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Daisuke streicht mir die Haare aus dem Gesicht und legt seine Hand auf meine Stirn.
"Fieber", murmelt er nur und schnappt sich einen nassen Lappen auf die Stirn legt.
"Erhol dich ein wenig, ja?"
Kommt das nur mir so vor oder bin ich dauerhaft ans Bett gefesselt und hilfsbedürftig?
In der folgenden Nacht bekomme ich kein Auge zu. Mich plagt ein Gefühl, das ich nicht zu beschreiben vermag. Und genau das hindert mich am Schlafen.
Nachdem ich mich eine weitere Stunde wach hin und her gewälzt habe, setze ich mich auf.
Ich richte mich vorsichtig auf und gehe zum Fenster. Ich öffne es behutsam und lehne mich ans Fensterbrett. Ich seufze tief und blicke in die Dunkelheit hinaus.
Es ist zwar möglich für mich zu stehen, jedoch ist mein Körper noch ein bisschen zittrig.
Aus unerklärlichem Grund packt mich das Verlangen, rauszugehen, aber was soll ich schon mitten in der Nacht?
Erneut entweicht mir ein Seufzen, und ich schließe nachdenklich die Augen.
"Wenn ich doch endlich mal etwas Frieden finden könnte...", murmele ich vor mich hin.
In letzter Zeit ist so viel passiert. Ich dachte, nachdem mein Vater gestorben ist, dass alles jetzt endlich ein Ende hat, aber durch diese Vorhersehung, dass Daisuke durch Hashiramas Hand sterben wird, haben sich meine Hoffnungen erneut zerschlagen.
Zuerst hat es meine Mutter und den Hamasaki-Clan getroffen, dann Inojin, meinen Großvater und schließlich ist mein Vater gestorben. Auch wenn mich letzteres nicht sonderlich getroffen hat, so habe ich dennoch in der letzten Zeit viele Tode zu beklagen gehabt.
Mein Bruder und Hina sind die einzigen, auf die ich noch setzen kann, und ausgerechnet Daisuke soll der nächste sein, der stirbt?
Ist das ein schlechtes Karma, das mich verfolgt? Habe ich etwas getan, um all diese Verluste zu verdienen?
So sehr ich mir auch den Kopf zerbreche, ich komme auf keine Lösung, die ich akzeptieren will. Ich will einfach nicht daran glauben müssen, dass ich nichts mehr für meinen Bruder tun kann. Es muss doch noch einen Weg geben.
Wofür wären meine Vorhersagen gut, wenn nicht dafür, Unheil zu verhindern?
Aber trotz all meiner Versuche, die schlimmen Vorfälle zu vermeiden, bin ich doch jedes Mal gescheitert. Bisher ist immer alles genau so eingetroffen.
Wie kann ich verhindern, dass es passiert? Indem ich mich von dem Ort des Geschehens einfach fernhalte? Ist das überhaupt möglich?
"So viele Fragen und doch keine Antworten", murre ich gereizt vor mich hin und sinke auf den Boden. Ich lehne mich mit dem Rücken an die Wand, gleich neben dem Fenster, und lege den Kopf in den Nacken.
"Schicksal... ist meine Zukunft wirklich vom Schicksal bestimmt?" Auch laut ausgesprochen, erlange ich darauf keine Antwort. Wer sollte mir diese schon geben?
Angenommen, Schicksal existiert: Kann man es noch ändern, oder ist es von Anfang an festgeschrieben? Ist mein Kekkei Genkai die Fähigkeit, das feststehende Schicksal zu erkennen, oder eine mögliche, wenn nicht sogar die schlimmste, Variante der Zukunft zu sehen?
Ich rappele mich auf und gehe wankend zum Kleiderschrank. Ich ziehe meinen Mantel heraus und schlüpfe in ein paar Schuhe.
Ein plötzlicher Gedanke hat sich in meinem Kopf niedergelassen. Ich muss Hashiramas Meinung dazu hören.
Dass mitten in der Nacht wohl auch die Senju am Schlafen sind, geht mir in dem Moment gar nicht erst durch den Kopf. Stattdessen klettere ich so leise wie möglich durch das Fenster und schleiche hinter das Haus in Richtung des Senju-Viertels.
