3. Kriegsgeschichten
There's no peace
Only war
Victory decides who's wrong or right
- Linkin Park, War
„Willkommen, Mr de Oro, im Rat der Bruderschaft des Lykaon", begrüßte Maura Ithakea den nervös wirkenden Nicolas de Oro. Sie hatte sich umgezogen, statt dem schwarzen reizlosen Kleid der Bestattung trug sie nun ein offenherziges rotes, und wenn sie sich vorbeugte, gewährte sie den Anführern beeindruckende Blicke in ihr Dekolleté, der an einen bodenlosen Abgrund erinnerte. Ihre Mode fand auch bei den Männern Anklang: Mackerel betrachtete sie gierig, Nicolas kämpfte tapfer um Augenkontakt, Salvatore studierte demonstrativ seinen verkratzten Flachmann, und auch Ravan verlor sich in der Dunkelheit zwischen ihren weißen Brüsten.
Die fünf Oberhäupter saßen um einen Tisch in einem Raum in der Obsidianfestung. Das Licht fiel durch die Fenster herein, und beleuchtete die spärliche Inneneinrichtung, den Tisch und ein paar Gemälde an den Granitwänden. An der Stirnseite des Tisches thronte Maura und lächelte lasziv mit makellos rot geschminkten Lippen. Ihre schulterlangen blonden Haare fielen ihr nun in weichen Wellen ums Gesicht, anstatt in einen Knoten gezwungen zu sein. Rechts von ihr saß Mackerel Stanraer, der sich nicht die Mühe gemacht hatte, irgendetwas an seiner Kleidung vom Schiff zu ändern und unangenehm nach nassem Hund und Leder roch, was selbst Ravan mitbekam, der ihm schräg gegenüber saß und verzweifelt versuchte, Salvatores Gestank nach Alkohol neben sich zu ignorieren.
Nicolas dagegen schien sich eher von Mackerel neben sich zu fürchten, als sich irgendwelche Gedanken über schlechte Gerüche zu machen. Er saß fast am äußersten Ende des Tisches und schluckte laut. Über Mackerels Lippen fuhr ein verächtliches Grinsen.
„Danke, Miss Ithakea. Ich freue mich ebenfalls sehr, nun hier zu sein", antwortete er, nachdem er sich gesammelt hatte.
„Lügner", fuhr Salvatore dazwischen. „Du willst gar nicht hier sein. Ich kann deine Angst bis hier riechen."
Nicolas wurde blass und begann, Worte hervorzustottern, Mackerel lachte auf, und Ravan verkniff sich ein Grinsen. Der alte Mistkerl. Jetzt weiß ich wenigstens, dass er das nicht nur bei mir macht, und er hat De Oro bis auf die Knochen blamiert. Er weiß, wie man Freunde findet.
Maura schlug Salvatore auf den Arm. „Halt die Klappe, Falcony, wenn wir hier etwas riechen, dann deinen elenden Schnaps."
„Stanraer stinkt viel schlimmer. Nasses Wolfsfell, nicht wahr? Hattest wohl noch ein kleines unauffälliges Abenteuer mit der kleinen Cavendish-Schlampe im Pelz, oder?", feuerte Salvatore seinen nächsten Schuss auf den aggressiven Mackerel ab.
Das Temperament des Crusader-Oberhauptes zeigte sich sofort. Mackerel knurrte, sein Gesicht verformte sich und Fell huschte über seine Haut wie Dünung. „Sollen wir das gleich regeln, du versoffener Hurensohn? Oder sollen wir warten, bis Miss Ithakea nicht mehr auf dich aufpasst?"
Bevor Salvatore etwas Bissiges erwidern konnte, unterbrach Ravan die beiden. „Könnten wir dann vielleicht die Todesdrohungen überspringen und zum Geschäft kommen?" Geister, gebt mir die Kraft, den Tag mit ihnen zu überstehen.
Mit einem letzten mordlustigen Blick wandelte sich Mackerels Gesicht wieder in seine Normalform zurück, und Salvatore schickte ein listiges Grinsen in seine Richtung. Geister bewahrt, wenn sie sich heute noch richtig in die Haare kriegen.
