Kapitel 26
Wir nahmen Kevin mit in Cas' Zimmer, wo er schweigend auf der Bettkante saß.
»Dich hat's wirklich erwischt, Junge«, meinte Meg belustigt.
»Ich weiß nur, dass das hier«, er deutete auf die Tasche, »für mich ist. Ich soll es auf jeden Fall behalten.«
»Viel Glück«, sagte Meg ironisch.
»Aber du weißt nicht, was das ist?«, fragte Sam, doch klang es eher wie eine Aussage.
Kevin schüttelte den Kopf.
»Los, mach es auf.«
Der Junge ging dieser Aufforderung nach und holte die Bruchstücke der Tafeln hinaus. Vorsichtig hielt er sie aneinander und mit einem Leuchten setzten sich die Teile wieder zusammen. Überrascht sahen wir ihn an.
»Kannst du lesen, was da drauf steht?«, fragte ich ihn.
»Was sind Leviathane?« Verwundert verzog Kevin das Gesicht.
»Also kannst du's lesen?«
»Sozusagen. Es tut nur etwas weh, so als würde man durch die Brille eines anderen gucken ...«, meinte der Junge. »Aber ich glaube, es geht um Leviathane und wie es dazu kommen konnte. Gott hatte sie eingesperrt, sehr weit weg, so was Ähnliches wie ein Gefängnis, weil sie so ... Es gibt sie.« Er sah uns an. »Es gibt sie wirklich, ist es so?«
»Ja, Kevin, so ist es«, sagte Sam, »und sie sind hier.«
Der Junge atmete tief durch.
»Steht etwas davon da, wie man sie umbringen kann? Denn das ist sozusagen das Problem.«
»Ähm, keine Ahnung ... Es ist nicht wie normales Lesen. Es ist schwer sich darauf zu konzentrieren.«
Auf einmal wurden Megs Augen schwarz. »Sam, Cat, irgendwas passiert hier.«
Die Lichter begannen zu flackern.
»Engel«, sagte ich. »Ich kann es spüren.«
Da bemerkte Kevin Megs Augen und mit einem Angstschrei wich er zurück.
»Kevin, hey!«, rief Sam. »Kevin!«
Die Glühbirnen zersprangen, im Zimmer und im Flur. Zwei Engel erschienen vor uns und mit einer Handbewegung warf die Frau Meg gegen die Wand.
»Eine Dämonenhure und ein Winchester«, sie sah zu mir, »du hast dir die falschen Freunde ausgesucht, Catherine.«
»Tut mir leid, ich kenne Sie nicht«, sagte ich, »und ich lass mir nicht von irgendwelchen geflügelten Mistkerlen sagen, wie ich mein Leben zu leben habe.«
Die Engelsfrau lachte. »So vorlaut wie eh und je.« Ihre Miene wurde ernst. »Du wirst nie eine von uns sein, Schlampe.«
»Das hatte ich auch nie vor.« Ich stellte mich neben Kevin.
»Geh weg von dem Propheten«, zischte die Frau und entsetzt sahen wir den Jungen an.
»Meinen Sie etwa ... mich?«, fragte Kevin.
»Einziger Hüter des Wortes auf Erden, wir sind hier, um dich zu holen«, sagte der Engel nur.
Ängstlich sah Kevin ihn an. »Was meinen sie mit holen?«
Die Frau wandte sich an ihren Begleiter. »Töte die Frau und ihren Liebhaber. Lass die Mischblutschlampe am Leben.«
»So ist es nicht«, sagte Meg. »Wir sind nicht ...« Sie stockte, als der Engel auf sie zukam, und bevor er sie berühren konnte, zückte sie ein Engelsschwert, welches sie bei sich getragen haben musste, und schnitt ihm in die Handfläche.
»Wo hast du das her?«, verlangte die Engelsfrau aufgebracht zu wissen.
Da erklang Flügelschlag und Castiel erschien im Raum. Überrascht sahen die Engel ihn an.
»Castiel«, sagte sein Bruder.
Cas lächelte ihm zu. »Hi.«
»Du lebst.«
Verlegen nickte er.
»Du?«, fragte die Engelfrau.
»Hallo, Hester«, begrüßte Cas sie.
