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80. Qualen

I'm starting to cave

I'm losing my flame

I wanted your truth

but I wanted the pain

to disappear

Dream maker, life taker

Openup my mind

- Imagine Dragons, Smoke & Mirrors


Erschöpft saß Nicolas neben dem Steuerruder des Flussschiffes. Jeder einzelne Muskel seines Körpers schmerzte, und obwohl die Sonne bereits über die Dünen gekrochen war und Caldera golden glühen ließ, war er immer noch so müde, dass er sich ohne weiteres auf dem blanken Holz hätte zusammenrollen und schlafen können. Nur noch ein Tag, ein einziger, voller Verhandlungen und Streit, und ich bin erlöst. Nur noch ein einziger. Die Narben an seinem Rücken brannten, zusammen mit dem Sonnenbrand, den die unbarmherzige Wüstensonne ihm zugefügt hatte, seinen Händen voller Blasen und dem schlecht genähten Schnitt, der knapp unter seinem rechten Auge begann und an seinem Bauchnabel endete. Ich habe Glück gehabt. Glück, dass Rusty den Mann tötete, bevor er meine Eingeweide über den Planken verteilen konnte.

Doch es fiel ihm schwer, glücklich zu sein über seine Rettung. Rusty hatte den Toten als Captain Stanis Raybeau, den Kapitän der Leviathan erkannt, und Nicolas erinnerte sich schmerzhaft an das, was er und die Seemänner der Kroneneinhorn der Crew des toten Kapitäns angetan hatten. Der Schnitt war nur eine kleine Genugtuung, ein hilfloser Versuch, mir den gleichen Schmerz zuzufügen, den ich ihm angetan habe, hatte Nicolas voller Schuld erkannt. Die Reue über seine Taten in Lichtenturm hatte ihn erneut heimgesucht, mit all ihrer Macht, bis er sich streng befohlen hatte, sich zusammenzureißen. Niemandem nützt es, wenn ich in Selbstmitleid vergehe. Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen, so sehr ich es mir wünsche.

Sie alle hatten Verletzungen ertragen müssen, allen voran Roxane und Morgaine. Rusty und Murdoch hatten nur leichte Schnitte davongetragen, so leicht, dass Rusty gar auf einem Fischerboot angeheuert hatte, um Geld für Lebensmittel zu verdienen. Doch Morgaines Verletzungen waren tief. Raybeau hatte ihre Wange von der Schläfe bis zum Mundwinkel aufgeschlitzt, so tief, dass an einigen Stellen ihre Zähne zu sehen waren. Ihr erster Offizier hatte sie mit einer Knochennadel, einem Segeltuchfaden und einer Flasche Rum, den sie dem Cerebra der Taverne abgekauft hatten, notdürftig wieder zusammengeflickt. Doch schon am nächsten Tag warf sich Morgaine schwitzend und stöhnend auf ihrem Lager umher, als mit ihrem vergifteten Blut das Fieber kam. Tagelang lag sie im Delirium, während Fieberträume sie heimsuchten, die sie schreiend und tobend und mit verschleierten Augen aus ihrem Schlaf fahren ließen. Murdoch hatte sie mehr als einmal nach einem Weinkrampf mit warmem Rum in den Schlaf zurückbringen müssen, während Rusty und Nicolas entsetzt zusahen, wie die beherrschte, grimmige Kapitänin die Fassung verlor.

Morgaine weint nie. Sie schreit, sie trinkt und sie flucht, doch sie weint nie. So kannte ich sie. Nicolas erinnerte sich, dass sie nie, auch nicht in Port Liberty, jemals auch nur eine Träne ihre Augen verlassen hatte, doch nach dem Untergang der Kroneneinhorn, zusammen mit ihrer Mannschaft, schien sie ins Nichts zu rennen, und das Fieber hatte ihr es wohl gezeigt, dass sie alles verloren hatte. Alles, bis auf ihren ersten Offizier und das, was sie am Leibe trug.

Wieder hatte Nicolas erkannt, dass es seine Schuld war. Ich hätte nach Crusadia zurückkehren sollen, als ich die Möglichkeit hatte. Als wir vor Dalcaster waren. Darnoveys Attentäter hat sein Ziel verfehlt, und ich hatte dabei niemals meine Finger im Spiel. Meine gesamte Reise war umsonst. Energisch hatte er seine Schuldgefühle vertrieben.

