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Last Christmas


Es ist vier Uhr morgens, die Sonne geht langsam auf und taucht ihr neuestes Graffiti in sanftes goldenes Licht. Kurz späht Caitlin um die Ecke in die große Glasfront vom Esszimmer, aber die Kinder im Lost & Found sind noch nicht wach. Wahrscheinlich werden sie das Gebäude auch nicht mehr verlasse. Schließlich haben sie heute ein straffes Programm:

Das gesamte Haus muss auf Vordermann gebracht werden. Die restlichen Geschenke müssen eingepackt werden und wenn sie sich den Weihnachtsfilm anschauen wie jedes Jahr, tragen sie ihre Pyjamas im Familien-Look. Und dann muss noch gekocht werden. Es erwartet die Kinder heute Abend ein Drei-Gänge-Menü und Caitlin und Jake haben gestern lediglich das Dessert vorbereitet. Die Vor- und Hauptspeise machen aber alle gemeinsam.

Ein sanftes Lächeln huscht über Caitlins Gesicht, als sie daran denkt, wie Jake ihr gestern mit leuchtenden Augen von all diesen Weihnachtstraditionen erzählt hat. Er war so enthusiastisch und glücklich, es mit ihr teilen zu können, auch wenn sie heute nicht dabei sein wird.

Sie und ihr Vater haben eine ganz eigene Weihnachtstradition und obwohl sie sich von den üblichen Bräuchen unterscheidet, würde Caitlin sie nicht hergeben wollen.

In weniger als einer Stunde sind sie verabredet, aber sie musste diese Überraschung einfach fertigstellen. Sie hätte es nicht übers Herz gebracht, die Kinder und auch Jake mit dieser dunklen Masse von Wand an Weihnachten allein zu lassen.

Jetzt ist dem Schlangenkopf und der Drohung ein farbenfrohes Graffiti gewichen. Denn auch wenn sie und Jake das Bild, das Mason ihnen hinterlassen hat, nicht wegwischen konnten, so kann sie doch drüber sprayen.

Nun schauen die Kinder vom Lost & Found ihr entgegen, Jake in der Mitte in seiner Holzfällerjacke. Emma und Alexander, wie sie spitzbübisch grinsen und Henry, wie er aus vollem Halse lacht. Liam und Noah, wie sie glücklich lächeln, weil Caitlin davon überzeugt ist, dass dieser Tag kommen wird. Auch Sophia und Mia sind zu sehen, blicken zur Seite, aber zufrieden. Denn das ist das, was sich Caitlin für all diese Kinder wünscht. Dass sie wieder sorglos sein können.

Morgen früh wird Jake es als erster sehen, wenn er im Kostüm von Santa Claus die Geschenke in den benachbarten Häusern verteilt. Dann wird sie ihm eine Nachricht schreiben, fragen, ob ihr Geschenk angekommen ist, obwohl sie keinen Namen darauf geschrieben hat.

Doch jetzt muss sie weiter, sich mit ihrem Vater treffen wie jedes Jahr. Schnell sammelt sie alle umliegenden Spraydosen ein, rennt zurück zum Auto und fährt los.

Der Friedhof von New Ports befindet sich im Innern der Stadt, umringt von hohen Buchen und Birken, die den Gräbern genügend Schatten spenden, damit die Blumen ja keinen Sonnenbrand erleiden.

Caitlin setzt sich auf die dunkle Holzbank neben den purpurnen Rhododendron, der genauso alt, aber größer ist als sie. Früher haben Caitlin und ihr Vater jedes Jahr gemessen, wie wer von ihnen höher gewachsen ist, doch heute ist sie kleiner. Der Rhododendron wächst und wächst, aber Caitlin hat ihre maximale Körpergröße schon erreicht. Der Blumenbusch hingegen wird noch viele Jahre weiterwachsen, irgendwann die Größe eines Baumes erreichen und genauso viel Schatten spenden wie die Buchen und Birken ringsherum. So wie der in ihrem Garten, der mit den obersten Zweigen bereits an ihr Fenster im ersten Stock ragt. Lächelnd sieht Caitlin zu den violetten Blüten, die sie an zerknautschtes Krepppapier erinnern. Ihre Mutter hat diese Blumen geliebt. Der Busch in ihrem Garten ist über fünfzig Jahre alt, wurde von ihrer Oma gepflanzt und gepflegt. Von ihrer Mutter. Jetzt liegt es an Caitlin, die Tradition fortzuführen. Ihrer Familie Ehre zu erweisen, ihre Schulden abzubezahlen.

