Alles, nur bitte nicht in einen King
Kim hat tiefe Ringe unter ihren geröteten, geschwollenen Augen. Ihr Anblick stimmt mich traurig und ängstlich gleichermaßen.
Sie tigert in meiner Wohnung auf und ab, redet mit sich selbst. Wo ist Noah? Warum hat er sie alleine gelassen? Ich würde sie so gerne in die Arme schließen. Sie öffnet Schränke, um sie kurz darauf wieder zu schließen. Ihr dürrer Körper hält sie kaum noch auf den Beinen. Ich kann nicht länger hier in Kirjat bleiben. Nicht wenn es ihr so schlecht geht. Mir schießt ein Gedanke in den Kopf. Wenn ich mit Hilfe des Rings hier her gelangt bin, müsste ich doch mit seiner Hilfe auch wieder zurück gelangen.
Aufregung macht sich in mir breit. Ich schreie ihren Namen, laut und bestimmt. Kim! Kim halte durch! Ruckartig dreht sie den Kopf. Sie blickt irritiert durch den Raum. Sam? Das ist doch verrückt. Ich spüre wie die Lebensgeister mich zurück in die Realität ziehen. Ich kann ihr nicht mehr antworten, aber Ich bin mir sicher, sie hat mich gehört.
Erschrocken reiße ich die Augen auf. Nebel, nichts als Nebel. Ich blicke mich um, es ist noch dunkel. Mühselig stehe ich auf. Mutlos suche ich die Umgebung ab. Ich habe keine Ahnung wo ich mich jetzt befinde. Die Angst in mir nimmt nach wie vor den größten Platz ein.
Kein einziges Geräusch dringt zu mir durch. Vorsichtig mache ich einen Schritt nach dem anderen. Ich achte auf das Silber an meiner Hand, doch es tut sich nichts. Was mich etwas beruhigt, ich laufe gegen einen Felsen. Der Schmerz an meinem Knie explodiert. Ich unterdrückte den Schrei und beiße mir auf die Lippe, bis ich Blut schmecke. Da die Nebelbank so dicht ist, entschließe ich mich zu warten bis es heller wird. Ich setze mich auf den Felsen, gegen den ich gelaufen bin. Mein Knie pocht in einem gleichmäßigen Rhythmus. Ich versuche immer noch irgendwas zu erkennen, doch es gelingt mir nicht. Solch einen dichten Nebel habe ich noch nie gesehen. Meine Haare kleben mir im Gesicht. Ich fühle mich verloren, Tränen steigen mir in die Augen. All der Schmerz, Stress und die Sorgen liegen wie ein riesiger Klumpen auf meinem Herzen. Kirjat hat mich gebrochen. Wimmernd sitze ich da, Tränen laufen in Strömen über mein Gesicht. Ich werde das nie und nimmer lebend überstehen. Noch nie im Leben habe ich mich so einsam und leer gefühlt. Ich weis nicht wie lange ich schon hier sitze. Vielleicht bin ich hier völlig falsch. Aber es ist mir egal, ich will nicht mehr. Mit meinen kalten Händen wische ich mir die Tränen ab. Meine Wange brennt, als ich sie berühre. Sofort denke ich an die eisigen Augen. An den Hauch des weißen Wanderers. Ich denke an Kim und Noah, Ash der sich in mein Herz geküsst hat. Für den ich soviel liebe empfinde. Ein Geräusch, das erste seit ich hier bin, schreckt mich auf. Angestrengt versuche ich die Richtung aus zu machen aus der es kommt. Die Nebelwand ist nicht mehr ganz so dicht. Etwas kleines mit Smaragdgrünen Augen schält sich aus der weißen Wand. Wie gebannt starre ich in seine Richtung, mein Herz klopft schneller. Doch es scheint keine Bedrohung zu sein, das Silber bleibt kühl. Ein kleiner grausilberner Kater sieht mich forschend an. Er steht einfach nur da, hin und wieder zuckt sein Schwanz.