Maura warf den beiden Männern neben sich warnende Blicke zu, und sandte ein kleines dankbares Lächeln in Ravans Richtung. „Um wieder zu unserem eigentlichen Grund zurückzukommen, Mr de Oro, wisst Ihr, warum wir hier sind, und wie es zu der Gründung des Rates kam?"
Nicolas schüttelte den Kopf und sagte mit beeindruckend ruhiger Stimme: „Nein, leider weiß ich es nicht. Mein Vater hat zwar vom Krieg erzählt, und auch davon, dass mein Bruder von Auray Blackheart getötet wurde, aber nie, wie es zu dem Krieg kam."
„Gut", sagte Maura, „dann will ich es Euch erklären. Noch vor siebenundzwanzig Jahren gab es sechs Kartelle, statt wie heute fünf. Neben Crusader unter den Stanraers", Mackerel hob herausfordernd das Kinn, „Falcony unter Falcony", Salvatore prostete Maura zu und nahm einen Schluck aus seiner Flasche, „Virrey, angeführt von den Darnoveys", auch Ravan erlaubte sich ein überlegenes Lächeln bei der Erwähnung seines Kartells, „Wildfire unter Ithakea", Mauras Stimme bekam einen selbstgefälligen Klang, „und Zafiro unter De Oro gab es das Blackshore-Kartell unter Blackheart. Es war lange das größte und reichste aller Kartelle, das gesamte Festland gehörte ihnen, die Blackhearts besaßen Festungen in den Bergen und eine eigene Luftschiffsflotte. Die Kartelle lebten wie immer verfeindet und misstrauisch nebeneinander, immer im Kampf um Geschäfte und Gebiete, und Blackshore war der Meister dieser Kämpfe, sie verkauften Sklaven in alle Gegenden der Welt, es heißt, dass sie es sogar schafften, Sklaven in den Norden zu verkaufen, wo die Sklaverei verboten ist. Alle anderen Kartelle verblassten neben ihrem Reichtum. Sie waren auch meisterhafte Jäger, kein Kartell brachte mehr Brüder und Schwestern hervor als sie. Sie töteten mehr Menschen als alle anderen Kartelle zusammen, und nicht wenige glaubten deshalb, dass sie vom Geist der Jagd höchstpersönlich ausersehen waren, um die Bruderschaft zu Reichtum und Ruhm bringen sollte."
Das ist ausgemachter Unsinn. Das hätten sie niemals angenommen, wenn sie das Ende von Blackshore gewusst hatten. Ravan lächelte belustigt. Er hatte diese Geschichte schon hunderte Male gehört, zuletzt, als er selbst zum ersten Mal vor die Bruderschaft getreten war, trunken von ebenjenem Reichtum und Ruhm, als er seinem Bruder auf den Thron des Virrey-Kartells gefolgt war. Damals habe ich mich nicht so schlecht angestellt. Aber damals gab es auch noch keinen Mackerel, nur einen trügerisch sanften Hector, der schon bald mein Erzfeind werden sollte, mit seinem gefährlichen Verdacht.
An jenem Tag hatte er gemerkt, dass die Geschichte des Blackshore-Krieges der spannendste Teil des Tages war, der Rest war nur ein Theater aus Freundlichkeit und einer Verschleierung der Wahrheiten. Und so oft er sie gehört hatte, Maura war die Meisterin im Erzählen. Aus ihren perfekten Lippen war sie immer noch am interessantesten. Oder sie ist einfach die hübscheste Person, die diese Geschichte erzählt. Und ohne jede Wertung, sie bleibt beeindruckend neutral.
„Dann übernahm Auray Blackheart das Kartell, und er hatte Träume. Er wollte noch mächtiger, noch reicher und noch größer werden, als sich je jemand erträumt hatte. Auray hatte die perfekten Voraussetzungen, um seine Träume umzusetzen. Er war charismatisch, mutig, reich, und hatte die Macht, um andere von seinem Vorhaben zu überzeugen. Und das tat er. Wohlüberlegt wählte er seine Verbündeten. Falcony, weil es ein einflussloses Kartell war, das anfällig für seine Ideen und Versprechungen war..."
Trotz ihrem neutralen Tonfall funkelte Salvatore Maura an, doch sie fuhr unbeirrt fort. „...und Virrey. Mit ihnen gründete die Blackshore-Allianz."