Doch wer zweifelsohne am meisten litt, war Roxane. Als der Bastard Fair Johnny vor ihren Augen erschossen hatte, war sie weinend zusammengebrochen und löste sich nicht von dem Leichnam ihres Geliebten. Der entsetzliche Schrei, den sie ausgestoßen hatte, hallte noch heute in Nicolas' Kopf wider. Selbst als die Stadtwache die Leichen von Dalton, Jamie Blakk, Raybeau und Fair Johnny mitnahmen, mussten die Krieger sie mit Gewalt von seinem toten Körper wegzerren. Seitdem saß sie apathisch am Bug des Flussschiffes, aß und schlief kaum, und sprach kein Wort. Sie sah niemandem in die Augen, als fürchtete sie, so den letzten Rest ihrer gepeinigten Seele zu verlieren. Mehr als einmal hatte der Minotaurus ihr Nägel und Messer aus den Händen gewunden, mit denen sie ihre Pulsadern nachgefahren hatte, noch unfähig, den Schnitt zu setzen, während die Tränen ihr Gesicht benetzten.

Nicolas hatte überlegt, ob er sie trösten sollte, doch sie würdigte ihn keines Blickes. Sie würde nur mit einem Freund reden wollen, und das bin ich nicht. Ich bin nur der Mann, der ihr während der ganzen Reise nachgestellt hat. Aber... Rusty hat genug damit zu tun, Geld zu verdienen, Murdoch muss sich um Morgaine kümmern, und er kennt sie noch weniger als ich, und Morgaine selbst... Sie steht an der Schwelle zum Tod.

Einen Tag, nachdem die Überlebenden auf fünf Personen zusammengeschrumpft waren, und nur noch ein hässlicher, rötlich brauner Fleck im Laderauman an die Toten und den rachsüchtigen Kapitän erinnerte, fanden die Soldaten des Königs ihn. Ohne eine Erklärung brachten sie ihn in die Festung von Caldera und warfen ihn dem König von Abisyala im Thronsaal vor die Hufe. Nicolas kniete auf dem kalten Marmor, unsicher, was ihn nun erwartete, doch der König entschuldigte sich nur mit kontrollierter, ruhiger Stimme für das schändliche Verhalten von Hauptmann Garjad. Nicolas blickte ihn verwirrt an, und der König erklärte ihm, was er vorhatte: Darnovey sollte bestraft werden für seinen versuchten Mord. Doch dafür brauchte er einige Informationen, erklärte er, und begann, Nicolas auszufragen. Woher er von dem Attentats wusste. Ob er ebenfalls der Bruderschaft angehörte. Wer Darnovey war. Was die Bruderschaft damit zu schaffen hatte. Nicolas hatte all diese Fragen ausführlich beantwortet, underzählte ihm von den anderen Morden, die Darnovey begangen hatte. Darnoveys Bruder, und mein Vater. Endlich bekommen sie ihre Gerechtigkeit. Durch den Mann, den Darnovey beseitigen wollte. Was für ein makabrer Zufall. Er wusste nun, niemals hätten die Anführer Darnovey vor Gericht gestellt. In Crusadia gibt es keine Gesezte, die man brechen kann. Also auch kein Gericht, das diejenigen bestraft, die sie brechen. Doch hier, im Herzen der Zivilisation, wird er für seine Verbrechen gerecht bestraft werden.

Mit erleichtertem Herzen war er auf das Schiff zurückgekehrt, wo er versucht hatte, sich mit Murdoch und Rusty zu unterhalten, doch der Minotaurus erwies sich als wortkarg und mürrisch, und Rusty eröffnete ihm noch am gleichen Tag, dass er bei den Fischern angeheuert hatte. Jeden Morgen verließ er das Flussschiff, noch bevor die ersten warmen Sonnenstrahlen das Versprechen von brüllender Hitze und den Geruch von Sand mit sich brachten, und kehrte abends mit schlechter Laune, einem Bündel Fische und ein paar Kupfermünzen zurück, nur um wie erschlagen auf sein Lager zu fallen.

Als das Fieber Morgaine schließlich verließ, schien sie fest entschlossen, nicht einen einzigen Tag länger in der Wüste auszuharren. „Das Meer ist viel zu weit weg. Ich brauche es zurück", hatte sie ihnen wütend erklärt, und sobald sie in der Lage war, sich auf beiden Beinen zu halten, begann sie, zusammen mit Murdoch ebenfalls bei den Fischern zu arbeiten. Nicolas konnte kaum verstehen, wie die Arbeit ihr helfen sollte, zurück ans Meer zu gelangen, und schließlich überwand er sich und fragte sie, was sie vorhatte.

