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An: [email protected]
Von: [email protected]
Betreff: Danke - Anhang
Jess, ich danke Dir aus ganzem Herzen. Du hast was Gut bei mir. Wirklich.
An Ihrem Krankenbett meinte meine Mutter, sie hätte Dich gerne dabei gehabt. Ich habe ihr erklärt, was ich getan habe. Nicht eine winzige, kleine Kleinigkeit habe ich ausgelassen und sie hat mich zum Schluss sogar beschimpft. Sie konnte nicht fassen, was ich Dir, oder viel mehr uns, angetan habe.
Entschuldige, ich neige dazu, Marco das Wort zu erteilen, wo er doch eigentlich im Hintergrund verweilen sollte. Nun, meiner Freundin und mir habe ich die Chance genommen glücklich zu werden. Das ist schwer zu akzeptieren, auch wenn ich diese Wahrheit glasklar vor mir sehe. Na, jedenfalls hat mich meine Mutter gebeten, dass ich meiner Ex-Freundin ausrichte, dass sie zur Beerdigung eingeladen ist. Und ich soll dafür sorgen, dass sie es nicht vergisst. "Reiß ihr das verdammte Buch aus den Fingern, wenn es sein muss!" Diese Unterhaltung ist jetzt ein paar Tage her. Sie wusste, dass sie bald gehen würde. Nur ich hatte es noch nicht akzeptiert. Ich wartete noch immer darauf, dass sie das Krankenhaus wieder gesund verlassen würde.
Das worum ich Dich jetzt bitten werde, ist deshalb zweimal so schwer. Ich bitte Dich, mir einen Teil der Last abzunehmen, Jess. Ich weiß, dass Du gerade selbst genug Probleme hast, aber es fühlt sich an, als käme ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht ohne eine helfende Hand weiter. Im Anhang habe ich Dir eine Liste aller Verwandten und deren Nummern beigefügt, die über den Tod meiner Mutter direkt informiert werden müssen. Ich würde Dich bitten, sie zu kontaktieren. Wir brauchen zudem noch ein Restaurant, in dem wir den Leichenschmaus abhalten können. Könntest Du das ebenfalls übernehmen? Mir wäre damit wirklich geholfen. Danke.
Mit dem Pastor habe ich bereits telefoniert, ebenso mit dem Bestatter. Beide meinten, dass ich für die kurze Zeit, die meine Mutter erst tot ist, schon einiges auf die Beine gestellt habe. Schräg so etwas zu hören, als würde ich daraus ein Event machen und mich freuen sie endlich loszuhaben. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall.
Ich vermisse sie sehr, Jess. Es zerreist mir das Herz, wenn ich daran denke, dass sie jetzt einfach fort ist. Ohne die Möglichkeit einer Rückkehr. Als wäre sie zu einer ganz alltäglichen Reise aufgebrochen, nur dass sie nie wieder heimkehrt. Sie hat ihren ganzen Kram einfach hier gelassen, als würde sie ihn später abholen kommen. Der Schrank ist voller Kleidung, auf dem Tisch im Wohnzimmer liegt noch eine alte Fernsehzeitschrift und im Kühlschrank stehen zwei Packungen Milch, neben der vergammelten Ansammlung von Tomaten. Sogar das Bett ist frisch bezogen, weil ich davon ausgegangen bin, dass sie in den nächsten Tagen wieder hierher zurückkommt. Stattdessen geht sie nie wieder irgendwo hin.
Diese ganze Situation ist so beschissen...
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