„ Hey kleines Kerlchen, hast du dich auch verlaufen? Na komm her, ich werde dir ganz bestimmt nichts tun."
Erneut zuckt sein Schwanz, seine Ohren bewegen sich in verschiedene Richtungen. Vorsichtig kommt er näher, ich strecke meine Hand aus. Er scheint ein sehr ängstlicher Kater zu sein. In Gedanken gehe ich sämtliche Bücher durch, auf der Suche nach diesem keinen Kater. Jedoch finde ich keinen Zusammenhang, gibt es wirklich ein Buch das ich noch nicht gelesen habe? Wieder macht er zwei Schritte auf mich zu und beschnuppert meine Hand. Als er seine Angst endlich überwunden hat, drückt er sein kleines Köpfchen gegen meine Finger. Sein Fell ist so weich, ich graule ihn. Was ihm ein schnurren entlockt.
„ Na siehst du kleines Kerlchen, ich tue dir nichts. Zu wem gehörst du wohl?"
Schnurrend springt er auf meinen Schoß und lässt sich darauf nieder. Die Nacht verschwindet allmählich und macht dem Tageslicht Platz. Der Nebel lockert sich auf, ich kann endlich etwas von der Umgebung erkennen. Ein Wald, natürlich was sonst.
Urplötzlich springt der Kater von meinem Schoß und läuft davon. Na toll, schon wieder bin ich alleine. Genervt ziehe ich das Buch aus meiner Tasche.
Das Buch hat mich hier her gebracht. Ist es in der Lage mich zurück zu bringen?
Ungeduldig starre ich auf das geschriebene das allmählich verblasst. Nervös knabbere ich an meinen eh schon ramponierten Fingernägeln. Hinter mir knackt es im Gebüsch. Erschrocken drehe ich mich um und suche die Umgebung ab, kann aber nichts erkennen. Mein Herzschlag beschleunigt sich. Endlich erscheinen die Buchstaben. Quälend langsam, aber sie erscheinen.
Aber natürlich Sam. Das Buch fungiert wie ein Portal. Es bring dich zurück und wieder zu der Stelle wo du grade bist.
Was? Jetzt bin ich stinksauer. Ich hätte die ganze Zeit über zurück in meine Wohnung können. Zurück zu Noah und Kim, die krank vor Sorge sind. In mir tobt die Wut, ich schreie sie aus voller Kehle heraus. Wütend werfe ich das Buch gegen einen Baum, um es kurz darauf wieder auf zu heben. Der Stift gleitet über das Papier.
Das ist jetzt aber nicht euer Ernst? Ich musste all das durchmachen! Ich bin letzte Nacht grade so dem Tod entkommen! Und das war nicht das erste mal! Warum habt ihr mir das nicht schon eher gesagt? So langsam werde ich das Gefühl nicht los, das es euch belustigt mich so leiden zu sehen!
Wütenden blicke hinunter auf das Buch. Viel zu langsam verschwinden meine Worte. Ich lege es auf meinen Schoß und krame in meiner Tasche. Was ich jetzt brauche ist eine Zigarette.
Genüsslich ziehe ich an ihr, augenblicklich entspanne ich mich ein wenig. Wort für Wort erscheint auf der Seite.
Sam wir sind die letzten die wollen das dir was zustößt. Du bist die Rettung für unser beider Welten. Es gibt da aber einen Haken.
Du kannst das Buch als Portal nur drei mal benutzt. Aus diesem Grund haben wir nichts gesagt. Wir wussten das du sofort zurück willst. Aber dort bist du gänzlich schutzlos! Sie werden spüren das du nicht mehr in Kirjat wandelst. Und sie wissen genau wo sie dich finden werden!
Gut, okay kann ich alles verstehen. Aber ich muss zu Kim. Sie muss wissen das es mir gut geht. Hin und zurück, sollte kein Problem sein. Ich werde mich beeilen.
Aufgeregt lasse ich meinen Stift über die Seite gleiten.