Nach dem Tod ihrer Tochter ist Caitlins Oma schnell ausgezogen. Innerhalb einer Woche hat sie ihre Sachen gepackt und den Umzug vorbereitet und seit sie den Schritt über die Türschwelle nach draußen gewagt hat, sich nicht mehr umgesehen.

Sie konnte Caitlins Anblick nicht ertragen und Caitlin versteht das. Sie selbst kann es auch nicht. Einmal im Jahr wagt sie einen Blick in den Spiegel. An Weihnachten. Um zu sehen, wie ähnlich sie ihrer Mutter jetzt sieht. Ob sie es schafft, ihre Legende fortzuführen.

„Ich wünschte, du wärst hier", flüstert Caitlin, streicht sanft über den Stein aus hellem Marmor, auf dem der Name Olivia eingraviert ist.

„Ich wünschte, ich hätte dich kennengelernt."

„Du bist genauso, wie sie es sich immer für dich gewünscht hat." Caitlin zuckt zusammen bei der Stimme ihres Vaters, der sich mit leisen Schritten an sie herangeschlichen hat. Lächelnd lässt er sich neben ihr auf der Holzbank nieder.

„Hey, Dad", flüstert Caitlin und stupst ihn leicht mit der Schulter an. „Ich habe was mitgebracht." Vorsichtig holt sie das Päckchen heraus, das ihr Jake vor einigen Tagen auf dem Weihnachtsmarkt gegeben hat, und in dem sich der Kristallengel befindet. Er glitzert im Sonnenlicht, als sie ihn an einen Zweig des Rhododendrons hängt.

„Der ist wirklich schön." Caitlin nickt zustimmend und ihr Vater packt den Picknickkorb aus. Wie jedes Jahr verbringen sie den Tag am Grab, essen, reden, spielen Kartenspiele. Caitlin holt die Decken und die Thermoskanne mit Tee aus dem Auto, damit sie sich aufwärmen können und bereit für die nächste Runde von Phase 10 sind. An solch kalten Wintertagen geht die Sonne schneller unter, als gedacht, sodass Mr. Madden sich räuspert, sobald er bemerkt, dass der Himmel ergraut.

„Ich werde mich einweisen lassen, Caitlin." Sie keucht erschrocken auf, kann nicht glauben, welche Worte seinen Mund verlassen, will etwas erwidern. Doch ihr Vater hält behutsam die Hand hoch. Er schluckt, bevor er weiterspricht: „Ich benötige Hilfe und du bist nicht diejenige, die für mich verantwortlich ist."

Er rutscht unruhig auf der Holzbank hin und her. Dann drückt er den Kloß im Hals runter. Es gibt noch einiges, was er seiner Tochter heute sagen muss, angefangen damit, dass diese Entscheidung die einzig Richtige ist. Für sie beide.

„Du bist jetzt achtzehn, dir kann kein Jugendamt dich mir wegnehmen oder bestimmen, wo du hingehen musst. Das Haus ist auf deinen Namen übertragen worden, als du nur wenige Tage alt warst. Es ist abbezahlt und es gehört dir", seine Stimme bricht, als er weiterredet, „es tut mir so leid, dass ich dir so viele Kindheitsjahre gestohlen habe, mein Glückskeks."

„Dad", flüstert Caitlin, als Mr. Madden sie in seine Arme schließt. Er wischt die Tränen von den Wangen seiner Tochter, sieht ihr eindringlich in ihr kantiges und junges Gesicht.

„Du bist unser größter Stolz. Die bestmögliche Version von dir selbst."

„Ich"

„Du kannst das", er drückt Caitlin noch näher zu sich heran, bis sie bereit ist, ihn loszulassen.

„Wann?"