„Wir arbeiten, damit wir eine Fahrt ans Südkap bezahlen können. Und damit wir überleben, bis du diesen Hurensohn von Darnovey in die Hölle geschickt hast. Verstanden? Dann verschwinden wir. Ich, Murdoch, du, wenn du Darnovey verdammt hast, dein Schoßhund Rusty und Roxane. Wir gehen alle zurück nach Crusadia", erklärte sie gereizt.

Nicolas biss die Zähne zusammen. Wenn die Anführer herausfinden, was ich getan habe, zerreißen sie mich in der Luft. Ich kann kaum zurück. Selbst mein eigenes Kartell wird mich hassen. Aber... wenn der König gestorben wäre, und ich es nicht verhindert hätte, als ich konnte, hätte mein Gewissen mich im Schlaf erdrosselt.

Zuerst blieb er mit Roxane auf dem Flussschiff zurück, bis Morgaine Roxane mühsam beherrscht zu Vernunft brachte und dazu zwang, etwas von dem gebratenem Fisch mit Reis zu essen, den sie jeden Tag fingen und aßen. Zwar sprach sie immer noch nicht, doch sie kochte, aß und bewachte das Boot, während die anderen zu den Fischern gingen.

Selbst Nicolas half nun bei der Jagd auf die silbrigen Flussfische, die den Sabon und den Rubio bevölkerten. Der Fischer, ein aggressiver, dürrer Cerebra mit sehnigen Armen, dem die drei Boote gehörten, auf denen Rusty, Murdoch, Morgaine, Nicolas und eine Horde ärmlicher Cerebras arbeiteten, fluchte und schimpfte viel, schlug jeden, der nicht augenblicklich seine Befehle ausführte, mit einer Peitsche, und versuchte stets, sie beim Lohn zu betrügen. Er hasste jeden einzelnen seiner Arbeiter, und jeder hasste ihn. Es war eine schmutzige, blutige, elende Arbeit, und Nicolas, der in seinem Leben bis auf seine nautische Ausbildung in Port Liberty kaum gearbeitet hatte, erschöpfte sie noch mehr als Morgaine, Rusty und Murdoch. Jeden Abend aß er das, was Roxane aus dem Fisch zubereitet hatte, und schlief, bis Rusty ihn erneut wachrüttelte. Mittlerweile konnte niemand mehr auch nur eine Fischflosse sehen, ohne innerlich zuwürgen, doch es war alles, was sie hatten. Die wenigen Münzen, die der Cerebra ihnen gab, reichten kaum für Gewürze, etwas Seife und das, was sie für die Fahrt nach Südkap beiseite legten.

Morgaine und Murdoch verschwanden Abend für Abend spurlos, und kamen spät inder Nacht zurück, Morgaine meist betrunken und wütend, nicht selten mit blauen Flecken, während Murdoch sie stützte. Rusty verfluchte sie leise, da ihr sauer verdientes Geld für Alkohol verprasste, doch sie beteuerte, nie auch nur einen Penny von ihm genommen zu haben. Es schien zu stimmen, doch als Nicolas versuchte, sie zu fragen, woher ihr Geld kam, lächelte sie nur. „Es braucht drei Dinge, um einen Mann unter Kontrolle zu bringen", sagte sie geheimnisvoll. „Wenn du kein Gold hast, aber welches brauchst, benutzt du die anderen zwei."

Was sie damit wohl meinte? Nicolas konnte sich nichts denken, was Männer so sehr beherrschen konnte, und seine bleierne Müdigkeit erledigte seine Überlegungen. Sicher quält der Kater sie immer noch, und die Kopfschmerzen plagen sie, während sie zusammen mit Murdoch und Rusty die Netze an Bord hievt. Zum letzten Mal arbeiten für diesen stinkenden Fischer, und ein letztes Mal Geld verdienen, bevor wir nach Südkap können. Es mag zwar immer noch nicht genug sein für alle, aber wir können immer noch arbeiten. Für den Mann, der ein Schiff den Sabon hinablenkt.

Während ich Darnovey seiner gerechten Strafe zuführe.