Ihr hättet es mir einfach genauso erklären können! Ich verstehe das , wirklich. Ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen! Aber ich muss zurück, nur ganz kurz und ganz schnell. Kim und Noah sollen wissen das es mir gut geht. Ich werde mich beeilen, die Taikuri werden mich nicht kriegen.
Ohne die Antwort abzuwarten, schließe ich das Buch. Ich versuche mich zu beruhigen. Meine Hände zittern vor Aufregung und Vorfreude.
Gleitzeitig stimmt es mich traurig, da ich weis das es nur ein sehr kurzes Wiedersehen sein wird. Die Umgebung nehme ich längst nicht mehr wahr. Meine Gedanken sind zuhause, bei meinen Freunden. Nein, meiner Familie. Daher bemerke ich den Friedhof auch nicht. Der durch das auflösen des Nebels sichtbar wird.
Nach dem das Zittern meiner Hände sich etwas gelegt hat, suche ich die Vertiefung auf dem Buch. So lange wie beim ersten Mal dauert es nicht. Mein Herz macht einen Sprung. Ich drücke den Ring sanft in die Vertiefung auf dem Cover. Unmittelbar danach spüre ich den sog. Die Luft beginnt zu flirren, das kribbelnde Gefühl kommt zum Vorschein. Erschrocken sehe ich nach unten. Meine Füße haben den Boden bereits verlassen, als ich mich sanft um die eigene Achse drehe. Ich sehe nach oben. Der bunte Wirbelsturm manifestiert sich über mir. Der sog wird immer stärker und zieht mich nach oben in die Luft. Ich schließe die Augen, bevor sich mein Magen zu drehen beginnt. Mein Herz klopft vor Aufregung. Gleich werde ich bei Kim sein, ich werde zuhause sein. Hin und wieder öffne ich kurz die Augen. Aber ich kann sie nicht lange offen halten, zu schnell drehe ich mich. Ich sehe Ash vor mir, seine wunderschönen blauen Augen. Aus denen er mich liebevoll anblickt. Ich vermisse ihn, hoffentlich ist ihm nichts zugestoßen. Wenn er in Winterfell ist, dort wo die weißen Wanderer sind. Ein ungutes Gefühl dringt an die Oberfläche. Ich bin so in meine Gedanken Vertieft und nehme nicht wahr das ich bereits auf festen Boden stehe. Eine Stimme die mein Herz erwärmt sagt ungläubig meinen Namen.
„ Sam? OH MEIN GOTT SAM! Da bist du ja. Wie hast du das gemacht? Wo zum Teufel hast du gesteckt? Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht!
Und was hast du da überhaupt an?"
Ihre Stimme bricht, als die zu weinen beginnt fällt sie mir um den Hals. Ich öffne meine Augen und drücke Kim fest an mich. Ich werde von Gefühlen überschwemmt. Tränen laufen in Strömen meine Wangen hinab.
„ Kim, meine Kimmy! Es tut mir so leid!
Ich musste es tun, ich habe keine andere Wahl.
Mir geht es gut, jetzt geht es mir wieder gut! Ich wollte nur das du weißt, das es mir gut geht."
Sie unterbricht mich und sieht mich an. Es zerreißt mir das Herz. Kim so leiden zu sehen, das habe ich nie gewollt. Ihr dürrer Körper zittert wie Espenlaub.
„ Was! Nein du wirst nirgends hin gehen! Du willst doch nicht schon wieder gehen? Ich will wissen was hier los ist? Wie bist du hier her gekommen? Du warst plötzlich einfach da! Ich verstehe das nicht. Bist, bist du Tod? Ein Geist? Samantha bitte erkläre es mir, ich will sich nicht schon wieder verlieren!"
Ich kann Kim nicht leiden sehen. Jedoch habe ich nicht viel Zeit. Ich weis das sie es mir verzeihen wird. Alles kann ich ihr nicht sagen.