»Deine Blutspur zieht sich durch den ganzen Himmel.« Mit Wut in den Augen trat sie auf ihn zu. »Du wolltest allen nur Angst einjagen, und dann bist du verschwunden. Was, zum Teufel, sollte das?«
Cas ließ den Kopf sinken. »Ich weiß, ich hab' mich schlecht verhalten.«
»Wo bist du gewesen?«, fragte sein Bruder.
»Oh, Inias, Hester, ich weiß, was ihr von mir wollt, sind Antworten, und ich wünschte, ich könnte sie euch geben. Es gibt immer noch so vieles, was ich euch bieten kann. Da wäre zum Beispiel, na ja, eine Perspektive.« Er hob den Finger und hielt ihn Hester hin. »Hier, zieh an meinem Finger.«
Fassungslos sah die Frau ihn an, und wir bemerkten, wie unsicher Castiel wurde.
»Äh, Meg wird ein anderes Licht holen und ich werd' es wieder löschen. Und, na ja, dieses Mal wird es lustig sein, und wir alle werden zurückblicken und lachen.«
Hester schüttelte nur den Kopf. »Du bist ja krank.«
»Hey«, rief Dean auf einmal, der im Türrahmen erschienen war. »Pass mal auf, Sonnenschein.« Er schlug seine Hand gegen die Wand, auf welche er eine Sigille gemalt hatte und alle drei Engel in diesem Raum verschwanden in einem hellen Licht.
»Alle Engel in diesem Raum wurden außer Gefecht. Wir haben maximal drei oder vier Stunden«, erklärte Dean.
»Meg, wo hast du das her?«, verlangte Sam mit einem Blick auf das Engelsschwert zu wissen.
»Dieses Jahr sind viele Engel gestorben.«
»Was passiert hier?«, schrie Kevin auf einmal, der wimmernd und ängstlich auf dem Bett saß und die Tasche gegen seine Brust drückte. »Was, zur Hölle, passiert hier?«
Dean sah erst ihn, dann uns an. »Was ist das?«
»Das ist Kevin Tran«, erklärte Sam. »Er ist im fortgeschrittenen Programm.«
»Lasst uns fahren«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Sam mich daraufhin.
»Die Sigille hat doch noch die zehn Prozent Engel in mir erreicht«, meinte ich und versuchte mich aufrecht hinzustellen. »Lasst uns einfach fahren.«
Während der Fahrt erklärten wir Kevin so viel wie wir konnten, und Dean erzählten wir, dass Kevin die Tafel lesen konnte, da er anscheinend der neue Prophet war, und auf eben jener Tafel wahrscheinlich eine Anleitung zur Vernichtung der Levithane niedergeschrieben worden war. Wir fuhren die ganze Nacht - Meg durfte uns mit Widerwillen von Deans Seite aus begleiten. Am nächsten Morgen hielten wir an einer Tankstelle, um das Auto zu tanken und um Essen einzukaufen, doch kam sogleich ein neues Problem auf uns zu - Kevin war als vermisst gemeldet worden.
In der folgenden Nacht stieß Cas wieder zu uns, und nun saßen wir zu viert auf der Rückbank. Er sprach wieder einmal nur wirres Zeug, während Dean und Sam versuchten, zu verstehen, warum die Engel hinter uns her waren. Die Sache war ganz einfach: Kam ein Hüter des Wort Gottes, so musste er in die Wüste und dort dieses Wort lernen - so waren zumindest Castiels Worte, neben den unzähligen Sprüchen über Biene und Megs Schönheit.
In Rufus Hütte angekommen schützten wir die Hütte mit henochischen Sigillien vor den Engeln von Cas' alter Schar, die nun von Hester angeführt wurde. Dean brachte Kevin nach unten in den Keller, wo er das Wort Gottes herauslesen sollte.