Langsam und mit schmerzenden Muskeln erhob er sich, legte seine zerrissene Hose ab und sprang über die zerbrochene Reling in die Fluten des Sabon. Klatschend schlug das kalte Wasser über ihm zusammen. Die Strömung, hier, an den Docks, zwar schwach, doch stark genug, um ihn mühelos mit sich zu reißen, zerrte an ihm, und er umklammerte das Seil, das ihn an Rustys Schiff hielt. Prustend tauchte er wieder auf und kletterte an Bord zurück. Der leichte Wind biss in seinen nackten Körper. Mit zitternden Fingern griff er nach seiner neuen Kleidung, eine neue Hose, ein Hemd und eine billige schwarze Weste, und schlüpfte hinein. Ich darf nicht in einem zerfetzten Stück Stoff vor den König treten. Schon bei seiner Audienz hatte er sich geschämt, dafür, dass er in einer löchrigen Hose und einem verschwitzen Hemd vor den Herrscher Abisyalas getreten war.

Die Greifenreiter des Königs ließen nicht lange auf sich warten. Die Krallen der Tiere scharrten über die Pflastersteine, als sie keifend und schnaubend an den Docks zum stehen kamen. Der vorderste Soldat trieb seine Bestie auf das Schiff zu. „Nicolas de Oro?", bellte er.

Nicolas schlüpfte in seine Stiefel. „Ja, der bin ich."

„Seine Majestät erwartet Euch zur Gerichtsverhandlung von Ravan Bane Darnovey." Der Greif machte einen aufgeregten Schritt zur Seite, und der Soldat brachte ihn mit den Zügeln wieder unter Kontrolle. „Außerdem verlangt Seine Majestät nach einer Miss Roxane Blackheart. Ist sie hier?"

Roxane, die mit einem Eimer Wasser und einem Lappen am Bug des Schiffes saß und die Überreste des kargen Morgenmahls abspülte, erhob sich.

„Seid Ihr Miss Blackheart?"

Sie nickte.

„Der König hat auch nach Euch verlangt. Folgt mir."

Langsam ließ Roxane den Lappen los. Mit einem feuchten Geräusch fiel er in den Eimer. Ihr angstvoller Blick begegnete Nicolas', und er schüttelte den Kopf.

„Du brauchst keine Angst haben", sagte er behutsam. „Der Cerebra in der Taverne wird auf das Boot aufpassen, und niemand wird dir etwas antun."

Sie senkte den Blick und wischte sich die Hände an ihrem roten Mantel ab. Für einen Moment beobachtete sie unschlüssig den Reiter, der ungeduldig seinen Greif auf einem Fleck zu halten versuchte, dann folgte sie Nicolas von Bord.

Der Soldat drückte Nicolas die Zügel eines reiterlosen Greifen in die Hand. „Aufsitzen", befahl er schroff, und Nicolas stieg hinter Roxane auf das Tier. In zügigem Tempo bahnten sie sich einen Weg durch die kochende Stadt, vorbei an Märkten, fliegenden Händlern, Spielleuten und Handwerkern. Doch sie alle wichen zurück vor den Klauen der erregten Greife und ihren schwarzen Schatten auf den goldenen Bannern.

Sie überquerten einen gigantischen Platz, auf dem eine Truppe Cerebras mit Schwertern an den Hüften und Musketen in den Händen exerzierte, und Nicolas erkannte den Turnierplatz wieder. Kaum zu glauben, dass der König hier fast gestorben ist. Durch den Eiswolf, den Darnovey angeheuert hat. Es ist fast unglaublich, dass er heute dafür sein Urteil bekommen soll... Dass heute alles endet.

Hinter ihm klammerte sich Roxane an ihn, als sie durch das Tor hindurchritten, über die Zugbrücke, die den Sabon überspannte, durch das mächtige Falltor, flankiert von bewaffneten Cerebras, hinein zwischen die Mauern der Königsburg. Der Soldat bedeutete ihnen, abzusitzen, während Stallburschen herbeirannten und die Zügel der Greife ergriffen. Mit einer herrischen Geste winkte der Soldat Roxane und Nicolas zu sich, und er führte sie in die Festung hinein. Drei andere Soldaten eskortierten sie durch endlose Korridore und hallende Säle.