„ Kim beruhige dich. Ich bin weder Tod, noch bin ich ein Geist. Erinnerst du dich an das Buch und den Ring? Ich habe eine Aufgabe, die ich erfüllen muss. Und ich werde verfolgt, aus diesem Grund kann ich auch nicht hier bleiben. Ich möchte euch nicht in Gefahr bringen. Ich verspreche dir das ich zurück komme und dann werde ich dir alles erklären. Macht euch keine Sorgen. Seid stark und passt auf euch auf. Sag Noah das ich ihn vermisse und das ich ihn lieb habe. Ich muss jetzt gehen."
Das Buch habe ich bereits fest in der Hand. Kim steht einfach nur da und starrt mich an. Ich weis nicht ob sie das was ich ihr gesagt habe, gehört hat. Mein Herz liegt schwer in meiner Brust, doch ich muss zurück. Zitternd suche ich die Vertiefung und finde sie auf Anhieb. Die Luft beginnt zu surren. Jetzt kommt das Leben in Kim zurück, sie schreit meinen Namen. Ich spüre eine Berührung an meinem Arm. Doch ich bin bereits im Wirbelsturm gefangen. Erneut schießen Tränen in meine Augen. Der Klos in meinem Hals ist riesig. Ich bin im freien Fall. Schon wieder wird mein Körper umher gewirbelt. Der sog zerrt an mir. Irgendwann wird es ruhiger und sanfter. Ich sehe nach unten und weis das ich bald da bin. Immer wieder sehe ich Kim entsetztes Gesicht. Als sie aus ihrer starre erwacht ist. Ich hoffe das sie mir das irgendwann verzeihen wird. Als ich den Boden endlich erreicht habe, wird mein Magen von Krämpfen geschüttelt. Ich erbreche mich mehrere Male. Erschöpft setze ich mich auf den Felsen. Jener Felsen auf dem ich heute morgen schon gesessen habe. Seltsamerweise verschwindet der bunter Wirbelsturm nicht. Ich stehe auf und stelle mich direkt unter ihn. Als ich hinauf blicke stockt mir der Atem. Nein! Das kann und darf nich wahr sein. Erneut schmecke ich bittere Galle in meinem Mund. Ich atme tief ein und aus, jedoch bringt es überhaupt nichts. Würgend stehe ich unter dem Sturm, als neben mir ein bewegungsloser Körper zu Boden fällt. Ein Körper mit roten Haaren. Ich falle zu ihr auf die Knie und schüttele Kim an den Schultern. Keine Reaktion. Mein Herz rast und Angst überkommt mich. Ich schreie sie verzweifelt an, doch nichts geschieht. Zitternd suche ich ihren Puls. Meine Tränen fallen auf ihr blasses Gesicht. Da! Da war der Puls! Sie lebt, sie muss leben. Ich bilde mir das nicht ein. Ich stütze ihren Oberkörper aufrecht und klopfe Kim auf den Rücken. Panisch schnappt sie nach Luft und beginnt zu husten. Erleichtert lasse ich sie los. Schweratmend lasse ich mich nach hinten fallen.
„ Was zum Teufel war das denn grade? Wo sind wir hier? Sam?"
Zitternd setze ich mich wieder auf.
„ Wir sind in Kirjat, die Welt der Bücher. Und du solltest überhaupt nicht hier sein! Was hast du dir aber gedacht? Ich werde dich zurück bringen! Du darfst nicht hier sein, es ist zu gefährlich. Nicht mal ich weiß wo genau wir grade hier sind. Wenn die Taikuri kommen sind wir geliefert."
Verständnislos blickt Kim mich an.
„ Wir sind wo? Was bitte ist ein Taikuli? Einen scheiß wirst du tun Sam! Ich werde dich hier nicht alleine lassen! Hast du dich mal umgesehen? Scheiße, da ist ein Friedhof, Sam! Ein beschissener Friedhof mitten im nichts."
Mit weit aufgerissenen Augen zeigt sie in meine Richtung. Ich drehe mich um. Sie hat recht ein Friedhof, wie seltsam. War der heute morgen auch schon hier? Ich kann mich nicht daran erinnern. Sie kann nicht hier bleiben, ich kann sie nicht beschützen. Ich kann ja noch nicht mal mich selbst beschützen.