Ravan zog eine unbehagliche Grimasse und spürte Nicolas' Blick auf sich.
„Er wählte diese beiden Verbündeten, weil Wildfire zu weit vom Festland, dem Herrschaftsgebiet des Blackshore, entfernt liegt, Zafiro zu viele Skrupel hatte, und weil die beiden nicht so mächtig waren wie das hochgefährliche Crusader, das einzige Kartell, das für Blackshore eine Bedrohung darstellten konnte. Auray fürchtete Crusader nicht, aber er wusste, dass er es nur schlecht unter Kontrolle halten konnte. Dass er Virrey und Crusader auf verschiedenen Seiten des Krieges platziert hatte, kam ihm ebenfalls zugute, denn wie Ihr wisst, haben die beiden Kartelle eine lange und komplizierte Erbfeindschaft."
Ravan fing Mackerels abschätzenden Blick auf. Wenn wir kämpfen würde, wer würde siegen?, fragte er sich nicht zum ersten Mal. Doch da er wusste, dass Mackerel wesentlich größer und schwerer war, wollte er es nicht drauf ankommen lassen.
„Er versprach seinen Verbündeten Reichtum und Geld, wenn sie ihm folgen würden, und Kingsley Darnovey und Salvatore Falcony willigten ein."
Wieder warf Salvatore Maura einen wütenden Blick zu.
„Der Krieg begann mit einem Angriff von Virrey-Schiffen auf einen Hafen der Zafiros. Sie wurden schwer getroffen, und baten ihre mächtigen Nachbarn, die Crusaders, um Hilfe. Sie nahmen auch Wildfire in ihre Allianz auf, um deren Drachenreiter auf seiner Seite zu haben. Somit stand es drei gegen drei, der Krieg wogte zwei Jahre hin und her, ohne dass eine Seite die Oberhand gewinnen konnte. Auray zielte schließlich auf die Anführer und ihre Familie, um eine Kapitulation zu erringen. Alonzo de Oro wurde von Kingsley Darnovey gefangen genommen und von Auray gefoltert, Orella Ithakea, meine Mutter, tötete in einem Zweikampf Robert Darnovey, Kingsleys Bruder, eine von Aurays Lieblingsmätressen wurde mit zerfetzter Kehle in Amostown aufgefunden, Wölfe durchstreiften die Städte ihrer Gegner und metzelten die Bevölkerung nieder. Schreckliche Verbrechen." Maura schüttelte sich, als könnte sie den Gedanken an die Gräuel nicht ertragen, doch Ravan wusste es besser.
Sie würde ohne zu zögern jedes Kind, jeden Unschuldigen abschlachten, wenn sie sich einen Gewinn davon verspräche, der hoch genug wäre, um ihren Ansprüchen zu entsprechen. Er wusste, dass es zu Mauras Bild gehörte, vor neuen Anführern so schwach wie nur möglich zu erscheinen, um sie dann zu bezwingen, wenn sie unaufmerksam wurden. Er war damals gewarnt worden, von Mauras eigenem Mann. Morrisome Fury. Er ist ein fähiger Mann, in meinen Diensten, aber bis wann? Und was blüht mir, wenn er mich verrät wie Maura?
„Irgendwann hatten die Anführer genug davon, sich gegenseitig die Geschäfte zu ruinieren und sich auszurotten. Sie wollten einen Waffenstillstand aushandeln, also reisten Orella Ithakea, Kingsley Darnovey, Salvatore Falcony, Hector Stanraer auf Aleandro de Oros Idee hin nach Amostown. Aleandro, Euer Bruder, hatte damals den Titel Alonzos inne, da dieser in Gefangenschaft war. Hätte er gewusst, dass sein Vater unter der Festung auf den Tod wartete, hätte er wahrscheinlich nach Auray gesucht und ihm die Kehle herausgerissen." Ihre Stimme bekam einen wehmütigen Klang, als hätte sich sich genau das gewünscht. „Sie warteten also, hier in diesem Raum, genau dort, wo wir jetzt sind, darauf, dass Auray dazukam und sie endlich beginnen konnten.