Hashirama hat mich damals gerettet. War das Schicksal oder nicht? Wenn nein, was war es dann? Glück? Zufall?
Ich wäre nicht da, wo ich heute bin, wenn er sich nicht dazu entschieden hätte, mein Leben zu retten. Hätten die Uchiha mich gerettet, könnte alles anders sein. Sie hätten mich bestimmt nicht einfach in den Yamanaka-Clan begleitet. Möglicherweise hätten die Pläne meines Vaters dann ganz anders ausgesehen, weil ich ihm nicht spontan im Weg gestanden hätte.
Und wenn mich niemand gerettet hätte? Wenn Hashirama zu spät gekommen wäre oder einfach woanders an dem Tag langgelaufen wäre, hätte mich dann noch irgendeine andere Person gerettet, oder wäre ich gestorben? Was, wenn mich jemand gefunden und gerettet hätte, der nicht über solche Heilfähigkeiten wie Hashirama verfügt? Wäre ich meinen Verletzungen erlegen?
Hashirama zu treffen war eine Fügung des Schicksals, wie man es auch dreht und wendet. Er hat für mich meinen Vater getötet und soll laut meiner Vorhersehung auch meinen Bruder töten. Er hat Konohagakure gegründet und mein Leben gerettet. Er hat mich versorgt und mir geholfen, den Yamanaka-Clan wiederzutreffen.
Dass eine Person so viel für mich getan hat, kann nicht nur Zufall sein.
Hashirama hat nicht nur einen kleinen Einfluss auf diesen Abschnitt meines Lebens gehabt, sondern einen ganz bedeutenden.
Es fühlt sich nur richtig an, herauszufinden, was er davon hält. Wüsste er von meiner Vorhersage, dann würde er bestimmt davon ausgehen, dass es einen Weg gibt, dass Daisuke nicht sterben muss.
Leicht atemlos komme ich vor dem Anwesen des Senju-Oberhauptes zum Stehen. Erst jetzt, wo ich klopfen will, realisiere ich, dass es mitten in der Nacht ist.
Der Mond scheint auf mich herab, während ich unschlüssig vor der Tür stehe. Soll ich klopfen oder wieder umdrehen und das auf morgen verschieben? Warum habe ich mir vor meinem spontanen Aufbruch keine Gedanken darüber gemacht?
Bevor ich mich entscheiden kann, geht die Tür von innen auf, und ich zucke bei der plötzlichen Bewegung zusammen.
Tobirama Senju schaut mich mit seinem üblichen, durchdringenden Blick an. "Was führt dich zu solch später Stunde her?"
"Ich...", ich schlucke den Kloß in meinem Hals herunter.
Schnell senke ich den Kopf. "Verzeihung, ich weiß, dass es nicht angebracht ist, andere mitten in der Nacht zu stören, aber wäre es möglich, mit Hashirama zu sprechen?"
Auf sein Schweigen und Tobiramas stechenden Blick hin, beginnt mein Körper zu zittern. War das eine schlechte Idee? Sollte ich mich entschuldigen und nach Hause gehen? Aber was ist, wenn ich mich dadurch so sehr verunsichern lasse, dass ich es mir morgen früh nochmal anders überlege?
Nein, ich muss jetzt mit ihm sprechen. Dringend.
"Wenn es so wichtig ist, dass du dich mitten in der Nacht auf den Weg machst, kann es wohl nicht bis morgen warten", kommentiert Tobirama schließlich und macht Platz für mich zum Eintreten. "Vielen Dank", meine ich, trete schnell ein und realisiere, dass er als Antwort darauf nur mit den Schultern zuckt.
"Warte hier einen Moment, ich werde Hashirama wecken gehen", meint Tobirama, ehe er auch schon verschwunden ist.
Jetzt tut es mir schon ein wenig leid, dass Hashirama meinetwegen aus seinem wohlverdienten Schlaf gerissen wird. Hoffentlich ist er nicht allzu sauer, dass dies durch solch ein Anliegen geschieht.
Angespannt stehe ich im Eingangsbereich des Senju-Anwesens und warte nervös darauf, endlich mit Hashirama zu sprechen und somit endlich eine Antwort auf meine Frage zu erhalten.
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