„ Kirjat ist die Welt der Bücher. Alle Bücher existieren an genau eben diesem Ort. Und es heißt Taikuri nicht Taikuli, das sind schwarze Magier. Drei an der Zahl. Sie wollen Kirjat vernichten und alle dunklen Kreaturen in unsere Welt befreien. Dazu benötigen sie wohl meinen Ring und das Buch. Ich bin die auserwählte und muss zu den Elben. Leider habe ich nicht die leiseste Ahnung wo ich sie finden werde. Ich war in einem verzauberten Wald und in Forks bei den Cullen's. Danach in Hogwarts und in Winterfell. Und glaub mir Kim, das war kein Spaziergang! Das hier ist kein Spaß und kein Spiel! Ich könnte mir nie verzeihen wenn dir was geschieht! Du könntest hier sterben!"
Wütend stampft Kim auf mich zu, ihre dürren Hände zu Fäusten geballt. So fest das ihre Knöchel weiß hervortreten.
„ Jetzt pass mal auf Samantha Miller!
Es tut mir sehr leid was du hier schon alles durch machen musstest. Aber auch Noah und ich haben gelitten! Du hast ja nicht die geringste Ahnung wie sehr! Es ist mir scheißegal welche Gefahren hier lauern, ich gehe nirgendwo hin. Ich bleibe hier bei dir Sam. Gemeinsam werden wir den Weg schon finden. Und wage es nicht mir zu Widersprechen, du hast keine Chance!"
Trotz das ich damit nicht überhaupt nicht einverstanden bin, ist es im Moment wohl das beste. Wenn sie mich bei vollem Namen nennt, ist nicht mit ihr zu spaßen. Das darf aber auch nur auch nur Kim. Genervt verdrehe ich die Augen und atme tief ein.
„ Na schön Kimberly Gilmore, unter einer Bedingung! Du hörst auf das was ich dir sage.
Wenn ich dir sage du sollst dich verstecken, dann tust du das. Egal was geschieht. Und noch was, Ash ist hier. Er ist einer der Taikuri,
Aber er wird uns nichts tun."
Mit offenem Mund starrt sich mich an. Eine schönere Gesichtsentgleisung habe ich noch nie gesehen. Wild fuchtelt sie mit ihren Armen in der Luft. Kim stammelt vor sich hin. Es dauert eine Weile bis sie sich wieder gefangen hat.
„ Ash also, ich wusste es! Ich habe es die ganze Zeit gewusst. An dem Tag als er die Bibliothek betreten hat, wusste ich das da was zwischen euch laufen wird!"
Wissentlich grinst sie mich an. Ich spüre wie die Hitze in meine Wangen steigt. Widersprechen ist sinnlos, dafür kennt sie mich zu gut.
„ Komm wir müssen weiter, wir haben schon zu viel Zeit verplempert. Ich weis nicht wie nahe die Taikuri sind."
Wir setzen uns in Bewegung. Der Weg führt unmittelbar über diesen Friedhof. Ich schlucke schwer, als ich die Namen lese. Biffer, Marta, Bowser, Cujo. In meinem Kopf macht es Klick. Meine Angst und meine Nervosität haben jetzt ein völlig neues Level erreicht. Panik dringt an die Oberfläche. Ich stehe angewurzelt vor diesem Grab. Zitternd zeige ich auf den Namen. Auch in Kim's Gesicht kann ich Entsetzen sehen.
Der kleine graue Kater mit den Smaragdgrünen Augen schießt mir in den Kopf. Ich dachte es kann nicht mehr schlimmer kommen, doch ich habe mich offensichtlich geirrt.
„ Du weißt wo wir sind, Kim? Du kennst diesen Namen?"
Sie nickt mich schwerschluckend an. Ihre Stimme ist nicht mehr wie ein flüstern.