Doch der Krieg war nicht spurlos an Auray vorübergegangen. Der Wahnsinn hatte von ihm Besitz ergriffen, und er war davon überzeugt, dass nur er allein Herrscher über Crusadia sein sollte. Mit anderen Worten, er hatte nie vorgehabt, das Land mit Virrey und Falcony zu teilen, sondern nachdem er mit ihrer Hilfe die anderen drei Kartelle aus dem Weg geräumt hatte, wollte er sie ebenfalls vernichten. Mit einem Trupp Lykanersoldaten stürmte er herein und das Schlachten begann.
Sie waren alle in Wolfsgestalt, und so schnell sie konnten, verwandelten sich die anderen Anführer ebenfalls. Auray Blackheart war so groß wie Mr Stanraer hier", sie nickte Mackerel zu, „und auch als Wolf hatte er ähnliche Ausmaße. Er tötete allein Aleandro de Oro und setzte Mr Falcony stark zu, der einst sein Verbündeter gewesen war."
Salvatore verzog das Gesicht, als würden die Wunden und der Verrat noch heute schmerzen. Ravan verkniff sich ein gehässiges Grinsen. Nachdem er die Geschichte zu ersten Mal von Maura gehört hatte, hatte er danach sofort gewusst, weswegen das Oberhaupt des Falcony-Kartells ein Säufer war. Salvatore hatte Auray Blackheart angeblich beinahe vergöttert.
„Schließlich gelang es den Anführern, Auray niederzuringen und zu töten. Doch damit war das Blutvergießen nicht beendet. Kingsley Darnovey war schon immer ein Hitzkopf gewesen, er beauftragte seine Truppen, alle Blackhearts und deren Gefolgsleute bis zum letzten Mann auszurotten. Die anderen Anführer schlossen sich an, in der Hoffnung, der Keim würde so erstickt werden und nie wieder austreiben. Sie zerstörten die Luftschiffe und ermordeten die Crews, sie schlachteten alle ab, die mit Blackheart etwas zu tun gehabt hatten. Schließlich erreichte ein Trupp Lykaner unter Hector Stanraer die Dunkelwacht, die letzte Bastion der Blackshores, wo sich Zara, Auray Blackhearts Mätresse, versteckte und nahmen sie ein. Alle wurden getötet, die Wölfe zerrissen jede einzelne Person in der Festung und fanden ihren Weg in das Turmzimmer, in dem sich Zara versteckte. Ein Crusader stand mit gebleckten Zähnen über ihr, bereit, sie zu töten, als Hector hereinstürmte und erkannte, dass Zara hochschwanger war. Er brachte es nicht übers Herz, ein ungeborenes Kind, das nie etwas von seinem verdorbenen Vater gehört hatte, zu töten, deswegen befahl er, Zara am Leben zu lassen."
Und diese Schwäche würde Hector für immer nachhängen. Bis er es nicht mehr aushielt und seinen Posten an seinen gefürchteten unberechenbaren Sohn abgab, dachte Ravan weiter. Doch Maura würde diesen Gedanken niemals aussprechen, selbst wenn sie das Gleiche dachte wie er.
„Damit schien der Krieg zu Ende zu sein, doch er war es nicht. Die Kartelle lagen im Streit wegen gegenseitig getöteten Familienmitgliedern. Doch aus Angst vor einem weiteren verheerenden Krieg beließen sie es bei Drohungen, bis ein paar Anhänger der Crusaders tot aufgefunden wurden, Falcony wurde verdächtigt, und ein neuer Konflikt drohte. Schließlich gründeten die Anführer, als Schutz vor einem neuen Blackshore-Krieg den Rat der Bruderschaft. Seit dem Ende des Krieges, seit fünfundzwanzig Jahren, versuchen wir den Frieden zu bewahren", schloss Maura.
„Was eher schlecht als recht funktioniert", warf Salvatore ein.
„Was eher schlecht als recht funktioniert", gab Maura zu.
Nicolas nickte. „Also dient der Rat dazu, einen weiteren Krieg zu verhindern", fasste er zusammen.
„Oooh, ich bin begeistert, so dumm wie er aussieht, ist er gar nicht", ätzte Salvatore.
Nicolas zog eine Grimasse, doch er verlor nicht die Fassung. Stattdessen fragte er ruhig: „Was habt Ihr gegen mich, Mr Falcony?"