»Du wirkst besorgt«, bemerkte Cas an Sam gewandt, als wir die Hütte geschützt hatten, »doch das ist ein grundlegener Aspekt deiner Persönlichkeit, deswegen ignorier ich das manchmal.«
Sam atmete tief durch. »Okay ... Ich wundere mich nur über dich.«
Fragend sah Cas ihn an. »Was ist mit mir?« Sam ließ schweigend den Kopf sinken. »Du machst dir Gedanken wegen der Last, die ich von dir genommen hab'.«
»Ich denke, ich war geliefert ... Siehst du Luzifer?«
»Anfangs, ja. Aber ich denke, das war eine Projektion von dir. Sozusagen der Nachgeschmack. Und jetzt sehe ich viel mehr. Na ja, einfach alles. Es ist fast schon lustig. Ich war auch geliefert. Die Last all meiner Fehler, die auf mir lag. All die verlorenen Leben und Seelen, ich ... ich konnte es auch nicht ertragen. Ich war verloren, doch dann übernahm ich deinen Schmerz. Eigenartig, dass das geholfen hat, aber -«
»Ich weiß, du hast immer nur versucht, zu helfen«, sagte Sam, »das ist mir klar, Cas, und ich bin dankbar dafür, wir sind alle dankbar. Und wir werden dir helfen, damit es dir besser geht, okay? Egal, was notwendig dafür ist.«
»Was meinst du mit besser?«, fragte Cas.
Ich sah ihn nur schweigend an, dann erhob ich mich und wollte eigentlich etwas zu trinken holen, als mir etwas auffiel. »Sagt mal, wisst ihr, wo Meg ist?«
Wir suchten die Hütte ab, doch die Dämonin war verschwunden - und auch das Dämonenmesser. Wir zeichneten am Eingang eine Teufelsfalle und warteten, und entgegen unserer Erwartung kam sie sogar zurück.
»Wir dachten nicht, dass du zurückkommen würdest«, meinte Dean und trat auf sie zu. »Nicht ohne des Königs Armee. Das Messer.«
Ohne zu zögern, reichte sie es ihm. »Typisch. Ich rette euch den Hals und ihr sitzt hier und erwartet mich mit einer Teufelsfalle.«
Ungläubig sahen wir sie an.
»Ernsthaft! Ich habe gerade zwei von Crowleys Leute getötet. Ich hätte auch die Seiten wechseln können.«
»Das ist zufällig wahr«, sagte Cas. »An der Klinge ist das Blut anderer Dämonen.«
Dean begutachtete das Messer.
»Hört zu, ich bin pflegeleichter, als ihr denkt«, sagte Meg. »Eine Sache habe ich über diese Welt gelernt, aber die ist ausschlaggebend: Du findest eine Aufgabe und dienst ihr. Du gibst dich ihr hin und sie ordnet sein Leben. Luzifer und der Gelbäugige, das war mein Auftrag.«
»Heißt das, wir sollen dir vertrauen, weil du den Satan aus der Hölle befreien wolltest?«, fragte Dean ungläubig.
»Ich spreche von einem guten Grund, du Idiot. Wie zum Beispiel einen Grund, morgens aufzustehen. Offensichtlich ändern sich diese Dinge mit der Zeit. Wir lernen, wir wachsen.«
Ich entriss Dean das Messer und bevor der Winchester mich aufhalten konnte, hatte ich mich zu der Linie des Teufelskreises heruntergebeugt. »Ich hoffe, du sprichst die Wahrheit, Schwester, sonst bin ich diejenige, die dich eigenhändig umbringt.« Ich befreite sie aus der Falle, indem ich die Linie unterbrach.
»Das ist gut - Harmonie, Kommunikation«, sagte Cas glücklich. »Jetzt ist unser einziges Problem Hester.«
Entgeistert sah Meg ihn an. »Was?«
»Na ja, hier sind wir geschützt vor der Schar, aber als du den Dämon getötet hast, hast du ein ziemlich klares Signal ausgesendet.«
»Wir brauchen sofort einen besseren Engelschutz«, sagte Meg, doch da war es bereits zu spät. Die Tür wurde durch die große Macht der Engel aus den Angeln gerissen und Hester mit zwei weiteren Engeln erschien im Raum.
»Du hast uns den Propheten gestohlen?«, schrie Hester Castiel an.
»Ähm, Entschuldigung«, stammelte Cas.
»Auf jede nur mögliche Art und Weise gefallen«, spie Hester aus.
»Bitte, Castiel, es gibt Gesetze«, flehte Inias. »Hilf uns unsere Arbeit zu tun.«
»Er kann euch nicht helfen. Er kann niemanden helfen«, meinte Dean.