„ Willst du mir sagen, also ist das möglich? Sind wir in dem Buch? Das ist der Friedhof der Kuscheltiere."
Kim spricht aus was ich denke, ihre Haut scheint noch blasser geworden zu sein. Ich versuche mich zu beruhigen.
„ Ich habe ja mit allem gerechnet, aber das sprengt das bisher erlebte. Ausgerechnet jetzt, wo du hier bist sind wir in einem Horror gelandet. Ich hoffe die nächste Grenze ist nicht allzu weit entfernt. Wir sollten uns wirklich beeilen."
Ich ziehe Kim von Cujo's grab weg. Völlig angespannt scanne ich die Umgebung. Aber es scheint wirklich alles verlassen zu sein. Totenstille herrscht in diesem Teil des Landes.
Ich will einfach hier weg, jedoch weis ich nicht mal ob die Richtung stimmt in die wir gehen. Ich blicke zum Himmel, dies Sonne steht schon sehr tief. Was bedeutet das es schon sehr bald dunkel werden wird. Eigentlich möchte ich sehr ungern noch eine Nacht hier verbringen. Wenn ich nur daran denke, wird mir schlecht. Jetzt da ich weiß wo wir sind, fällt mir der Name des Kater's auch wieder ein. Winston Churchill, Church. Was für ein Glück, das er letzte Nacht noch lebte.
Hin und wieder stellt Kim mir fragen. Wie die Cullen's so sind, ob Hogwarts wirklich so schön ist wie in den Büchern beschrieben. Und ob ich einen weißen Wanderer gesehen habe. Bei letzterer Frage zucke ich unwillkürlich zusammen. Diese Augen werden mich wohl ein leben lang verfolgen. Ich erzähle ihr von den Kämpfen und von Ash. Ich hoffe es geht ihm gut. Er müsste doch schon längst hier sein.
Wir erreichen ein Felsplateau, es liegt direkt hinter dem Friedhof der Kuscheltiere. Erneut schüttelt die Angst mich durch. Gänsehaut läuft in Wellen über meine Haut.
Das ist der Friedhof der Mi'kmaq Indianer. Der die Toten wieder zum Leben erweckt. Zwei Steinhaufen sind zu sehen. Ich weiß genau wer hier liegt. Die Angst wird immer stärker. Schnell klettern wir zwischen den Felsen hinab. Eine Straße wird sichtbar, die Route Fifteen. Jene Straße mit der das ganze Elend seinen Lauf gefunden hat. Auf der anderen Seite der Straße stehen Häuser. Wir sind hier richtig. In meinen Gedanken suche ich nach dem Namen des alten Mannes. Jud Crandall, so heißt er. Er wird wissen wo die Grenze ist. Vorausgesetzt er ist noch am Leben. An der Straße bleiben wir stehen, weit und breit kein Auto oder LKW zu sehen.
Ich nehme Kim an die Hand und wir laufen los.
Ich habe ein verdammt ungutes Gefühl, so als ob uns jemand beobachtet. Etwas über uns erregt meine Aufmerksamkeit. Ein roter Luftballon, wie seltsam. Angespannt blicke ich umher. Die Straße ist vollkommen verlassen, nur Kim und ich sind die einzigen hier.
„ Komm, lass uns schnell weiter. Irgendwas stimmt hier nicht. Das müsste das Haus von Jud sein. Er kennt bestimmt den Weg."
Das Silber an meiner Hand erwärmt sich stetig.
Ich weiß das wir nicht länger alleine hier sind. Jemand oder etwas ist uns gefolgt. Hastig eilen wir die drei hölzernen Stufen zur Veranda hoch. Ich klopfe an die Tür und sehe mich aufmerksam um. Der Ring wird immer heißer.
Aber niemand ist zu sehen. Die Tür öffnet sich einen Spaltbreit und graue faltige Augen sehen mich erstaunt an. Der alte Mann reißt die Tür auf.
„ Um Himmelswillen Mädchen! Was tut ihr noch hier? Es wird bald dunkel!"