„Du bist ein kleiner schnöseliger Emporkömmling, niemand mag dich. Es ist also praktisch Gruppenzwang", antwortete Falcony, überrascht über die Frage.
„Das ist eine bemerkenswert sinnlose Begründung. Ihr schließt Euch der Meinung aller anderen an, weil Ihr zu schwach seid, um eine eigene zu haben? Darf ich das so feststellen, wenn ich nicht so dumm bin, wie ich aussehe?", schoss Nicolas sachlich zurück.
Gespannt wartete Ravan auf eine böse Erwiderung von Salvatore, doch der klappte nur den Mund auf und zu wie ein Fisch auf dem Trockenen und sah hilfesuchend zu Ravan, der Falcony mit einem schadenfrohen Blick bedachte. Das geschieht dir recht, du elender Hurensohn. Nicht nur du kannst böse Kommentare ablassen, sondern auch der unerfahrenste Anführer hier im Rat. Zum Schweigen gebracht von einem Bürschchen von zweiundzwanzig Jahren, das ist einfach zu großartig.
Auch die anderen Anführer waren belustigt, Mackerels blaue Augen blitzten und Maura verkniff sich sichtbar ein Grinsen. Salvatore schloss schließlich den Mund, funkelte alle wütend an und trank einen Schluck aus seinem Flachmann.
„Ja, das ist das Beste, das Ihr mit Eurem Mund machen könnt. Trinkt lieber, als dass Ihr mich beleidigt, das bekommt Euch besser", stellte Nicolas trocken fest.
Salvatore prustete in seine Flasche, Maura kicherte und Mackerel entfuhr ein leises abfälliges Schnauben. Ravan zog Luft durch die Zähne ein. Pass auf, De Oro, strapaziere seine Nerven nicht zu sehr, das bekommt Euch besser.
Salvatore sprang auf und wollte sich auf Nicolas stürzen, doch Maura legte ihm die Hand auf die Brust. „Schluss jetzt, alle miteinander. Können wir jetzt zu dem eigentlichen Grund übergehen, weswegen wir hier sind?"
„Eine Frage habe ich noch", sagte Nicolas. „Was passierte mit Aurays Kind?"
„Das tut jetzt nichts zur Sache", sagte Maura liebenswürdig, doch Ravan hörte ihren gereizten Tonfall. Anscheinend wollte sie die Besprechung so schnell wie möglich hinter sich haben, um... Ravan dachte nach. Was eigentlich? Was machen hinterhältige Schlampen wie sie in ihrer Freizeit? Aber auch er war nicht sonderlich motiviert auf die Besprechungen.
„Nun", begann Maura, „es geht um dieses Schmugglerschiff von mir, das im Gebiet der Crusaders verschwunden ist. Mr Stanraer, hattet Ihr etwas damit zu tun?"
Ravan bekam Mackerels Antwort kaum mit. Gelangweilt starrte er an Nicolas de Oro vorbei auf die Wand hinter ihm, am Rande seines Bewusstseins bemerkte er, wie Maura mit wütendem Geschrei eine Schlägerei zwischen Mackerel und Salvatore verhinderte, Mackerel zum zweiten Mal an diesem Tag kurz vor einer Verwandlung stand und Nicolas begann, sich wegen einer Kleinigkeit mit Maura zu streiten.
Bei allen Geistern, das ist verdammte Zeitverschwendung. Ich habe zwar Pläne, denen sie aber niemals zustimmen würden, und deswegen werde ich sie auch nicht mit ihnen teilen. Obwohl.. mir ist langweilig, und ich könnte eigentlich die Truppe etwas auflockern. Mit einem listigen Grinsen lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und sagte mit lauter und bemüht beiläufiger Stimme: „Was haltet ihr davon, wenn wir den König von Abisyala töten?"
Die anderen verstummten so abrupt, als hätte er sie knebeln lassen. Mackerel nahm ein Messer von Salvatores Kehle und Nicolas war sichtbar zusammengezuckt. Maura starrte ihn an, als hätte er den Verstand verloren und gleichzeitig war ihre Miene interessiert.
„Und was zur Hölle hat das für einen Sinn?", fragte Nicolas entgeistert.
Ravan erhob sich von seinem Stuhl. „Der König von Abisyala. Palaimon Castillo. Der einzige Mann, der die Kriegerstaaten zusammenhält. Sagt mir, was sind unsere Geschäfte?"