„Montag." Caitlin unterdrückt ein Schluchzen bei diesem Wort. Der Gedanke daran, dass sie ihren Vater bereits nächste Woche verabschieden muss, nimmt ihr die Luft zum Atmen.

„Aber bis dahin", Mr. Madden lächelt seine Tochter aufmunternd zu, „habe ich ein Geschenk für dich." Er holt einen Umschlag hervor. Caitlin blinzelt einige Male, will sichergehen, dass das hier kein Traum ist. Das hier ist ihr erstes Geburtstagsgeschenk, seitdem sie denken kann. Ihre Finger zittern vor Aufregung, als sie nach dem Umschlag greift und ihn zögerlich öffnet. Darin befindet sich die Visitenkarte der Galerie. Caitlin runzelt die Stirn.

„Ich verstehe nicht."

„Sie stellen dein Graffiti aus. Sie sind ganz begeistert von deinem Porträt gewesen."

„Was?", überrascht lässt sie die Visitenkarte fallen und starrt ihren Vater an.

„Ich habe dich für den Wettbewerb in der Galerie angemeldet. Ich wusste, du würdest dich nicht trauen. Sie fanden es großartig. Die Ausstellung ist an Silvester."

„Aber", ihr Vater legt seine Hand auf ihr Knie, damit sie ihm weiter zuhört.

„Du solltest hingehen. Mit Jake." Überrascht sieht sie ihren Vater an, sprachlos über das, was er gerade sagt. Sie kann nicht fassen, was er für sie getan hat, wie sehr er sie aus ihrer Komfortzone damit schubst.

„Du kannst dich nicht ewig verstecken, Caitlin. Manchmal muss man auch rausgehen. Einen Schritt wagen. Und wenn du stolperst, stehst du wieder auf. Du bist 'ne Kämpferin. Warst du schon immer." Ihr Vater stupst sie leicht mit der Schulter an, was Caitlin mit einem Grinsen quittiert.

„Okay."

„Okay?", ihr Vater hebt überrascht die Augenbrauen.

„Okay", wiederholt sie.

„Wuhuuuu!", Mr. Madden reckt die Faust in die Luft und klatscht in die Hände, „dann los!"

Caitlin umarmt ihren Vater, dann rennt sie zum Auto. Aber Mr. Madden bleibt noch eine Weile auf der Bank sitzen, begutachtet den Grabstein seiner Frau.

„Das haben wir gut hinbekommen", flüstert er.

Aber Caitlin hört die Stimme ihres Vaters nicht mehr. Sieht nicht, wie eine Windbrise ihm durchs Gesicht streicht als Antwort auf seine Worte. Stattdessen sitzt sie im Auto und fährt bereits vom Parkplatz runter.

Es ist schon dunkel und die ersten Sterne sind am Nachthimmel zu sehen, erleuchten ihn und es ist, als würden sie Caitlin den Weg zeigen. Voller Vorfreude tritt sie stärker aufs Gas, will keine weitere Sekunde verschwenden, sondern endlich mit Jake zusammen sein. Ihn berühren, sein Lachen hören. Ihn in seine Arme schließen in dem Wissen, dass sie ihn nicht mehr loslassen muss.

Mit quietschenden Reifen kommt sie vor dem Waisenhaus zum Stehen. Für einen Moment bleibt Caitlin im Auto sitzen, genießt die Stille und das Knacken des Motors, das sie im unregelmäßigen Rhythmus unterbricht. Nimmt den Anblick der Weihnachtsbeleuchtung, und wie sie bunte Schatten auf ihr Graffiti wirft, in sich auf. Dann drückt sie die Autotür auf und geht einige Schritte durch den gefallenen Schnee. Heute Morgen waren es kleine Flocken, die über den Tag immer dichter geworden sind. Jetzt sind sie groß wie eine ein Dollar Münze.

Von der Straße aus kann Caitlin im Esszimmer vom Lost & Found sehen, wie sie alle am Tisch sitzen. Ihr Gelächter dringt bis nach draußen und Caitlin wünscht sich, mit ihnen drinnen zu sein. Gemeinsam den Abend zu verbringen. Doch im gleichen Moment kommen ihr wieder Zweifel. In den nächsten Tagen wird sich zu Hause so viel verändern. Sollte sie Jake da wirklich mit reinziehen?