Er sieht ein bisschen aus wie Doc, in zurück in die Zukunft. Mit seinem drei Tage Bart und der Latzhose, gekrönt von einem Cowboyhut.
„ Entschuldigen sie, aber sie sind Jud, Jud Crandall nicht? Ich bin Sam und das ist Kim. Wir wissen das es hier gefährlich ist. Können Sie mir sagen wo die Grenze verläuft? Ich bin die weiße Taikuri."
Nickend sieht er zwischen uns her. Er deutet uns, leise zu sein und lässt seine wachen Augen umher blicken.
„ Natürlich bist du das, Mädchen. Alleine euere Kleidung hat euch verraten. Die Grenze befindet sich am Overlook Hotel, am angrenzenden Wald. Aber es ist jetzt viel zu gefährlich, ihr solltet nicht bei Nacht hier sein."
Ich bin verwirrt. Sagte er grade Overlook Hotel? Das verstehe ich jetzt nicht. Wir sind doch in Friedhof der Kuscheltiere, nicht in Shining. Wie könnte sonst Jud hier sein?
„ Das Overlook Hotel? Dort wo die ganzen morde geschehen sind? Das verstehe ich nicht. Wir sind doch in Ludlow, oder nicht? Das Overlook Hotel ist in den Bergen von Colorado."
Jud lacht ein raues lachen und sieht mir in die Augen.
„ Kindchen das hier ist die Welt von Stephen King. Du wirst hier jede Menge bösartige Kreaturen finden. Oder sie euch, ihr solltet hier so schnell es geht verschwinden."
Meine Gedanken überschlagen sich. Ein King ist schon Horror genug. Ich spüre wie mir die Farbe aus dem Gesicht weicht. Ich bin mir einhundert Prozent sicher, das wir hier nicht lebend raus kommen werden. Angst schnürt mir die Kehle zu. Erst recht als ich in Jud's entsetztes Gesicht blicke. Seine Hand zittert, als er hinauf zum Himmel auf den roten Ballon zeigt. Wir folgen seinem Blick, auf der anderen Seite der Route Fifteen im Schatten der Bäume, steht er. Seine Augen leuchten gefährlich. Den Kopf hat er zur Seite geneigt.
Klasse, wirklich fantastisch.
„ Rennt Mädchen! So schnell ihr könnt. Bleibt nicht stehen und dreht euch nicht um!"
Das lassen wir uns nicht zweimal sagen.
Wir laufen los, in Kim's Augen steht die pure Angst. Ich kann nicht anderes, ich sehe über die Schulter zurück. Warum muss es dieser scheiß gruselige Clown sein? Ausgerechnet Pennywise, ich hasse Clowns. Ein weiterer Schatten schält sich aus den Schatten der Bäume, nein drei.
Church, Cujo und Gage, letzterer sieht wirklich furchtbar aus. Er ist doch noch ein Kind.
Sie setzen sich in Bewegung und nehmen unsere Verfolgung auf. Meine Angst wächst unaufhörlich, meine Beine fühlen sich wie Wackelpudding an. Ein weiterer Schatten kommt hervor, Carrie. Super das Mädchen das die Telekinese beherrscht. Das kann doch nicht wahr sein, wie sollen wir nur gegen sie ankommen? Mein Ring brennt sich förmlich ins Fleisch meines Fingers. Wenn ich doch nur wüsste wie ich ihn benutzen kann. Ein weiterer Verfolger stößt dazu. Ein Polizist, er sieht ziemlich ramponiert und verwest aus. Natürlich Collie Entragian, Tak aus Desperation. Ich blicke zu Kim, Tränen laufen ihre Wangen hinab. Ich bereue es, das ich sie nicht zurück gebracht habe. Allmählich bricht die Nacht herein. Wir haben den Fuß der Berge erreicht. Ich weiß nicht wie lange wir noch durchhalten. Meine Lunge schmerzt so sehr, ich schnappe nach Luft. Unsere Verfolger schließen immer weiter zu uns auf. Kim kommt ins Stolpern und fällt hin. Geschockt und voller Angst Bremse ich ab und laufe zu ihr. Ich ziehe sie auf die Beine, wir laufen weiter. Ich muss sie jedoch stützen. Ein schrecklicher Gedanke manifestiert sich in meinem Kopf. Jetzt werden sie uns kriegen. Wir werden hier tatsächlich sterben.