Die ganze Zeit über wich Roxane nicht von seiner Seite. Immer spürte er ihre Anwesenheit in seinem Rücken, und wohlige Schauer liefen durch seinen Körper, sobald sie ihn versehentlich berührte. Du bist nicht wegen ihr hier. Sie hat dich jetzt nicht zu interessieren, du hast wichtigeres zu tun, redete er sich ein, doch es war zwecklos. Die Gefühle für sie, die während all der Arbeit und dem Missmut auf dem Fischerboot in den Hintergrund getreten waren, stürmten nun mit der Macht eines angreifenden Drachen auf ihn ein. Was wäre wenn... Nein, niemals. Sie hat vor wenigen Wochen ihren Geliebten verloren. Da wird sie sich kaum sofort nach einem neuen umsehen, und schon gar nicht nach mir. Nein, sie hat nur Angst, vor dem, was sie hier erwartet.

Sie bogen um eine weitere Ecke, und ein gewaltiges, metallbeschlagenes Tor kam in Sicht. Zehn Soldaten, schwerst bewaffnet und in stählernen Plattenrüstungen, bewachten es. Ein paar Cerebras in edler Kleidung, bestickt mit Wappen und Symbolen, stand etwas linkisch davor. Wartend blickten sie immer wieder zum Tor und warfen abschätzende Blicke zu den versammelten Menschen, die etwas abseits standen, eine Gruppe ebenfalls teuer gekleideter Männer und Frauen, in reservierte Gespräche verwickelt.

Plötzlich packte Roxane Nicolas so hart am Handgelenk, dass er zusammenzuckte. Alarmiert folgte er ihrem ängstlichen Blick zu den Menschen. Drei von ihnen stachen heraus: eine blonde Frau in einem dunkelblauen Kleid mit beeindruckendem Ausschnitt, die arrogant und angeekelt den Blick über die Versammlung gleiten ließ. Ein kleinerer Mann, dessen fettiges rotblondes Haar zu einem schmierigen Zopf zusammengebunden war, in einem zerknittertem Ensemble aus Gehrock und Weste. Verstohlen sah er sich um, dann zog er einen Flachmann aus der Innentasche seines Mantels und trank einen großen Schluck. Der andere Mann war muskulös und braun gebrannt, mit langen, schwarzen Haaren, in einer abgewetzten ledernen Jacke. Beinahe gelangweilt beobachtete er die Cerebras und sprach mit einem dürren, schwarzhaarigen Mann, dessen Kleidung locker an seinem Körper hing.

Nicolas stockte der Atem. Die Anführer! Maura Ithakea, Salvatore Falcony und Mackerel Stanraer. Was machen sie hier? Er wandte sich an den Soldaten, der sie angeführt hatte. „Warum sind die anderen Anführer hier?", raunte er.

Der Krieger zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht einmal, wer diese Herrschaften sind. Ich soll Euch nur hierher bringen." Sein Gesicht verzog sich zu einem verächtlichen Lächeln, und Nicolas spürte seinen eigenen ängstlichen Gesichtsausdruck. „Keine Angst. Sie werden Euch nichts tun. Ihr steht unter dem Schutz des Königs." Mit einem letzten aufmunterndem Zunicken drehte er sich um und verschwand wieder in den Gängen der Festung. Seine Männer folgten ihm.

Nicolas trat einen vorsichtigen Schritt vor, und merkte, wie Roxane den Würgegriff um sein Handgelenk löste. Beinahe entschuldigend zog sie die Hand zurück, und er ertappte sich dabei, wie er sich wünschte, sie würde ihn weiter festhalten. Unschlüssig sah er zu den beiden Gruppen, und überlegte, zu welcher er sich gesellen sollte, als Maura Ithakea ihm die Wahl abnahm.

Mit wallenden Röcken schritt sie auf ihn zu und taxierte ihn mit einem geringschätzigen Blick. „Master de Oro. Welche Freude, Euch hier anzutreffen." Ihr Tonfall verriet, dass sie ihn in Gedanken bereits getötet hatte. „Und die Person, die Ihr mir bringen solltet. Miss Blackheart, was ein eigenartiger Zufall. Ich meinte mich zu erinnern, einst ein langes Gespräch mit Eurer Freundin Miss de Tracy über Euer Verschwinden aus der Festung geführt zu haben."

Roxane trat hinter Nicolas hervor. „Was habt Ihr...", begann sie beinahe geräuschlos, räusperte sich und fauchte: „Was habt Ihr getan?"

Weißes Fell schoss über Ithakeas Gesicht. „Ich habe ihr das Rückgrat durch die Fotze hindurch gebrochen", zischte sie leidenschaftslos.

Roxane starrte sie an, über ihr Gesicht flackerten in schneller Folge Angst, Entsetzen, Trauer und Zorn. Nicolas merkte, wie sie mit dem Gedanken spielte, Maura anzugreifen und streckte langsam die Hand nach ihr aus. Tu es nicht. Sie würde siegen.

