[1 - Erwachen]
Ich konnte niemanden retten. Nicht mich und schon gar nicht meinen Clan, geschweige denn den meiner Mutter.
Falls das jetzt mein Ende sein sollte... werde ich im Jenseits einiges bereuen müssen.
Ich habe stechende Kopfschmerzen und alles ist so verschwommen: meine Wahrnehmung und meine Schmerzen. Es ist zwar alles da, aber andererseits auch nicht. „Konzentrier dich endlich! Öffne deine Augen! Irgendwas geht hier doch vor sich!"
Mit all meiner Willenskraft schaffe ich es schließlich, meine Augen zu öffnen. Da es recht dunkel ist, blendet mich glücklicherweise kein Licht. Andererseits erkenne ich so auch nichts, dabei wüsste ich nur zu gerne, wo zum heiligen Shinobi-Gott ich mich befinde.
Ob ich es wohl hinkriege, aufzustehen? Ich probiere es jedenfalls und drehe mich zunächst ruckartig auf den Bauch. Dann taste ich mich durch die Gegend und versuche, irgendeine Wand oder einen Tisch, Stuhl, was auch immer, zu finden, an dem ich mich abstützen kann.
Stattdessen halte ich erschrocken inne, als ich tatsächlich etwas berühre, das sich bewegt, und bete einfach mal, dass es nur ein zahmes Haustier ist. Aber da das Fellknäuel, das ich spontan für einen Hund halten würde, zu schlafen scheint, atme ich erleichtert aus.
In der Dunkelheit robbe ich mich weiter in irgendeine Richtung, bis ich erneut gegen etwas stoße. Jetzt habe ich mir wohl tatsächlich den Kopf an einem Tischbein angestoßen. Meine Augen hatten sich zwar in den vergangenen Wochen recht gut an die Dunkelheit gewöhnt, aber gerade ist trotzdem alles noch ein wenig verschwommen, daher habe ich sie lieber wieder geschlossen.
Ich taste mich an dem Tischbein hoch, bis ich mit meiner zittrigen Hand die Tischplatte zu packen bekomme. Zunächst ziehe ich mich auf die Knie und versuche dann, ein Bein aufzustellen, knicke aber sofort wieder weg und schreie auf wie ein kleines Kind. Nicht wegen des Sturzes, sondern weil ein Schmerz mein Bein durchzuckt.
Ich falle wieder auf den Boden zurück und bleibe schwer atmend liegen. Im selben Moment fällt mir auch wieder der Wolfsbiss ein. Meine Hände balle ich zu Fäusten, lasse es dann aber wieder bleiben und öffne die Augen. Immer noch sehe ich ein wenig schwammig, aber so viel gibt es auch nicht zu sehen. Maximal ein paar Umrisse kann ich erkennen.
Unter mir spüre ich nasses Gras und höre leise, wie sich der Hund entfernt. Es geht zu schnell, um mir Gedanken darüber zu machen, doch ich schließe die Augen wieder und lausche der Stille.
Doch als ich dann einen Fuß auf meiner Hand spüre, kreische ich auf, halte mir aber dann selbst die noch freie Hand auf den Mund und beruhige mich, sofern möglich. Ich spüre Tränen, die über meine Wangen fließen, und sehe hoch. Ich erkenne die Umrisse einer Person, vermutlich eines erwachsenen Mannes, so würde ich zumindest schätzen. Ich atme einfach weiter ein und aus. Vielleicht, um mich zu beruhigen, vielleicht aber auch, weil mir nichts Besseres einfällt, denn der ganze Schmerz breitet sich durch die Bewegungen von gerade wieder wie eine Welle in meinem Körper aus.
„Es ist mitten in der Nacht", klärt mich eine relativ dunkle, männliche Stimme auf, die ich einfach mal dem Typen zuordne, der auf meiner Hand steht. Ich nicke schwach, versuche ein „Okay" herauszupressen und wende dann meinen Blick wieder in die Finsternis. Ich warte einen Moment, er sagt zwar nichts mehr, geht aber zumindest von meiner Hand herunter.
„Sei leise, geh schlafen und morgen klären wir alles andere", meldet er sich noch einmal zu Wort und verschwindet so still, wie er gekommen war. Ich höre nur etwas weiter entfernt das Bellen eines Hundes.
Die nächsten Stunden bleibe ich auf der Stelle liegen, starre ins Nichts und öffne schließlich erst wieder die Augen, als es bereits heller wird. Anscheinend bin ich wirklich noch einmal eingeschlafen, wenn ich mir auch nicht sicher bin, wie lange.
Zwar ist es nun hell genug, um etwas zu sehen, und ich erkenne, dass ich anscheinend in einem Zelt bin, aber das bringt mir nun auch nicht viel. Allerdings werde ich sanft von der Seite angestupst und drehe mich zu dem Hund hin, der interessiert an mir schnuppert. Ich kenne mich nicht mit den Rassen aus, doch es ist ein recht großer, weißer Hund mit viel Fell. Er wirkt zum Glück nicht furchteinflößend.
Ich starte einen neuen Versuch, mich aufzusetzen, und lehne mich schließlich an das Tischbein, auch wenn sich alle Knochen in mir dagegen wehren. Dann halte ich meine Hand vorsichtig dem Hund entgegen und spüre auch schon kurz darauf die kalte Zunge auf meiner Haut. Ein kleines Lächeln macht sich auf meinen Lippen breit und als er sich neben mich hinlegt, streiche ich ihm gedankenverloren durchs Fell, wobei ich vermutlich wieder eingeschlafen bin. Doch diesmal vermutlich nicht allzu lang.