Salvatore wollte zu einer unfreundlichen Antwort ansetzen, doch Maura kam ihm zuvor. „Waffen-, Drogen- und Menschenhandel. Vor allem Waffen. Warum?"
„Wenn wir Castillo töten würden, bräche der Frieden dort zusammen. Alle Krieger würden aufeinander losgehen, und dann bräuchten sie Waffen. Wir könnten sie ihnen liefern und wären groß im Geschäft." Dass ich eigene Pläne habe, sollte ich ihnen vielleicht verschweigen.
Mackerel betrachtete ihn abschätzend, als wolle er herausfinden, ob er es ernst meinte oder nicht. Salvatore sah ihn an, als hätte er soeben eine Erleuchtung gehabt. Wahrscheinlich dachte er gerade an sein Gespräch mit Ravan auf dem Schiff. Und Maura schien es zumindest in Erwägung zu ziehen.
Nur Nicolas war ganz und gar dagegen. „Das ist vollkommener Schwachsinn. Das Risiko ist viel zu groß. Wenn bemerkt wird, dass wir dahinter stecken, werden alle Krieger sich vereinen und dieses Land auslöschen. Und es wird herauskommen, dass wir es waren, denn so viele Feinde haben die Kriegerstaaten nicht. Sie wissen, dass wir existieren, und lassen uns in Ruhe, solange wir keine Gefahr darstellen. Aber sobald wir ihnen etwas antun, werden sie uns zerquetschen. Wir können uns nicht verteidigen, wir haben keine Verbündeten. Wen denn schon? Die Racheninseln sind zu weit entfernt, in Santaca gibt es nicht mal eine anständige Zivilisation und vom Eisigen Norden werden wir nicht mal anfangen. Geld für Söldnerkompanien haben wir auch nicht. Wir sind eine Inselgruppe im Meer der Sonne und haben weniger Einwohner als das kleinste Land der Kriegerstaaten."
Mackerel machte den Anschein, als würde er diesen Kampf mit Freuden erwarten, doch sagte nichts dazu.
Anders als Maura. „Ihr habt recht, aber bedenkt, welchen Nutzen ein Krieg für uns haben könnte. Es würde uns Millionen einbringen."
Nicolas war jedoch noch nicht fertig. „Einer solchen Macht sind wir nicht gewachsen. Es ist etwas anderes, einen Krieg zwischen den stärksten und mächtigsten Wesen der Welt auszulösen, als ein paar kleine Warlords in Santaca gegeneinander aufzuhetzen. Wir sollten es lassen, es hat keinen Sinn."
„Diese Größe hat ja gerade so viel Potential. Es sind so viele, die uns die Waffen abkaufen könne, und wir sind unabhängig, könnten allen Waffen liefern, und wenn ein Kartell den Dracones versprochen hat, den Pantheras nichts mehr zu liefern, kann das nächste mit dem Verkauf beginnen", hielt Maura dagegen.
Nicolas begann mit einer flammenden Rede gegen Ravans Vorschlag, deren Argumente sich jedoch immer mehr wiederholten, während die anderen durchaus angetan von der Idee schienen.
Ravan beobachtete den Streit mit einer gewissen Genugtuung, vor allem, wenn er an ihre Reaktionen dachte, wenn er den Vorschlag zu seinen Gunsten umwandelte. Doch das konnte er nicht mehr mit den anderen Oberhäuptern besprechen, sondern mit seinem künftigen Komplizen. Und dafür musste er hier raus, so schnell wie möglich. Ein Plan entstand in seinem Kopf und er setzte ihn um. Schnell packte er Nicolas an der Schulter und unterbrach so seine Rede. „Mr de Oro, auf ein Wort. Unter vier Augen."
Mit einem unwilligen Schnauben erhob sich Nicolas und folgte Ravan. Als die schwere Tür hinter ihnen ins Schloss fiel und sie auf dem dunklen Gang standen, verschränkte er die Arme und funkelte Ravan an. „Mr Darnovey, wenn Ihr mir bitte erklären könntet, was das soll?", zischte er ungehalten.
Ravan grinste erleichtert. „Mr de Oro, Ihr habt mir soeben das Leben gerettet."
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