Hester sah uns an. »Wir brauchen seine Hilfe nicht oder seine Erlaubnis.« Die Engel holte Kevin zu uns nach oben. »Der Hüter geht heut Nacht in die Wüste.«
»Woah, woah, woah, einen Augenblick«, rief Dean. »Wir versuchen hier gerade zurechtzubiegen, was einer Ihrer Engel getan hat, und das wissen Sie.«
»Er hat recht«, stimmte Castiel zu. »Ein Engel hat die Leviathane zurück auf diese Welt gebracht, und sie haben ihn angefleht, angefleht, es nicht zu tun.«
»Geben Sie uns einfach etwas Zeit. Wir werden auch auf Ihren Propheten aufpassen.«
Mit einem wütenden Funkeln und Abscheu in den Augen sah Hester den älteren Winchester an. »Wieso sollten wir Ihnen auch nur irgendetwas geben?«
»Weil Sie wie verzweifelt versuchen, Gottes Gesetzen nachzugehen«, warf ich ein. »Und wer stand an Gottes erster Stelle? Wen haben Sie zu beschützen geschworen? Die Menschen. Und nun steht das Leben der Menschheit auf dem Spiel. Wenn Sie auch nur einen kleinen Funken Aufrichtigkeit und Mitleid in sich tragen, würden Sie uns den Propheten überlassen, damit er diese Welt vor dem Untergang schützen kann.«
»Cat hat recht«, sagte Cas und trat auf Hester zu. »Wir wurden zu ihrem Schutz gesandt.«
Die Frau schüttelte den Kopf. »Nein, Castiel.« Auf einmal holte sie uns und schlug dem Engel mit der Faust ins Gesicht. Unsanft fiel er zu Boden uns Hester stürzte sie auf ihn und schlug immer und immer wieder zu. Sam und Dean wollten zu ihm rennen und ihm helfen, als sich die anderen beiden Engel mit erhobener Hand vor sie stellten.
»Schluss mit dem Wahnsinn!«, rief Hester, während sie immer und immer wieder zuschlug. »Schluss mit neuen Göttern!«
»Meg!«, rief ich und ließ mir von ihr das Engelsschwert zuwerfen. Da Hester mir den Rücken zugedreht hatte, merkte sie nicht, wie ich mich ihr näherte, und die anderen Engel, die dies merkten, wurden von Sam und Dean abgelenkt. Ohne zu zögern, stieß ich Hester das Schwert in den Rücken. Ihr Schrei ging in einem hellen Lichtstrahl unter und tot stürzte sie zu Boden.
Die anderen drei Engel schienen dies nicht zu kümmern. Inias wirkte irgendwie froh, und während er sich von Castiel verabschiedete, ließen wir uns von Kevin die Übersetzung der Tafel reichen. Als wir uns von ihm verabschiedet hatten, brachten ihn Inias und die anderen zwei Engel nach Hause - von dort aus wollten sie Acht auf ihn geben. Meg war zwischendurch verschwunden, doch Cas versicherte uns, dass sie dies nur tat, um sich vor Crowley zu schützen, und merkwürdigerweise glaubte ich dies.
»Hier«, sagte Sam, der sich die Übersetzung durchlas. »Leviathane können nicht getötet werden, es sei denn durch den Knochen eines Sterblichen, gespühlt mit dem Blut von drei Gefallenen. Ähm, wir müssen anfangen mit dem Blut eines gefallenen Engels.«
Wir sahen zu Cas, der leicht lächelte. »Tja, ihr kennt mich ja. Immer gern bereit für die Winchesters zu bluten.« Er hielt eine kleine Flasche in der Hand und als er den Arm ausstreckte, füllte diese sich auf magsiche Weise mit seinem Blut.
»Was hast du jetzt vor, Cas?«, fragte Dean, dem er die Flasche gegeben hatte.
»Ich weiß es nicht.« Er lächelte uns an. »Unglaublich, oder?« Dean wollte gerade antworten, da verschwand der Engel jedoch.
Der Winchester atmete tief durch. »Gut. Legen wir los.« Er ging davon, doch ich folgte ihm, während Sam sich, vertieft in der Übersetzung, am Tisch niederließ.
»Dean, wegen dem, was Cas gesagt hatte ... Über uns ...«, setzte ich an, aber der Mann winkte sogleich ab.
»Nichts davon stimmt.« Er sah mich ernst an. »Es war Cas, der das gesagt hat, und du hast gesehen, wie er momentan drauf ist.«
Ich nickte nur und der Mann ging davon.
2261 Wörter
Ich hab' das Buch bereits beendet. Morgen werden die letzten zwei Kapis kommen.
Wie findet ihr das Buch bis jetzt?
Und Deans Verhalten gegenüber Cat?
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