hände auf Lucas knochigen Schulter legt.
Dieser schaut ein wenig desorientiert, anders, als Aiden es erwartet hätte.
Auf was wartet er eigentlich?
Dass Lucas ihn anschreit? Wütend wird?
Oder auch Ekel in seinem Gesichtsausdruck?
Aiden hat keinen blassen Schimmer, aber nichts davon sieht er in Lucas Augen.
Er kann seine Mimik nicht deuten und wünscht sich, er könnte Lucas Gedanken lesen.
,,Ich geht uns etwas für das Picknick holen und du ziehst dich um. In Ordnung?", sagt Lucas und tritt ein paar Schritte weg, sodass Aiden gezwungenermaßen die Hände von seiner Schulter nehmen muss.
Lucas verschwindet in dem hinteren Teil der Küche und Aidens Herz wird augenblicklich schwer.
Er fühlt sich, als ob er gerade etwas Verbotenes getan hätte.
Als ob er gleich die Konsequenzen für sein Handels ausbaden müsste.
Er dreht sich um und fast schon erwartet er, dass ein wütender Hugh um die Ecke gestürmt kommt und ihm etwas antun würde.
Aber nichts dergleichen geschieht.
Schnell läuft er in seine Hütte und zieht sich um.
Momentan würde er sich am liebsten verkriechen wollen.
Am liebsten würde er den Trip mit Lucas absagen und ihm sagen, dass das alles ein ganz großer Fehler ist.
Das er ihn nicht küssen wollte.
Das er nicht einer von der Sorte ist.
Das er einfach ein ganz normaler Junge ist und er einfach nur neugierig war.
Neugierig. Genau. Mehr aber auch nicht.
Ein leichtes Klopfen an der Tür lässt ihn erschrocken aufspringen und Lucas betritt ohne eine Aufforderung die Hütte.
,,Bist du fertig?"
Nein. Nein. Nein. Er will das alles doch gar nicht.
Aiden schluckt seine Furcht herunter und nickt.
,,Ich bin bereit."
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