Stumm sucht sie das Esszimmer nach ihm ab. Er sitzt zwischen Emma und Noah, wuschelt ihm lachend durch die Haare, wie er es schon so oft getan hat. Es ist eine unbeschwerte Szene, die Caitlin nicht unterbrechen möchte.

Elena kommt aus dem Hintergrund, stellt den Kuchen vor Noah und Jake in die Mitte des Tisches und flüstert Jake etwas ins Ohr. Er sieht sofort auf, schaut suchend aus dem Fenster, vor dem Caitlin steht.

Und sie erstarrt.

Wenn sie sich nicht bewegt, wird er sie nicht erkennen können. Drinnen ist es hell, hier draußen dunkel, das Fensterglas würde sich von innen spiegeln. Er kann sie nicht sehen, und doch starrt er sie direkt an.

Caitlins Herz setzt aus, als Jake aufsteht und wenige Sekunden später aus der Tür tritt. Er traut sich nicht, sie anzulächeln, aus Angst sie gleich wieder zu verscheuchen. Er muss sie den ersten Schritt machen lassen, auch wenn es ihm schwerfällt. Denn es ist nicht das erste Mal, dass er die Lücke zwischen ihnen überbrücken, seine Lippen auf ihre legen und über ihre Grübchen streichen möchte.

Nur im Pullover und nicht zugebundenen Winterstiefeln stellt er sich vor sie, verschränkt die Arme, um sich ein wenig aufzuwärmen.

„Hey", haucht Caitlin ihren weißen Atem in die Luft.

„Hey", erwidert Jake und kommt nicht drum rum, sie doch anzulächeln. Er ist glücklich, dass sie hier ist. Überglücklich. Aber er möchte nichts überstürzen, will ihr den Freiraum geben, den sie braucht.

„Ich wollte mich entschuldigen", beginnt Caitlin und überlegt, wie sie den Satz zu Ende bringen soll. „Ich habe Panik bekommen und überreagiert. Ich bin es nicht wirklich gewohnt", sie hält inne, knetet die Finger.

„Ich habe noch nie so lange mit jemandem Zeit verbracht, außer meinem Dad oder der Gang. Es ist neu für mich und ich muss noch Üben."

Jake entfährt ein herzhaftes Lachen, weil er nicht damit gerechnet hat, dass sie sich solche Gedanken darüber machen würde, wie sie ihn gestern in der Küche abblitzen lassen hat. Für ihn ist es vollkommen in Ordnung, dass sie in dem Moment nicht bereit war. Er hat es ihr zu keinem Zeitpunkt übel genommen.

„Komm her, du Idiotin", sagt er grinsend und breitet die Arme aus, in die sich Caitlin nur zu gern hineinstürzt.

„Selber Idiot", flüstert sie dicht an seiner Brust und legt ihre Arme um seinen Torso, der bereits durchgefroren ist.

„Möchtest du mit reinkommen?"

„Ich weiß nicht", antwortet Caitlin ehrlicherweise und Jake ist ihr dankbar dafür. Es ist der Schritt in die richtige Richtung, dass sie ihm ehrlich sagt, was sie fühlt. Dass sie nicht in sich gekehrt ist.

„Sie warten mit dem Dessert auf uns. Es soll einen ausgezeichneten Kuchen geben."

„Ausgezeichnet also, ja?", fragt Caitlin und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sie drückt sich von Jake ab, um ihn anzusehen und er kann selbst im Schein der Weihnachtsdekoration ihre Grübchen erkennen.

„Hundertprozentig."

„Scheint eine gute Bäckerin gewesen zu sein."

„Sie ist grandios." Caitlin hebt eine Augenbraue, fragt sich, ob sie noch in ihrem ironischen Spiel feststecken, oder ob er das Kompliment ernst meint.

Jake versucht ein Pokerface zu halten, hat Angst, dass wenn er ihr jetzt zu erkennen gibt, wie sehr er sie mag, dass sie sich seiner Umarmung entzieht, nicht mit hineingeht. Keinen Kuchen mit ihm und seiner Familie isst.

Doch dann nickt sie.

„Ich esse gern mit."

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