Weitere Verfolger kommen hinzu. Kinder, mit schrecklichen Augen, die Kinder des Zorns.
Endlich können wir das Overlook sehen. Ich mobilisiere meine Kräfte, wenn ich das noch so nennen kann. Kim wimmert vor sich hin und zittert am ganzen Leib.
„ Komm wir schaffen das! Sie sind nicht so schnell wie wir, wir dürfen nur nicht langsamer werden!"
Ich sehe zurück, Carrie hat ihren Mund zu einer hässlichen Fratze verzogen. Über uns knackt es. Ein riesiger Ast fällt Millimeter von uns entfernt zu Boden. Steine und Felsen so groß wie mein Kopf erheben sich in die Luft.
Wenn ich doch nur ein Schutzschild hätte, wie Bella. Kaum das ich daran gedacht habe, fühle ich eine Art Aura um uns herum. Ich verfluche diesen Ring, warum funktioniert er nur in letzter Sekunde? Vor uns in der Nähe des Hotel's kann ich ein irres lachen hören.
Ich weiß genau wer dort auf uns wartet. Jack Torrance. Die Gäste im Overlook warten mit Sicherheit auch schon auf uns.
Wir sind geliefert. Ich kann die Umrisse von Jack bereits erkennen, auch wenn es schon ziemlich dunkel ist. Kim scheint wie weg getreten, sie bekommt von allem nicht mehr viel mit. Mir jedoch schlägt das herz bis zum Hals. Ich spüre was ekeliges an meinem Nacken, feucht und warm.
„ Hmm Samantha, Mädchen wie dich habe ich zum fressen gern. Es wird mir eine riesige Freude bereiten dich zu quälen. Zeig mir deine größte Angst."
Ich schreie, er darf nicht in meinen Kopf gelangen. Er darf nicht meine Ängste sehen. Das war seine Zunge an meinem Hals. Gänsehaut entstanden durch Ekel und Angst, lässt meine Härchen sich aufstellen. Oh Gott, bitte hilf uns. Mein Herz ist kurz vor'm kollabieren. Sie haben uns eingeholt, sie alle.
„ Nein! Vor dir habe ich keine Angst!"
Ein surren lässt mich zusammen zucken. Jack erscheint direkt vor uns und schlägt mit seiner Axt zu. Schmerz durchläuft meinen körper, erneut schreie ich auf. Er hat mich am Schenkel erwischt. Warm läuft mein Blut an meinem Bein herab. Humpelnd laufe ich weiter, mit zusammen gebissenen Zähnen.
Ein Dichter Wald, erstreckt sich unmittelbar rechts vom Hotel. Das muss die Grenze sein. Schwindel überkommt mich, ich habe wohl zu viel Blut verloren. Wir haben es so gut wie geschafft, Die äste der Bäume erstrecken sich bereits über uns. Meine Kraft jedoch verlässt mich Zunehmens, ich schleudere Kim nach vorne in den Wald. Wie von Zauberhand ist sie verschwunden. Schleifend ziehe ich mein Bein nach, ich werde es nicht schaffen. Ich bleibe stehen und drehe mich um.
Mein Ring wabert unentwegt.
Meine Hände habe ich zu Fäusten geballt, ich schreie alles heraus. Die Wut, die Angst, die Trauer und den Hass. Das meine Füße nicht mehr den Boden berühren, bekomme ich nicht mehr mit. Auch nicht das noch jemand hinzu gestoßen ist.
Mein Schrei versiegt, das letzte an das ich denke ist Noah, Kim und Ash. Wie sehr ich sie liebe. Ich falle zu Boden, die Schwärze empfängt mich.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro