♕3 - Die Blutschlacht♛
♕ Taehyung ♛
Noch während der kalte Wind sanft über meine Haut glitt, ließ ich meine rechte Hand in meiner Hosentasche verschwinden und kratzte mir mit der linken einmal den freien Hals. Die Luft von draußen war etwas komplett anderes als die Luft im stickigen Inneren des Palastes, auch mein Zuhause genannt. Dass ich die Natur einmal so vermissen konnte, war mir bis zu meinem ersten, richtigen Ausflug nicht einmal bewusst.
Aber alleine die Tatsache, wie viele Farben diesen Ort hier zierten, wie die Wesen dieser Welt auf diesem sagenumschriebenen Planeten in Frieden hausen konnten, ließ mich ein angenehmes Gefühl der Entspannung verspüren. Manchmal beneidete ich schon einen einfache Wolke, weil diese so sorglos frei durch die Lüfte der Welt schweben konnte.
Hier unten gab es Hass, Krieg und alles, was diesen Planeten verderben konnte und diesem auch nur für eine Weile zu entrinnen, war schon ein wahrhafter Segen für mich. Denn als Prinz dieses Reiches kam ich nicht umher, mich damit zu befassen und es flagrant mitzuerleben. Diese Wut, diese Trauer und dieser schier endlose Hass war nicht offenkundig, aber omnipräsent. Er war da, nur spürten wir ihn nicht immer, wie ein sich auf die Lauer legender Schatten, der nur darauf wartet, dich in seiner Dunkelheit zu verschlingen.
Ich wusste nicht, wann ich zu diesem Entschluss gekommen war und ich sollte meine Gedanken für diesen Moment eigentlich nicht daran verschwenden, aber wenn sie einen bei jeder Gelegenheit heimsuchten, hatte das, was man Leben nannte, seine Bedeutung verloren. Als wäre man eine Marionette eines höheren Geschöpfes, das Spielzeug eines jemanden, der sich einen Spaß aus dem Leid anderer machte. Vielleicht war es so, doch wer sollte das bemerken können? Ein Spielzeug bemerkte schließlich nie, dass es eben nur als dieses angesehen wurde.
Vorsichtig ließ ich meinen Blick umhergleiten und erkannte bereits die ersten Hochhäuser dieses Reiches, der Eingang zu dieser Stadt war nicht mehr weit entfernt und der alleinige Gedanke daran zauberte mir ein Grinsen auf die Lippen. Immerhin war ich schon lange nicht mehr hier, vielleicht würde ich mich gar verlaufen. Aber es war schön zu sehen, dass hier alles so friedlich wirkte und die Menschen hier viel ausgelassener waren.
Aus der sonst so ruhigen Umgebung, konnte ich bereits andere Laute vernehmen. Laute, wie ich sie von dort oben nicht hören konnte, die es in unserem Palast so nicht gab. Es waren die Laute einer wohltuenden Melodie, die sanft in mein Ohr drang und mich für einen Moment die Augen schließen ließ, um mich von dem Strom der dadurch aufkommenden Emotionen treiben lassen zu können.
»Wer hätte vermuten können, dass diese neuartige Köstlichkeit mich derart umhauen könnte?« Es waren die belanglosen Gespräche der Menschen, an denen ich mich hin und wieder erfreuen konnte. Jeder von ihnen wirkte von außen hin so belanglos, obwohl sie es nicht waren. So individuell wie eine jede Existenz war, so verschieden waren auch die Lasten und Probleme, die diese zu tragen hatte.
Ich hatte die Last als Kronprinz, von denen keiner von ihnen eine Ahnung hatte, doch sie hatten auch Probleme, mit denen ich noch nie konfrontiert wurde. Ziemlich erstaunlich in meinen Augen, denn anders als mein Vater die Menschheit gerne hinstellte - als idiotisches Volk, ohne einen Funken Verstand - empfand ich sie als einen angenehmen Artgenossen.
Wieso sollte ich die Rasse der Menschen beleidigen, wenn ich selbst einer war?
Waren wirklich sie die grauenvollen in diesen Szenarien oder waren es die eigenen Fehler, die uns das denken ließen?
Wie immer kreisten meine Gedanken um solche für mich belanglosen Themen, letzten Endes waren all diese Gedanken nichts, mit dem ich mich je auseinander setzen musste. Oder doch? Um ein Volk zu führen, muss man dieses kennenlernen und ihre Interessen, sowie Denkweisen studieren. Ob man sich diese Arbeit macht, war die andere Sache, aber wie will man die Interessen der Menschen vertreten, wenn man diese nicht eimmal kannte?
Die Menschen um mich herum unterhielten sich über alle möglichen Dinge, sie erzählten aus ihrem Alltag und die Jugendlichen redeten über die Schule und wie unnötig sie diese fanden. Ich persönlich wäre gerne einmal dort hin gegangen, auch wenn ich nicht die Art von Person war, die gerne unnötiges Wissen in sich stopfte. Ich wollte es einfach nur erleben und sehen, wie sich ein Tag inmitten gleichgestellter Menschen anfühlte. Wollte mich fühlen, wie ein mediokrer Schüler. Wie jemand, der sich nicht von den anderen abhebt und nicht mit dem Gedanken leben muss, die Zukunft eines ganzen Reiches irgendwann auf den eigenen Schultern tragen zu müssen.
Ich spazierte wahllos herum und schaute mich mit einem friedlichen Lächeln auf den Lippen um, die Kapuze hatte ich über meinem Kopf und sorgte damit dafür, dass man mich nicht erkennen würde. Ich wollte nicht in ein Gespräch verwickelt werden, einfach weil ich der Prinz von Alvarez war. Ich wollte, dass man mich als einen einfachen Menschen betrachtete, aber durch meinen Stand war das leider nicht mehr möglich und ich zuckte kurz mit den Schultern, ehe ich diesen idiotischen Gedanken wieder verwarf.
Im Gegensatz zum Palast, waren diese Straßen eine gewaltige Abwechslung, überall waren Menschen und sie wirkten so fröhlich, dass es sich sogar auf mein eigenes Gemüt auswirkte. Sie kamen ihren Arbeiten nach, genossen ihre freie Zeit und unternahmen gemeinsam Dinge, die ihnen Spaß machten. Ich bekam Familien zu sehen, Elternpaare mit ihren Kindern und sofort meldete sich ein unwohliges Gefühl in meiner Bauchgegend.
Wenn ich so darüber nachdachte, hatte ich nie eine wirklich schöne Kindheit. Ich war das, was man hier wohl als einen Bücherwurm bezeichnen würde, denn meine freie Zeit verbrachte ich im Archiv und las mir die Geschichten der Reiche, alte Legenden und Sagen, sowie Erzählungen aus der Zeit der Götter durch. Vieles wurden von meinem Vater als närrisch bezeichnet und auch, wenn er meine Liebe zur Literatur sehr respektierte, meinte er immer wieder, ich solle nicht allem meinen Glauben schenken.
Ich hatte aber auch nur meinen Vater, er war eigentlich immer die Person, zu der ich gehen wollte, wenn mir etwas auf dem Herzen lag. Nur war er immer mit anderen Dingen beschäftigt und hatte mir gesagt, seine Arbeit ließe ihm überhaupt keine Zeit für mich. Immer legte er seine Hand entschuldigend auf meine Schulter und versprach mir, dass er das nächste Mal sicher Zeit für mich hatte.
Ich nahm ihm das nicht einmal übel, er war König und hatte Pflichten, und es war logisch, dass er sich dabei nicht auch noch um mich kümmern konnte. Dafür war ohnehin immer Samuel zuständig gewesen, denn er war mein bester Freund in diesem Palast und meine Bezugsperson. Er hatte mir gesagt, dass Vater viel zutun hatte, sich aber immer nach mir erkundigt hatte und alleine das Wissen, dass er wohl doch über mich nachdachte und ich ihm was bedeutete, ließ als die Trauer wieder schwinden.
Immer wieder fragte ich mich, ob ich auch jemals so werden würde, wenn ich einmal der König war und ein eigenes Kind hatte. Doch ich hatte nicht mal ein Mädchen in Aussicht, auch wenn Vater mir immer wieder sagte, ich müsste eine Prinzessin heiraten und damit den Frieden zweier Königreiche sichern, um eine Allianz bilden zu können.
Es war einfach noch zu früh, um sich über sowas den Kopf zu zerbrechen und das wusste er, weshalb er mich auch zu nichts drängen wollte.
Meinen Kopf legte ich vorsichtig in den Nacken und starrte empor in das sich über uns erstrahlende Firmament, das wie ein Gott über uns wachte und man seiner Sicht nicht entkommen konnte. Wer weiß, welche von diesen Legenden wirklich passiert waren und was es mit den Göttergeschichten dieses Landes auf sich hatte. Wer konnte das schon wissen, wenn nicht die Leute von damals, die alle nicht mehr am Leben waren?
Diese ganzen Geschichten kamen ja von vor über 4000 Jahren. Die Königreiche selbst begannen sich erst vor 400 Jahren zu bilden, demnach war die zeitliche Lücke wirklich erstaunlich. Kein Wunder, dass keiner diese Geschichten bestätigen konnte und auch keiner bereit war, sie abzustreiten. Sie existierten und man respektierte sie, seine Meinung behielt man oftmals für sich, denn niemand wollte in Probleme geraten, wenn er seine Meinung öffentlich vertrat.
»Sie sind wieder da!« Sofort war Unruhe unter all den anderen ausgebrochen und ich kam nicht umher, meinen Kopf aufgrund dieser Aussage und der darauffolgenden Reaktion der anderen zu zerbrechen. Wer war wieder da, dass all die angesiedelten Anwohner plötzlich alles stehen und liegen ließen und sich alle in eine Richtung bewegten? Stirnrunzelnd folgte ich vereinzelten Menschen, die sich an der breiten Straße allesamt am Rand versammelten und damit Platz für das boten, das so ganz langsam in mein Sichtfeld geriet.
Ich vernahm das langsame Marschieren von Pferden und das Gemurmel unter den Bewohnern wurde immer größer, während ich meine Kapuze noch ein wenig mehr über mein Gesicht zog, sodass ich gerade noch erkennen konnte, was sich bald schon abspielen würde.
Und tatsächlich lag ich mit meiner Vermutung richtig, denn eine Horde an Soldaten kamen auf ihren Pferden angeritten und wurden von den anderen gar schon jubelnd empfangen. So langsam begann ich zu verstehen und als die Krieger endlich nahe genug waren, erkannte ich auch das zu uns gehörende Wappen, das Schwert von Alvarenz auf dem in scharlachrot getränkten Stoff des Wappens. Es waren die Krieger, die Vater zu einem raffinierten Feldzug ausgesandt hatte, um die feindlichen Truppen zu eliminieren und den endgültigen Vorschlag zu gewinnen.
Allerdings stellten sich all die vereinzelten Nackenhaare bei mir auf, als ich die ganzen Wunden und die blutverschmierten Soldaten, mit ihrem gedemütigtem Gesichtsausdruck inspizierte. Hinter ihren Pferden zogen sie Karren her, auf diesen schienen sich offenbar die Leichen all der Gefallenen zu befinden. Doch wenn ich mich recht entsinnen konnte, hatte mein Vater eine beachtliche Menge an Soldaten ausgesandt, wieso waren das nur noch so wenige?
Ein Verdacht machte sich in mir breit und direkt begann ein unangenehmer Schauer über meinen Rücken zu rieseln, meine Augen weiteten sich und mein Blut gefror fast schon zu Eis.
Sag mir nicht... sie wurden geschlagen?
»Die Schlacht um Brassdock... ist verloren...!«
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