Maura beugte sich vor, sodass Nicolas kaum anders konnte, als ihr schwindelerregendes Dekolleté zu bemerken. „Und du bist die Nächste", hauchte sie Roxane ins Gesicht. „Du bist ohne Erlaubnis aus der Festung verschwunden. Ich kann nicht umhin, Euer Vergehen zu bestrafen. Nichts wird mich aufhalten. Wer sollte schon? Sal? Mackerel? Hector, so wie zuletzt? Nein, sie alle werden zurückweichen, und mir meine Rache gewähren."

Nicolas trat vor. Mir klopfenden Herzen stellte er sich zwischen die beiden Frauen. „Ich werde sie beschützen. Vor Euch, und vor Stanraer, und auch vor Falcony, wenn es denn sein muss." Er wusste kaum, woher sein Mut kam.

Roxane starrte ihn sprachlos an. Maura dagegen lächelte mitleidig. „Ihr, Master de Oro? Ihr werdet Crusadia nie wieder sehen. Ihr wisst, was Euch erwartet, sobald Ihr einen Fuß auf die Inseln setzt. Für das, was Ihr getan habt, dass Ihr den König auf uns aufmerksam gemacht habt, und dass er nun mit einem Auge auf uns und unsere Geschäfte schielt, nur um uns zu zerstören, sobald wir ihm zu weit gehen. Dafür werden wir Euch das Herz herausreißen, zusammen mit Euren kümmerlichen Leben." Sie betrachtete sinnierend ihre beringten Finger. „Oder Ihr nehmt an, was der König Euch versprechen wird. Eine Burg im Niemandsland von Abisyala. Ein Exil, wenn Ihr so wollt. Damit Ihr uns nie wieder im Wege steht." Sie fuhr herum, als sich die Türflügel hinter ihr grollend öffneten, und die Lykaner und Krieger in den Thronsaal strömten. „Es ist Eure Wahl", sagte sie kalt, dann wirbelte sie mit rauschenden Röcken herum und stolzierte ihrem Gefolge hinterher. Zwei massige Männer nahmen sie in ihre Mitte.

Roxane starrte ihr nach. „Sie wird ihr Versprechen erfüllen, oder? Ich werde sterben, sobald ich nach Crusadia zurückkehre. Ebenso wie Ihr."

Nicolas sah sie an. „Ja. Ich habe einst gehört, dass ein Leben kein Hindernis für sie ist." Eine wahre Schwester des Lykaon also, dachte er bitter. „Ich werde wohl das Angebot des Königs annehmen. Und Ihr..." Er schluckte. „Roxane, kommt mit mir. Es gibt nichts, was Euch noch in Crusadia hält. Was soll die Bruderschaft uns im Exil schon antun können? Sie hat es selbst gesagt, der König hat ein Auge auf sie, und sobald sie zu übermütig werden, lässt er seine Truppen auf sie los. Im Exil seid Ihr sicher. Die Wölfe werden nichts tun können."

„Ihr redet, als wärt Ihr keiner von ihnen. Als hättet Ihr mich nicht zu Ihr bringen sollen", sagte sie tonlos.

„Ich bin verbannt. Noch nicht offiziell, aber in ihren Köpfen schon lange. Und habe ich Euch zu ihr gebracht? Habe ich Euch ihr vor die Füße geworfen wie einen räudigen Hund?" Seine Stimme wurde wieder sanfter. „Roxane, ich würde alles tun, alles, um Euch... um dich zu beschützen. Jetzt, da du niemanden mehr hast." Er schluckte, als er sah, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, und ergriff ihre Hände. „Bitte, Roxane. Komm mit mir. Ich heirate dich, wenn es dich schützt, aber bitte, geh nicht nach Crusadia zurück."

Roxane starrte ihn an, eine einzelne Träne rollte ihre Wange hinab. Sie sah schnell zur Seite, und biss sich auf die Lippe.

Oh, Roxane, bitte, lass nicht zu, dass ich zusehen muss, wie du dich auf den Weg machst, um von den Wölfen zerrissen zu werden. „Bitte."


~ ~ ~

Ist das nicht alles, was dieser glorreiche Tag gebraucht hat? Ein nettes, finsteres Nicolas-Kapitel?

Ich hab im Moment einiges um die Ohren, deswegen die Verspätung. Verzeiht mir, es wird immer wieder vorkommen.

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