Das Nächste, das mich weckt, sind Stimmen vor dem Zelt. Ich mache mir aber mehr Gedanken darüber, die gestrigen Geschehnisse durchzugehen, und ich würde schätzen, ich bin vermutlich in einem Kriegslager. Ich erinnere mich leider nur noch an Bruchstücke, die ich mir wohl oder übel wieder zusammenpuzzeln muss. Nach und nach ergeben die Bilder in meinem Kopf sogar halbwegs Sinn: meine Flucht, die Wölfe, der Fluss und mein Weg bis hin zu dem Schlachtfeld.
Schlagartig setze ich mich auf. Der Grund, warum ich überhaupt hier bin. Es war so offensichtlich, dass ich es anscheinend verdrängt habe. Das darf aber nicht sein. Ich vermute, es wird nicht allzu viel Zeit vergangen sein. Zumindest hoffe ich es. Meinem Körper geht es halbwegs besser, würde ich spontan einschätzen. Vermutlich gibt es hier einen guten Iryounin. Ich sollte mich schnellstmöglich wieder auf den Weg machen.
Gerade will ich unüberlegt aufspringen, da fällt mir ein, dass ich nicht einmal weiß, wo ich überhaupt bin. Also sollte ich versuchen, das Clan-Oberhaupt zu sprechen. Dann kann ich mich direkt auch bedanken und hoffe einfach mal, dass es kein Clan ist, der den Yamanaka feindlich gesinnt ist. Und dass es nicht zu spät ist. Sofort springe ich auf die Beine und stütze mich hilflos ab. Doch ich hatte zu viel Schwung, mein armer Kreislauf.
Schlagartig spüre ich wieder überall in meinem Körper Schmerzen, von dem unangenehmen Ziehen in meinem Bein bis hin zu sämtlichen Muskeln in meinem Körper, die mir sagen wollen, dass ich mich wieder hinlegen sollte. Ich atme schwer und erst einige Minuten später gewöhne ich mich langsam wieder daran, zu stehen. Ich führe auf wackligen Beinen meinen Weg zum Ausgang des Zeltes fort, wo ich aber ungeschickt nach vorne falle. Gefasst auf den Aufprall kneife ich die Augen zu, aber statt der Begegnung mit dem Boden werde ich von zwei starken Armen aufgefangen. Klischeehaft kann ich.
Einen Moment genieße ich die angenehme Wärme und das Gefühl der Sicherheit, ehe ich ein paar Schritte zurück stolpere und mich peinlich berührt verbeuge. „Es tut mir wirklich leid", entschuldige ich mich sofort, erhalte aber nur ein beinahe verlegenes Lachen als Antwort, woraufhin ich zum ersten Mal meinen Gegenüber ansehe.
Der Mann ist ungefähr einen halben Kopf größer als ich, und seine langen, glatten, braunen Haare fallen ihm locker über die Schulter. Er bringt mir ein warmes Lächeln entgegen, das mich in seinen Bann zieht. Würde es Liebe auf den ersten Blick geben, würde ich diesen Moment als eine Fügung des Schicksals deuten, doch habe ich nun keine Zeit, über solche lächerlichen Sachen nachzudenken.
„Wo wolltest du denn hin?", fragt der Fremde. Doch es klingt so interessiert, dass ich sofort wieder verwirrt bin. Diese Sympathie beeindruckt mich. Bin ich wirklich in einem Kriegsgebiet gelandet oder war es alles nur Einbildung? Und auch die Frage, warum mich überhaupt jemand gerettet und geheilt hat, ohne zu wissen, wer ich bin, ist höchst überraschend.
„Ich... muss euer Clan-Oberhaupt sprechen. Es ist wirklich dringend", erkläre ich mich knapp.
„Na dann, folge mir." Ich tue, wie mir gesagt, und folge dem Mann stumm. Ich muss aber zugeben, mich nur noch durch eisernen Willen mit Fokus auf mein Ziel auf den Beinen halten zu können. Sonst könnte ich auch „Sayonara, Bewusstsein" sagen und hier und jetzt zusammenbrechen.
Es ist ganz offensichtlich ein Kriegslager. Ich sehe weit und breit nur Männer, und dazu noch alle in Rüstungen. Doch scheine ich für keinen weiter interessant zu sein, denn die Männer sind alle in eindringliche Gespräche vertieft und stoßen miteinander an. Das Clan-Symbol, das ich immer wieder zu Gesicht bekomme, kommt mir eindeutig bekannt vor, doch komme ich im Laufen einfach nicht darauf, zu wem es gehört.
Und dazu ist mein Kopf zu sehr mit weiteren Problemen gefüllt.
Wir betreten ein weiteres Zelt, es ist eindeutig das Größte von allen, doch befindet sich keiner darin, was mich irritiert aufblicken lässt. Ich verstehe, dass das Clan-Oberhaupt bestimmt mit vielerlei Dingen beschäftigt ist, doch ich habe es wirklich eilig. Ich will aber auch nicht unhöflich sein. Argh, warum ist denn das alles immer so kompliziert?!
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